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Aus der Im Gemeinde Gespräch<br />

Tekla: Ganz oft war ich in Florenz. Die Handelsmesse<br />

dort ist eine der schönsten, die ich kenne. Ich war aber<br />

auch in München und sogar in Karlsruhe.<br />

Wie hat man sich das vorzustellen:<br />

Eine Prettauerin vor 50 und mehr Jahren auf den größten<br />

europäischen Handelsmessen? Wie bist du dorthin gefahren?<br />

Wo bist du während der Veranstaltung untergekommen?<br />

Tekla: Gefahren bin ich immer mit dem Zug – das heißt<br />

von Bruneck weg. Meistens ist noch eine Frau von der<br />

Weberei Franz in Bruneck mit. Wir haben oft auf denselben<br />

Messen ausgestellt. Eine Unterkunft mussten wir uns<br />

selber suchen. Meistens sind wir irgendwo bei Privatleuten<br />

in der Nähe der Messehalle untergekommen. Daraus<br />

sind mit den Jahren nicht nur gute Bekanntschaften, sondern<br />

richtige Freundschaften geworden, wie zum Beispiel<br />

zu Anna und Alfonso aus Florenz. Mit ihnen bin ich heute<br />

noch in Kontakt. Ja und sonst ist nicht viel gewesen<br />

– außer Arbeit. Wir sind ja von der Früh bis zum späten<br />

Abend auf unserem Stand gewesen und haben gearbeitet.<br />

Am Abend war ich dann so müde, dass ich gar nicht mehr<br />

auf den Gedanken gekommen bin, noch etwas anderes zu<br />

Giulio Andreotti im Gespräch mit Tekla, 1972 in Florenz<br />

tun, als zu schlafen. Ansonsten ist es einem halt vorgekommen,<br />

als gebe es in der Stadt keine Nacht. Dort ging’s<br />

immer zu, als wäre es ununterbrochen Tag. Einmal, das<br />

weiß ich noch, war die Brindl Burge mit. Die wollte am<br />

Abend noch in einen Spielsalon. Sie ist dann hin und nicht<br />

mehr gekommen. Erst spät in der Nacht.<br />

Passiert ist ihr aber nichts?<br />

Tekla: Zum Glück nicht! Nach diesem Vorfall habe ich<br />

sie dann aber aufgeklärt, dass Florenz nicht Prettau ist und<br />

dass sie nicht einfach mit jedem mitgehen könne. Ich war<br />

da ganz vorsichtig. Eigentlich hatte ich auch immer ein<br />

bisschen Angst, denn ich hatte ja oft viel Geld bei mir:<br />

das ganze Geld aus dem Verkauf – Geld, das nicht mir<br />

gehörte. Einmal ist auf dem Zug von Florenz zurück so<br />

ein komischer Mensch zu uns ins Abteil gekommen. Die<br />

Frau von der Weberei Franz war da auch dabei. Wir haben<br />

die Strecke mit der Zeit gut gekannt und wussten, dass<br />

bald einmal nach Bologna ein langer Tunnel kommt und<br />

es im Zug dann dunkel und recht unheimlich wird. Und<br />

nicht weit vor diesem Tunnel setzte sich dieser komische<br />

Mensch ausgerechnet zu uns ins Abteil. Zum Glück ist<br />

Minister Staribacher mit Tekla, Messe Innsbruck 1975<br />

bald darauf auch noch ein Kartenzwicker gekommen, um<br />

unsere Fahrkarten zu kontrollieren. Dem habe ich meine<br />

Fahrkarte dann so hingehalten, dass er sich ganz weit zu<br />

mir herunter bücken musste. So konnte ich ihm ins Ohr<br />

flüstern: „Noi abbiamo paura di quello là!“ Der Kartenzwicker<br />

hat nur kurz aufgeblickt, meine Karte gezwickt und<br />

ist ohne ein Wort gegangen. Bald darauf sind dann zwei<br />

Kassiere gekommen und haben den Mann aus unserem<br />

Abteil abgeführt, noch bevor der Zug in den Tunnel eingefahren<br />

ist. Ich bekomme heute noch eine Gänsehaut,<br />

wenn ich an diesen Menschen denke …<br />

Solche Vorfälle haben dich aber nicht abgeschreckt<br />

oder gar davon abgehalten, doch immer wieder auf<br />

Ausstellungen zu fahren?<br />

Tekla: Nein, ich bin eigentlich immer gern gefahren.<br />

Ich habe ja auch etwas verdient und die Leute waren froh,<br />

wenn ich ihre Spitzen verkauft habe. Es ist ja eine Riesennot<br />

gewesen damals und die Leute haben richtig gebettelt<br />

ums Verkaufen. Mit der Zeit war man auf den Messen<br />

dann auch bekannt. Irgendwie ist man immer wieder den<br />

gleichen Leuten begegnet. Mehrmals habe ich bei Eröffnungen<br />

auch Giulio Andreotti getroffen, der stets bei unserem<br />

Stand Halt machte.<br />

TAUERNFENSTER 2006<br />

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