Literatur im DaF-Unterricht am Beispiel der Jugendro- mane ... - SAGV
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eDUSA 4, 2009: 1 Gretschel: <strong>Literatur</strong> <strong>im</strong> <strong>DaF</strong>-<strong>Unterricht</strong> - 35 -<br />
hat sein psychisches Trauma inzwischen überwunden. Und dann erhält er Besuch von<br />
seinem besten Freund Paulus und von seiner geliebten Freundin Rauna. Er sagt dazu:<br />
„Zu dritt saßen wir in diesem kleinen Z<strong>im</strong>mer <strong>im</strong> neunten Stock: Paulus, Rauna<br />
und ich. Auch an diesem Tag waren die Jalousien geschlossen wie heute. Seitdem<br />
fühle ich: Ich werde alles überstehen. Vielleicht dauert es noch lange, und<br />
ich muss noch viel Geduld haben. Aber mit Rauna wird alles gut werden. In einem<br />
Monat kommt sie mich wie<strong>der</strong> besuchen ...“ (van Dijk 1995, 192)<br />
Sören steht als einziger <strong>der</strong> Angeklagten für seine Mitschuld. Obwohl Heiko bei einem<br />
Verhör aussagt: „Sören ist zu Unrecht angeklagt. Er wollte mich daran hin<strong>der</strong>n<br />
zuzustechen.“ (van Dijk 1995, 193), sagt er so wenig vor Gericht wie die an<strong>der</strong>en.<br />
Sören schweigt aber nicht, um etwaige gleich gesinnte rechtsextreme Mittäter zu decken<br />
und zu entlasten, son<strong>der</strong>n er schweigt aus einem tiefen und ehrlichen Gefühl <strong>der</strong><br />
Schuld und <strong>der</strong> Sch<strong>am</strong>:<br />
„Ich schäme mich einfach – und das ist ein unglaublich beschissenes Gefühl.<br />
Ich schäme mich gegenüber den schwarzen Jungen aus N<strong>am</strong>ibia, die noch jünger<br />
als wir waren.“ (van Dijk 1995, S. 193)<br />
Van Dijk versucht nicht, J<strong>im</strong>s und Sörens Haltung zu bewerten o<strong>der</strong> zu interpretieren,<br />
er belässt es bei diesem offenen Schluss, <strong>der</strong> zugleich die Stärke des Romans ausmacht.<br />
Da <strong>der</strong> Autor mit diesem Schluss die Möglichkeit eines positiven Ausgangs<br />
bewusst in Aussicht stellt, muss an dieser Stelle <strong>im</strong> <strong>Unterricht</strong> die Diskussion beginnen,<br />
welche Verantwortung je<strong>der</strong> Mensch trägt, Fremdenfeindlichkeit erfolgreich zu<br />
bekämpfen, und ob die daraus erworbenen Erkenntnisse Relevanz für die Situation in<br />
N<strong>am</strong>ibia haben. Van Dijk suggeriert durch den offenen Schluss, dass letztendlich Xenophobie<br />
überwunden werden kann, falls alle, die Opfer wie Täter, sich engagiert für<br />
Toleranz und gegenseitiges Verständnis einsetzen. Den Schülern wird somit eine<br />
Zukunftsperspektive angeboten, die trotz aller Schwierigkeiten deutlich darlegt, dass<br />
es <strong>am</strong> Ende doch noch gut gehen könnte. Diese positive Einstellung ist für einen<br />
erfolgreichen und bedeutungsvollen <strong>Unterricht</strong> unabkömmlich, denn genau an dieser<br />
Stelle sollte nun gemeins<strong>am</strong> darüber reflektiert werden, wie je<strong>der</strong> einzelne Schüler<br />
durch sein persönliches Engagement und durch Zivilcourage einen Beitrag zur<br />
Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit liefern kann. Für die beiden<br />
Staaten N<strong>am</strong>ibia und Südafrika bleibt das eines <strong>der</strong> bedeutendsten <strong>Unterricht</strong>sziele<br />
überhaupt. Und wenn es uns <strong>im</strong> fremdsprachlichen <strong>Literatur</strong>unterricht gelingen sollte,<br />
das zarte Pflänzchen Toleranz zu stärken, dann haben wir einen signifikanten Beitrag<br />
zur Verständigung beigetragen. Was kann man eigentlich vom <strong>DaF</strong>-<strong>Unterricht</strong> mehr<br />
erwarten?<br />
<strong>Literatur</strong>:<br />
ACKERMANN, I UND BORRIES, M. (Hrsg.)1988. „Uwe T<strong>im</strong>m“. Pädagogische<br />
Verbindungsarbeit. Werkheft <strong>Literatur</strong>. Iudicium Verlag GmbH, München.<br />
BEETZ, DIETMAR 1983. „Späher <strong>der</strong> Witbooi-Krieger“. Verlag Neues Leben Berlin.<br />
NEUNER, GERHARD und HUNFELD, HANS1997. „Methoden des fremdsprachlichen<br />
Deutschunterrichts“.Fernstudieneinheit 8. Langenscheidt, München.