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Hütteldorfer Pfarrblatt<br />

Vom vielleicht bedeutendsten <strong>Pfarre</strong>r von Hütteldorf<br />

Georg Peltel wurde um 1430 in<br />

Schönberg am Kamp geboren. Da<br />

er sich zu Höherem berufen fühlte,<br />

nannte er sich bald Jörg von Schönberg<br />

(Schemberg). An der Wiener<br />

Universität inmatrikulierte er 1446<br />

und erlangte zwei Jahre später den<br />

ersten akademischen Grad, wurde<br />

Baccalaureus der Artistenfakultät.<br />

Sein tatkräftiger Charakter zeigte<br />

sich bereits in einer handfesten<br />

Rauferei zwischen <strong>St</strong>udenten und<br />

Wiener Handwerkern, bei der es<br />

einen Toten gab. Dies scheint seiner<br />

Karriere zunächst abträglich<br />

gewesen zu sein, er benötigte eine<br />

päpstliche Erlaubnis, um Theologie<br />

studieren zu dürfen, was ihm dann<br />

wahrscheinlich in Rom ermöglicht<br />

wurde.<br />

Kurz darauf wurde er Kanoniker<br />

an der Propsteikirche <strong>St</strong>. Martin in<br />

Pressburg, der Hauptstadt des damaligen<br />

Oberungarns. Heute sind<br />

Schönbergs Grabmal in der Kathedrale<br />

(Martinskirche) von Bratislava<br />

die slowakischen Archive für kirchenhistorische<br />

Forschungen offen,<br />

somit erfahren wir interessante<br />

Details aus seinem Leben. Frau Dr.<br />

Miriam Hlavackova publizierte<br />

2008 eine Geschichte der Propstei<br />

(Kapitula pri Dóme sv. Martina)<br />

und arbeitet derzeit an einer Biographie<br />

Schönbergs. Durch ihre<br />

Forschungen wird sein weiterer Lebensweg<br />

klar. 1455 zum Propst ernannt,<br />

wurde er zum bedeutendsten<br />

Kleriker an der geopolitischen<br />

Grenze zwischen dem Erzherzogtum<br />

Österreich und dem Königreich<br />

Ungarn. Er nahm seine geistliche<br />

Kompetenz wahr, wurde Diplomat<br />

bei König Ladislaus Posthumus,<br />

päpstlicher Protonotar,<br />

Leiter der von König Matthias Corvinus<br />

gegründeten Akademie (Universität)<br />

in Pressburg, sodann<br />

Verhandlungsführer bei Kaiser<br />

Friedrichs III., wofür er die <strong>Pfarre</strong>i<br />

Hütteldorf, immerhin eine sagenhaft<br />

reiche Pfründe (Forstwirtschaft<br />

und Weinbau!), die Fischereirechte<br />

am Wienfluss (1462)<br />

sowie auch zeitweise die Einkünfte<br />

der Propstei in Wetzlar (Hessen)<br />

erhielt. Im Bruderstreit zwischen<br />

dem Kaiser und Albrecht VI. stand<br />

er auf Friedrichs Seite, wurde allerdings<br />

von der Gegenpartei gefangen<br />

genommen, gefoltert und für<br />

sieben Monate ins Gefängnis geworfen<br />

– ein im 15. Jahrhundert ungemütlicher<br />

Aufenthaltsort. Über<br />

seine Rolle im Wiener Aufstand<br />

fand einst Michael Beheim im<br />

‚Buch von den Wienern’ köstliche<br />

Verse.<br />

Es ist nicht anzunehmen, dass die<br />

Hütteldorfer ihren <strong>Pfarre</strong>r oft sahen,<br />

eine Residenzpflichtgab es damals<br />

noch nicht. Doch ermöglichten<br />

die reichen Einkünfte von hier<br />

Schönbergs Lieblingsprojekt zu finanzieren,<br />

die Errichtung des spätgotischen<br />

Chorraums in der<br />

jetzigen Pressburger Kathedrale<br />

samt einem Kreuzaltar. Aus seinem<br />

Privatbesitz blieben zwei wertvolle<br />

Schönberg empfängt<br />

die Insignien seiner<br />

Würde<br />

theologische Bücher<br />

erhalten<br />

(jetzt Universitätsbibliothek<br />

Salzburg) wovon<br />

eines (W III<br />

36) unseren<br />

<strong>Pfarre</strong>r zeigt,<br />

wie er vor Papst<br />

Paul II. (1464-<br />

1471) kniet, von<br />

dem er die Insignien<br />

seiner Würde erhalten hatte.<br />

Ihn umgibt sein Wahlspruch „Salve<br />

et succurre“ (Sei gegrüßt und hilf<br />

mit).<br />

Schon zu Lebzeiten hatte sich<br />

Schönberg 1470 ein aufwändiges<br />

Grabmal errichten lassen. Er steht<br />

in Lebensgröße in einer tiefen Nische,<br />

seine Gesichtszüge sind realistisch<br />

nachempfunden. Zur gleichen<br />

Zeit gestaltete Nicolaus Gerhaert<br />

von Leyden das bedeutende<br />

Friedrichs-Grab im Wiener <strong>St</strong>ephansdom.<br />

Die stilistische Nähe<br />

der Pressburger Skulptur ist unverkennbar.<br />

Sie gilt als das bedeutendste<br />

spätgotische Grabmal der<br />

Slowakei. Vom Wahlspruch erscheint<br />

nur das ‚Salve’, sein Wappen,<br />

ein Greif und die Infel samt<br />

<strong>St</strong>ab, die er als ranghöchster Geistlicher<br />

in seinem Amtsbereich tragen<br />

durfte. Dieses Halbrelief steht<br />

jetzt in der Annenkapelle. Gegenüber<br />

findet sich eine Tafel mit<br />

einem von ihm verfassten lateinischen<br />

Epigramm, in dem er sein<br />

Los bedauert: „…einst war ich ein<br />

hochberühmter Propst..., jetzt diene<br />

ich hier missmutig den Würmern<br />

zum Frass“. Schönberg<br />

dürfte angenommen haben, dass<br />

die Kanoniker nach seinem Tode<br />

keine großen Geldmittel zu seinem<br />

Angedenken aufbringen würden.<br />

Dies belegt die eigentliche Totentafel<br />

mit dem <strong>St</strong>erbedatum 1486 im<br />

Priesterchor, die sehr bescheiden<br />

ausgeführt wurde.<br />

Gottfried Scholz<br />

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