Arbeitsblatt 1
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Kant und Nagarjuna - Erkenntnistheoretische und ethische Grundlagen im Idealismus<br />
und Madhyamaka<br />
<strong>Arbeitsblatt</strong> 1<br />
Erkenntnistheoretische Positionen:<br />
Rationalismus – Empirismus – Skeptizismus – Kritischer Idealismus<br />
A. Problemstellung<br />
Die Problemstellung der Erkenntnistheorie ergibt sich erst aus der Differenz zweier<br />
Bewusstseinseinstellungen, die für das alltägliche Verständnis nicht selbstverständlich sind.<br />
Denn für das Bewusstsein der natürlichen Einstellung (nicht-theoretische Einstellung) stellt<br />
die Welt der Objekte einen vorgegebenen Bereich fragloser Gültigkeit (bzw. Objektivität) dar.<br />
(Einfach ausgedrückt: In der natürlichen Einstellung stellen sich die Fragen nicht, ob die<br />
Dinge so, wie sie uns erscheinen, tatsächlich (objektiv) sind, wie eine solche Objektivität<br />
begründet ist und in welcher Weise sich das Bewusstsein auf diese (empirische) Wirklichkeit<br />
bezieht.<br />
Wird dieser Rahmen des Selbstverständlichen verlassen, eröffnet sich der Horizont für<br />
erkenntnistheoretische Fragestellungen:<br />
1.1 Erkenntnistheoretische Fragestellungen<br />
1. In welchem Verhältnis stehen Mensch (Erkenntnissubjekt) und Welt (Erkenntnisobjekt)?<br />
2. Welche Formen des Erkennens lassen sich bestimmen?<br />
3. Welche sind die Bedingungen (der Möglichkeit) des Erkennens (als Frage nach den<br />
epistemologischen Grundlagen der Erkenntnis)? Welche sind die Möglichkeiten des<br />
Erkennens (als Frage nach dem Umfang des Erkennens)? Welche sind die Grenzen des<br />
Erkennens?<br />
4. Wie sind Erkenntnissubjekt und Erkenntnisobjekt verfasst?<br />
1.2. Thematisierung der Fragestellung nach dem Verhältnis von erkennendem Subjekt<br />
und erkanntem Objekt<br />
1. Worin besteht der Ursprung bzw. die Quelle der Erkenntnis?<br />
2. Ist die Welt als unabhängig von einem erkennenden Subjekt vorzustellen oder erst in<br />
Bezug auf die Denk- bzw. Erkenntnisleistungen des Subjekts?<br />
→<br />
Die Verschiedenheit der Positionen in der Erkenntnistheorie resultiert aus den<br />
unterschiedlich gegebenen Antworten auf diese Fragen.<br />
1.2.1. Einteilung der Positionen gemäß der Antwort zu Frage 1<br />
a) Quelle der Erkenntnis ist der Verstand bzw. die Vernunft. = Rationalismus<br />
(Hauptvertreter: René Descartes (1596–1650), Leibniz (1646–1716))<br />
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) Quelle der Erkenntnis ist (im weitesten Sinne) die Erfahrung. = Empirismus<br />
(Hauptvertreter: Thomas Hobbes (1588–1679), John Locke (1632–1704), [David Hume<br />
1711–1776])<br />
c) Quelle der Erkenntnis sind die apriorischen Erkenntniselemente bzw. reinen<br />
Verstandesbegriffe (Kategorien) in ihrem Bezug auf eine uns in den apriorischen<br />
Anschauungsformen Raum und Zeit gegebene sinnliche Anschauung (Erscheinung). Diese<br />
Bedingungen der Möglichkeit der Erfahrung überhaupt sind zugleich die Bedingungen der<br />
Möglichkeit der Gegenstände der Erfahrung. = Kritizismus (Kant 1724–1804)<br />
1.2.2. Einteilung der Positionen gemäß der Antwort zu Frage 2<br />
a) Die Wirklichkeit ist von subjektiven, geistigen Leistungen und Fähigkeiten (Denken,<br />
Erkenntnis, Sprache) unabhängig. Die Welt ist so, wie sie der Mensch wahrnimmt<br />
(unmittelbares Abbildungsverhältnis zwischen der Welt und den Vorstellungen im<br />
Bewusstsein) = (naiver) Realismus bzw. Common-Sense-Realismus<br />
b) Es gibt überhaupt keine bewusstseinsunabhängige Materie = Subjektiver Idealismus<br />
(George Berkeley 1685–1753)<br />
c) Die Eigenleistung des Denkens steht beim Zustandekommen einer jeden Erkenntnis im<br />
Vordergrund. Dabei wird die Vorstellung äußerer Erscheinungen (wenn man ihre<br />
Wirklichkeit einräumt) als Dinge an sich selbst, die unabhängig von uns und unserer<br />
Sinnlichkeit existieren, nicht geleugnet, sie bilden sogar eine notwendige<br />
erkenntnistheoretische Voraussetzung. Diese Dinge an sich (wie sie unabhängig von<br />
unseren Erkenntnisvermögen sein mögen) sind aber für uns nichts, weil wir zur Erkenntnis<br />
von Objekten nur im Rahmen einer uns möglichen Erfahrung gelangen =<br />
transzendentaler Idealismus bzw. transzendentaler Realismus (Kant)<br />
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