RLV-Fachausschuss Umweltpolitik - Wie grün wird die Agrarreform?
RLV-Fachausschuss Umweltpolitik - Wie grün wird die Agrarreform?
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AGRARPOLITIK<br />
europäischen Landwirte im internationalen<br />
Wettbewerb stark zurückwerfen.<br />
Wasserschutz, Pflanzenschutzmittel und <strong>die</strong> EU-<strong>Agrarreform</strong> – <strong>die</strong> Referenten informierten <strong>die</strong> <strong>Fachausschuss</strong>mitglieder<br />
in allen umweltpolitischen Fragen (v.l.n.r.): Bruno Schöler, Friedhelm Decker, Prof. Dr. Karin<br />
Holm-Müller, Stefan Dunajtschik und Martin Hannen.<br />
<strong>Wie</strong> grün <strong>wird</strong> <strong>die</strong> <strong>Agrarreform</strong>?<br />
<strong>RLV</strong>-<strong>Fachausschuss</strong> <strong>Umweltpolitik</strong> tagte in Bonn<br />
„Wir haben schon einmal <strong>die</strong> Europa-Abgeordneten<br />
überzeugen müssen“, erinnerte<br />
Friedhelm Decker, Präsident des Rheinischen<br />
Landwirtschafts-Verbandes (<strong>RLV</strong>) und<br />
Vorsitzender des <strong>RLV</strong>-<strong>Fachausschuss</strong> <strong>Umweltpolitik</strong>,<br />
bei dessen Sitzung am vergangenen<br />
Montag in Bonn. Bei der Postkarten-<br />
Aktion zum europäischen Pflanzenschutzmittelrecht<br />
habe der Berufsstand <strong>die</strong> Europaparlamentarier<br />
gemeinsam auf den Missstand,<br />
der durch den ersten Entwurf entstanden<br />
wäre, aufmerksam gemacht.<br />
Schließlich habe man einen tragfähigen<br />
Kompromiss erzielen können. „Genau das<br />
müssen wir jetzt bei der EU-<strong>Agrarreform</strong><br />
wieder erreichen“, zeichnete der <strong>RLV</strong>-Präsident<br />
<strong>die</strong> Agenda des Verbandes für <strong>die</strong><br />
nächsten Monate auf.<br />
Aus Sicht der <strong>Umweltpolitik</strong>er<br />
Eine heiße Diskussion folgte dem Vortrag<br />
von Prof. Dr. Karin Holm-Müller vom Sachverständigenrat<br />
für Umweltfragen, als sie<br />
<strong>die</strong> Vorstellungen des Rates von der EU-<br />
<strong>Agrarreform</strong> darlegte. Als Mitglied des<br />
Sachverständigenrates für Umweltfragen<br />
berät <strong>die</strong> Professorin der Uni Bonn <strong>die</strong><br />
Bundesregierung entscheidend mit und<br />
war als Agrarierin an der Abfassung des<br />
Gutachtens zur Reform der Agrarpolitik<br />
nach 2013 aus Sicht der <strong>Umweltpolitik</strong> beteiligt.<br />
„Bisher werden nur ein Achtel der<br />
EU-Agrargelder für Umweltleistungen ausgegeben“,<br />
kritisierte sie. Wenn es weiter<br />
Zahlungen für <strong>die</strong> Landwirtschaft geben<br />
soll, dann nur aus dem Grund, dass sie öffentliche<br />
Güter pflege und kulturelles Erbe<br />
erhalte.<br />
Nach Vorstellung des Sachverständigenrates<br />
soll es nach 2013 zum einen eine „Industrielle<br />
Landwirtschaft“ geben, <strong>die</strong> keine<br />
Umweltleistungen erfüllt, aber auch keine<br />
EU-Agrarzahlungen erhält. Zum anderen<br />
soll ein Teil der Landwirte gefördert werden,<br />
der über das Ordnungsrecht hinaus<br />
zusätzliche Umweltleistungen erbringt wie<br />
Agrarumweltmaßnahmen oder Vertragsnaturschutz.<br />
Für letztere Landwirte sei eine<br />
„ökologische Grundprämie“ von 150 € vorgesehen,<br />
<strong>die</strong> je nach Umweltleistung aufgestockt<br />
werden könne. Um <strong>die</strong>se Prämie<br />
zu erhalten, sollen <strong>die</strong> Landwirte auch 10 %<br />
