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Königin Schesaplana - Peter Donatsch

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Wolken stehen am Himmel, es entsteht ein Augenblick von Ewigkeit. Auf<br />

dem Brandner Gletscher, Blick auf den <strong>Schesaplana</strong>-Gipfel.<br />

Königin <strong>Schesaplana</strong><br />

Viele Wege führen auf die <strong>Schesaplana</strong> (2964 m ü. M.), den höchsten Berg<br />

im Rätikon, diesem markanten Kalkgebirge zwischen Prättigau (CH) und<br />

Montafon (A), einige von ihnen sind leicht, andere schwieriger und zwei,<br />

drei sind sehr steil und ausgesetzt und im frühen Frühling, oder wenn sehr<br />

viel Schnee liegt wie in diesem Jahr – anspruchsvoll bis unbegehbar.<br />

Diese kurze Charakterisierung der Wege-Situation an der <strong>Schesaplana</strong><br />

deutet es an: Es ist ein grosser, komplexer Berg, ja ein ganzes Massiv. Die<br />

Höhe knapp unter 3000 Metern zeigt eine weitere Dimension auf. Nicht


2<br />

weniger als fünf Hütten liegen direkt an oder in diesem Bergmassiv, mehr<br />

als ein halbes Dutzend Bergwege und –steige führen auf sein Dach.<br />

Der Weg nach oben führt nach innen. Als Brockengespenst sehe ich mich<br />

selber in den Regenbogenfarben schillern. Auf dem Gyrenspitz mit Blick zur<br />

Drusenfluh.<br />

Berge und Menschen<br />

Hellgrauer Kalk baut den gesamten mittleren Rätikon auf, die ungeheuren<br />

Kräfte der letzten Gebirgsbildung haben die weichen Ablagerungsgesteine<br />

von <strong>Schesaplana</strong>, Kirchlispitzen, Sulz-, Drusen-, Scheien- und Rätschenfluh<br />

zu dem gedrückt, gepresst und geformt, was sie heute sind:<br />

Himmelstürmende, zum Teil, anmutige, zum Teil klotzige Berggestalten -<br />

Charaktere eben, wie die Menschen, die sie seit Jahrhunderten besteigen.<br />

Die <strong>Schesaplana</strong> übrigens seit 1610, als David Pappus mit den Montafonern<br />

Christa Barball und Klaus Manall zum ersten Mal ganz oben stand.<br />

Oder war doch Nicolin Sererhard der Erste auf der <strong>Schesaplana</strong>? Die<br />

Aussicht vom höchsten Gipfel des Rätikon (2964 m) bestaunte und<br />

beschrieb der Seewiser Pfarrer anno 1742: “Man siehet so weit das Aug<br />

ertragen mag nichts als Bergen und Bergen, eine unglaubliche Weite rings


3<br />

umher, ausser bei einer einzigen Öffnung Uber den Lindauer See hinaus ins<br />

Schwabenland; da präsentiert sich das schönste Ansehen der Welt: die<br />

Städte Lindau, Constanz, die Insel Reichenau, Arbon, Hohen-Ems, scheinen<br />

einem ganz nah zu sein, mit dem Perspectiv kann man die Dächer und<br />

Gebäu gar wohl distinguieren...”. Der geistliche Herr, dessen Spuren wir auf<br />

vielen Bündner Gipfeln und Pässen wiederfinden werden, war einer der<br />

ersten Menschen, die Bergreisen aus reiner Lust an der Freude<br />

unternahmen.<br />

Vom <strong>Schesaplana</strong>gipfel muss man sich losreissen. Zu viele Berge gibt es<br />

noch zu entdecken und immer neue Täler tun sich hintereinander auf, als<br />

dass man müde werden könnte vom Schauen. Uber das Karrenfeld der<br />

Toten Alpe steigt der Weg gegen den Lünersee und zur Douglashütte ab.<br />

Feine Zirren zeichnen wilde Kunst an den tiefblauen Herbsthimmel, der<br />

Schafhirte am Seeufer kratzt sich im Bart: “Wenn das Wetter umfällt<br />

haben wir Schnee”.<br />

Anfang Juni 2005 im Rätikon. Blick von der Totalp auf den Lünersee.


