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Leitfaden Umgang mit Kindern bei häuslicher Gewalt - Polizei

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<strong>Polizei</strong>- und Militärdirektion<br />

des Kantons Bern<br />

Generalsekretariat<br />

Berner Interventionsstelle<br />

gegen Häusliche <strong>Gewalt</strong><br />

Kramgasse 20, 3011 Bern<br />

Telefon 031 633 50 33<br />

www.pom.be.ch/big<br />

2. vollständig überar<strong>bei</strong>tete Version<br />

Juni 2013<br />

<strong>Leitfaden</strong> zum <strong>Umgang</strong> <strong>mit</strong><br />

<strong>Kindern</strong> <strong>bei</strong> <strong>häuslicher</strong><br />

<strong>Gewalt</strong><br />

Kinder und häusliche <strong>Gewalt</strong> 1<br />

1. Ziel dieses <strong>Leitfaden</strong>s<br />

Dieser <strong>Leitfaden</strong> bezweckt, dass alle <strong>mit</strong> Kindesschutz oder <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> befassten<br />

Behörden und Institutionen <strong>bei</strong> <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong><br />

- erkennen, dass eine Gefährdung des Kindeswohls vorliegt,<br />

- im Sinne des Kindeswohls handeln,<br />

- das Interventions- und Hilfesystem im Kanton Bern kennen und vernetzt handeln.<br />

2. Einleitung<br />

Eine Auswertung von <strong>Polizei</strong>interventionen 2 <strong>bei</strong> <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> im Kanton Bern zeigt,<br />

dass in 56% der Fälle, Kinder von <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> <strong>mit</strong>betroffen oder direkt in die <strong>Gewalt</strong>vorkommnisse<br />

involviert sind. Insgesamt muss davon ausgegangen werden, dass da<strong>bei</strong><br />

zumindest 755 Kinder (exkl. ungeborene Kinder) <strong>mit</strong>betroffen sind. 30 Prozent der betroffenen<br />

Kinder ist zwischen 0 und 3 Jahren alt, 17 Prozent zwischen 4 und 6 Jahren, 28 Prozent<br />

zwischen 7 und 12 Jahren und <strong>bei</strong> 24 Prozent handelt es sich um Teenager zwischen<br />

13 und 18 Jahren. 3<br />

Kinder sind in hohem Masse von <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> <strong>mit</strong>betroffen<br />

Die Art und Weise, wie Kinder von <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> betroffen sein können, variiert stark.<br />

Sie können<br />

- die <strong>Gewalt</strong>ausübungen hören, z.B. aus einem Nebenraum;<br />

- direkt involviert sein, z.B. indem sie im Raum, wo die <strong>Gewalt</strong> stattfindet, präsent sind,<br />

selbst einzugreifen versuchen oder vom gewaltbetroffenen oder gewaltausübenden Elternteil<br />

in <strong>Gewalt</strong>handlungen involviert werden; da<strong>bei</strong> können sie verletzt werden;<br />

- <strong>mit</strong> den Folgen der <strong>Gewalt</strong> konfrontiert werden, z.B. indem sie einen Elternteil verletzt<br />

sehen oder <strong>mit</strong> dem gewaltbetroffenen Elternteil an einen geschützten Ort fliehen;<br />

- selbst misshandelt werden; es muss davon ausgegangen werden, dass das Risiko von<br />

Kindesmisshandlung um den Faktor acht steigt <strong>bei</strong>m Auftreten von <strong>Gewalt</strong> zwischen<br />

den Eltern; 4<br />

1 Monika v. Fellenberg von der Fachhochschule Nordwestschweiz konnte beauftragt werden, diesen <strong>Leitfaden</strong> für den Kanton<br />

Bern zu überar<strong>bei</strong>ten. Da<strong>bei</strong> stützt sich die Autorin auf die Erkenntnisse der Evaluation Egger et. al 2013<br />

2 Es gibt keine Dunkelfeldstudie für den Kanton Bern<br />

3 Ausgewertet wurden die Daten für die Periode August 2011 bis September 2012. Bei insgesamt 838 Interventionen waren<br />

469 Kinder (<strong>mit</strong>)betroffen von <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> (vgl. Egger et al. 2013: 11f)<br />

4 Wetzels 1997


- aufgrund der <strong>mit</strong>erlebten <strong>Gewalt</strong>, selber gegenüber Eltern, Geschwistern oder in der<br />

eigenen Partnerschaft <strong>Gewalt</strong> ausüben.<br />

95 Prozent der <strong>bei</strong> <strong>Polizei</strong>interventionen genannten Kinder erleben die häusliche <strong>Gewalt</strong><br />

<strong>mit</strong>. Die übrigen Kinder werden selber Opfer von <strong>Gewalt</strong>handlungen oder sind direkt in die<br />

<strong>Gewalt</strong>handlungen involviert. Die Auswertung von Falldokumentationen <strong>bei</strong> Beratungsstellen<br />

im Kanton Bern 5 zeigt ein anderes Bild, gut die Hälfte der <strong>mit</strong>betroffenen Kinder, von<br />

denen die Beratungsstellen erfahren, erlebt auch gegen sie gerichtete <strong>Gewalt</strong>. 6<br />

Kinder erleben häusliche <strong>Gewalt</strong> <strong>mit</strong> oder werden selbst misshandelt; die Mitbetroffenheit<br />

erhöht das Risiko von Kindesmisshandlungen<br />

Das Miterleben von <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> kann negative Einflüsse auf die kindliche Entwicklung<br />

haben. Die oben genannte Auswertung der Falldokumentationen weist auf verschiedene<br />

Belastungen der Kinder hin. Körperliche und psychosomatische Belastungen (z.B.<br />

Schlafstörungen, Bettnässen, Appetitlosigkeit oder Fieber) oder auch direkte <strong>Gewalt</strong>folgen<br />

(Körperverletzungen) machen fünf Prozent aus. Von diesen Folgen ist vor allem die Altersgruppe<br />

der 0 bis 6-Jährigen betroffen. Psychische Belastungen machen fast einen Fünftel<br />

aller Nennungen aus (z.B. Angstzustände, Gefühle der Trauer und Hilflosigkeit, Unruhe).<br />

Sie haben vor allem <strong>bei</strong> den 7 bis 12-Jährigen ein grosses Gewicht. Häusliche <strong>Gewalt</strong> hat in<br />

28 Prozent der Fälle Auswirkungen auf das Sozialverhalten (innerhalb der Familie: z.B. Loyalitätskonflikte,<br />

Ablehnung, Angst, Unbehagen, Aggressionen gegen einen Elternteil; im<br />

sozialen Umfeld: z.B. Konzentrationsprobleme, Verhaltensauffälligkeiten, verschlechterte<br />

Schulleistungen, Rückzug, grossen Verschlossenheit). In einem Drittel der Fälle wurden<br />

Belastungen aufgrund der familiären Situation genannt (z.B. schwierige Trennungssituationen,<br />

Streit um Besuchsrecht, unklare Wohnsituation, Überforderung) und ein Zehntel der<br />

Belastungen bezieht sich auf das un<strong>mit</strong>telbare Erleben der <strong>Gewalt</strong>situation (z.B. Ohnmacht<br />

der Mutter nicht helfen zu können, forciertes Miterleben der <strong>Gewalt</strong>handlungen durch einen<br />

Elternteil). Einige Nennungen betreffen auch <strong>Gewalt</strong>, die sich direkt gegen die Kinder wendet<br />

(z.B. Züchtigung, Drohung). 7<br />

Das Miterleben von <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> stellt eine Gefährdungen des Kindeswohls<br />

dar<br />

Alle bisherigen Studien betonen die Notwendigkeit systematischer und zeitnaher Abklärungen<br />

bezüglich der Situation der Kinder, die im Umfeld von <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> aufwachsen<br />

sowie die grosse Bedeutung spezifischer Unterstützungsangebote für die betroffenen Kinder.<br />

8<br />

Um von <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> <strong>mit</strong>betroffene Kinder wirksam zu unterstützen, ist rasches<br />

und vernetztes Handeln erforderlich<br />

5 Beratungen der Kinderschutzgruppe, Frauenhäuser/Beratungsstelle Frauenhaus, Opferhilfeberatungsstellen<br />

6 Egger et al. 2013 : 5<br />

7 Egger et al. 2013: 24f<br />

8 Seith, Kavemann 2007<br />

2


Aufgrund der möglichen Kindeswohlgefährdung besteht für alle Behörden und Institutionen<br />

des Interventions- und Hilfesystems bezüglich Kindesschutz <strong>bei</strong> <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> eine<br />

Verpflichtung zu raschem, bedarfsgerechtem und vernetztem Handeln.<br />

Wichtig ist, dass eine mögliche Kindeswohlgefährdung frühzeitig erkannt und systematisch<br />

abgeklärt wird, dass Massnahmen zugunsten der <strong>mit</strong>betroffenen Kinder und ihrer Familien<br />

eingeleitet werden, die der Gewährleistung oder Wiederherstellung des Kindeswohls dienen.<br />

Der vorliegende <strong>Leitfaden</strong> baut auf den bestehenden Strukturen im Kanton Bern auf. 9 Er<br />

soll dazu <strong>bei</strong>tragen, dass alle Behörden und Institutionen des Interventions- und Unterstützungssystems<br />

eine einheitliche Praxis bezüglich Kindesschutz <strong>bei</strong> <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> bilden.<br />

Dazu definiert er Handlungsabläufe, benennt die Verantwortlichkeiten und listet die bestehenden<br />

Unterstützungsangebote auf.<br />

Die folgenden Grundprinzipien sollen das Handeln der Behörden und Institutionen leiten:<br />

1 Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit für den gewaltbetroffenen Elternteil und<br />

das Kind<br />

2 Inverantwortungnahme und Beratung des gewaltausübenden Elternteils<br />

3 Vernetztes, konsequentes Handeln aller befassten Institutionen und Behörden<br />

4 Kennen der Dynamik von <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> und der besonderen Herausforderungen<br />

betreffend die <strong>mit</strong>betroffenen Kinder<br />

3. Definitionen<br />

a. Häusliche <strong>Gewalt</strong><br />

„Häusliche <strong>Gewalt</strong> liegt vor, wenn Personen innerhalb einer bestehenden oder aufgelösten,<br />

familiären, ehelichen oder eheähnlichen Beziehung physische, psychische oder sexuelle<br />

<strong>Gewalt</strong> ausüben oder androhen“. 10<br />

Auch die <strong>Gewalt</strong> von Minderjährigen gegenüber ihren Eltern, Geschwistern oder in ihren<br />

Partnerschaften gilt als häusliche <strong>Gewalt</strong>.<br />

b. Kinder<br />

Als Kinder gelten minderjährige Personen vor Erreichen des 18. Altersjahres. Minderjährige<br />

stehen unter elterlicher Sorge 11 und bedürfen eines besonderen Schutzes. 12<br />

Kinder gelten als urteilsfähig, wenn sie im Hinblick auf eine bestimmte Tätigkeit vernunftgemäss<br />

handeln können. 13 Der Begriff der Urteilsfähigkeit <strong>bei</strong>nhaltet zwei Aspekte. Einerseits<br />

enthält sie eine intellektuelle und andererseits eine Willenskomponente. Erstere bedeutet<br />

die Fähigkeit, Sinn, Zweckmässigkeit und Wirkungen einer bestimmten Handlung zu<br />

erkennen, letztere die Fähigkeit, gemäss der vernünftigen Erkenntnis nach freiem Willen zu<br />

9 Nicht berücksichtig werden können die spezifischen Strukturen der Stadt Bern (Fachstelle Häusliche <strong>Gewalt</strong>)<br />

10 Schwander 2003<br />

11 Art. 14 i.V.m. Art. 296 ZGB (Schweizerischen Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907, SR 210)<br />

12 Art. 11 Abs. 1 BV (Bundesverfassung des Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999, SR 101)<br />

13 Art. 16 ZGB<br />

3


handeln. Die Urteilsfähigkeit ist relativ zu verstehen, d.h. sie bezieht sich auf eine bestimmte<br />