ihrer Fläche als „ökologische Vorrangfläche“<br />
bereit stellen, sprich etwa für extensives<br />
Grünland oder Strukturelemente wie<br />
Hecken. Es sei auch vorgesehen, mit den<br />
Geldern „ökologisch bedeutsame Bewirtschaftungsformen“<br />
zu fördern, so dass <strong>die</strong>se<br />
für <strong>die</strong> Gesellschaft erhalten blieben.<br />
Die <strong>Fachausschuss</strong>mitglieder waren alles<br />
andere als begeistert von den Vorstellungen<br />
des Sachverständigenrates für Umweltfragen.<br />
Ob das „Sammelsurium“ an Verpflichtungen<br />
und hohen EU-Anforderungen,<br />
das <strong>die</strong> Landwirte bereits erfüllen müssten,<br />
nicht auch Grund genug für Ausgleichszahlungen<br />
seien, hinterfragten sie. Landwirte<br />
würden oft als Subventionsempfänger dargestellt,<br />
dabei erbrächten sie schon jetzt<br />
hohe Umweltschutzleistungen. Wenn <strong>die</strong><br />
Einhaltung der Cross-Compliance-Regelungen<br />
nicht honoriert werde, würde das <strong>die</strong><br />
<strong>Wie</strong> weit <strong>die</strong> Umsetzung des novellierten<br />
europäischen Pflanzenschutzrechtes fortgeschritten<br />
ist, erklärte Martin Hannen<br />
vom nordrhein-westfälischen Umweltministerium.<br />
Der Referent wies darauf hin,<br />
dass <strong>die</strong> Novellierung der Zulassungsverordnung<br />
zum 14. Juni 2011 gültig werde.<br />
Nur einzelne Details müssten noch genauer<br />
durch <strong>die</strong> Nationalstaaten festgelegt<br />
werden. „Es wäre etwa sträflich, wenn man<br />
auf das Instrument der Einzelfallgenehmigungen<br />
für Lückenindikation verzichten<br />
würde“, hob er einen Streitpunkt hervor.<br />
Auch könnte Ergebnis auf Bundesebene<br />
werden, dass <strong>die</strong> Landwirte alle zwei bis<br />
fünf Jahre einen Sachkundenachweis im<br />
Gehört im <strong>Fachausschuss</strong><br />
Greening the GAP –<br />
Bauern sollen nur<br />
noch Ausgleichszahlungen<br />
für Umweltleistungen<br />
erhalten.<br />
Schwierigkeiten<br />
werden auftreten,<br />
wenn <strong>die</strong> vagen<br />
Vorstellungen<br />
der EU und des<br />
Sachverständigenrates für Umweltfragen<br />
über <strong>die</strong> Umweltleistungen der Bauern<br />
auf kommunaler Ebene umgesetzt werden<br />
sollen. Hier fehlt leider oft <strong>die</strong> Sachkenntnis.<br />
Bei der konkreten Umsetzung<br />
müssen unbedingt Landwirte einbezogen<br />
werden, um einzugrenzen, was möglich<br />
und was reiner Idealismus ist.<br />
Hubertus Velder, Ackerbauer aus Rommerskirchen-Vanikum<br />
Laut dem Entwurf<br />
der europäischen<br />
Pflanzenschutzmittel-Zulassungsverordnung<br />
müssen<br />
Bauern demnächst<br />
alle zwei bis fünf<br />
Jahre einen Sachkundenachweis<br />
vorlegen.<br />
Mit <strong>die</strong>sem<br />
Vorschlag <strong>wird</strong> unsere Kompetenz von so<br />
genannten „Spezialisten“ angezweifelt!<br />
Normalerweise müsste <strong>die</strong> Ausbildung<br />
zum Landwirt Sachkundenachweis genug<br />
sein. Das bedeutet für uns Bauern<br />
wieder ein Mehr an Bürokratie und untergräbt<br />
unsere Zuständigkeiten.<br />
Karl-Heinz Ricken, Gemüse- und Ackerbauer<br />
aus Alpen-Veen<br />
10 LZ 46 · 2010
AGRARPOLITIK<br />
Bereich Pflanzenschutzmittelausbringung<br />
vorlegen müssten.<br />
Die Frage, ob in „bestimmten Gebieten“,<br />
womit etwa Schutzgebiete für Vögel oder<br />
zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie<br />
