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Gottesbilder in der Kinder - Religion im Kinderbuch

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Gott – und erhält tatsächlich Antwort von e<strong>in</strong>er brummigen Männerst<strong>im</strong>me. Sie stellt fest,<br />

dass Gottes St<strong>im</strong>me zu e<strong>in</strong>em älteren Mann mit Alkoholfahne, <strong>der</strong> <strong>im</strong> selben Haus wie sie<br />

wohnt, gehört. Obwohl er se<strong>in</strong>en we<strong>in</strong>seligen Scherz bald bereut, bleibt ihm nichts an<strong>der</strong>es<br />

übrig, als sich auf die Fragen <strong>der</strong> Kle<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>zulassen. Doch allen Schwierigkeiten zum Trotz:<br />

Karo stellt fest, dass se<strong>in</strong>e Göttlichkeit weniger <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Allmacht als <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bereitschaft, sich<br />

mit ihr und ihren Problemen zu beschäftigen, liegt. 11<br />

Auch <strong>in</strong> Jutta Richters K<strong>in</strong><strong>der</strong>roman „Der Hund mit dem gelben Herzen o<strong>der</strong> die Geschichte<br />

vom Gegenteil“ 12 ist e<strong>in</strong>e Figur namens G. Ott als alter Mann mit e<strong>in</strong>em deutlichen Hang zum<br />

Alkoholkonsum dargestellt, e<strong>in</strong>e Erf<strong>in</strong><strong>der</strong>, <strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Buch mit dem Titel „Me<strong>in</strong>e Welt“<br />

se<strong>in</strong>e ganze Schöpfung <strong>in</strong> Zeichnungen festgehalten hat: „Neben den Zeichnungen waren <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er engen kle<strong>in</strong>en säuberlichen Handschrift Namen geschrieben. „,Selbst gemalt?‘, fragte<br />

ich. ,Sicher‘, antwortete G. Ott. Ich war bee<strong>in</strong>druckt, denn so viel zu zeichnen und zu schreiben<br />

hätte ich diesem dünnen Mann gar nicht zugetraut. Musste Jahrzehnte gedauert haben,<br />

was sag ich, Jahrzehnte. Jahrhun<strong>der</strong>te! ,Erf<strong>in</strong>dungen?‘, fragte ich. G. Ott nickte. ,Muss lange<br />

gedauert haben, so viel zu erf<strong>in</strong>den, und dann auch noch <strong>der</strong> Garten!‘. ,Ewigkeiten!‘, sagte G.<br />

Ott und blätterte die Seiten um. ,Und ich b<strong>in</strong> noch lange nicht fertig.‘ Er sah wirklich sehr<br />

müde aus, so als ob ihm die ganze Arbeit über den Kopf gewachsen wäre.“ 13 Im Unterschied<br />

zu den traditionellen Bil<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>es allmächtigen Schöpfergottes wird hier Anthropomorphisierung<br />

auch <strong>im</strong> S<strong>in</strong>ne von Gebrochenheit und Verletzlichkeit <strong>der</strong> menschlichen Existenz betrieben:<br />

G. Ott ist ke<strong>in</strong> strahlende Figur, er ist müde und leidet am Verlust von Lobkowitz, se<strong>in</strong>em<br />

ehemals besten Freund. Natürlich ist G. Ott nicht Gott <strong>im</strong> theologischen S<strong>in</strong>n, dennoch<br />

rankt sich Jutta Richters philosophische Geschichte rund um die Frage nach dem Wesen von<br />

Gott und se<strong>in</strong>er Schöpfung.<br />

Doch nicht nur e<strong>in</strong>e Vermenschlichung Gottes, sogar e<strong>in</strong>e „Vertierlichung“ Gottes f<strong>in</strong>det sich<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>literatur: In e<strong>in</strong>em Bil<strong>der</strong>buch des nie<strong>der</strong>ländischen Autors Paul Verrept mit dem<br />

schlichten Titel „Gott“ 14 ist Gott nämlich genau das: E<strong>in</strong> Kan<strong>in</strong>chen. E<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d n<strong>im</strong>mt e<strong>in</strong><br />

Fernglas und hält Ausschau nach Gott, das Ergebnis lautet schlicht und ergreifend: Gott ist<br />

e<strong>in</strong> Kan<strong>in</strong>chen. So ungewohnt dieser Zugang <strong>im</strong> ersten Moment sche<strong>in</strong>en mag, so schlüssig<br />

ist die Argumentation, die das Nachwort für Erwachsene aus religionspädagogischer Sicht<br />

10 Danielle Proskar/Judith Saupper: Karo und <strong>der</strong> liebe Gott. Wien 2009.<br />

11 Vgl. http://www.karo-<strong>der</strong>film.at/d2/film.html<br />

12 Jutta Richter: Der Hund mit dem gelben Herzen o<strong>der</strong> die Geschichte vom Gegenteil. München 1998.<br />

13 Ebda, S. 25.<br />

14 Paul Verrept: Gott. Aus dem Holländ. von Ingrid Vandekerckhove, Joop Roeland und Klaus Gasperi. Innsbruck<br />

2003.

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