Handlung. 14<br />

c. Mitbetroffenheit von <strong>Kindern</strong><br />

Kindliche Mitbetroffenheit liegt vor, wenn Minderjährige häusliche <strong>Gewalt</strong> zwischen den erwachsenen<br />

Bezugspersonen in der Familie (Mutter, Vater, Partner/innen), zwischen Eltern<br />

und Geschwistern oder zwischen Geschwistern sehen, hören oder deren Folgen anderweitig<br />

wahrnehmen, wenn sie selber misshandelt werden oder wenn sie selber eine Form von<br />

<strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> ausüben.<br />

d. Interventions- und Hilfesystem<br />

Das Interventions- und Hilfesystem <strong>bei</strong> <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> wird in einem umfassenden Sinne<br />

verstanden. Es <strong>bei</strong>nhaltet alle relevanten Behörden und Institutionen im Kanton Bern, die<br />

dazu <strong>bei</strong>tragen, dass von <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> <strong>mit</strong>betroffene Kinder und ihre Familien rechtzeitig<br />

die erforderliche Unterstützung erhalten. 15<br />

e. Wohnsitz des Kindes<br />

Als Wohnsitz des Kindes unter elterlicher Sorge gilt der Wohnsitz der Eltern, oder wenn die<br />

Eltern keinen gemeinsamen Wohnsitz haben, der Wohnsitz des Elternteils, unter dessen<br />

Obhut das Kind steht. In den übrigen Fällen gilt sein Aufenthaltsort als Wohnsitz. 16 Der Aufenthalt<br />

zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs-<br />

oder Pflegeeinrichtung etc. begründet keinen Wohnsitz. 17<br />

4. Übersicht Interventions- und Hilfesystem<br />

Die Aufgaben der Behörden und Institutionen im Interventions- und Hilfesystem im Zusammenhang<br />

<strong>mit</strong> Kindesschutz <strong>bei</strong> <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> können grob in vier Kategorien aufgeteilt<br />

werden. Es handelt sich da<strong>bei</strong> um<br />

- das Erkennen einer möglichen Kindeswohlgefährdung<br />

- das Abklären einer möglichen Kindeswohlgefährdung<br />

- das Unterstützen <strong>bei</strong> einer möglichen Kindeswohlgefährdung<br />

- das Entscheiden <strong>bei</strong> einer möglichen Kindeswohlgefährdung<br />

14<br />

Nach Cottier/Steck (2012) hat das Bundesgericht in Verfahren, die höchstpersönliche Rechte der Kinder tangierten, bereits<br />

<strong>bei</strong> <strong>Kindern</strong> ab 10 Jahren Urteilsfähigkeit angenommen (z.B. Kontakt zu den Eltern, medizinische Eingriffe, fürsorgerische<br />

Unterbringung).<br />

15 Egger et al. 2013: 5<br />

16 Art. 26 Abs. 1 ZGB<br />

17 Art. 23 Abs. 1 ZGB<br />

4


Aus der nachfolgenden Abbildung ergeben sich die Aufgabenkategorien der die verschiedenen<br />

Behörden und Institutionen in Bezug auf Kindesschutz <strong>bei</strong> <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> nachgehen<br />

(Priorität abnehmend von links gegen rechts).<br />

5. Melderechte, Meldepflichten<br />

Bei einer Gefährdung oder Verletzung des Kindeswohls bzw. <strong>bei</strong> Straftaten gegenüber <strong>Kindern</strong><br />

werden unter den gegebenen Umständen die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden<br />

(KESB) oder die Strafverfolgungsbehörden aktiv. Da<strong>mit</strong> die KESB bzw. Strafverfolgungsbehörden<br />

überhaupt ein Verfahren eröffnen können, müssen Sie Kenntnis erhalten<br />

von Kindeswohlgefährdungen bzw. strafbaren Handlungen <strong>Kindern</strong> gegenüber.<br />

a. Zivilrechtlicher Kindesschutz: Meldepflichten/Melderechte<br />

Ist das Wohl des Kindes gefährdet und sorgen die Eltern nicht von sich aus für Abhilfe oder<br />

sind sie dazu ausserstande, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen<br />

zum Schutz des Kindes. 18 „Eine Gefährdung (des Kindeswohls) liegt vor, sobald nach den<br />

Umständen die ernstliche Möglichkeit einer Beeinträchtigung des körperlichen, sittlichen<br />

oder geistigen Wohls des Kindes vorauszusehen ist. Nicht erforderlich ist, dass diese Möglichkeit<br />

sich schon verwirklicht hat.“ 19 Um das Kindeswohl zu schützen, haben gewisse Stel-<br />

18 Art. 307 Abs. 1 ZGB<br />

19 Hegnauer 1999: N 27.14<br />

5


len eine Meldepflicht an die KESB, andere haben ein Melderecht oder weitere unterstehen<br />

einer Schweigepflicht.<br />

Grundsätzlich steht jeder Person ein Melderecht zu, wenn in einem Fall das Kindeswohl<br />

gefährdet erscheint. Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über das Berufsgeheimnis. 20<br />

Auch Personen, die nicht urteilsfähig sind, haben ein Melderecht. Die KESB ist verpflichtet,<br />

jede Meldung zu prüfen (inkl. anonyme).<br />

Auch Personen, die einem Amtsgeheimnis unterstehen, machen sich <strong>bei</strong> einer Meldung<br />

nicht strafbar. 21 Im Einzelfall muss jedoch geprüft werden, ob das Interesse eine Gefährdungsmeldung<br />

einzureichen, das Interesse an der Geheimhaltung überwiegt. 22<br />

Explizit ausgenommen von diesem Melderecht sind lediglich diejenigen Personen, die einem<br />

Berufsgeheimnis unterstehen (z.B. Geistliche, Rechtsanwält/Innen, Verteidiger/Innen,<br />

Ärzt/Innen, Hebammen, Psycholog/Innen sowie ihre Hilfspersonen). 23 Sie haben nur dann<br />

ein Melderecht, wenn an einer minderjährigen Person eine strafbare Handlung begangen<br />

worden ist und wenn eine Meldung im Interesse des Kindes erscheint. 24 Ist dies nicht der<br />

Fall, so müssen sie sich durch die betroffene Person (<strong>bei</strong> <strong>Kindern</strong>, die gesetzliche Vertretung<br />

oder das urteilsfähiges Kind) oder die vorgesetzte Behörde vom Berufsgeheimnis entbinden<br />

lassen: 25<br />

- die Gesundheitsfachpersonen vom Kantonsarztamt; 26<br />

- die Rechtsanwält/Innen, Verteidiger/Innen von der Anwaltskammer; 27<br />

- die Geistlichen erkundigen sich <strong>bei</strong>m Beauftragten für kirchliche Angelegenheiten nach<br />

der Vorgehensweise.<br />

Eine Meldepflicht hat, wer in amtlicher Tätigkeit von einer Kindeswohlgefährdung erfährt.<br />

Die Kantone können weitergehende Meldepflichten vorsehen. 28<br />

Die Meldepflicht nach ZGB ist weit gefasst. Als amtlich gelten alle Tätigkeiten, die in Erfüllung<br />

einer dem Gemeinwesen zukommenden öffentlich-rechtlichen Aufgabe oder Befugnis<br />

durchgeführt werden (z.B. Lehrer/Innen, Schulbehörden, Amtsärtz/Innen). Da<strong>bei</strong> ist das Anstellungsverhältnis<br />

nicht relevant und auch nicht, ob die Ausführung der Tätigkeit finanziell<br />

abgegolten wird. Die Meldepflicht gilt nicht absolut. Keine Meldepflicht besteht, wenn die<br />

betreffende Person nach ihrer sorgfaltspflichtgemässen Einschätzung davon ausgehen<br />

kann, sie könne die Kindeswohlgefährdung abwenden. 29<br />

Die Strafbehörden haben die Pflicht, die KESB über eingeleitete Verfahren und Strafentscheide<br />

zu informieren, wenn dies zum Schutz der <strong>mit</strong>betroffenen Kinder erforderlich ist.<br />

Stellen sie <strong>bei</strong> der Verfolgung strafbarer Handlungen, an denen Minderjährige beteiligt sind,<br />

fest, dass weitere Massnahmen erforderlich sind, so informieren sie unverzüglich die<br />

KESB. 30 Da <strong>mit</strong> Hilfe des Strafrechts der Kindesschutz kaum je nachhaltig sichergestellt<br />

20 Abs. 443 Abs. 1 ZGB<br />

21 Rechtfertigungsgrund Art. 14 StGB (Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937, SR 311.0)<br />

22 Vgl. Rosch et al. 2011: 243<br />

23 Art. 321 Abs. 1 StGB<br />

24 364 i.v. 321 StGB<br />

25 Art. 321 Abs. 2 StGB<br />

26 Art. 11 Abs. 4 GesV (Verordnung vom 24. Oktober 2001 über die beruflichen Tätigkeiten im Gesundheitswesen, BSG<br />

811.111)<br />

27 Art. 12 Bst. c KAG (Kantonales Anwaltsgesetz vom 28. März 2006, BSG 168.11)<br />

28 Art. 443 Abs. 2 ZGB<br />

29 Rosch et al. 2011: 243 f.<br />

30 Art. 75 Abs. 2 und 3 StPO (Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007, SR 312.0)<br />

6


werden kann, meldet die Strafverfolgungsbehörde solche Fälle immer der zuständigen<br />

KESB.<br />

Von der Meldepflicht ausgenommen, sind die Mitar<strong>bei</strong>tenden der Opferhilfe. Sie unterstehen<br />

einer qualifizierten Schweigepflicht. Stellen sie fest, dass die körperliche, psychische<br />

oder sexuelle Integrität eines minderjährigen Opfers oder einer anderen unmündigen Person<br />

ernsthaft gefährdet ist, so haben sie ein Melderecht an die KESB. 31<br />

b. Strafrechtlicher Kindesschutz: Anzeigepflichten/Anzeigerecht<br />

Da<strong>mit</strong> die Strafverfolgungsbehörde ein Verfahren aufnehmen kann, muss sie Hinweise auf<br />

strafbare Handlung erhalten. Sie nimmt die strafbare Handlung entweder <strong>bei</strong> der Ausübung<br />

ihrer Tätigkeit selber wahr oder es geht eine Anzeige <strong>bei</strong> ihr ein. Bei Antragsdelikten muss<br />

zudem ein Strafantrag eingereicht werden. 32 Im Falle von einem Offizialdelikt muss die<br />

Strafverfolgungsbehörde von Amtes wegen eine Strafuntersuchung durchführen.<br />

Es gibt Stellen, die der Strafverfolgungsbehörde Anzeige erstatten müssen, wenn sie von<br />

einer Straftat erfahren, es gibt Personen/Stellen, die ein Recht haben Anzeige zu erstatten<br />

und es gibt solche, die einer Schweigepflicht unterstehen.<br />

Kinder werden im Rahmen von <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> selbst misshandelt oder erleben <strong>Gewalt</strong><br />

<strong>mit</strong>. In Ausnahmefällen werden sie auch selber straffällig.<br />

Misshandelte Kinder werden zumeist Opfer von Körperverletzungsdelikten, Delikten gegen<br />

ihre sexuelle oder psychische Integrität (z.B. Tätlichkeit, einfache/schwere Körperverletzung,<br />

sexuelle Handlung <strong>mit</strong> Kind, Vergewaltigung, Drohung, Nötigung).<br />

Kinder, die nicht offensichtlich misshandelt worden sind, können auch (schwere) psychische<br />

