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ERFAHRUNGSBERICHT<br />

( Kurzversion Internet)<br />

zum Hospitationsaufenthalt<br />

im Rahmen des von der Robert Bosch Stiftung geförderten<br />

INTERNATIONALEN HOSPITATIONSPROGRAMM PFLEGE UND GESUNDHEIT<br />

Hospitationsland:<br />

Australien<br />

Zeitraum: 12.02.2010 – 22.04.2010<br />

Teilnehmer/in:<br />

Wencke Schindler, Logopädin<br />

Funktion:<br />

Logopädin, Sana Klinik Lichtenberg<br />

Hospitationsthema: Implementierung eines stationären Ernährungsmanagements bei<br />

Dysphagie/Presbyphagie<br />

Hospitationsbericht (Kurzversion Internet)<br />

Zentrale Fragestellungen<br />

Können Trainingsprogramme wie SOAP eine andauernde Verbesserung des stationären<br />

Ernährungsmanagement in der Geriatrie bewirken? Gibt es weitere Programme oder Strategien,<br />

welche die Motivation in der Pflege für die fachgerechte Unterstützung des Patienten/Bewohners bei<br />

der Nahrungszufuhr steigern und das Bewusstsein stärken, dies als ihren verantwortungsvollen<br />

Aufgabenbereich anzuerkennen?<br />

Können neue Ideen und Wege zur Senkung von Malnutrition und Aspirationspneumonien gefunden<br />

werden? Welche Rolle spielt der Sprachtherapeut bei der Implementierung solcher Ideen und<br />

Programme?<br />

Ziel<br />

Durch die Teilnahme am Hospitationsprogramm sollten Ansätze gefunden werden, mit denen ein<br />

neues, verbessertes Ernährungsmanagement in den stationären Ablauf geriatrischer Kliniken und<br />

Pflegeeinrichtungen integriert werden kann. Es sollten genaue Rollenverteilungen,<br />

Organisationsabläufe und Erfahrungen transparent gemacht werden.<br />

Durchführung<br />

1. Besichtigungen: 13 Nursinghomes / Hostels<br />

17 Kliniken<br />

3 andere<br />

2. Hospitationen: Essensdarreichungen<br />

Logopaedische Schluckscreenings<br />

Bildgebende Diagnostik<br />

Dysphagia Clinics<br />

Interne Fortbildungen<br />

3. Interviews: Speech Pathologists<br />

Dietitians<br />

Nursingstaff<br />

Programm Koordinatoren (Volunteerprogramm)<br />

Management<br />

Ehrenamtliche Mitarbeiter<br />

Das Ernaehrungsmanagement bei Dysphagien - Erfahrungen<br />

Es konnten schnell entscheidende Unterschiede zwischen dem eigenen und dem australischen,<br />

stationären Ernährungsmanagent ermittelt werden.<br />

Weitere Informationen oder Kontakt zur Autorin/zum Autor erhalten Sie beim Institut G-plus<br />

g-plus@uni-wh.de // http://www.g-plus.org<br />

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So erfolgen beispielsweise die Organisation und Durchführung von initialen Dysphagie-Assessments,<br />

Überleitungen und Nahrungsdarreichungen durch die Pflege. In nahezu allen besuchten Einrichtungen<br />

- sowohl in Akuteinrichtungen als auch in Rehabilitationskliniken und Pflegeeinrichtungen – basiert<br />

die hierfür nötige Kompetenz auf regelmäßige, interne Schulungen zu den jeweiligen Bereichen. Im<br />

Gegensatz zur heimischen Klinik erfolgen die ersten Einschätzungen der individuellen Fähigkeit des<br />

Patienten/Bewohners zur Nahrungsaufnahme und die Zuordnung zur jeweiligen Kostgruppe bei jeder<br />

neurologischen Neuaufnahme durch das geschulte Schwesternpersonal. Diese fällen auch die<br />

Entscheidung bezüglich der Notwendigkeit einer sprachtherapeutischen Übernahme.<br />

