Marek Ordylowski
Marek Ordylowski
Marek Ordylowski
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
danach Kommissionsgeschäfte mit beweglichem Hab und Gut von den ausreisenden<br />
Deutschen. Einige dieser Kommissionsgeschäfte betrieben Tauschhandel. Sie<br />
nahmen von den Ausreisenden hauptsächlich Garderobe, Schuhe, Silber,<br />
Maschinen, z.B. Nähmaschinen, Schreibmaschinen und tauschten dafür<br />
Lebensmittel, die aus Zentralpolen hierher gebracht wurden. Im Oktober gab es in<br />
Wrocław etwa 160 Lebensmittelläden, Ende 1946 waren es 1250, 182<br />
Galanteriewarenläden, 32 Buch- und Schreibwarenhandlungen, 42 Drogerien und<br />
Apotheken, 32 Läden mit technischen Artikeln, 31 Schuhläden, 19 Geschäfte für<br />
Haushaltswaren, 13 Parfümerien mit Kosmetikartikeln, 42 Läden mit Heizölspeicher.<br />
In Wrocław gab es zwei Arten von Lebensmittelgeschäften: Zum einen war es der<br />
Handel mit reglementierten Lebensmitteln zu festen Preisen, verteilt auf Karten nach<br />
Normen, zum anderen waren es Geschäfte, die sich nach Preisen des freien Marktes<br />
richteten und zu wesentlich höheren Preisen verkauften. Mit Lebensmitteln wurde<br />
auch in den verschiedensten Arten von Bretterbuden, bestehend aus Sperrholz und<br />
Pappe gehandelt. Überall wurde mit Fleisch gehandelt. Diesen Handel führten 80<br />
Prozent der Geschäfte unabhängig von der Branche.<br />
Unabhängig von den Einzelhandelsgeschäften wurden bereits 1945 Warenhäuser in<br />
Betrieb genommen, z.B. das Schlesische Warenhaus in der Świdnickastraße<br />
(Schweidnitzer Straße). Danach öffneten weitere renovierte Warenhäuser aus der<br />
Vorkriegszeit. Aber das größte, auch in Polen, war das Allgemeine Warenhaus, das<br />
im Gebäude der ehemaligen Gesellschaft AWAG öffnete. Ein wesentlicher Teil der<br />
Warenhäuser aus der Vorkriegszeit war während der Belagerung der Stadt zerstört<br />
oder beschädigt worden. Aber in Verbindung mit den neuen gesellschaftlichen<br />
Gegebenheiten wurden viele von ihnen einer anderen Verwendung zugeführt.<br />
Sehr schnell öffneten nach Kriegsende Bars und Restaurants, gewöhnlich in bereits<br />
bestehenden Lokalitäten. Im Februar 1946 gab es etwa 600. Neben gewöhnlichen<br />
Bars gab es auch Luxuslokale mit Tanz und ausgesuchtesten Speisen. Eine<br />
Besonderheit dieser Zeit waren preiswerte Gaststätten, die billige und nahrhafte<br />
Mahlzeiten anboten. Dazu gehörten die sogenannten Milchbars, wo die einfachsten<br />
und preiswertesten Speisen angeboten wurden, meistens aus Mehl und Kartoffeln,<br />
verschiedene Arten von Piroggen, Klößen, Piroggen mit Quarkfüllung, einfache<br />
Suppen wie Gemüse-, Tomaten-, Gurken- oder Obstsuppe. Diese Bars bildeten den<br />
Versorgungsraum für die Ärmsten, aber auch für Studenten. Preiswerte Kantinen<br />
boten auch verschiedene Organisationen an, wie das Komitee für Soziale Fürsorge<br />
Caritas oder jüdische Religionsvereinigungen.<br />
Eine große Stadt wie Wrocław konnte nicht ohne Dienstleistungsbetriebe sein. Sie<br />
entstanden in den vielen verlassenen Werkstätten, deren Besitzer die Stadt oft noch<br />
vor der Belagerung verlassen hatten. Letztendlich erforderte das Leben solche<br />
Dienstleistungsbetriebe. Neben verschiedenen Baufirmen, die Renovierungen<br />
vornahmen, entstanden Schuh-, Schneider-, Uhrmacherwerkstätten, Wäschereien,<br />
Färbereien, Friseursalons usw., aber auch Werkstätten, die Prothesen herstellten.<br />
Unter all diesen Dienstleistungsanbietern gab es eine Wahrsagerin Pari Banu, die<br />
ihre Dienste folgendermaßen anbot: „ Pari Banu hellseherisches Medium, das in<br />
Trance alles genau vorhersagt.“ Nach ihrer Ausreise beschäftigen sich Sinti-Roma-<br />
Frauen mit der Wahrsagerei. Über viele Jahre befand sich am Platz Strzegomski ein<br />
Sinti-Roma- Lager.<br />
7