Schäden davon tragen bzw. gefährdet sein, solche Schädigungen zu erleiden. Zudem besteht<br />

die Gefahr, dass sie Opfer von nicht aufgedeckten Misshandlungen geworden sind<br />

bzw. gefährdet sind, Opfer von Misshandlungen zu werden. 33<br />

In allen Fällen, in welchen Kinder von <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> <strong>mit</strong>betroffen sind, kann der Straftatbestand<br />

Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht in Frage kommen: 34<br />

Strafbar ist die Verletzung oder Vernachlässigung von Fürsorge- oder Erziehungspflichten<br />

gegenüber einer minderjährigen Person und dadurch die Gefährdung der körperlichen und<br />

geistigen Integrität des Kindes. Eine effektive Schädigung muss noch nicht eingetreten<br />

sein. 35 Dadurch wird eine frühe Intervention möglich. Als Täterschaft kommen nicht nur die<br />

Eltern in Frage, sondern alle, die gegenüber einer minderjährigen Person von Gesetzes,<br />

Amtes, Berufs oder Vertrags wegen Fürsorge- oder Erziehungspflichten haben. 36 Bei <strong>häuslicher</strong><br />

<strong>Gewalt</strong> ist in der Regel der gewaltausübende Elternteil strafbar und nicht der aufgrund<br />

der erlittenen <strong>Gewalt</strong>handlungen überforderte und oftmals in einem Abhängigkeitsverhältnis<br />

stehende gewaltbetroffene Elternteil. Es handelt sich sowohl <strong>bei</strong> der vorsätzlichen als auch<br />

<strong>bei</strong> der fahrlässigen Begehung um ein Offizialdelikt. Der Straftatbestand stellt ein Vergehen<br />

37 dar.<br />

31 Art. 11 Abs. 3 OHG (Bundesgesetz über die Hilfe an Opfer von Straftaten vom 23. März 2007, SR 312.5)<br />

32 Art. 303 Abs. 1 StPO<br />

33 Vgl. Kap. 1<br />

34 Art. 219 StGB<br />

35 Niggli, Wiprächtiger 2007: Art. 219 Rz 2<br />

36 Trechsel/Pieth 2013: S. 1044<br />

37 Vergehen sind Taten, die <strong>mit</strong> Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder <strong>mit</strong> Geldstrafe bedroht sind (Art. 10 Abs. 3 StGB)<br />

7


Das Miterleben <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> kann auch zu einer strafbaren Verletzung der psychischen<br />

Integrität führen und da<strong>mit</strong> unter Umständen ein Delikt gegen die körperliche Integrität<br />

darstellen (einfache/schwere Körperverletzung und Tätlichkeit): 38<br />

Eine schwere Traumatisierung (bspw. eine Posttraumatische Belastungsstörung) oder eine<br />

andere erhebliche psychische Beeinträchtigung (bspw. Depression) kann eine schwere<br />

Körperverletzung 39 im Sinne einer schweren Schädigung der geistigen Gesundheit darstellen.<br />

Sowohl die vorsätzliche als auch die fahrlässige schwere Körperverletzung sind Offizialdelikte.<br />

40 Die schwere Körperverletzung stellt ein Verbrechen dar. 41<br />

Auch der Tatbestand der einfachen Körperverletzung 42 kann durch eine Beeinträchtigung<br />

der geistigen Gesundheit erfüllt sein. Die Störung muss einem – auch bloss vorübergehenden<br />

– krankhaften Zustand gleichkommen. 43 Ist das Opfer ein Kind, das unter der Obhut der<br />

Täterschaft steht, so wird die einfache vorsätzliche Körperverletzung zu einem Offizialdelikt.<br />

44 Die einfache Körperverletzung stellt ein Vergehen dar.<br />

In Bezug auf die Verletzung der geistigen Gesundheit bedeutet eine Tätlichkeit, 45 dass eine<br />

Einwirkung nur eine harmlose, innert kurzer Zeit vorübergehende Störung des Wohlbefindens<br />

verursachen darf, nicht aber einen krankhaften Zustand. 46 Wiederholte vorsätzliche<br />

Tätlichkeiten einem Kind gegenüber, für das die Täterschaft zu sorgen hat, gelten als Offizialdelikte.<br />

47 Bei den Tätlichkeitsdelikten handelt es sich um Übertretungen. 48<br />

Jede Person hat ein schriftliches oder mündliches Anzeigerecht. 49 Vorbehalten bleiben die<br />

Amts- und Berufsgeheimnisse. 50 Die Spezialgesetzgebung <strong>bei</strong>nhaltet gewisse Melderechte<br />

an die Strafverfolgungsbehörden:<br />

- Gesundheitsfachpersonen, die dem Berufsgeheimnis unterliegen, sind im Falle der<br />

Kenntnisnahme eines Verbrechens oder Vergehens gegen Leib und Leben oder die sexuelle<br />

Integrität berechtigt, die Strafverfolgungsbehörde zu informieren. 51 Diesfalls lässt<br />

sich die betreffende Person vom Kantonsarztsamt von der Schweigepflicht entbinden. 52<br />

- Die Mitar<strong>bei</strong>tenden der Opferhilfe dürfen, falls die körperliche, psychische oder sexuelle<br />

Integrität eines minderjährigen Opfers oder einer anderen unmündigen Person ernsthaft<br />

gefährdet ist, <strong>bei</strong> der Strafverfolgungsbehörden Anzeige erstatten. 53<br />

Die Behörden und öffentlich-rechtlichen Angestellten des Kantons und der Gemeinden haben<br />

eine Anzeigepflicht, wenn ihnen in ihrer amtlichen Stellung konkrete Verdachtsgründe<br />

für ein von Amtes wegen zu verfolgendes Verbrechen (Offizialdelikt) bekannt werden. 54 Von<br />

der Mitteilungspflicht befreit sind<br />

38 BGE 103 IV 70, 107 IV 42<br />

39 Art. 122 Abs. 3 StGB<br />

40 Art. 125 Abs. 2 StGB<br />

41 Verbrechen sind Taten, die <strong>mit</strong> Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren bedroht sind (Art. 10 Abs. 2 StGB)<br />

42 Art. 123 StGB<br />

43 Niggli, Wiprächtiger 2007: Art. 123 Rz 5<br />

44 Art. 123 Abs. 2 StGB<br />

45 Art. 126 StGB<br />

46 Niggli, Wiprächtiger 2007: Art. 123 Rz 5<br />

47 Art. 126 Abs. 2 Bst. a StGB<br />

48 Übertretungen sind Taten, die <strong>mit</strong> Busse bedroht sind (Art. 103 StGB)<br />

49 Art. 301 Abs. 1 StPO<br />

50 Art. 320 f. StGB<br />

51 Art. 28 Abs. 2 GesG (Gesundheitsgesetz vom 2. Dezember 1984, BSG 811.01)<br />

52 Art. 11 Abs. 4 GesV<br />

53 Art. 11 OHG<br />

54 Art. 48 EG ZSJ Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung, zur Strafprozessordnung und zur Jugendstrafprozessordnung<br />

(EG ZSJ), BSG 271.1<br />

8


- die Mitar<strong>bei</strong>tenden der Opferhilfe, sie stehen unter einer qualifizierten Schweigepflicht;<br />

55<br />

- die KESB und die als Beiständ/Innen eingesetzten oder in anderer Weise beauftragten<br />

Personen, wenn die Informationen vom Opfer oder ihm nahestehenden Personen<br />

stammen; 56<br />

- die Lehrkräfte, Schulkommissionen, Schulsozialdienste und Erziehungsberatungsstellen<br />

soweit das Wohl des Kindes dies erfordert; 57<br />

- Personen, die <strong>mit</strong> dem Vollzug des Sozialhilfegesetzes betraut sind, Mitar<strong>bei</strong>tende der<br />

Sozialdienste, Kindertagesstätten<strong>mit</strong>ar<strong>bei</strong>tende, Mütter- und Väterberatende, etc; 58<br />

- Gesundheitsfachpersonen, die eine Bewilligung nach der Gesundheitsgesetzgebung<br />

benötigen. 59<br />

Die Strafbehörden sind verpflichtet, alle Straftaten, die sie in ihrer amtlichen Tätigkeit feststellen<br />

oder die ihnen gemeldet werden, zu verfolgen oder der zuständigen Behörde anzuzeigen.<br />

60<br />

6. Zivilrechtlicher Kindesschutz<br />

a. Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden<br />

Unabhängig von einem Verschulden der Eltern muss die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde<br />

(KESB) eine Gefährdung des Kindeswohls abwenden. Sie greift nur dann ein,<br />

wenn die Eltern von sich aus nicht für Abhilfe sorgen (können) und wenn sie auch von den<br />

Angeboten der freiwilligen Jugendhilfe 61 oder weiteren Unterstützungsangeboten nicht Gebrauch<br />

machen (Prinzip der Subsidiarität). Kindesschutzmassnahmen sollen die Eltern nicht<br />

aus der Verantwortung entlassen, sondern sie sollen die Eltern in ihren Fähigkeiten ergänzen<br />

und wirksam unterstützen (Prinzip der Komplementarität). Eingriffe der Kindesschutzbehörde<br />

müssen immer verhältnismässig sein; d.h. sie müssen notwendig und geeignet<br />

sein, die Kindeswohlgefährdung abzuwenden/abzumildern und sie müssen dem Grad der<br />

Gefährdung entsprechen, die elterliche Sorge darf demnach nicht mehr aber auch nicht<br />

weniger als notwendig eingeschränkt werden (Prinzip der Proportionalität). 62<br />

Zuständig ist grundsätzlich die KESB am Wohnsitz des Kindes. Ausnahmsweise kann auch<br />

die KESB am Aufenthaltsort des Kindes zuständig sein, nämlich dann, wenn sich das Kind<br />

<strong>bei</strong> Pflegeeltern aufhält oder wenn Gefahr im Verzug ist. 63 Die KESB sind 24 Stunden erreichbar.<br />

Jede Gefährdungsmeldung, die <strong>bei</strong> der KESB eingeht, wird unverzüglich darauf hin überprüft,<br />

ob häusliche <strong>Gewalt</strong> im Spiel ist.<br />

55 Vgl. oben<br />

56 Art. 44 KESG (Gesetz über den Kindes- und Erwachsenenschutz vom 1. Februar 2012, BSG213.316)<br />

57 Art. 48 EG ZSJ i.V.m. Art. 61a VSG (Volksschulgesetz vom 19. März 1992, BSG 432.210), Art. 57 BerG (Gesetz<br />

über die Berufsbildung, die Weiterbildung und die Berufsberatung vom 14. Juni 2005, BSB 435.11) oder Art. 45 MiSG (Mittelschulgesetz<br />

vom 27. März 2007, BSB 433.12)<br />

58 Art. 8 SHG (Gesetz über die öffentliche Sozialhilfe vom 11. Juni 2001, BSG 860.1)<br />

59 . 48 EG ZSJ i.V.m. Art. 28 Abs. 4 GesG<br />

60 Art. 302 Abs. 1 StPO<br />

61 Art. 307 Abs. 1 i.V.m. Art. 302 Abs. 3 ZGB<br />

62 Amrein et al. 2005: 207<br />

63 Art. 315 ZGB<br />

9


Auch <strong>Gewalt</strong> von Minderjährigen gegenüber Eltern oder Geschwistern gilt als häusliche<br />

<strong>Gewalt</strong> und kann ein Hinweis auf eine akute Kindeswohlgefährdung darstellen. Die KESB<br />

und die Jugendstrafbehörden ar<strong>bei</strong>ten zusammen. 64 Sofern die Jugendstrafbehörde nicht<br />

involviert ist, prüft die KESB die Anordnung zivilrechtlicher Kindesschutzmassnahmen.<br />

In fachlicher Hinsicht haben die Regierungsstatthalterämter (RSTA) und die KESB auf dem<br />