gemeint sind, der Pflanzenschutzmitteleinsatz<br />
verringert werden soll, sorgte für Diskussionsstoff.<br />
Dabei legte der Mitarbeiter<br />
des Ministeriums dar, das <strong>die</strong>s eigentlich<br />
nicht für den Landwirt zum Problem gemacht<br />
werden könne, sondern vielmehr im<br />
Rahmen der Zulassung überprüft werden<br />
müsse. „Allerdings muss der nationale Gesetzgeber<br />
aufgrund der europarechtlichen<br />
Vorgaben eine Regelung treffen“, so Hannen.<br />
Daher scheine es aus Sicht des Ministerialbeamten<br />
sinnvoll, hierzu für den notwendigen<br />
Einzelfall eine Länderermächtigung<br />
im Bundesgesetz zu erlassen. Gerade<br />
mit Blick auf <strong>die</strong> flächendeckende Schutzgebietsausweisung<br />
am Niederrhein wurde<br />
im <strong>Fachausschuss</strong> noch einmal betont, dass<br />
man sich seitens des Landes auf Grundlage<br />
der Vereinbarung „Vogelschutzgebiet Unterer<br />
Niederrhein“ dazu bekennt, dass Einschränkungen<br />
innerhalb der guten fachlichen<br />
Praxis nicht notwendig seien.<br />
Wasserschutz bleibt Daueraufgabe<br />
„Wir sind auf einem guten Weg, aber wir<br />
sind noch auf dem Weg“, leitete Stefan Dunajtschik<br />
von der Landwirtschaftskammer<br />
Neuer Forschungsschwerpunkt Bioökonomie<br />
Die Bundesregierung<br />
setzt auf<br />
Biomasse, um<br />
<strong>die</strong> Abhängigkeit<br />
der deutschen<br />
Wirtschaft vom<br />
Erdöl zu verringern.<br />
„Wir wollen mit Forschung und Innovation<br />
den Strukturwandel von einer erdölzu<br />
einer biobasierten Industrie ermöglichen“,<br />
erklärte der Parlamentarische<br />
Staatssekretär vom Bundesforschungsministerium,<br />
Thomas Rachel, bei der Vorstellung<br />
der „Nationalen Forschungsstrategie<br />
BioÖkonomie 2030“ vergangene Woche in<br />
Berlin. Insgesamt stellt <strong>die</strong> Bundesregierung<br />
in den nächsten sechs Jahren rund<br />
2,4 Mrd. € für <strong>die</strong> Umsetzung der Strategie<br />
zur Verfügung, <strong>die</strong> vom Kabinett beschlossen<br />
worden ist. Davon entfallen laut Rachel<br />
970 Mio. €o auf <strong>die</strong> institutionelle Förderung<br />
von Leibniz-, Max-Planck-, Fraunhofer-<br />
und Helmholtz-Instituten sowie 1,45<br />
Mrd. € auf Projektförderung. Davon wiederum<br />
sind dem Staatssekretär zufolge 30 %<br />
Heiß wurde im <strong>Fachausschuss</strong><br />
<strong>Umweltpolitik</strong><br />
über der „Vergrünung<br />
der EU-Agrarpolitik“<br />
diskutiert.<br />
Fotos: Andrea Bahrenberg<br />
NRW, zuständig für den Bereich Grundwasser,<br />
seinen Beitrag zum Thema Wasserrahmenrichtlinie<br />
ein. Landwirte könnten das<br />
Angebot der Beratung nutzen. „Wir wollen,<br />
dass Landwirte sich gerne an der Umsetzung<br />
der Wasserrahmenrichtlinie beteiligen,<br />
wir sind auf ihre Kooperation angewiesen“,<br />
hob Dunajtschik den Kooperationsansatz<br />
hervor, der sowohl für <strong>die</strong> Planung und<br />
Umsetzung von Maßnahmen für Fließgewässer<br />
als auch für das Grundwasser gilt.<br />
Das Beratungskonzept der Landwirtschaftskammer<br />
solle dazu <strong>die</strong>nen, Düngung und<br />
Pflanzenschutzmitteleinsatz besser an den<br />
Gewässerschutz anzupassen. Flankiert werde<br />
das Konzept durch Fördermaßnahmen<br />
der Zweiten Säule, wie etwa der Zwischenfruchtanbau.<br />
„An <strong>die</strong>ser Agrarumweltmaßnahme<br />
haben sich im vergangenen Jahr<br />
bislang noch nicht in Vorhaben gebunden.<br />