4<br />

Dohlengekrächze im Dolomitenfels<br />

Er sollte recht behalten. Am anderen Morgen liegt der Matsch<br />

zentimeterhoch vor der Hütte, graue Fetzen schleichen den Felswänden<br />

entlang, die Gegensätze zwischen Gestern und Heute könnten nicht<br />

grösser sein, oder ist alles nur ein Traum? Auf dem Wanderweg zum<br />

Verajöchle ist der Schnee geschmolzen, als schwarze Bänder ziehen sich<br />

die Wege durch Grashänge und Geröllfelder, im Zickzack zu Pässen hoch,<br />

an unter Felswänden hindurch, abwärts kurvend in die Talsohlen.<br />

Urweltliche Stimmung, kein Mensch ist unterwegs. Oben, in den Felswänden<br />

widerhallt heiseres Dohlen-Gekrächze, von den Höhlen und Überhängen<br />

fallen nasse Schneeklumpen. Gegen Westen zu lichtet sich das<br />

Schlechtwetter, durch ein Wolkenloch trifft ein Sonnenstrahl den<br />

Gyrenspitz, der Herbst wehrt sich gegen den Winter, der sich nach einer<br />

Viertelstunde mit einem heftigen Schneeschauer erneut in Erinnerung ruft.<br />

Und während wir gesenkten Hauptes weiterstolpern, denken wir an die<br />

Worte des Geologen Otto Ampferer, der vom Rätikon-Hauptkamm als<br />

“Hochalter, vor dem die grünen, niedrigen Höhen des Prättigau wie<br />

Andächtige knien” schrieb.<br />

Jedes Leben ist Tod und jeder Tod ist Leben. Abendnebel an der<br />

<strong>Schesaplana</strong> vom Gyrenspitz aus. Es glänzt das Dach der Hirtenhütte auf<br />

Golrosa.


5<br />

Gyrenspitz<br />

Mehr Rätikon-Poesie: Lesen Sie auch den Text ‚Gyrenspitz’ unter<br />

‚Wortbilder’. Der Gyrenspitz (2393 m) ist der <strong>Schesaplana</strong> vorgelagert und<br />

in 30 Minuten vom Golrosa aus erreichbar (1 – 1 1/2 Std. von der<br />

<strong>Schesaplana</strong>hütte.


7<br />

Der Mensch ist klein, angesichts der Natur der Welt. <strong>Schesaplana</strong>hütte auf<br />

Tanuor vor der mächtigen Südflanke der <strong>Schesaplana</strong>.<br />

Lage und Anreise<br />

Das <strong>Schesaplana</strong>-Massiv kann von verschiedenen Ausgangspunkten her<br />

erreicht werden:<br />

Aus der Schweiz<br />

- aus dem Bündner Rheintal (Malans und Aelplibahn),<br />

- vom Prättigau (Seewis, Fanas (Seilbahn Sassauna), Schuders oder<br />

St.Antönien)<br />

Anreise: Sargans – Landquart – Malans, bzw. - Seewis, bzw. - Schiers –<br />

Schuders, bzw. - Küblis – St.Antönien<br />

Aus Liechtenstein<br />

- aus dem Malbun (Malbun (Sareiserjoch-Bahn))<br />

Anreise: Vaduz – Triesenberg – Malbun.<br />

Aus Österreich<br />

- aus dem Montafon (Nenzinger Himmel/Gamperdontal<br />

(Brand/Brandner Tal (Palüdbahn, Lünerseebahn), Rellstal, Gauertal<br />

(Golmerbahn))<br />

Anreise: Feldkirch – Nenzing, Bludenz, Vandans<br />

Fahrplan:<br />

www.sbb.ch; www. oebb.at.<br />

Wege und Aufstiege<br />

Schweizer Seite<br />

(Talort Seewis im Prättigau)<br />

<strong>Schesaplana</strong>hütte (1908 m), (4 Std. ab Seewis) – <strong>Schesaplana</strong><br />

(Schweizerweg): 3 Std. Aufstieg; 1056 HM; Schwierigkeit: T3-4)<br />

<strong>Schesaplana</strong>hütte – Salaruelkopf (2841 m) Frickweg/Liechtensteinerweg) -<br />

<strong>Schesaplana</strong>: 4-5 Std. Aufstieg; 1056 HM; Schwierigkeit: T3-4)<br />

<strong>Schesaplana</strong>hütte – Gamsluggen - <strong>Schesaplana</strong> (Schweizerweg): 4-5 Std.<br />

