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Gottesbilder in der Kinder - Religion im Kinderbuch

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nem Vater, <strong>der</strong> offensichtlich e<strong>in</strong>er christlich-fundamentalistischen Gruppe angehört, regelmäßig<br />

<strong>im</strong> Namen Gottes misshandelt wird: „Als das Schlagen endlich vorbei war und er die<br />

Unterhose und die Hose über den glühenden H<strong>in</strong>tern gezogen hatte, wusste er, dass <strong>der</strong> Vater<br />

<strong>im</strong> H<strong>im</strong>mel für <strong>im</strong>mer aus ihm herausgeprügelt worden war.“ 18<br />

Neben dieser Erfahrung, das nicht alles gut ist <strong>im</strong> Leben, gehört zu den k<strong>in</strong>dlichen Fragen<br />

nach Gott auch die Frage nach <strong>der</strong> Theodizee. Jutta Richter erzählt <strong>in</strong> „Hechtsommer“ 19 wie<br />

die Konfrontation mit Krankheit und Sterben e<strong>in</strong>er nahestehenden Person auch den Glauben<br />

an Gott <strong>in</strong>s Wanken br<strong>in</strong>gt. Daniel, dessen Mutter <strong>im</strong> Sterben liegt, offenbart <strong>der</strong> Ich-<br />

Erzähler<strong>in</strong>, dass er mit Gott abgeschlossen hat – e<strong>in</strong>e radikale Entscheidung, die sie <strong>in</strong>s Innerste<br />

trifft: „Ich hatte plötzlich das Gefühl, <strong>der</strong> Boden unter mir würde schwanken. Wenn das<br />

richtig war, was Daniel sagte, dann war alles, was ich bisher geglaubt hatte, falsch. Alles, was<br />

me<strong>in</strong>e Mutter mir erzählt hatte, alles, was me<strong>in</strong>e Großmutter mich glauben gemacht hatte, war<br />

falsch. Wenn das richtig war, was Daniel sagte, dann würde es ke<strong>in</strong>e Schutzengel mehr geben<br />

und ke<strong>in</strong>e Wun<strong>der</strong>. Natürlich hatte ich manchmal an Gott gezweifelt, aber ich hatte mich so<br />

verloren dabei gefühlt, dass ich versuchte, ganz schnell an etwas an<strong>der</strong>es zu denken.“ 20<br />

5. Jugend ohne Gott? <strong>Gottesbil<strong>der</strong></strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jugendliteratur<br />

Mit dem <strong>in</strong>s Wanken Geraten ihres naiven K<strong>in</strong><strong>der</strong>glaubens an Schutzengel und Wun<strong>der</strong> ist für<br />

die Ich-Erzähler<strong>in</strong> auch e<strong>in</strong> Stück ihrer K<strong>in</strong>dheit zu Ende gegangen – wo aber ist das Bild von<br />

Gott <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jugend und dementsprechend <strong>in</strong> <strong>der</strong> Jugendliteratur? Auf den ersten Blick könnte<br />

die Antwort schlicht „nirgends“ lauten – <strong>Gottesbil<strong>der</strong></strong> s<strong>in</strong>d, an<strong>der</strong>s als Fragen nach <strong>der</strong> Entwicklung<br />

von Weltbild o<strong>der</strong> Persönlichkeit, ke<strong>in</strong> Thema, dem sich die Jugendliteratur <strong>der</strong><br />

letzten Jahre explizit widmet.<br />

Dennoch f<strong>in</strong>den sich Spuren von Gott – wenn auch mehr <strong>im</strong> S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Leerstelle. Als <strong>der</strong><br />

Protagonist von „Paranoid Park“ 21 , e<strong>in</strong> Jugendroman des amerikanischen Autors Blake Nelson,<br />

mit se<strong>in</strong>er (Mit-)Schuld am Tod e<strong>in</strong>es Menschen zurechtkommen muss, wendet er sich<br />

an e<strong>in</strong> unsichtbares Gegenüber: „Nachdem ich lange gewe<strong>in</strong>t hatte, f<strong>in</strong>g ich an zu reden. Ich<br />

weiß nicht, mit wem ich redete, vielleicht mit Gott.“ 22 Hier kann sicher nicht von Gebet <strong>im</strong><br />

engeren S<strong>in</strong>ne die Rede se<strong>in</strong>, Gott ist ke<strong>in</strong> greifbares Gegenüber. Dennoch fällt es auf, dass<br />

<strong>der</strong> Begriff <strong>in</strong>s Spiel gebracht wird. Auch wenn die Erfahrung von Gott hier e<strong>in</strong>e gebrochene<br />

18 Guus Kuijer: Das Buch von allen D<strong>in</strong>gen. Deutsch von Sylke Hachmeister, Hamburg 2006. S.16.<br />

19 Jutta Richter: Hechtsommer. München 2004.<br />

20 Ebda, S. 92f.<br />

21 Blake Nelson: Paranoid Park. Aus dem Amerikan. von Heike Brandt. We<strong>in</strong>he<strong>im</strong> 2008.<br />

22 Ebda, S. 42.

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