Gebiet der Bekämpfung <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> eine Zusammenar<strong>bei</strong>tspflicht. 65 Die RSTA und<br />

die KESB richten ihr Handeln bezüglich <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> gemeinsam aus. Alle Meldungen<br />

und Rapporte der Kantonspolizei werden, wenn Kinder involviert sind, an die RSTA und<br />

gleichzeitig an die zuständige KESB geleitet. Die RSTA und die KESB sprechen sich zeitnah<br />

betreffend einer möglichen Kindeswohlgefährdung ab. Ist das Kindeswohl gefährdet,<br />

eröffnet die KESB ein Kindesschutzverfahren, entscheidet über Sofortmassnahmen und<br />

informiert die RSTA fortan über den Stand des Verfahrens. 66<br />

Die KESB vernetzt sich auch <strong>mit</strong> den weiteren Behörden und Institutionen des Interventions-<br />

und Hilfssystems, nutzt die jeweils bedarfsgerechten Hilfsangebote und ar<strong>bei</strong>tet <strong>mit</strong><br />

ihnen zusammen. 67 Die KESB motiviert das urteilsfähige Kind, den gewaltbetroffenen und<br />

den gewaltausübenden Elternteil, die entsprechenden Angebote wahrzunehmen.<br />

Die Verantwortlichkeit für einen Fall muss geklärt werden. Grundsätzlich ist die KESB im<br />

Rahmen des Kindesschutzverfahrens federführend <strong>bei</strong> der Vernetzung und Koordination<br />

der verschiedenen Unterstützungs- und Hilfsangeboten, sie kann diese Verantwortung aber<br />

auch delegieren.<br />

Die Anhörung des Kindes im Verfahren zur Anordnung einer Kindesschutzmassnahme ist<br />

Pflicht, wenn nicht das Alter oder andere wichtige Gründe dagegen sprechen. 68 Das urteilsfähige<br />

Kind kann die Verweigerung der Anhörung <strong>mit</strong> Beschwerde anfechten. 69 Das Kind<br />

wird grundsätzlich als kompetentes Subjekt wahrgenommen. Soweit es die Fähigkeit hat,<br />

soll es seine Zukunft <strong>mit</strong>gestalten können. Ab einem Alter von 3 bis 4 Jahren können Kinder<br />

angehört werden. 70 Bei <strong>Kindern</strong> im Vorschulalter wird eine Fachperson <strong>bei</strong>gezogen. Die<br />

Kinderschutzgruppe ist die Fachstelle für die Durchführung von Befragungen und Anhörungen<br />

von <strong>Kindern</strong>. Unterstützung bieten auch die Erziehungsberatung und der Kantonale<br />

Kinder- und Jugendpsychiatrische Dienst. Bei älteren <strong>Kindern</strong> führt die KESB oder die abklärende<br />

Stelle 71 die Anhörung selber durch, wenn die nötigen Kenntnisse diesbezüglich<br />

fehlen, wird eine Fachperson <strong>bei</strong>gezogen. Im Protokoll der Anhörung werden nur die für<br />

den Entscheid wesentlichen Ergebnisse festgehalten. Nur darüber werden die Eltern informiert.<br />

72<br />

Wenn nötig ordnet die KESB eine Vertretung des Kindes im Kindesschutzverfahren an. Als<br />

Vertreter/In wird eine in fürsorgerischen und rechtlichen Fragen erfahrene Person bezeichnet.<br />

Eine Vertretung kann insbesondere dann notwendig sein, wenn die Unterbringung des<br />

64 Art. 25 Abs. 1 Bst. d KESG<br />

65 Art. 23 Abs. 2 KESG<br />

66 Vgl. Zusammenar<strong>bei</strong>tsvereinbarung für das Jahr 2013 auf dem Gebiet der Bekämpfung zwischen der Geschäftsleitung der<br />

Regierungsstatthalter und Regierungsstatthalterinnen (GL RSTA) und der Geschäftsleitung der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden<br />

(GL KESB)<br />

67 besteht die ernsthafte Gefahr, dass eine hilfsbedürftige Person sich selbst gefährdet oder ein Verbrechen oder Vergehen<br />

begeht, so müssen KESB, <strong>Polizei</strong> und die betroffenen Stellen zusammenar<strong>bei</strong>ten (Art. 453 Abs. 1 ZGB)<br />

68 Art. 314a Abs. 1 ZGB<br />

69 Art. 314a Abs. 3 ZGB<br />

70 Nach Spycher (2012) geht das Bundesgericht davon aus, dass eine Anhörung ab dem vollendeten sechsten Altersjahr möglich<br />

sei, gegebenenfalls auch früher. Vertreten werde auch die Meinung, dass eine Anhörung durch Fachpersonen bereits ab<br />

dem dritten bis vierten Altersjahr möglich sei.<br />

71 Sozialdienst Bereich ZGB, Jugendämter<br />

72 Art. 314a Abs. 2 ZGB<br />

10


Kindes Gegenstand des Verfahrens ist oder wenn bezüglich Fragen der elterlichen Sorge<br />

oder wichtiger Fragen des persönlichen Verkehrs ein Interessenkonflikt besteht. 73<br />

Bei der Anordnung der im Einzelfall bedarfsgerechten Kindesschutzmassnahme wird den<br />

multivariablen Ursachen der häuslichen <strong>Gewalt</strong> Rechnung getragen (patriarchales Rollenverständnis,<br />

Suchterkrankung, finanzielle Probleme, Machtgefälle, Abhängigkeiten, Ambivalenzen<br />

etc.). Zudem ist sich die KESB bewusst, dass der beste Kindesschutz <strong>bei</strong> <strong>häuslicher</strong><br />

<strong>Gewalt</strong> darin besteht, den gewaltbetroffenen Elternteil zu schützen.<br />

Beispiele für Kindesschutzmassnahmen:<br />

Die Kindesschutzmassnahmen gemäss ZGB 74 bieten den KESB eine breite Palette von Interventionsmöglichkeiten,<br />

die im Einzelfall eine bedarfsgerechte Lösung bieten sollten. Verschiedene<br />

Massnahmen können <strong>mit</strong>einander kombiniert werden.<br />

Mit der Möglichkeit Weisungen 75 zu erlassen, liegt der KESB eine vielseitig nutzbare Kindesschutzmassnahme<br />

vor. Weisungen können sich an die Kinder, den gewaltbetroffenen<br />

und den gewaltausübenden Elternteil richten oder sie können die ganze Familie im Fokus<br />

haben. Eine Weisung kann viele mögliche Inhalte haben; vorausgesetzt ist aber immer eine<br />

gewisse Einsicht und Kooperationsbereitschaft der jeweiligen Personen. Es muss <strong>bei</strong> der<br />

Anordnung von Weisungen beachtet werden, dass <strong>bei</strong> <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> ein Machtgefälle/eine<br />

Abhängigkeit zwischen den involvierten Parteien bestehen kann; gemeinsame Angebote<br />

für den gewaltbetroffenen und gewaltausübenden Elternteil, Mediation, systemische<br />

Therapieansätze u.a.m. sind diesfalls oft nicht geeignet. Solche Angebote sollten nur <strong>bei</strong><br />

gleichberechtigten Partnerschaften in Betracht gezogen werden.<br />

Beispiele für Weisungen:<br />

- Erziehungshilfe für Eltern und Hilfen für Kinder und Jugendliche durch geeignete Beratungsstellen,<br />

z.B. Erziehungsberatung, Sozialdienst, Jugendamt oder Kinder- und Jugendpsychiatrischer<br />

Dienst;<br />

- Anordnen einer Beratung des Kindes <strong>bei</strong> einer anerkannten Opferhilfeberatungsstelle;<br />

- Gruppen- oder Einzelangebot für Kinder <strong>bei</strong> der Erziehungsberatung oder dem Kinderund<br />

Jugendpsychiatrischen Dienst;<br />

- Anordnen einer Beratung des gewaltbetroffenen Elternteils <strong>bei</strong> einer anerkannten Opferhilfeberatungsstelle;<br />

- Anordnung der Beratung des gewaltausübenden Elternteil, <strong>bei</strong>spielsweise durch<br />

StoppMänner<strong>Gewalt</strong> und gleichzeitige Anordnung der Beratung des gewaltbetroffenen<br />

Elternteils durch eine Opferhilfeberatungsstelle;<br />

- Anordnen eines Lernprogramms gegen <strong>Gewalt</strong> in Ehe, Familie und Partnerschaft für<br />

den gewalttätigen Partner;<br />

- Wegweisung des gewaltausübenden Konkubinatspartners/-partnerin aus der gemeinsamen<br />

Wohnung;<br />

- Dulden von Hausbesuchen durch die Mütter- und Väterberatung;<br />

73 Art. 314a ZGB<br />

74 Art. 307 ff ZGB<br />

75 Art. 307 Abs. 3 ZGB<br />

11


- Anordnen einer sozialpädagogischen Familienbegleitung, Einzel-, Gruppen- oder Familientherapien<br />

<strong>bei</strong> der Erziehungsberatung 76 oder dem Kinder- und Jugendpsychiatrischen<br />

Dienst;<br />

- Anordnung einer gemeinsamen Beratung für die Eltern. 77<br />

Andere mögliche Massnahmen:<br />

- Anordnen eines begleiteten Besuchsrechts; 78<br />

- Anordnen eines Obhutsentzugs <strong>mit</strong> Platzierung in einem Kinder- oder Jugendheim bzw.<br />

<strong>bei</strong> Pflegeeltern, wenn der weitere Verbleib des Kindes <strong>bei</strong> den Eltern bzw. <strong>bei</strong>m obhutsberechtigten<br />

Elternteil nicht zu verantworten ist; 79<br />

- Anordnen einer Beistandschaft; 80<br />

- der Entzug der elterlichen Sorge wird nur als ultima ratio angeordnet. 81 Die Revision des<br />

ZGB betreffend die gemeinsame elterliche Sorge sieht vor, dass die KESB <strong>bei</strong> <strong>häuslicher</strong><br />

<strong>Gewalt</strong> dazu ermächtigt wird, dem gewaltausübenden Elternteil die elterliche Sorge<br />

zu entziehen und zwar unabhängig davon, in welcher Form die Kinder von der häuslichen<br />

<strong>Gewalt</strong> <strong>mit</strong>betroffen sind. 82 Die Gesetzesrevision ist bereits für die heutige Praxis<br />

der KESB wegweisend.<br />

b. Zivilgerichte<br />

Nebst der KESB können auch Zivilgerichte zur Anordnung von Kindesschutzmassnahmen<br />

zuständig sein. Sie treffen im Rahmen von Scheidungs-, Trennungs- oder Eheschutzverfahren<br />

die nötigen Kindesschutzmassnahmen und sind für die Abänderung gerichtlicher Anordnungen<br />

über die Kindeszuteilung und den Kindesschutz zuständig. Im Rahmen dieser<br />

Verfahren befindet das Zivilgericht über die Obhutszuteilung, das Besuchsrecht und die Zuteilung<br />

der elterlichen Sorge. Für den Vollzug der Massnahmen bleibt die KESB zuständig.<br />

In dringlichen Fällen kann auch die KESB die notwendigen Massnahmen anordnen. 83<br />

Es ist wichtig, die Meinung des Kindes in den Entscheid einzubeziehen. 84 Das Kind soll<br />

deshalb im Verfahren angehört werden. 85 Diese Anhörung kann an Fachpersonen (Kinderschutzgruppe,<br />

Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst, Erziehungsberatungsstelle) delegiert<br />

werden. Die Anhörung der Kinder erfolgt grundsätzlich ab dem Alter von 10 Jahren. 86<br />

Auch die Anordnung einer Vertretung des Kindes im Verfahren ist oft sinnvoll. 87<br />

76 Die Erziehungsberatung betrachtet die Familie als Einheit. Sie versucht, die Beteiligten zu kooperativem Verhalten zu bewegen,<br />

ver<strong>mit</strong>telt in Konflikten, verhält sich allparteilich und ar<strong>bei</strong>tet <strong>mit</strong> einem mediativen Ansatz. Dieser Ansatz ist nur dann<br />

sinnvoll, wenn kein Machtgefälle zwischen den Parteien oder die für die häusliche <strong>Gewalt</strong> typischen Ambivalenzen bestehen.<br />