Für die Nahrungsdarreichung bei Risikopatienten oder bei Dysphagiepatienten werden ausschliesslich<br />

examinierte und gesondert trainierte Schwestern eingesetzt. Dieses Personal stellt hierfür alle<br />

anderen Tätigkeiten, wie Schreibarbeiten/Dokumentationen o.a. ein. Zu deren Entlastung erfolgen<br />

notwendige Hilfestellungen für die übrigen nicht-dysphagischen Patienten (wie das Oeffnen von<br />

Verpackungen, Unterstuetzung der Hand-Mund-Fuehrung o.a.) durch Pflegehelfer und Volunteers.<br />

Einige Einrichtungen arbeiteten im äußerst effizienten System der „Doppelbeschichtung“ zu den<br />

Mittagszeiten. Sprachtherapeuten sind in die Nahrungsdarreichungen selten involviert.<br />

Befundungen, Beobachtungen, Veränderungen und Strategien der einzelnen Therapie- und<br />

Pflegebereiche werden in sehr übersichtlicher Form, einheitlich in einem Verlaufsdokument (mit<br />

farblicher Unterscheidung und Markierung) festgehalten. Die Notwendigkeit von Koststufen, Strategien<br />

oder orale Karenz wird ebenfalls farblich dokumentiert und an sämtliche beteiligte Bereiche (Küche,<br />

Therapeuten, Pflege, Angehörige) weitergegeben. In den Krankenhäusern erfolgen – wie auch in der<br />

Klinik des Heimatortes - wöchentliche Teambesprechungen; in den Heimen meist monatliche<br />

Zielplanungen.<br />

Die interdisziplinäre Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Pflege, Diätassistenz, Küche und<br />

Sprachtherapie ist überall Grundvoraussetzung.<br />

Regelmäßige Schulungen von Pflegepersonal und Volunteeren zur Durchführung der Assessments<br />

bzw. zur Darreichung von Nahrungsmitteln sind immer Grundvoraussetzung und gehören zum<br />

Standard der Einrichtungen; im Rahmen der Akkreditierungsverfahren müssen diese nachgewiesen<br />

werden. Das Pflegepersonal unterliegt einer Fortbildungspflicht.<br />

Das System der regelmäßiger Schulungen und Weiterbildungen weißt in einigen stationären<br />

Einrichtungen eine äußerst komplexe und differenzierte Struktur auf. So wurde auch das Angebot von<br />

Fortbildungsprogrammen durch das Intranet oder gar dem hausinternen Fernsehsender<br />

kennengelernt.<br />

Während der gesamten Hospitationszeit konnte eine Vielzahl an weiteren Programmen kennengelernt<br />

werden, die ein verbessertes Ernährungsmanagement zur Folge hatten. So wurde die Effizienz der<br />

Einführung von Wochenenddiensten für Logopäden erkannt. Der Einsatz des „ Free water Protokolls“<br />

bei Dysphagiepatienten. Hierbei ist es ihnen gestattet, unangedickte Flüssigkeiten zu sich zu<br />

nehmen, sofern bestimmte Voraussetzungen durch die Pflege geschaffen wurden. Folge ist eine<br />

nachweislich steigende Menge an Flüssigkeitszufuhr ohne Zunahme von Aspirationspneumonien.<br />

Auch die Lebensqualität während des stationären Aufenthaltes habe sich nach Angaben der<br />

Betroffenen deutlich erhöht. In einer weiteren Einrichtung wurde die Durchführung von „protected<br />

mealtimes“ beobachtet. Ergebnis war auch hier eine gesteigerte Qualität, Quantität und Freude an<br />

Nahrungsaufnahme bei gesenktem Aspirationsrisiko. Als besonders erfolgreich und nützlich haben<br />

sich die sogenannten „Volunteer-feeding-programme“ erwiesen. Durch die Schulung und den Einsatz<br />

ehrenamtlicher Mitarbeiter konnte ein deutlich verbessertes Zeit- und Personalmanagement erreicht<br />

werden.<br />

In einem der vielen Pflegeheime wird die Aufteilung von Verantwortungsbereichen als Portfolio-<br />

System organisiert. Relevante Bereiche wie beispielsweise die Nahrungsaufnahme und Mundpflege<br />

werden interessierten Mitarbeitern der Pflege als eigene Verantwortungsbereiche übertragen. Eine<br />

regelmäßige Verlaufsbeobachtung und eventuell notwendige Hilfestellung oder Korrektur im Hinblick<br />

auf die fachgerechte Umsetzung der jeweiligen Standards, erfolgt so durch das Pflegepersonal selbst.<br />

