Geschichtsunterricht in Klasse 9:
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wenn man bedenkt, dass das Le<strong>in</strong>engewerbe<br />
<strong>in</strong> Ravensberg se<strong>in</strong>e eigene<br />
Tradition besaß, während die Metallverarbeitung<br />
wegen der Ferne zu den<br />
Rohstoffen bisher ke<strong>in</strong>en nennenswerten<br />
E<strong>in</strong>gang f<strong>in</strong>den konnte. Schließlich<br />
muss e<strong>in</strong> drittes Kennzeichen zur Typisierung<br />
der metallverarbeitenden Unternehmen<br />
festgehalten werden: Obwohl<br />
sie <strong>in</strong> den Anfängen ihrer Betriebsgröße<br />
nach kaum das Handwerk<br />
übertrafen, so s<strong>in</strong>d sie doch oft von Beg<strong>in</strong>n<br />
an mit Dampfmasch<strong>in</strong>en für den<br />
Antrieb und mit Werkzeugmasch<strong>in</strong>en<br />
ausgerüstet gewesen. E<strong>in</strong>e solche Produktionsform<br />
wird am treffendsten als<br />
mechanische Werkstatt bezeichnet.<br />
Zu den ältesten Unternehmen der Metall<strong>in</strong>dustrie<br />
<strong>in</strong> Bielefeld gehörte die Feilenhauerei<br />
von Peter Wilhelm Dickertmann.<br />
Ihr Gründer war 1843 aus Soest<br />
zugezogen, stammte jedoch aus Eilpe<br />
(heute Hagen), aus e<strong>in</strong>em Gebiet also,<br />
<strong>in</strong> dem das Kle<strong>in</strong>eisengewerbe zu Hause<br />
war. In der Ritterstraße, später Am<br />
Damm, betrieb er se<strong>in</strong> Handwerk. Erst<br />
die Söhne Gustav und Carl waren kapital-<br />
und umsatzkräftig genug, um 1858<br />
an der Jöllenbecker Straße, <strong>in</strong> der Nähe<br />
des Bahnhofs, e<strong>in</strong>en Neubau errichten<br />
und damit auf <strong>in</strong>dustrielle Produktion<br />
umstellen zu können. 1869 wurde<br />
die Fabrikation von W<strong>in</strong>den aufgenommen.<br />
Hieraus entwickelte sich unter<br />
dem Firmennamen „Gebr. Dickertmann“<br />
die als Spezialunternehmen bekannte<br />
Fabrik für Hebezeuge.<br />
E<strong>in</strong>e Firma wie diese war darauf angewiesen,<br />
Eisengussteile zur Weiterverarbeitung<br />
möglichst günstig e<strong>in</strong>zukaufen.<br />
Deshalb ersche<strong>in</strong>t es durchaus als<br />
s<strong>in</strong>nvoll, dass fast zur gleichen Zeit<br />
auch die erste Gießerei, die „Bielefelder<br />
Eisenhütte“ […] entstand. […]<br />
Bekannter noch als diese beiden Unternehmen<br />
wurde die Fabrik „Th. Calow<br />
& Co.“. Theodor Calow, der <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />
pommerschen Heimat als Schmied <strong>in</strong><br />
die Lehre gegangen war, hatte als<br />
Techniker der Berl<strong>in</strong>er Firma „Schwarzkopf“<br />
e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>ere Dampfmasch<strong>in</strong>e <strong>in</strong><br />
der Ravensberger Sp<strong>in</strong>nerei aufgestellt<br />
und während des Aufenthaltes <strong>in</strong> Bielefeld<br />
se<strong>in</strong>e spätere Frau kennen gelernt.<br />
Er kehrte zurück und eröffnete 1863<br />
zusammen mit Johann Epp<strong>in</strong>g als Teilhaber<br />
<strong>in</strong> der Bahnhofstraße e<strong>in</strong>e Eisengießerei<br />
und Masch<strong>in</strong>enfabrik.<br />
E<strong>in</strong> Jahr später als Calow ließ sich<br />
Friedrich Gildemeister – er kam aus<br />
Lübz<strong>in</strong> <strong>in</strong> Pommern – <strong>in</strong> Bielefeld als<br />
Masch<strong>in</strong>enbauer, <strong>in</strong>sbesondere für<br />
Landmasch<strong>in</strong>en, nieder. 1870 gründete<br />
er am Bahnhof die Firma „Gildemeister<br />
& Comp.“; sie spezialisierte sich auf<br />
Werkzeugmasch<strong>in</strong>en für den Nähmasch<strong>in</strong>enbau,<br />
ehe sie zu e<strong>in</strong>er breiter<br />
angelegten Produktion überg<strong>in</strong>g. […]<br />
Charakteristisch für die Metallbetriebe<br />
war die breite Produktionspalette oder,<br />
negativ ausgedrückt, die noch fehlende<br />
Spezialisierung. Die Firma „Calow &<br />
Co.“ beispielsweise bot vor der Jahrhundertwende<br />
nicht nur Dampfmasch<strong>in</strong>en<br />
der unterschiedlichsten Leistung<br />
an, sondern auch Dampfpumpen,<br />
Transmissionen, Kessel, Armaturen,<br />
E<strong>in</strong>richtungen für Dampfmühlen, Pressen,<br />
Rohrleitungen, Wendeltreppen,<br />
Masch<strong>in</strong>en für die Garn-, Le<strong>in</strong>en- und<br />
Baumwollbearbeitung, Kochapparate,<br />
Stoffpressen, Mangeln, Laufkräne und<br />
Aufzüge. Noch war der Markt zu kle<strong>in</strong>,<br />
als dass man sich mit der Auflage von<br />
Großserien e<strong>in</strong>zelner Produkte hätte<br />
begnügen dürfen.<br />
Nähmasch<strong>in</strong>en, Fahrräder, Autos<br />
Auch die Bielefelder Nähmasch<strong>in</strong>enproduktion<br />
ist aus verhältnismäßig kle<strong>in</strong>en<br />
Anfängen entstanden, auch sie<br />
wurde im wesentlichen von Handwerkern<br />
und Technikern getragen, die nicht<br />
aus der Stadt selbst gekommen waren.<br />
Den Anfang machte Carl Baer, e<strong>in</strong> Mechaniker,<br />
der aus Sonneberg <strong>in</strong> der<br />
Mark Brandenburg stammte und bei<br />
„Beermann“ <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> gearbeitet hatte.<br />
1860 ließ er sich <strong>in</strong> Bielefeld nieder. Er<br />
arbeitete zunächst als Fe<strong>in</strong>mechaniker<br />
bei dem Uhrmacher Böckelmann am<br />
Alten Markt, bis er sich im Nachbar-