77 Soll nur <strong>bei</strong> gleichberechtigten Parteien in Betracht gezogen werden.<br />

78 Art. 273 ff ZGB<br />

79 Art. 310 ZGB<br />

80<br />

Art. 308 ZGB<br />

81 Art. 311 f. ZGB<br />

82 Vgl. Art. 311 Abs. 1 Ziff. 1 E-ZGB und Botschaft zur Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Elterliche Sorge)<br />

2011, S. 9109<br />

83 Art. 315a f. ZGB<br />

84<br />

Art. 133 Abs. 2 ZGB<br />

85<br />

Art. 298 ZPO (Schweizerische Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 2008, SR 272)<br />

86 Vgl. FN 69<br />

87<br />

Art. 299 ZPO<br />

12


Bei der Trennung von Paaren <strong>mit</strong> <strong>Kindern</strong> erkundigt sich das Zivilgericht immer schriftlich<br />

<strong>bei</strong> der KESB, ob die Familie bekannt sei. Im Falle <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> wird das Kindeswohl<br />

besonders sorgfältig beachtet.<br />

Bei der Ausgestaltung des Besuchsrechts ist das enorme Spannungsverhältnis zu beachten,<br />

unter dem ein Kind stehen kann (z.B. Gefühle der Angst, Liebe, Hass, Loyalitätskonflikte<br />

etc). Kinder brauchen Zeit und sehr oft auch die Unterstützung einer Therapeutin/eines<br />

Therapeuten, um die <strong>Gewalt</strong>erlebnisse zu verar<strong>bei</strong>ten. Bei der Prüfung des Besuchsrechts<br />

zwischen gewaltausübendem Elternteil und Kind sollte auch dem spezifischen Problemen<br />

des gewaltbetroffenen Elternteils Rechnung getragen werden. Die Regelung des Besuchsrechts<br />

kann erneut (begründete) Ängste <strong>bei</strong>m gewaltbetroffenen Elternteil um die Sicherheit<br />

des Kindes und um die eigene Sicherheit schüren. Die Übergabe des Kindes anlässlich der<br />

Besuchsrechtsausübung birgt neues Eskalationspotential für <strong>Gewalt</strong>handlungen. 88 Es kann<br />

deshalb sinnvoll sein, ein begleitetes Besuchsrecht anzuordnen oder das Besuchsrecht bis<br />

zur Absolvierung eines Lernprogramms gegen <strong>Gewalt</strong> in Ehe, Familie und Partnerschaft<br />

auszusetzen.<br />

Das Zivilgericht ist sich bewusst, dass die Anordnung der gemeinsamen elterlichen Sorge<br />

<strong>bei</strong> <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong>, weiteres Gefährdungspotential birgt. Die Eltern werden diesfalls zur<br />

Zusammenar<strong>bei</strong>t verpflichtet. Eine erneute Eskalation ist möglich. Die Sicherheit des gewaltbetroffenen<br />

Elternteils und des Kindes hat absolute Priorität. Die Revision des ZGB betreffend<br />

die gemeinsame elterliche Sorge sieht vor, dass <strong>bei</strong> <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> die KESB<br />

dazu ermächtigt bzw. verpflichtet wird, dem gewaltausübenden Elternteil die elterliche Sorge<br />

zu entziehen. Diese Gesetzesrevision wird bereits für die heutige Praxis der Zivilgerichte<br />

wegweisend.<br />

Nebst diesen Fragen, sind die Zivilgerichte im Zusammenhang <strong>mit</strong> <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> auch<br />

für den Schutz der Persönlichkeit vor <strong>Gewalt</strong>, Drohung und Nachstellungen zuständig. 89 Auf<br />

Antrag eines Opfers von <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> ordnet das zuständige Gericht nach einer polizeilichen<br />

Intervention die Verlängerung der Schutzmassnahmen (Wegweisung und Fernhaltung)<br />

an. Unabhängig von einer <strong>Polizei</strong>intervention kann die gewaltbetroffene Person eine<br />

Wegweisung, ein Näherungs-, Aufenthalts- und Kontaktverbot als vorsorgliche Massnahme<br />

im Rahmen eines Eheschutz- und Ehescheidungsverfahren beantragen.<br />

7. Schnittstelle zivil- und strafrechtlicher Kindesschutz<br />

Die Regierungsstatthalterämter (RSTA) ar<strong>bei</strong>ten als <strong>Polizei</strong>behörden und nehmen Aufgaben<br />

im Bereich der Bekämpfung <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> wahr. 90 Neben den Aufgaben im Zusammenhang<br />

<strong>mit</strong> polizeilichen Interventionen <strong>bei</strong> <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> leiten sie u.a. Runde<br />

Tische häusliche <strong>Gewalt</strong> und organisieren Informationsveranstaltungen.<br />

Die RSTA tragen die Verantwortung <strong>bei</strong> der Bekämpfung von <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong>. Da<strong>bei</strong><br />

kommt ihnen die zentrale Koordinations- und Qualitätssicherungsfunktion zu. Bei <strong>Polizei</strong>interventionen<br />

erhalten sie die <strong>Polizei</strong>rapporte und Gefährdungsmeldungen. Da<strong>bei</strong> prüft das<br />

RSTA, ob der KESB alle Kinder gemeldet worden sind, die im fraglichen Haushalt ihren<br />

88 Kavemann, Kreyssig et al 2007, S. 138<br />

89 Art. 28b ZGB<br />

90 Art. 9 Abs. 1 Bst. f RStG (Gesetz über die Regierungsstatthalterinnen und Regierungsstatthalter vom 28. März 2006, BSG<br />

152.321)<br />

13


Wohnsitz oder (teilweise) Aufenthaltsort haben. Ist dies nicht der Fall, so meldet das RSTA<br />

die betroffenen Kinder umgehend der KESB.<br />

Bei der Eröffnung eines Kindesschutzverfahrens wegen Kindeswohlgefährdung übernimmt<br />

die KESB die Fallverantwortung. Die KESB informiert das zuständige RSTA fortan über den<br />

Verfahrensstand. Zwischen den RSTA und KESB besteht eine Zusammenar<strong>bei</strong>tsvereinbarung<br />

auf dem Gebiet der Bekämpfung der häuslichen <strong>Gewalt</strong>. 91 Wird kein Kindesschutzverfahren<br />

eröffnet, so nimmt das RSTA eine Risikoanalyse vor und entscheidet über das weitere<br />

Vorgehen. (z.B. Einladung der gewaltausübenden Person und gegebenenfalls Vereinbarung<br />

eines Lernprogramms/einer <strong>Gewalt</strong>beratung, Motivation des Opfers <strong>mit</strong> Opferhilfestelle<br />

Kontakt aufzunehmen, 92 Organisation von Case Management in komplexen Fällen).<br />

8. Strafrechtlicher Kindesschutz<br />

a. Kantonspolizei<br />

Im Falle einer polizeilichen Intervention wegen <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> klärt die <strong>Polizei</strong> den<br />

Sachverhalt ab. Dazu gehört auch die Abklärung, ob Kinder und Jugendliche im Haushalt<br />

ihren Wohnsitz oder (teilweise) ihren Aufenthaltsort haben. Kinder gelten als Mitbetroffene<br />

unabhängig davon, ob sie im Zeitpunkt der Intervention anwesend sind.<br />

Im Zeitpunkt der Intervention werden der gewaltausübende und der gewaltbetroffene Elternteil<br />

separat befragt. Die Befragung der Kinder wird durch speziell geschulte Polizist/Innen<br />

oder externe Fachpersonen (Kinderschutzgruppe) möglichst umgehend durchgeführt. 93<br />

Die <strong>Polizei</strong> ordnet die erforderlichen Schutzmassnahmen an (z.B. Wegweisung, Fernhaltung,<br />

Unterbringung im Frauenhaus, medizinische Versorgung). Da eine allfällige Notunterbringung<br />

ausserhalb des gewohnten Umfeldes (Familienwohnung, Schule, Kindergarten,<br />

etc.) eine weitere schwere Belastung für das Kind darstellen kann, ist <strong>bei</strong> <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong><br />

immer eine Wegweisung/Fernhaltung der gewaltausübenden Person aus der gemeinsamen<br />

Wohnung zu prüfen. 94 Die <strong>Polizei</strong> erläutert dem gewaltbetroffenen Elternteil bzw. dem urteilsfähigen<br />

Kind die Ansprüche gemäss Opferhilfegesetz und holt die erforderliche Einwilligung<br />

zur Weiterleitung der Opfermeldung an eine Opferhilfestelle ein. 95 Der gewaltausübenden<br />

Person gibt sie Unterlagen zur <strong>Gewalt</strong>beratung ab. 96<br />

In schweren Fällen von <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> und insbesondere <strong>bei</strong> <strong>mit</strong>betroffenen <strong>Kindern</strong><br />

kann die <strong>Polizei</strong> das Care Team anfordern. In Fällen <strong>mit</strong> grossem Gefährdungspotential ist<br />

<strong>mit</strong> Unterstützung des psychologischen Dienstes der Kantonspolizei, des zuständigen<br />

RSTA, der Opferhilfestellen, Frauenhäuser, Sozialdienste, KESB, Hausärztin/Hausarzt, etc.<br />

für die Sicherheit des gewaltbetroffenen Elternteils und des Kindes zu sorgen. Eine Stelle<br />

übernimmt die Federführung. Bei Unklarheiten entscheidet das RSTA.<br />

Die <strong>Polizei</strong> kann den Psychologischen Dienst beauftragen dem Angeschuldigten eine<br />

Normverdeutlichung zugehen zu lassen.<br />

91 Vgl. Kapitel 6a<br />

92 Art. 50 Abs. 3 PolG (<strong>Polizei</strong>gesetz ovm 8. Juni 1997, BSG 551.1)<br />

93 Art. 154 Abs. 2 und Abs. 4 Bst. d StPO<br />

94 Art. 29 Abs. 1 Bst. f PolG<br />

95 Art. 8 Abs. 1 OHG i.V.m. Art. 305 Abs. 3 StPO<br />

96 Art. 28a Abs. 2 PolG<br />

14


Die <strong>Polizei</strong> erstattet <strong>bei</strong> <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> umgehend Meldungen: 97<br />

- immer dem zuständigen RSTA (<strong>Polizei</strong>rapporte und Gefährdungsmeldung);<br />

- immer der KESB, wenn Kinder <strong>mit</strong>betroffen sind (Gefährdungsmeldung);<br />

- der Staatsanwaltschaft;<br />

- der Migrations- und Fremdenpolizeibehörde <strong>bei</strong> Anhebung einer Strafuntersuchung gegen<br />

Ausländer/Innen; 98<br />

- der Opferhilfe <strong>bei</strong> Einverständnis des Opfers (gewaltbetroffener Elternteil und urteilsfähiges<br />

Kind); 99<br />

- der Berner Interventionsstelle gegen häusliche <strong>Gewalt</strong> zwecks Erstellung einer Statistik<br />

(Kopie des <strong>Polizei</strong>rapportes und der Gefährdungsmeldung).<br />

b. Institut für Rechtsmedizin (IRM)/Medizinische Anlaufstelle für häusliche <strong>Gewalt</strong> und andere<br />

<strong>Gewalt</strong>opfer (MAG)<br />

Bei Interventionen <strong>bei</strong> <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> stellt die <strong>Polizei</strong> die Beweissicherung sowie medizinische<br />

Schutzmassnahmen zugunsten der Opfer sicher. Je nach Delikt werden die erwachsenen<br />

Opfer zur Abklärung an das IRM oder an die MAG überwiesen.<br />

Im MAG werden die erwachsenen Opfer von einer spezialisierten Fachperson untersucht<br />

und es wird ein medizinischer Bericht und <strong>bei</strong> Bedarf eine Fotodokumentation erstellt, die<br />

