Leseprobe (PDF) - Passivhaus Kompendium
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Positionen & Fakten<br />
Passivhäuser stellen für die Bewohner die derzeit wirtschaftlichste<br />
Form des energetischen Bauens dar. Des Weiteren überzeugen sie mit einer einzigartigen Behaglichkeit in den Innenräumen. Dies<br />
gilt aber nur, wenn es sich auch tatsächlich um ein <strong>Passivhaus</strong> handelt. Doch welche Gefahren und Fallstricke sind für die Bauherren<br />
möglicherweise von Bedeutung? Dieser Beitrag soll Interessierten helfen, wichtige Sachverhalte über Passivhäuser besser<br />
und frühzeitig beurteilen zu können.<br />
Nicht alles ist <strong>Passivhaus</strong><br />
Mit Schlagwörtern wie „Haus ohne Heizung“, „Plusstandard“<br />
oder „… ohne Heizkosten“ wirbt so mancher Bauträger, Fertighausanbieter<br />
oder Immobilienmakler. Begriffe wie Niedrigenergiehaus,<br />
Niedrigstenergiegebäude, Plushaus, Nullenergiehaus<br />
(Zero-energy building), KfW-Effizienzhaus, EnEV-Haus,<br />
Sonnenhaus, Biohaus, Ökohaus, Wohlfühlhaus und viele weitere<br />
kursieren in den Medien.<br />
Um aber die tatsächliche Qualität des Baustandards beurteilen<br />
zu können, ist zu hinterfragen, welches Rechenverfahren verwendet<br />
wird. Es gibt in Deutschland zwei wichtige Nachweisverfahren.<br />
Dies ist zum einen das Verfahren nach der Energieeinsparverordnung<br />
− abgekürzt EnEV − zum Nachweis des gesetzlich<br />
geforderten nationalen Mindestwärmeschutzes. Zum<br />
anderen gibt es das Rechenverfahren für Passivhäuser. Bezeichnet<br />
wird dieses mit „<strong>Passivhaus</strong> Projektierungs-Paket“ – abgekürzt<br />
PHPP, derzeit in der Fassung 8 (2013) erhältlich. Das Verfahren<br />
weicht von der Vorgehensweise der EnEV grundsätzlich<br />
ab. Das PHPP ermöglicht es, die Energieströme relativ genau zu<br />
erfassen und abzubilden. Die Energieeinsparverordnung ist<br />
hier zu unpräzise, um Passivhäuser nachzuweisen, diese sind<br />
deshalb mit dem PHPP zu berechnen. Potenzielle Hauskäufer<br />
sollen nach diesen Berechnungen verlangen. Wer neben der<br />
Qualität des <strong>Passivhaus</strong>es auch auf den Effizienzhausstandard<br />
40 oder 55 Wert legt, kann sein <strong>Passivhaus</strong> in Abhängigkeit des<br />
gewählten Energieträgers in der Regel rechnerisch nachweisen.<br />
Die Berechnungen hierzu können schnell und kostengünstig im<br />
Rahmen der Erstellung des Energieausweises erfolgen. Ein<br />
Ener gieausweis nach der Energieeinsparverordnung ist auch<br />
bei Passivhäusern gesetzlich Pflicht.<br />
Der Begriff „<strong>Passivhaus</strong>“ ist rechtlich nicht geschützt. Es kann<br />
somit quasi jedes Gebäude als solches bezeichnet werden. Um<br />
die gewünschte Qualität sicherzustellen, sollte die Bezeichnung<br />
„<strong>Passivhaus</strong>standard nach den Vorgaben des <strong>Passivhaus</strong> Instituts<br />
aus Darmstadt“ und ein Verweis auf das „PHPP-Nachweisverfahren“<br />
in Kauf- oder Architektenverträgen enthalten sein.<br />
Auch hoch wärmegedämmte Gebäude mit Dreifachverglasung<br />
und hocheffizienter Wohnraumlüftung entsprechen nicht automatisch<br />
einem <strong>Passivhaus</strong> im Sinne der Definition. Unberück<br />
sichtigt bleiben hier oftmals bestehende Wärmebrücken an<br />
Bauteilübergängen, die fehlende Qualität der verwendeten Bauteilkomponenten,<br />
die geografische Orientierung des Gebäudes,<br />
die nachbarliche Verschattung und vieles Weitere. Alles Faktoren,<br />
die im PHPP zu berücksichtigen sind.<br />
Zertifizierte Komponenten geben Sicherheit<br />
Damit das gebaute Gebäude auch einem <strong>Passivhaus</strong> entspricht,<br />
sind die Berechnungen aus dem PHPP mit den tatsächlichen<br />
Ausführungen zu vergleichen. Wurden Bauteile und Anlagenkomponenten<br />
in der geforderten Qualität gewählt? Zum Teil<br />
werden aus Kostengründen vom Verarbeiter wissentlich oder<br />
unwissentlich minderwertigere Fensterrahmen und Verglasungssysteme<br />
eingebaut, womit die gewünschten solaren Erträge<br />
für das <strong>Passivhaus</strong> ausbleiben. Es ist davon abzuraten,<br />
technische Daten von Herstellern ungeprüft in das PHPP zu<br />
übernehmen. Herstellerangaben werden meist nach anderen<br />
Prüfkriterien ermittelt, um möglichst positive Ergebnisse zu<br />
erzielen.<br />
Ein gutes Beispiel ist der Wärmebereitstellungsgrad bei Lüftungsanlagen.<br />
Einige Hersteller weisen Werte bis zu 99 % in<br />
Produktdatenblättern aus. In den Zertifikaten von geprüften,<br />
passivhausgeeigneten Geräten werden dagegen bestenfalls<br />
Werte knapp über 90 % Wärmerückgewinnung attestiert. Empfehlenswert<br />
ist es deshalb, zumindest bei Fenstern, Haustüren,<br />
Verglasungen, Lüftungsanlagen und Wärmepumpen zertifizierte<br />
Produkte zu verwenden, die in der Komponentendatenbank<br />
des <strong>Passivhaus</strong> Instituts gelistet sind. Hilfreich ist diese<br />
Datenbank auch bei der Ermittlung der wärmebrückenfreien<br />
Anschlussdetails. Werden die Systemangaben beachtet, handelt<br />
es sich meist um wärmebrückenfreie Anschlüsse, die nicht<br />
mehr gesondert nachgewiesen werden müssen. Ist ein gewünschtes<br />
Produkt in der Datenbank nicht zu finden, sollte<br />
man beim Hersteller nachfragen, warum keine <strong>Passivhaus</strong>zertifizierung<br />
vorliegt. In diesem Fall ist abzuwägen, inwieweit die<br />
Herstellerangaben auch tatsächlich PHPP-konform und vertrauenswürdig<br />
sind; gegebenenfalls sind die Werte im PHPP<br />
entsprechend abzumindern.<br />
<strong>Passivhaus</strong> <strong>Kompendium</strong> 2014<br />
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