Nicht zuletzt für den sprachtherapeutischen Bereich sehr interessant, war der standardisierte Einsatz<br />

von Trinkpackungen mit Flüssigkeiten von verschiedener Konsistenz und Geschmacksrichtung – die<br />

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Verwendung von Andickungsmitteln konnte nur noch selten beobachtet werden. Die sogenannten<br />

„pre-thickened fluids“ mögen auf dem ersten Blick sehr teuer erscheinen; ein Einblick in die<br />

finanziellen Gegenrechnungen ergibt jedoch das Gegenteil.<br />

Erfahrungen zum Prozess der Implementierung<br />

Im Rahmen vieler Gespräche mit Projektkoordinatoren, Abteilungsleitern und<br />

Fortbildungsbeauftragten wurde immer wieder deutlich, dass die Kontaktaufnahme mit den<br />

Leitungspositionen der jeweiligen Einrichtung, deren Zustimmung zum Vorhaben und Unterstuetzung,<br />

Grundvoraussetzung für jede Art von bezweckter Veränderung auf den Stationen ist. Zudem muss von<br />

hier aus eine Planung der Personalbesetzung beispielsweise zu den Zeiten der internen Schulung<br />

erfolgen.<br />

Desweiteren müssen Schwestern gefunden werden, die sich für das jeweilige Projekt interessieren<br />

und denen die entsprechenden Verantwortungsbereiche übertragen werden können. Auch sollte im<br />

Vorfeld sichergestellt werden, dass die notwendigen Ressourcen vorhanden sind bzw. zeitnah<br />

beschafft werden können. Hier ist wiederum die Unterstuetzung der leitenden Positionen unerlässlich.<br />

In Bezug auf die Begutachtung des Ist-Zustandes und der vorhandenen Ressourcen können die<br />

Mitarbeiter auf den Stationen informiert und hierfür eingebunden werden. Die Dokumentation erfolgt<br />

dann anhand verschiedener Protokolle und Fragebögen und kann sowohl von Schwestern, als auch<br />

von Therapeuten durchgeführt werden.<br />

Im Anschluss erfolgt eine systematische Schulung beispielsweise zum Thema „Nahrungsdarreichung<br />

auf den geriatrischen Stationen“ in Form von Vorträgen, Workshops und Vor-Ort-Begleitung. Diese<br />

richtet sich an das gesamte Pflegepersonal und eventuelle Helfer. Es wird von den<br />

Sprachtherapeuten, ggf. in Zusammenarbeit mit den Diätassistenten durchgeführt. Parallel wird ein<br />

umfassendes Angebot an Aufklärungsbroschüren und Informationsblättern für alle Beteiligten und<br />

Betroffenen erstellt. Zudem können Seminare für andere Bereiche, z.B. Küchenpersonal angeboten<br />

werden und hilfreich sein.<br />

Für die examinierten Schwestern wird dann ein gesondertes Schulungsprogramm zum<br />

Dysphagiescreening, zur Nahrungsgabe bei Risikopatienten und zur Überleitung an die<br />

Sprachtherapie durchgeführt. Auch dieses kann in Anlehnung an das Trainingsprogrammes erfolgen,<br />

welches sowohl inhaltlich, als auch organisatorisch einen strukturierten Plan vorgibt und Protokolle zur<br />

Dokumentation für die verschiedenen Bereiche enthält. Diese Schulung wird ebenfalls von den<br />

Sprachtherapeuten durchgeführt.<br />

Die für dieses Projekt verantwortlichen Schwestern erhalten zudem eine Einweisung zur Schulung<br />

neuer Mitarbeiter der Pflege („Train the Trainer“).<br />

Ziel ist am Ende ein interner Kreislauf, in welchem sich das Pflegepersonal gegenseitig schult und<br />

berät. Bei weiteren Fragen steht ihnen immer die Abteilung der Sprachtherapie zur Verfügung. Mit<br />

dieser werden auch individuelle Strategien für die Nahrungszufuhr einzelner Patienten/Bewohner<br />

besprochen.<br />

Eine umfassende Schulung durch die Sprachtherapeuten findet dann vierteljährlich bis jährlich statt.<br />