Aufstieg; 1056 HM; Schwierigkeit: T2/3)


Totalphütte vor dem Seekopf.<br />

8


9<br />

Österreicher Seite<br />

(Talort Brand i. Brandner Tal)<br />

Douglashütte am Lünersee (1979 m), (bis hierher Fahrstrasse (Postbus)<br />

und Seilbahn) – Totalphütte – <strong>Schesaplana</strong>: 2 Std. Aufstieg; 985 HM;<br />

Schwierigkeit: T2/3)<br />

Oberzalimhütte (1869 m) (3 Std. ab Brand) – <strong>Schesaplana</strong> (Leiberweg): 4<br />

Std. Aufstieg; 1095 HM; Schwierigkeit: T4)<br />

Oberzalimhütte – Spusagang – Straussweg – Panüeler Kopf (2859 m) –<br />

<strong>Schesaplana</strong>: 4-5 Std. Aufstieg; 1095 HM; Schwierigkeit: T3)<br />

Mannheimer-Hütte (2679 m), (2 –3 Std. ab Oberzalimhütte) – Brandner<br />

Gletscher – <strong>Schesaplana</strong>: 1 1/2 Std. Aufstieg; 285 HM; Schwierigkeit: T2-<br />

4)<br />

Licht wechselt ab mit Schatten, Schatten mit Licht. Einmal ist die Hütte<br />

beleuchtet, dann wieder der Berg. Alles fliesst in einem unvorhersehbaren<br />

Kontinuum. Garschinahütte mit der Sulzfluh.<br />

Weitere Wege und Übergänge von entlegeneren Hütten und Orten auf die<br />

<strong>Schesaplana</strong><br />

Carschinahütte - Schweizertor – Verajoch – Lünersee – Totalphütte –<br />

<strong>Schesaplana</strong><br />

Carschinahütte - Cavelljoch – Lünersee – Totalphütte – <strong>Schesaplana</strong>


10<br />

Lindauer-Hütte –Öfenpass- Verajoch – Totalp – <strong>Schesaplana</strong>.<br />

Heinrich Hueter-Hütte – Saulajoch – Douglas-Hütte – <strong>Schesaplana</strong>.<br />

Pfälzer Hütte (LAV) – Gross Furgga – Salarueljoch/Chli Furgga –<br />

Liechtensteinerweg – <strong>Schesaplana</strong>.<br />

Nenzinger Himmel – Spusagang – Straussweg – Panüeler Kopf – Brandner<br />

Gletscher – <strong>Schesaplana</strong>.<br />

Enderlinhütte am Falknis, bzw. Malanser Aelpli (Seilbahn) – Kamm - Alp Jes<br />

– Barthümeljoch – Gross Furgga – Chlei – Furgga – Liechtensteinerweg –<br />

Schafköpfe – <strong>Schesaplana</strong>.<br />

Mut und Gleichgewicht werden auf die Probe gestellt, Leichtsinn wird<br />

bestraft. Frühsommerliche Altschneefelder am Leiberweg.<br />

SAC-Schwierigkeitsskala für Bergwanderungen<br />

T1 Wandern<br />

Weg gut gebahnt. Falls nach SAW-Normen markiert: gelb. Gelände flach<br />

oder leicht geneigt, keine Absturzgefahr.<br />

Orientierung problemlos, auch ohne Karte möglich.<br />

Anforderungen: Keine. Für Turnschuhe.


11<br />

T2 Bergwandern<br />

Weg mit durchgehendem Trassee und ausgeglichenen Steigungen. Falls<br />

markiert: weiss-rot-weiss. Gelände teilweise steil, Absturzgefahr nicht<br />

ausgeschlossen.<br />

Orientierung: Elementares Orientierungsvermögen gefordert.<br />

Anforderungen: Etwas Trittsicherheit. Trekkingschuhe sind<br />

empfehlenswert.<br />

T3 Anspruchsvolles Bergwandern<br />

Am Boden ist meist noch eine Spur vorhanden, ausgesetzte Stellen können<br />

mit Seilen oder Ketten gesichert sein, evtl. braucht man die Hände fürs<br />

Gleichgewicht. Falls markiert: weiss-blau-weiss. Zum Teil exponierte Stellen<br />