Landwirtschaftsstaatssekretär Dr. Robert<br />
Kloos hob <strong>die</strong> Bedeutung der Agrarwirtschaft<br />
für <strong>die</strong> angestrebte Neuausrichtung<br />
hervor. Gleichzeitig wies Kloos gegenüber<br />
Journalisten <strong>die</strong> Kritik an einer einseitigen<br />
Ausrichtung der ressortübergreifenden<br />
Forschungsstrategie zurück. Die Vorhaben<br />
seien „technologie- und ergebnisoffen“.<br />
Der Deutsche Bauernverband (DBV) begrüßte<br />
<strong>die</strong> Initiative. Generalsekretär Dr.<br />
Helmut Born sprach von einer „massiven<br />
Rückenstärkung für alle mit der Bioökonomie<br />
verbundenen Wissenschaftszweige in<br />
den universitären und außeruniversitären<br />
Forschungseinrichtungen“. Prof. Reinhard<br />
Hüttl, Vorsitzender des BioÖkonomierats,<br />
dessen Gutachten „Innovation Bioökonomie“<br />
<strong>die</strong> Forschungsstrategie wesentlich<br />
beeinflusst hat, bescheinigte der Bundesregierung,<br />
sie reagiere auf <strong>die</strong> wachsende<br />
globale Bedeutung biologischer Ressourcen<br />
und <strong>die</strong> damit verbundenen neuen Herausforderungen.<br />
Q<br />
1 526 Landwirte mit 28 254 ha beteiligt“,<br />
freute sich Dunajtschik.<br />
Auch bei der anstehenden Maßnahmenplanung<br />
bei Fließgewässern arbeiten <strong>RLV</strong> und<br />
Landwirtschaftskammer gemeinsam mit<br />
den Wasser- und Bodenverbänden, betonte<br />
Bruno Schöler von der Landwirtschaftskammer<br />
NRW, zuständig für den Bereich Fließgewässer.<br />
Mit Hilfe der Entwicklung von geeigneten<br />
Trittsteinen, <strong>die</strong> möglichst wenig<br />
landwirtschaftliche Fläche beanspruchen,<br />
soll eine nachhaltige Gewässerentwicklung<br />
gefördert werden.<br />
Biogas-Förderung korrigieren!<br />
„Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern<br />
ist der Anteil Erneuerbarer Energien an<br />
der Endstromerzeugung in Deutschland<br />
nicht besonders hoch“, stellte <strong>RLV</strong>-Referent<br />
Dr. Bernd Lüttgens fest. Während Österreich<br />
schon 59,8 % des Stroms aus Erneuerbaren<br />
Energien speist, sind es hierzulande nur<br />
12,5 %. Ohne <strong>die</strong> Biogaserzeugung werde<br />
<strong>die</strong> Bundesregierung <strong>die</strong> angestrebte Marke<br />
von 18 % bis 2020 nicht erreichen. Hier müsse<br />
es gelingen, dass <strong>die</strong> Förderung korrigiert<br />
und <strong>die</strong> Biogaserzeugung mehr in <strong>die</strong> Ackerbauregionen<br />
verlagert werde, um <strong>die</strong> Flächenkonkurrenz<br />
in Tierhaltungsregionen<br />
nicht weiter zu verschärfen.<br />
Günter Klingenhagens vom Pflanzenschutz<strong>die</strong>nst<br />
NRW informierte <strong>die</strong> <strong>Fachausschuss</strong>mitglieder<br />
über Pflanzenschutzstrategien<br />
wie das System Clearfield, ein Herbizid-System<br />
von BASF. Die neue Pflanzenzüchtung<br />
wurde durchaus kritisch im Auditorium diskutiert.<br />
Vor allem <strong>die</strong> Bildung von Resistenzen<br />
gegenüber bestimmten Pflanzenschutzmitteln,<br />
wie es bisher nur aus der Gentechnologie<br />
bekannt war, ließ <strong>die</strong> <strong>Fachausschuss</strong>mitglieder<br />
aufhorchen. Demnächst<br />
könne man zum Saatgut das passende<br />
Pflanzenschutzmittel dazu kaufen und <strong>die</strong><br />
Landwirtschaft könnte in eine kritische Abhängigkeit<br />
geraten, hieß es in der Diskussionsrunde.<br />
AB<br />
LZ 46 · 2010 11