Nachhaltig Wirtschaften - Sarah Wiener
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03/2013<br />
ISSN 1865-4266<br />
ForumDas Entscheider-Magazin<br />
<strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong><br />
Im Interview<br />
Richard David Precht, ist konsum moralisch vertretbar?<br />
Die transparente Lieferkette<br />
Erfolgsfaktor oder Mythos?<br />
Fleisch-<br />
Innovationen<br />
Wie aus Mitarbeitern<br />
Erfinder werden<br />
Die Food-Industrie<br />
Ökologisch, fett, transgen,<br />
regional, zuckersüß, tödlich.<br />
Wie verführbar is(s)t die Welt?
INHALT<br />
46<br />
Bio im Kochtopf: Starköchin <strong>Sarah</strong><br />
<strong>Wiener</strong> über echten Genuss. 40<br />
Darf man Tiere essen?<br />
Richard David Precht im Interview.<br />
3 Editorial<br />
6 forum-News<br />
7 pilze, die im Kaffeesatz gedeihen … und weitere<br />
gute Food-Nachrichten<br />
49 Fühlen Sie sich auch beschissen? Das denken<br />
forum-LeserInnen über Lebensmittelskandale.<br />
52 Aktiv werden! Ob Bürger, Stadtverwalter, Gärtner,<br />
Unternehmer, Einkäufer – jeder kann die Lebensmittelwirtschaft<br />
mitgestalten.<br />
8 ScHweRpUNKT: Food<br />
11 Geleitwort Ernährung verantwortungsvoll<br />
genießen ILSE AIGNER<br />
12 Interview Warum der ESPRIT-Gründer Doug Tompkins<br />
seine Millionen in ökologischen Landbau steckt.<br />
18 Können wir Food, Filet und Fuel versöhnen?<br />
FRANZ JOSEF RADERMACHER<br />
22 Streitgespräch Wie sollen wir die Menschheit<br />
ernähren? Mit biologischer Landwirtschaft allein<br />
nicht, sagt Winand von Petersdorff. Gentechnik ist<br />
keine Lösung, widerspricht Barbara Unmüßig.<br />
28 Süßer Tod Zucker hat seinen Charakter geändert.<br />
Die Weltgemeinschaft kämpft gegen seine Zerstörungskraft.<br />
34 Im Schlachthaus Die Deutschen lieben Fleisch,<br />
dafür müssen Tiere sterben. Auch von Öko-Höfen.<br />
Wie werden aus Schweinen Koteletts?<br />
40 Interview Dürfen wir Tiere töten? Der Philosoph<br />
Richard David Precht hält die vegetarische Lebensweise<br />
für besser.<br />
43 Land ist Geld Europäische Investoren profitieren<br />
von steigenden Nahrungsmittelpreisen und Landraub.<br />
46 Interview Nur Genuss kann die Welt retten, sagt<br />
Star-Köchin <strong>Sarah</strong> <strong>Wiener</strong>.<br />
53 SpecIAL: Die globale Lieferkette<br />
54 Serie Wertvolles vom ehrbaren Kaufmann<br />
55 Als ich anfing, den Tag wertzuschöpfen Alltagsgegenstände<br />
wie Jeans, Turnschuhe, Tablet-PCs und<br />
Zahnpasta entstehen unter kuriosen Bedingungen.<br />
64 Fairer empfang Neue Regeln und Produkte wie<br />
„Fairphone“ machen Hoffnung.<br />
68 Webfehler Trotz ständiger Skandale verändert sich<br />
die Textilindustrie nur langsam.<br />
72 Das zieht an! Wege zu einer nachhaltigen Textilbranche.<br />
74 Kolumne Was lernen wir aus dem Einsturz des<br />
Rana Plaza? MUHAMMAD YUNUS<br />
75 THeMeN<br />
Innovationsmanagement<br />
76 Interview „Innovationen sind immer wild und gefährlich“<br />
Adobe-Chefstratege Marc Randall spricht<br />
über die Magie des Erfindens.<br />
Vorbilder<br />
82 Zu Gast im Schloss Die Preisträger des<br />
B.A.U.M.-Umweltpreises im Portrait.<br />
4 forum <strong>Nachhaltig</strong> wirtschaften
INHALT<br />
53<br />
