Leseprobe (PDF) - Passivhaus Kompendium
Leseprobe (PDF) - Passivhaus Kompendium
Leseprobe (PDF) - Passivhaus Kompendium
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Positionen & Fakten<br />
Das anfängliche Forschungstool <strong>Passivhaus</strong><br />
Projektierungs-Paket (PHPP) ist<br />
heute das einzig relevante Berechnungswerkzeug<br />
für das <strong>Passivhaus</strong>. Aktuell ist<br />
die Version PHPP 8 auf dem Markt.<br />
nach der Energieeinsparverordnung bei genauerer Betrachtung<br />
deutlich teurer. Wie das? Es kommt allein auf die Sichtweise<br />
an. In den Kostenüberlegungen sollte der Betrachtungszeitraum<br />
auf die Lebensdauer des Gebäudes, also auf etwa 30 bis 50<br />
Jahre, ausgeweitet werden. Der Werterhalt eines <strong>Passivhaus</strong>es<br />
wird erheblich besser sein als ein Gebäude nach der EnEV, das<br />
bereits heute im Vergleich zum Spitzenstandard nahezu Altbauniveau<br />
aufweist. Bauherren sollen sich deshalb nicht durch<br />
willkürlich gewählte Kostenargumente von den am Bauvorhaben<br />
Beteiligten verunsichern lassen. Die „Fachleute“, die aus<br />
Kostengründen von der <strong>Passivhaus</strong>bauweise abraten, tun dies<br />
häufig, um eigene Unerfahrenheit auf diesem Gebiet zu vertuschen<br />
oder weil sie den Mehraufwand in der Planung scheuen.<br />
Im Bereich der Herstellungskosten liegen die Mehrkosten bei<br />
den vorgenannten Gebäudevergleichen bei etwa 5 %. Dem Argument<br />
des Planers, das <strong>Passivhaus</strong> würde z. B. 10 % Mehrkosten<br />
verursachen, ist mit dem Argument zu begegnen: „Dann<br />
bauen wir es eben 10 % kleiner.“<br />
Bauherrenpflichten<br />
Zur Realisierung eines <strong>Passivhaus</strong>es ist die Mitwirkung der<br />
Bauherren erforderlich. Dies betrifft etwa die frühzeitige Beauftragung<br />
der erforderlichen Planungsleistungen und der weiteren<br />
Fachleute für Sonderaufgaben, die regelmäßige Teilnahme<br />
an Baubesprechungen, die Erfordernis, Entscheidungen zu<br />
treffen, unvorhergesehene Leistungen im Zuge der Ausführung<br />
zu genehmigen, Abnahmen zu tätigen und natürlich Zahlungen<br />
zügig zu leisten. Größere Änderungen sollten in der Ausführung<br />
vermieden werden, denn diese wirken sich meist im PHPP<br />
aus. Bestehende DIN-Normen entsprechen nicht immer dem<br />
Stand der Technik und sind für Passivhäuser gelegentlich kontraproduktiv.<br />
Hier sollte dem Planungsteam Vertrauen signalisiert<br />
werden.<br />
Zeitweilig werden Architekten mit Bauherrenwünschen konfrontiert,<br />
die mit dem Baurecht des Grundstücks nicht vereinbar<br />
sind. Dies gilt insbesondere für die Realisierung mehrgeschossiger<br />
Passivhäuser mit Flach- oder Pultdach. Nur bei entsprechender<br />
städtebaulicher Zulässigkeit kann solch eine architektonische<br />
Gestaltung realisiert werden. Abweichungen<br />
und Befreiungen bedürfen immer des Einverständnisses der<br />
Baubehörden. Zugeständnisse zur Änderung der Dachform<br />
sind dabei eher selten, aber nicht ausgeschlossen. Bauherren<br />
sollten sich deshalb bereits beim Grundstückskauf von Fachleuten<br />
beraten lassen.<br />
Resümee<br />
Die Praxis zeigt: Bei kompetenter Planung ist es einfach, komfortable<br />
Passivhäuser zu errichten. Achtzugeben ist insbesondere<br />
auf die Vertragsgestaltung im Rahmen des Kaufes oder der<br />
Beauftragung des Planers. Hier ist der Verweis auf das <strong>Passivhaus</strong><br />
Institut und das dazugehörige Rechenverfahren, also auf<br />
das PHPP und die darin enthaltenen Mindestanforderungen<br />
erforderlich. Bereits mit der Auswahl des Planers und des dazugehörigen<br />
Planungsteams entscheidet sich die Qualität des Gebäudes<br />
– Referenzen sind hilfreich. Von angekün digten Mehrkosten<br />
darf man sich nicht verunsichern lassen, stattdessen<br />
sollte mit allen Beteiligten nach Einsparpotenzial gesucht werden,<br />
ohne auf den bestmöglichen Effizienzstandard zu verzichten.<br />
Schon in der frühen Planungsphase sollte entschieden werden,<br />
ob die Vorteile der Trennung von Heizung und Lüftung die<br />
entstehenden Mehrkosten rechtfertigen. Auch Passivhäuser<br />
müssen die städtebaulichen Vorgaben, die sich z. B. aus dem<br />
Bebauungsplan ergeben, einhalten. Befreiungen und Abweichungen<br />
sind hier eher die Ausnahme.<br />
Wenn die vorgenannten Sachverhalte beachtet werden, lassen<br />
sich Baurisiken beim eigenen <strong>Passivhaus</strong> minimieren.<br />
Dr. Werner Friedl<br />
ist „Zertifizierter <strong>Passivhaus</strong>Planer“ und seit über 15 Jahren<br />
als freier Architekt auf die <strong>Passivhaus</strong>bauweise spezialisiert.<br />
Er wurde mit dem Umweltpreis des Landkreises<br />
Aichach-Friedberg und als Zukunftspreisträger der Stadt<br />
Augsburg ausgezeichnet. Außerdem ist er Herausgeber<br />
und Autor von Fachliteratur, Sachverständiger für die<br />
Energieeinsparverordnung (EnEV) in Bayern und Referent.<br />
www.architekt-friedl.de<br />
<strong>Passivhaus</strong> <strong>Kompendium</strong> 2014<br />
53