Parallel können der jeweiligen Institution/Station verschiedene Feinziele, wie die Einführung<br />

verschiedener Nahrungsmengen, Umstellungen der Kostformen und Verbesserung der<br />

Dokumentationsbögen durch die Sprachtherapeuten vorgestellt werden.<br />

Fuer die Implementierung eines derartigen Ernährungsmanagements waren meist folgende Bereiche<br />

verantwortlich:<br />

- Sprachtherapie<br />

- Diätassistenz<br />

- Pflegedienstleitung<br />

- Fortbildungsbeauftragter<br />

- (Koordinatoren)<br />

Weitere Informationen oder Kontakt zur Autorin/zum Autor erhalten Sie beim Institut G-plus<br />

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Stetige Verlaufsbeobachtung, Kommunikation und Motivation sind unerlässlich. In den Einrichtungen<br />

konnte die routinierte Tätigkeit im Rahmen des neuen Ernährungsmanagements (incl.<br />

Volunteerprojekt) oft erst nach zwei bis vier Jahren beobachtet werden. Die Umsetzung eines<br />

Volunteerprojektes würde zusätzliche, formelle Aspekte umfassen, auf die hier nicht näher<br />

eingegangen wird.<br />

(Er)Folge<br />

In den Einrichtungen konnten durch die Veränderungen im Ernährungsmanagement vor allem eine<br />

Verbesserung der Qualität von Nahrungsgabe und somit Lebensqualität der Patienten, eine<br />

Steigerung der Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr, eine Senkung der Aspirationspneumonien erzielt<br />

werden. Im Hinblick auf die Arbeitssituation habe es Verbesserungen im Zeitmanagement sowie<br />

Steigerungen von Zufriedenheit und Selbstbewusstsein bei dem Pflegepersonal gegeben.<br />

Zusätzlich vermutete Folge:<br />

Zusaetzlich wird erwartet, dass die Mitarbeiter der Sprachtherapie durch ein derartiges Vorgehen<br />

bezüglich Nahrungsgabe, Diagnostik und Überleitung Zeit gewinnen und diese dann für die<br />

Steigerung der Anzahl an Therapien einsetzen können. Ein Nachweis hierfür kann nicht gegeben<br />

werden, da die Arbeitsinhalte von Sprachtherapeuten in australischen Kliniken schwer mit den<br />

eigenen in Deutschland verglichen werden konnten.<br />

Transfer<br />

Derzeit wird an der Fertigstellung eines Schulungsprogrammes gearbeitet. Ziel soll die<br />

Bekanntmachung und Angebot des Trainingsprogrammes zur Anwendung in der eigenen und<br />

anderen Einrichtungen sein. Parallel erfolgt das Erstellen eines umfassenden Infomaterials für<br />

Angehörige, Pflege und Patient zu Themen der Dysphagie und Malnutrition. Am Klinikum werden<br />

Anträge gestellt, mit denen um die Unterstützung der Leitung bei der Umsetzung von Programmen,<br />

ähnlich der oben beschriebenen, gebeten wird. Unterstützend werden interne Zustandserfassungen<br />

und Vorträge durchgeführt. Im externen Bereich sind Veröffentlichungen in Fachzeitschriften der<br />

Pflege und Logopädie sowie ein Vortrag zu den Erkenntnissen beim Treffen von g-plus geplant.<br />

Danke!<br />

Ich bedanke mich fuer die Ermoeglichung zur Teilnahme am Hospitationsprogramm der Robert Bosch<br />

Stiftung und fuer die Unterstuetzung durch das Team von g-plus. Bedanken möchte ich mich auch bei<br />

allen Einrichtungen, die mir so bereitwillig Einblicke in ihre Arbeitsabläufe und Hinweise fuer die<br />

Umsetzung der Projekte gegeben haben.<br />

Wencke Schindler<br />

(Logopädin) Berlin, 27.06.2010<br />

Weitere Informationen oder Kontakt zur Autorin/zum Autor erhalten Sie beim Institut G-plus<br />

g-plus@uni-wh.de // http://www.g-plus.org<br />

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