mit Absturzgefahr, Geröllflächen, weglose Schrofen.<br />

Orientierung: Durchschnittliches Orientierungsvermögen.<br />

Anforderungen: Elementare alpine Erfahrung. Gute Trittsicherheit. Stabile<br />

Trekkingschuhe.<br />

T4 Alpinwandern<br />

Weg nicht überall sichtbar, Route teilweise weglos, an gewissen Stellen<br />

braucht es die Hände zum Vorwärtskommen. Falls markiert: weiss-blauweiss.<br />

Gelände bereits ziemlich exponiert, heikle Grashalden, Schrofen,<br />

einfache, apere Gletscher.<br />

Orientierung: Gewisse Geländebeurteilung und gutes<br />

Orientierungsvermögen.<br />

Anforderungen: Alpine Erfahrung. Vertrautheit mit exponiertem Gelände.<br />

Stabile Trekkingschuhe.<br />

T5 Anspruchsvolles Alpinwandern<br />

Oft weglos, einzelne einfache Kletterstellen bis II. Grad. Falls markiert:<br />

weiss-blau-weiss. Exponiertes, anspruchsvolles Gelände, Schrofen, wenig<br />

gefährliche Gletscher und Firnfelder.<br />

Orientierung: Sichere Geländebeurteilung und sehr gutes<br />

Orientierungsvermögen.<br />

Anforderungen: Gute Alpinerfahrung und elementare Kenntnisse im<br />

Umgang mit Pickel und Seil. Bergschuhe.<br />

T6 Schwieriges Alpinwandern<br />

Meist weglos, Kletterstellen bis II. Grad, meist nicht markiert. Häufig sehr<br />

exponiert, heikles Schrofengelände, Gletscher mit Ausrutschgefahr.<br />

Orienteirung: Ausgezeichnetes Orientierungsvermögen.<br />

Anforderungen: Ausgereifte Alpinerfahrung und Vertrautheit im Umgang<br />

mit alpintechnischen Hilfsmitteln. Bergschuhe.


12<br />

Viel Schnee liegt im Frühling. Man erkundige sich bei den Hüttenwarten<br />

nach den aktuellen Verhältnissen. Panüeler Kopf im Nebel und Mannheimer<br />

Hütte (rechts davon).<br />

Aktuelle Informationen zu Hütten, Belegungen, Verhältnissen<br />

und mehr<br />

<strong>Schesaplana</strong>hütte (SAC): www.schesaplanahuette.ch<br />

Douglashütte, Totalphütte (ÖAV): www.oeav.at/Hütten<br />

Mannheimer-Hütte, Oberzalimhütte (DAV): www.dav-mannheim.de/Hütten


13<br />

Blick hinab vom Berg ins Tal. Oberzalimalpe und –Hütte vom Brandner<br />

Gletscher aus.<br />

Bücher, Karten<br />

‚Von Hütte zu Hütte in den Schweizer Alpen’ (<strong>Peter</strong> <strong>Donatsch</strong>)<br />

Enthält den ganzen Rätikon-Höhenweg von Maienfeld bis Klosters.<br />

Bestellbar: www.peterdonatsch.ch/shop<br />

‚Die 100 schönsten Hüttenziele in den Schweizer Alpen’ (<strong>Peter</strong> <strong>Donatsch</strong>)<br />

Bestellbar: www.peterdonatsch.ch/shop<br />

‚Tag für Tag Berg und Tal. Alpinwandern Graubünden’ (<strong>Peter</strong> <strong>Donatsch</strong>)<br />

Bestellbar: www.peterdonatsch.ch/shop<br />

‚Scesaplana’ (Wolfgang Irtenkauf), Thorbecke Verlag Sigmaringen<br />

Einfalte Delineation aller Gemeinden gemeiner dreyen Bünden (Nicolin<br />

Sererhard), Verein für Bündner Kulturforschung, Chur<br />

Wanderkarte 1: 60'000, ‚Prättigau-Albula’<br />

Landeskarte der Schweiz 1:25'000, 1156 ‚<strong>Schesaplana</strong>’ und 1136 ‚Drei<br />

Schwestern’


Der stehende Fluss einer Kalkschratte (oben) und einer Geröllhalde auf der<br />

Oberzalimalpe dient mir als Projektionsfläche für eine lange,<br />

mitnachmittägliche Meditation.<br />

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