<strong>bei</strong> einer allfälligen späteren Anzeige verwendet werden können.<br />

c. Care Team Kanton Bern<br />

In schweren Fällen von <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong>, insbesondere wenn Kinder sich im Haushalt<br />

aufhalten, kann die <strong>Polizei</strong> eine Vertreterin/ein Vertreter des Care Teams 100 anfordern. Diese/dieser<br />

kümmert sich um den gewaltbetroffenen Elternteil und die anwesenden Kinder.<br />

Ziel dieser psychologischen Unterstützung ist die Stabilisierung. Der gewaltbetroffene Elternteil<br />

und das urteilsfähige Kind 101 werden umfassend über die Hilfsangebote informiert<br />

und motiviert, sich <strong>mit</strong> den Hilfsangeboten zu vernetzen.<br />

d. Staatsanwaltschaft (STA) und Strafgerichte<br />

Die STA leitet die Strafuntersuchung im Zusammenhang <strong>mit</strong> <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong>. Bei der<br />

Einvernahme von <strong>Kindern</strong> als Opfer gelten besondere Schutzmassnahmen. 102<br />

Die STA ist sich bewusst, dass auch <strong>bei</strong> der Mitbetroffenheit von <strong>Kindern</strong> Straftatbestände<br />

erfüllt sein können. 103 Um dies abzuklären, verlangt sie von der KESB einen Bericht oder<br />

97 Vgl. Die Interventionskette <strong>bei</strong> Häuslicher <strong>Gewalt</strong> nach der polizeilichen Intervention<br />

(http://www.pom.be.ch/pom/de/index/direktion/ueber-die-direktion/dossiers/haeusliche_gewalt/polizei.assetref/content/<br />

dam/documents/POM/GS/de/Haeusliche<strong>Gewalt</strong>/interventionskette.pdf [Zugriff: 26.05.2013])<br />

98 Art. 97 Abs. 3 AuG (Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer vom 16. Dezember 2005, SR 142.20) i.V.m. Art.<br />

82 Abs. 1 VZAE (Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit vom 24. Oktober 2007, SR 142.201)<br />

99 Art. 305 Abs. 3 StPO<br />

100 Notfallpsycholog/Innen oder Notfallseelsorger/Innen<br />

101 in Anlehnung an die Praxis des Bundesgerichts spätestens ab vollendetem 10. Altersjahr<br />

102 Art. 154 StPO<br />

103 Vgl. Kapitel 5b<br />

15


sie ordnet die Erstellung eines Fachgutachtens an. Die STA kann das Verfahren einstellen,<br />

wenn es das Interesse des Kindes zwingend erfordert und dieses Interesse das Interesse<br />

des Staates an der Strafverfolgung offensichtlich überwiegt und wenn das Kind bzw. <strong>bei</strong><br />

dessen Urteilsunfähigkeit seine gesetzliche Vertretung zustimmt. 104 Die STA informiert die<br />

KESB über diesen Entscheid. 105<br />

Bei einfacher Körperverletzung, wiederholter Tätlichkeit sowie Drohung und Nötigung in der<br />

Ehe, der registrierten Partnerschaft oder im Konkubinat wird das Verfahren durch die STA<br />

oder das Gericht sistiert, wenn das Opfer darum ersucht oder einem entsprechenden Antrag<br />

der zuständigen Strafverfolgungsbehörde zustimmt. Eine solche Sistierung erfolgt nach<br />

Möglichkeit nur in Verbindung <strong>mit</strong> einer dringenden Empfehlung, das Lernprogramm für<br />

gewaltausübende Personen zu besuchen. Ohne mündlichen oder schriftlichen Widerruf der<br />

Sistierung innert 6 Monaten muss das Verfahren eingestellt werden. 106<br />

Unter gewissen Voraussetzungen kann die STA einen Strafbefehl erlassen. 107 In Fällen<br />

<strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> muss die Tatperson vor Erlass des Strafbefehls persönlich vorgeladen<br />

werden.<br />

Das Strafgericht prüft im Einzelfall, ob es im Falle einer Verurteilung sinnvoll ist, ein Lernprogramm<br />

für <strong>Gewalt</strong>ausübende anzuordnen bzw. ob der freiwillige Besuch eines Lernprogramms<br />

im Vorfeld der Verurteilung als aufrichtige Reue 108 bewertet werden kann und da<strong>mit</strong><br />

ein Strafmilderungsgrund vorliegt. Das Strafgericht ist sich bewusst, dass eine Verurteilung<br />

zu einer Geldstrafe unter Umständen die Familie stark in Mitleidenschaft zieht, da die<br />

Geldstrafe das Familienbudget <strong>mit</strong>belasten kann.<br />

e. Jugendanwaltschaft und Jugendgerichte<br />

Auch Minderjährige üben häusliche <strong>Gewalt</strong> aus. Häufiger kommt es aber vor, dass sie im<br />

Kontext von <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> straffällig werden. Im Falle von Straftaten Minderjähriger 109<br />

sind Jugendstaatsanwaltschaft und Jugendgerichte zuständig.<br />

Die familiäre Situation der Minderjährigen wird durch die Jugendanwaltschaft systematisch<br />

abgeklärt, auch allfällige <strong>Gewalt</strong> in der Familie. 110 Bei der Abklärung ar<strong>bei</strong>tet die Jugendanwaltschaft<br />

<strong>mit</strong> allen Instanzen der Straf- und Zivilrechtspflege, <strong>mit</strong> Verwaltungsbehörden,<br />

<strong>mit</strong> öffentlichen und privaten Einrichtungen und <strong>mit</strong> Personen aus dem medizinischen und<br />

sozialen Bereich zusammen. Sie holt <strong>bei</strong> ihnen die nötigen Auskünfte ein. 111 Sind in der<br />

Familie weitere Kinder von <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> <strong>mit</strong>betroffen, so erfolgt eine Gefährdungsmeldung<br />

an die KESB. Diesfalls ist eine enge Koordination zwischen Jugendstaatsanwaltschaft/Jugendgericht<br />

und KESB notwendig. Es kann <strong>bei</strong> leichteren Delikten sinnvoll sein,<br />

dass die KESB die Verantwortung für alle Kinder übernimmt. Bei schweren Straftaten bleiben<br />

die Jugendstaatsanwaltschaft/Jugendgerichte für die straffällig gewordene minderjähriger<br />

Person zuständig. Grundsätzlich ist <strong>bei</strong> 16- bis 17-Jährigen zu beachten, dass die Kindesschutzmassnahmen<br />

nur noch beschränkt greifen können. Sie enden <strong>mit</strong> dem 18. Alters-<br />

104 Art. 319 Abs. 2 StPO<br />

105 Art. 75 Abs. 2 StPO<br />

106 Art. 55a StGB<br />

107 Art. 352 StPO<br />

108 Art. 48 Bst. d StGB<br />

109 Straftaten begangen zwischen dem 10. und dem 18. Altersjahr (Art. 3 JStG (Bundesgesetz über das Jugendstrafrecht vom<br />

20. Juni 2003, SR 311.1))<br />

110 Art. 2 Abs. 2 JStG<br />

111 Art. 31 JStPO (Schweizerische Jugendstrafprozessordnung vom 20. März 2009, SR 312.1)<br />

16


jahr. Die Schutzmassnahmen nach JStG finden erst <strong>mit</strong> vollendetem 22. Altersjahr ihren<br />

Abschluss finden. 112 Die Schutzmassnahmen des JStG verfolgen ähnliche Ziele, wie die<br />

Kindesschutzmassnahmen gemäss ZGB (z.B. verhaltenstherapeutisches Gruppenangebot<br />

der Erziehungsberatung). Strafen stehen eher im Hintergrund. Die Massnahmen werden im<br />

Strafbefehlsverfahren von der Jugendanwaltschaft erlassen oder im Rahmen eines Urteils<br />

vom Jugendgericht. 113<br />

f. Migrationsbehörden<br />

Die Migrationsbehörden sind für die Umsetzung der migrationsrechtlichen Bestimmungen<br />

zuständig.<br />

Sind Ausländer/Innen von <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> betroffen, so erhalten die Migrationsbehörden<br />

von den <strong>Polizei</strong>-, Gerichts- und Strafuntersuchungsbehörden Meldung über die Anhebung<br />

und Einstellung von Strafuntersuchungen, Verhaftungen und Entlassungen sowie zivil- und<br />

strafrechtliche Urteile. 114<br />

Will ein von <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> betroffener ausländischer Elternteil sich scheiden lassen,<br />

erfüllt aber die Voraussetzungen nicht, um einen unabhängigen Aufenthaltstitel für einen<br />

Verbleib in der Schweiz zu erlangen (Ehedauer mindestens drei Jahre und erfolgreiche Integration),<br />

115 so prüft die Migrationsbehörde, ob wichtige persönliche Gründe vorliegen, die<br />

einen weiteren Aufenthalt in der Schweiz erforderlich machen. 116 Wichtige persönliche<br />

Gründe sind namentlich erlittene häusliche <strong>Gewalt</strong> von einer gewissen Eingriffsintensität<br />

oder eine Gefährdung der sozialen Wiedereingliederung im Herkunftsland. 117 Als Hinweise<br />

auf häusliche <strong>Gewalt</strong> gelten Arztzeugnisse, <strong>Polizei</strong>rapporte, Strafanzeigen, Massnahmen im<br />

Sinne von Art. 28b ZGB oder strafrechtliche Verurteilungen. Hinweise und Auskünfte spezialisierter<br />

Fachstellen werden <strong>mit</strong>berücksichtigt. 118<br />

Auch das Kindeswohl kann einen wichtigen persönlichen Grund darstellen (Z. B. Das Recht<br />

auf eine enge Beziehungen zu <strong>bei</strong>den Elternteilen und Integration des Kindes: Zeitpunkt der<br />

Einschulung, Dauer des Schulbesuchs). 119<br />

Steht eine mangelhafte Integration im Falle einer Ehe, die mindestens drei Jahre gedauert<br />

hat, einer Aufenthaltsbewilligung entgegen, 120 so ist zusätzlich zu prüfen, ob die mangelhafte<br />

berufliche und/oder soziale Integration ihren Ursprung in der von häuslichen <strong>Gewalt</strong> geprägten<br />

Beziehung hat. 121<br />

Je nach Art des Familiennachzugs, besteht <strong>bei</strong> Erfüllung der oben genannten Voraussetzungen<br />

ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung (Familienangehörige von<br />

Schweizer/Innen, Ehegatten und Kinder von Personen <strong>mit</strong> einer Niederlassungsbewilli-<br />

112 Art. 19 Abs. 2 JStG<br />

113 Art. 32 JStPO<br />

114 Art. 97 Abs. 3 AuG i.V.m. Art. 82 VZAE<br />

115 Art. 50 Abs. 1 Bst. a AuG i.V.m. Art. 77 Abs. 1 Bst. a VZAE<br />

116 Art. 50 Abs. 1 Bst. b AuG i.V.m. Art. 77 Abs. 1 VZAE<br />

117 Art. 77 Abs. 2 VZAE<br />

118 Art. 77 Abs. 6 und 6bis VZAE<br />

119 Analog Art. 31 Abs. 1 Bst. c VZAE<br />

120 Art. 77 Abs. 1 Bst. a VZAE<br />

121 Vgl. zum Ganzen: Häusliche <strong>Gewalt</strong> – Zwangsheirat – Informationen zur Situation von ausländischen Personen<br />

17


gung) 122 oder die Behörde beurteilt den Fall nach pflichtgemässen Ermessen (Ehegatten<br />

und Kinder von Personen <strong>mit</strong> Aufenthaltsbewilligung). 123<br />

9. Hilfesystem<br />

a. Kinderschutzgruppe (KS)<br />

Die Kinderschutzgruppe ist eine im Inselspital angesiedelte, gut bekannte Abklärungs- und<br />

