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Arbeitsrecht - Alpmann Schmidt

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1. Abschnitt: Koalitions- und Tarifvertragsrecht<br />

darunter fallen nur tariffähige Arbeitnehmervereinigungen. Die Tariffähigkeit i.S.d. § 2 TVG<br />

setzt neben den o.g. Koalitionsmerkmalen zusätzlich die Tarifwilligkeit und bei Arbeitnehmervereinigungen<br />

nach h.M. auch eine gewisse Durchsetzungskraft voraus, um nicht allein vom<br />

guten Willen der Arbeitgeberseite abhängig zu sein. 9 Ob die Arbeitskampfbereitschaft Voraussetzung<br />

für eine tariffähige Vereinigung ist, ist sehr umstritten. 10<br />

2.2 Die Koalitionsfreiheit<br />

Fall 36: Information und Mitgliederwerbung<br />

Die Gewerkschaft G will während der Arbeitspausen durch organisierte Betriebsangehörige<br />

gewerkschaftliches Informations- und Werbematerial verteilen.<br />

Der Arbeitgeber A will dies verbieten. Wäre ein solches Verbot wirksam?<br />

(I) Das Verbot könnte wegen eines Eingriffs in die verfassungsrechtlich geschützte<br />

Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG nichtig sein.<br />

(1) Voraussetzung dafür ist, dass die Verteilung gewerkschaftlichen Informations-<br />

und Werbematerials in den Schutzbereich der Koalitionsfreiheit<br />

fällt. Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistet:<br />

. Individuelle Koalitionsfreiheit: Geschützt ist dabei das Beitrittsund<br />

Betätigungsrecht (sog. positive Koalitionsfreiheit) sowie nach<br />

h.M. auch die sog. negative Koalitionsfreiheit, also das Recht der<br />

Gewerkschaft fernzubleiben. 11<br />

. Kollektive Koalitionsfreiheit, d.h. die Bestands- und Betätigungsgarantie<br />

der Koalitionen. Geschützt wird also nicht nur der Bestand<br />

der Koalitionen, sondern auch ihre organisatorische Ausgestaltung<br />

sowie ihre Betätigungen, sofern sie der Förderung der Arbeits- und<br />

Wirtschaftsbedingungen dienen. 12<br />

Nach heute ganz h.M. wird durch Art. 9 Abs. 3 GG nicht nur der sog.<br />

Kernbereich der koalitionsmäßigen Betätigung geschützt (z.B. Abschluss<br />

von Tarifverträgen, Streik), sondern alle Verhaltensweisen, die<br />

sich auf die Erfüllung der Koalitionsaufgaben beziehen, also koalitionsspezifisch<br />

sind. 13<br />

Der Koalitionsfreiheit können nur solche Schranken gezogen werden, die im konkreten<br />

Fall zum Schutz anderer Rechtsgüter geboten sind. Je einschneidender der<br />

Eingriff und damit gewichtiger der Schutz ist, desto schwerwiegender müssen die<br />

Gründe für die Einschränkung sein. 14<br />

9 BAG, Beschl. v. 28.03.2006 - 1 ABR 58/04, NZA 2006, 1112; Hanau NZA 2003, 128, 129; ausführl. dazu Richardi<br />

RdA 2007, 17; Kocher DB 2005, 2816; Buchner DB 2004, 1042; Rieble BB 2004, 885; anders für die<br />

Tariffähigkeit der Arbeitgeber: BAG EzA § 2 TVG Nr. 20 m.Anm. Hergenröder; Schrader NZA 2001, 1337.<br />

10 Dagegen BVerfG AP Nr. 15 zu § 2 TVG; B/R/H Rdnr. 690; Söllner/Waltermann Rdnr. 167; Hanau/Adomeit<br />

Rdnr. 168; a.A. BAG AP Nr. 13 zu § 2 TVG; Dütz Rdnr. 513; Schaub § 187 Rdnr. 20 f.; jeweils m.w.N.<br />

11 BVerfG, Beschl. v. 10.09.2004 – 1 BvR 1191/03, NZA 2004, 1338; BAG NJW 1990, 3036, 3037.<br />

12 BVerfG NZA 1999, 992 @ ; 1996, 381 ff. @ ; Söllner/Waltermann Rdnr. 171 ff.; Schaub NZA 2000, 15.<br />

13 BVerfG, Beschl. v. 29.12.2004 – 1 BvR 2283/03, NZA 2005, 153; NZA 1999, 992@ ; 1996, 381 ff. @ ; Schaub<br />

§ 188 Rdnr. 18 ff.; Rieble/Gutzeit ZfA 2001, 372 ff.; ausführlich dazu Rolfs/Bütefisch NZA 1996, 17 ff. m.w.N.<br />

14 BVerfG, Beschl. v. 29.12.2004, FN 13; DB 2001, 1367, 1368@ ; BAG NZA 2002, 1155, 1157@ .<br />

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