Beratungsstelle. Sie ist auf Situationen spezialisiert, in denen der Verdacht auf Misshandlungen<br />

und Gefährdung von <strong>Kindern</strong> (z.B. sexueller Missbrauch, körperliche oder psychische<br />

<strong>Gewalt</strong>, Vernachlässigung) besteht. Auch die Kindeswohlgefährdung wegen Mitbetroffenheit<br />

von <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> kann zum Thema werden.<br />

Neben Eltern werden auch Fachleute telefonisch und ambulant beraten (z.B. Lehrpersonen,<br />

Kinderärzt/Innen), die <strong>mit</strong> <strong>Kindern</strong> zu tun haben. Es handelt sich da<strong>bei</strong> um ein freiwilliges<br />

Angebot. Die KS versteht sich als Coach für Mutter bzw. Vater. Das Kind sieht sie nur in<br />

den standardisierten Abklärungsgesprächen alleine. In der Regel ist die Begleitung eher<br />

kurz, kann in Ausnahmefällen auch länger dauern oder in einer Therapie für Kinder bestehen.<br />

Zumeist wird eine Triage vorgenommen, um ein gutes Netz einzurichten, da<strong>mit</strong> das<br />

Kindeswohl möglichst gut gesichert werden kann.<br />

Zudem werden forensische Abklärungen zur Verdachtsabklärung vorgenommen.<br />

b. Beratungsstellen Opferhilfe (OH)<br />

Personen, die durch eine Straftat gegen die psychische, körperliche oder sexuelle Integrität<br />

un<strong>mit</strong>telbar verletzt worden sind, haben Anspruch auf Unterstützung durch die Opferhilfe<br />

(Opfer). 124 Auch ihre nahen Angehörigen – u.a. ihre Kinder – haben Anspruch auf Leistungen.<br />

125 Kinder, die häusliche <strong>Gewalt</strong> <strong>mit</strong>erleben, gelten als nahe Angehörige, eventuell sind<br />

sie auch selber Opfer. Die OH ist ein freiwilliges Angebot, das sofort und im Bedarfsfall<br />

auch längerfristig Hilfe leisten kann.<br />

Die Thematik häusliche <strong>Gewalt</strong> hat <strong>bei</strong> der OH einen hohen Stellenwert, die Mitbetroffenheit<br />

der Kinder wird immer <strong>mit</strong>berücksichtigt. Die OH hat sehr rasch nach einer <strong>Polizei</strong>intervention<br />

Kontakt <strong>mit</strong> dem Opfer und kann auch sofort eine telefonische Beratung anbieten.<br />

Die OH bietet v.a. Beratung, Begleitung und Vernetzung der gewaltbetroffenen Elternteile<br />

an. Einzelnen Stellen haben auch Beratungsangebote für <strong>mit</strong>betroffene Kinder aufgebaut<br />

(Kinder ab ca. 5 Jahren). Da<strong>bei</strong> handelt es sich zumeist um Kurzberatungen (1 – 3 Sitzungen).<br />

Kinderberatungen werden nur angeboten, wenn nicht bereits andere Stellen (KESB<br />

oder andere Fachstellen) zuständig sind.<br />

Die Opferhilfeberatungsstellen ar<strong>bei</strong>ten parteilich zugunsten der Opfer und der <strong>mit</strong>betroffenen<br />

Kinder. Die gewaltausübende Person wird nicht in die Beratung einbezogen.<br />

122 Art. 50 Abs. 1 AuG<br />

123 Art. 77 Abs. 1 VZAE<br />

124 Art. 1 Abs. 1 OHG<br />

125 Art. 1 Abs. 2 OHG<br />

18


c. Frauenhäuser/ambulante Beratungsstelle Frauenhaus (FH)<br />

Die FH und die teilweise angegliederten ambulanten Frauenhaus-Beratungsstellen sind ein<br />

niederschwelliges, gut bekanntes Angebot für von <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> betroffene Frauen und<br />

ihre Kinder. Sie sind ein freiwilliges Angebot. Im Kanton Bern sind alle als Opferhilfestellen<br />

anerkannt. Da<strong>mit</strong> können sie die Unterstützungsleistungen nach OHG anbieten.<br />

Das Thema häusliche <strong>Gewalt</strong> gehört zur täglichen Ar<strong>bei</strong>t. Im stationären Bereich haben die<br />

FH eine spezifisch einzigartige Rolle im Hilfssystem. Weil <strong>mit</strong> Frauen und <strong>Kindern</strong> gelebt<br />

wird, ergibt sich ein Einblick in die jeweilige Lebenssituation, wodurch sehr gezielte Alltagsunterstützung<br />

möglich wird. Gear<strong>bei</strong>tet wird <strong>mit</strong> der Mutter in Bezug auf sich selbst und auf<br />

das Kind sowie <strong>mit</strong> dem Kind selber.<br />

Zu einigen FH gehören ambulante Beratungsstellen. Für Kinder gibt es Kurzberatungen. Es<br />

sind auch telefonische Beratungen ist möglich.<br />

Auch die FH und ihre ambulanten Beratungsstellen ar<strong>bei</strong>ten parteilich für Frauen und Kinder.<br />

Mit den gewaltausübenden Vätern besteht grundsätzlich kein Kontakt.<br />

d. Erziehungsberatungsstellen (EB)<br />

Die EB haben ein breites Aufgabengebiet in der Beratung von Eltern, <strong>Kindern</strong> und Jugendlichen<br />

sowie Fachstellen und Institutionen. Das Angebot ist freiwillig. 126<br />

Häusliche <strong>Gewalt</strong> ist selten die Ursache, warum die EB aufgesucht wird. Unter Umständen<br />

kommt die Problematik auf Umwegen zur Sprache. Dadurch, dass die EB in breiter Weise<br />

in Familiensysteme wirkt, kann sie präventiv wirken.<br />

Die EB ar<strong>bei</strong>tet nach einem systemischen Ansatz. Sie kann demnach <strong>mit</strong> allen Teilen des<br />

Familiensystems situativ ar<strong>bei</strong>ten. Die EB versteht sich als neutral und allparteilich. Sie versucht<br />

deshalb auch, den gewaltausübenden Elternteil in die Ar<strong>bei</strong>t einzubeziehen. Bei<br />

<strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> besteht zwischen den Parteien jedoch oftmals ein Machtgefälle und Abhängigkeiten<br />

zwischen Opfer und Partner/In. In diesen Fällen ist zu prüfen, ob der systemische<br />

Ansatz sinnvoll ist bzw. ob abgewartet werden sollte, bis die Opferseite gestärkt worden<br />

ist und die gewaltausübende Person Einsicht in das Unrecht ihrer Tat gewonnen hat.<br />

Die EB ist stark vernetzt und ar<strong>bei</strong>tet eng <strong>mit</strong> anderen Angeboten zusammen. Sie fungiert<br />

einerseits als Triagestelle (z.B. Überweisung an privat tätige Therapeut/Innen für zeitlich<br />

intensive Therapien), andererseits werden Eltern und Kinder an die EB weiterverwiesen<br />

(z.B. zur Abklärung, für therapeutische Massnahmen, <strong>bei</strong> Erziehungsproblemen).<br />

e. Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst (KJPD)<br />

Die Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universitären Psychiatrischen Dienste Bern (UPD)<br />

bietet für Kinder und Jugendliche <strong>mit</strong> psychischen Auffälligkeiten und Störungen Abklärungen<br />

und Therapie im ambulanten, tagesstationären und stationären Rahmen an. Zudem<br />

stellt sie den kinder- und jugendpsychiatrischen Notfalldienst sicher.<br />

Zu den Aufgaben der Polikliniken gehören die Abklärung und Diagnose von psychischen<br />

Störungen, Kriseninterventionen, Psychotherapie für Kinder und Jugendliche sowie Eltern-<br />

126 Ausnahme Gutachtensaufträge<br />

19


und Familientherapie. Die Anmeldung erfolgt zumeist über Eltern oder (medizinische)<br />

Fachpersonen. In den Tageskliniken erhalten Kinder zwischen 6 und 13 Jahren und Jugendliche<br />

ab 14 Jahren <strong>bei</strong> Bedarf einen betreuten Rahmen. In der Klinik Neuhaus werden<br />

Kinder zwischen 5 und 13 Jahren und Jugendlich ab 14 Jahren <strong>mit</strong> schweren Krisen oder<br />

schweren psychischen Problemen stationär aufgenommen. Das Ziel jedes Aufenthaltes ist<br />

eine rasche Rückkehr in die vertraute Umgebung. Um das zu erreichen, steht ein Team von<br />

Ärzten, Psychologen, Physio-, Logopädie- und Ergotherapeut/Innen, sowie von Heil- und<br />

Sozialpädagog/Innen zur Verfügung. Zudem bietet die UPD jungen Menschen zwischen 17<br />

und 21 Jahren, die nach einem Klinikaufenthalt oder einer ambulanten Behandlung noch<br />

nicht selbständig wohnen können, Jugendwohnungen an.<br />

Bei der therapeutischen Ar<strong>bei</strong>t steht die psychiatrische Symptomatik im Zentrum. Vor diesem<br />

Hintergrund wird auch die häusliche <strong>Gewalt</strong> in die Therapie eingebaut. Für die Unterstützung<br />

ausserhalb des therapeutischen Rahmens werden die <strong>mit</strong>betroffenen Kinder bzw.<br />

die Familien <strong>mit</strong> anderen Hilfsangeboten vernetzt. Eine enge Zusammenar<strong>bei</strong>t besteht <strong>mit</strong><br />

den EB.<br />

Ausserdem erstellen die Polikliniken der KJPD im Auftrag der KESB, von Sozial- und Jugendämtern<br />

sowie von Zivil- und Strafgerichten Gutachten.<br />

f. Sozialdienste (SD)<br />

Bezogen auf die Aufgaben der regionalen Sozialdienste sind im Zusammenhang <strong>mit</strong> der<br />

Mitbetroffenheit von <strong>Kindern</strong> zwei Bereiche zu unterscheiden: die Sozialhilfe nach Sozialhilfegesetz<br />

(SD_Sozialhilfe) und die Aufgaben im Bereich Kindesschutz nach ZGB<br />

(SD_Kindesschutz). Je nach Region sind die <strong>bei</strong>den Aufgabenbereiche in unterschiedlichen<br />

Diensten oder in der gleichen Stelle organisiert.<br />

SD_Sozialhilfe: Da<strong>bei</strong> handelt es sich um eine freiwillige Anlaufstellen für Beratung und<br />

Unterstützung bezüglich der Existenzsicherung. Das Thema häusliche <strong>Gewalt</strong> wird unter<br />

Umständen in der Beratung angesprochen. Da<strong>mit</strong> hat der SD_Sozialhilfe die Möglichkeit<br />

der (Früh-)Erkennung von <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong> und kindlicher Mitbetroffenheit. Es gelten die<br />

entsprechenden Melderechte und –pflichten sowie Anzeigerechte und -pflichten. 127 Wird<br />

finanzielle Unterstützung geleistet, so hat die gewaltbetroffene Person Anspruch auf individuelle<br />

Fallführung bzw. getrennte Budgets. 128 Die Dienste können gegenüber den Klient/Innen<br />

Weisungen erlassen (z.B. Besuch eines Lernprogramms). Bei Nichteinhaltung der<br />

Weisung, können Leistungen gekürzt werden. 129<br />

SD_Kindesschutz: Diese Stellen übernehmen im Auftrag der KESB die Abklärung von Gefährdungsmeldungen<br />

(da<strong>bei</strong> tritt häusliche <strong>Gewalt</strong> regelmässig auf), von Besuchsrechtsregelungen,<br />

von Zuteilung der Obhut und elterlichen Sorge etc. Daneben besteht auch ein<br />

freiwilliges Beratungsangebot.<br />

In akuten Situationen beantragt der Dienst <strong>bei</strong> der KESB Sofortmassnahmen, die umfassenden<br />

Abklärungen erfolgen zu einem späteren Zeitpunkt.<br />

127 Vgl. Kapitel 5<br />

128 Art. 32 Abs. 3 SHG<br />

129 Art. 36 Abs. 2 SHG<br />

20


Im Zentrum der Ar<strong>bei</strong>t steht das Kindeswohl, die Kinder werden entsprechend ihrem Alter<br />

direkt beteiligt. Auch der gewaltausübende Elternteil wird - wenn es dem Kindeswohl dient<br />

– einbezogen.<br />

g. Mütter- Väterberatung des Kantons Bern (MVB)<br />

Die MVB hat ein Netz von Beratungsstellen und bietet nebst den ambulanten auch telefonische<br />

Beratung, Online-Beratung und Hausbesuche an. Das Angebot richtet sich an werdende<br />

Eltern, an Eltern von Säuglingen im ersten Lebensjahr und an Eltern von <strong>Kindern</strong> ab<br />

dem ersten Lebensjahr bis zum Kindergarten und umfasst verschiedene Themenfelder (z.B.<br />

Ernährung, Erziehung, Elternbildung). Das Angebot fokussiert den Frühbereich und stellt in<br />

gewissen Familien die einzige Kontaktstelle von aussen zu <strong>Kindern</strong> zwischen 0 und 5 Jahren<br />

dar. Das Angebot ist freiwillig und kostenlos.<br />

Aufgrund der recht hohen Erreichbarkeit (im Jahr 2012 67.6% der Neugeborenen) 130 kommt<br />

die MVB regelmässig in Kontakt <strong>mit</strong> Familien, in denen häusliche <strong>Gewalt</strong> vorkommt. Grundsätzlich<br />

klärt die MVB die gesundheitlichen und psychosozialen Belastungen und möglichen<br />

Kindeswohlgefährdungen systematisch ab, innerfamiliäre <strong>Gewalt</strong> wird systematisch erfasst.<br />

Wenn das Kindeswohl gefährdet ist und wenn die Eltern nicht kooperationswillig bzw. –fähig<br />

sind, so erstatten die MVB eine Gefährdungsmeldung. Im Auftrag der Sozialdienste und der<br />

KESB führt die MVB <strong>mit</strong> Weisungen verfügte Beratungen und Hausbesuche durch. 131<br />

Die MVB ar<strong>bei</strong>ten eng <strong>mit</strong> Geburtsabteilungen und Sozialdiensten von Spitälern sowie freischaffenden<br />

Hebammen zusammen. Dies <strong>mit</strong> dem Ziel, dass Risikofamilien konsequent an<br />

die MVB weitergeleitet werden.<br />

h. Fil rouge Kindesschutz<br />

Der Fil rouge Kindesschutz ist ein interdisziplinäres Gremium, das sich <strong>bei</strong> Verdacht oder<br />

Gewissheit einer Kindsmisshandlung als Anlauf- und Beratungsstelle für Fachleute anbietet.<br />

Der Fil rouge ist ein freiwilliges Angebot. Keine Unterstützung leistet er in akuten Krisensituationen.<br />

In diesem Gremium sind die Bereiche Medizin, Psychiatrie/Psychologie, Sozialar<strong>bei</strong>t,<br />

Justiz, <strong>Polizei</strong>, Opferhilfe und Erziehung vertreten. Weiss eine Fachperson in einem<br />

Verdachtsfall bezüglich Kindesmisshandlung nicht weiter, so kann sie den Fall anonym dem<br />

Gremium unterbreiten und bezüglich Handlungsoptionen Support erhalten. Auf diese Weise<br />

kann das weitere Vorgehen aus einer ganzheitlichen Sicht beurteilt werden. Die Verantwortung<br />

bleibt <strong>bei</strong> der fallführenden Fachperson.<br />

i. STOPPMänner<strong>Gewalt</strong> (SMG)<br />

Der Verein STOPPMänner<strong>Gewalt</strong> bietet gewaltausübenden Männern und männlichen Jugendliche<br />

Einzelberatung an. In Einzelgesprächen werden neue Formen der Konfliktlösung,<br />

<strong>Umgang</strong> <strong>mit</strong> Aggressionen etc. erar<strong>bei</strong>tet.<br />

Es handelt sich um ein eher niederschwelliges, freiwilliges Angebot. Der Besuch einer Beratung<br />

kann aber auch von Behörden (z.B. KESB, Sozialdienst, Zivilgericht, RSTA, Strafverfolgungs-<br />

und Strafvollzugsbehörde) angeordnet werden. Angestrebt wird u.a. <strong>Gewalt</strong>frei-<br />

130 http://www.mvb-be.ch/de/ueber-uns/zahlen-and-fakten [Zugriff: 25.5.2013]<br />

131 Art. 307 Abs. 3 ZGB<br />

21


heit, Verantwortungsübernahme, Verbesserung der Selbstwahrnehmung, -kontrolle und der<br />

Beziehungsfähigkeit der gewaltausübenden Person. Thematisiert wird auch die Rolle als<br />

Vater.<br />

In Trennungssituationen und <strong>bei</strong> Suchtproblematik werden die Männer weiterver<strong>mit</strong>telt (IGM<br />

Bern oder Suchtberatung BEGES).<br />

j. Lernprogramm gegen <strong>Gewalt</strong> in Ehe, Familie und Partnerschaft<br />

Die Interventionsstelle gegen häusliche <strong>Gewalt</strong> führt ein Gruppenlernprogramm gegen <strong>Gewalt</strong><br />

in Ehe, Familie und Partnerschaft durch. Das Angebot richtet sich in erster Linie an<br />

Männer, die bereits häusliche <strong>Gewalt</strong> ausgeübt haben.<br />

Die Ziele des Lernprogramms sind <strong>mit</strong> denjenigen von SMG identisch. Auch das Lernprogramm<br />

kann von den oben genannten Behörden angeordnet werden.<br />

k. Psychologischer Dienst der Kantonspolizei Bern<br />

Diese Stelle kann einerseits Beratung bieten bezüglich Einschätzung der Gefährdung, die<br />

von der gewaltausübenden Person ausgeht. Andererseits kann sie zum Einsatz kommen,<br />

um <strong>mit</strong> der gewaltausübenden Person Kontakt aufzunehmen. Sie kann zudem Behörden<br />

und Stellen helfen, Sicherheitspläne auszuar<strong>bei</strong>ten.<br />

10. Berner Interventionsstelle gegen häusliche <strong>Gewalt</strong><br />

Die Berner Interventionsstelle gegen häusliche <strong>Gewalt</strong> kennt die kantonalbernische Institutionenlandschaft;<br />

sie organisiert, koordiniert und evaluiert die Abläufe bezüglich der Thematik<br />

Kinder und häusliche <strong>Gewalt</strong>. Sie sorgt dafür, dass die spezifischen Informationen den<br />

zuständigen Stellen zugeführt werden. Sie ist Anlaufstelle <strong>bei</strong> fachlichen und interinstitutionellen<br />

Fragen und Anliegen.<br />

11. Weitere Unterstützungsangebote sowie Links auf Leitfäden POM/JGK<br />

Aktuelle und auf den Wohnort der Kinder, Jugendlichen und Familien bezogene Hilfsangebote<br />

sind über die lokalen und regionalen Sozialdienste oder die Jugendämter von grossen<br />

Städten, die Opferhilfestellen oder die Erziehungsberatungsstellen zu erfragen.<br />

Besonders erwähnt werden noch die folgenden:<br />

Hilfe für <strong>mit</strong>betroffene Kinder<br />

- Telefon 147<br />

Hilfe <strong>bei</strong> Suchtproblematik<br />

- Suchtberatung <strong>bei</strong> Berner Gesundheit (BEGES)<br />

22


Links:<br />

Fachstelle häusliche <strong>Gewalt</strong> der Stadt Bern.<br />

http://www.bern.ch/stadtverwaltung/sue/afek/intakecenter/haeuslichegewalt [Zugriff:<br />

26.05.2013]<br />

Die Interventionskette <strong>bei</strong> Häuslicher <strong>Gewalt</strong> nach der polizeilichen Intervention:<br />

http://www.pom.be.ch/pom/de/index/direktion/ueber-diedirektion/dossiers/haeusliche_gewalt/polizei.assetref/content/dam/documents/POM/GS/de/Haeusl<br />

iche<strong>Gewalt</strong>/interventionskette.pdf [Zugriff: 26.05.2013]<br />

Interventionsstelle gegen häusliche <strong>Gewalt</strong>:<br />

http://www.pom.be.ch/pom/de/index/direktion/ueber-diedirektion/dossiers/haeusliche_gewalt.html<br />

[Zugriff: 26.05.2013]<br />

Kantonales Jugendamt:<br />

http://www.jgk.be.ch/jgk/de/index/direktion/organisation/kja.html [Zugriff: 26.05.2013]<br />

23


11. Literaturverzeichnis<br />

Amrein, Bernhart/Guler, Albert/Häfeli, Christoph (2005): Konferenz der kantonalen Vormundschaftsbehörden<br />

(VBK) (Hg). Mustersammlung zum Adoptions- und Kindesrecht. 4. Auflage. Zürich/Basel/Genf:<br />

Schulthess Juristische Medien AG.<br />

Cottier, Michelle/Steck, Daniel (2012): Das Verfahren vor der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde.<br />

In: FAMPR – Die Praxis des Familienrechts. Bern: Stämpfli Verlag AG. S. 981 ff.<br />

Egger, Theres/Stocker, Desirée/Schär Moser, Marianne (2013): Pilotprojekt Kindesschutz <strong>bei</strong> <strong>häuslicher</strong><br />

<strong>Gewalt</strong> im Kanton Bern. Schlussbericht der externen Evaluation.<br />

Hegnauer, Cyril (1999): Grundriss des Kindesrechts und des übrigen Verwandtschaftsrechts. Fünfte<br />

überar<strong>bei</strong>tete Auflage. Bern: Stämpfli Verlag AG.<br />

Kavemann Barbara, Kreyssig Ulrike (Hrsg.) (2007): Handbuch Kinder und häusliche <strong>Gewalt</strong>. 2.,<br />

durchgesehene Auflage. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften<br />

Niggli, Marcel Alexander/Wiprächtiger, Hans (Hrsg.) (2007): Strafrecht II, Art. 111 – 392, Basler<br />

Kommentar, 2. Auflage, Basel: Helbling Lichterhahn Verlag<br />

Schwander, Marianne (2003): Interventionsprojekte gegen häusliche <strong>Gewalt</strong>: Neue Erkenntnisse –<br />

neue Instrumente. In: Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht, Band 121, Heft 2. Bern.<br />

Seith, Corinna/Kavemann, Barbara (2007): „Es ist ganz wichtig, die Kinder da nicht alleine zu lassen“.<br />

Unterstützungsangebote für Kinder als Zeugen und Opfer <strong>häuslicher</strong> <strong>Gewalt</strong>. Stuttgart: Landesstiftung<br />

Baden – Württemberg<br />

Rosch, Daniel/Büchler, Andrea/Jakob, Dominique (Hrsg.) (2011): Das neue Erwachsenenschutzrecht.<br />

Einführung und Kommentar zu Art. 360 ff. ZGB. Basel: Helbling Lichtenhahn Verlag.<br />

Spycher, Annette (2012): Art. 298 ZPO. In: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung,<br />

Band II: Art. 150 – 352 – Art. 400 – 406 ZPO. Bern: Stämpfli Verlag AG. S. 2792 ff.<br />

Trechsel, Stefan/Pieth, Mark (2013): Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar. Zürich/St.<br />

Gallen: Dike Verlag<br />

Wetzels, P. (1997): <strong>Gewalt</strong>erfahrungen in der Kindheit: Sexueller Missbrauch, körperliche Misshandlung<br />

und deren langfristige Konsequenzen. Baden-Baden: Nomos.<br />

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