Die Reise entlang der globalen<br />
Lieferkette.<br />
108<br />
Wie Unternehmen und Bürger mit<br />
Internet und Handys helfen.<br />
Leserdiskussion<br />
84 Bilder, die schreien Sind Verbraucherinforma tionen<br />
auf Verpackungen bevormundend?<br />
Social entrepreneurship<br />
86 Serie Social Business Wie aus alten Büchern neue<br />
Jobs werden.<br />
personalmanagement<br />
89 „Schlimmster Führungsfehler? Nicht tun, was man<br />
sagt.“ Der HP-Aufsichtsratsvorsitzende Menno<br />
Harms im Interview.<br />
92 Das sind Deutschlands beste Arbeitgeber 2013<br />
Strategie & Unternehmensführung<br />
95 Serie Wo anfangen? CSR richtig im Unternehmen<br />
verankern.<br />
97 was ist ein Manager wert? Drei Wege zu einer<br />
nachhaltigen Managementvergütung.<br />
Büro & Umwelt<br />
100 Im grünen Büro Sparpotenziale schlummern rund<br />
um den Schreibtisch.<br />
102 Green publishing Bislang kennen viele Verlage ihren<br />
ökologischen Fußabdruck nicht, das ist riskant.<br />
energie & Klima<br />
104 paradoxe Stromwirtschaft Konventionelle Kraftwerke<br />
bleiben am Netz, obwohl man ihre Leistung<br />
nicht mehr braucht.<br />
106 Streitgespräch Backloading Energieexpertin Claudia<br />
Kemfert will den Emissionshandel retten. Sein<br />
Tod wäre nicht das Ende des Klimaschutzes, meint<br />
Hans Jürgen Kerkhoff, der Präsident der Düsseldorfer<br />
Wirtschaftsvereinigung Stahl.<br />
Visionen & Aktionen<br />
108 weltretten im Netz Das Internet ist nicht nur ein<br />
Entwicklungsbeschleuniger. Unternehmen und<br />
Privat personen nutzen das Web, um Gutes zu tun.<br />
Berichterstattung & Kommunikation<br />
111 Zum wesentlichen kommen: Die Global Reporting<br />
Initiative hat ihren Leitfaden zur <strong>Nachhaltig</strong>keitsberichterstattung<br />
aktualisiert. Das ist neu bei G4.<br />
112 Greenwashing? <strong>Nachhaltig</strong>e Produkte gehören<br />
beworben. Auch wenn sie nicht perfekt sind.<br />
114 Kolumne Die CSR-Berichterstattung muss sich ändern,<br />
weil sie verwirrt. RALPH THURM<br />
wissenschaft & Lehre<br />
116 Hochschulen Fächer wie Wirtschaftsethik sind<br />
nicht konsequent in Unis inte griert.<br />
119 <strong>Nachhaltig</strong>keitsmanagement Der Sustainability<br />
MBA feiert zehnjährigen Geburtstag.<br />
121 SeRVIce<br />
122 forum Medientipps<br />
123 B.A.U.M. informiert<br />
124 forum Kleinanzeigen<br />
126 forum Events im Rückblick<br />
127 forum Events in der Vorschau<br />
129 Vorschau & Impressum<br />
130 10 Traumfragen an Helena Norberg-Hodge<br />
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5
Schwerpunkt | Food |<br />
„Wir dürfen nicht faul, dumm<br />
und unkreativ sein“<br />
Im forum-Interview erklärt Starköchin und Bioproduzentin <strong>Sarah</strong> <strong>Wiener</strong>, wie wir<br />
unser Geschmacksgedächtnis verloren haben und warum nur echter Genuss die<br />
Welt retten kann.<br />
Ein Interview von Bernward Geier<br />
Im April ist ihr Buch „Warum wir die Welt nur mit Genuss<br />
retten können“ erschienen. Schafft nicht gerade unsere<br />
Genuss- und Verschwendungssucht immer mehr Probleme?<br />
Verschwendung von Ressourcen haben wir zu viel, während<br />
uns der Genuss und Geschmack weitgehend abhandengekommen<br />
sind. Ein zubereitetes Huhn hat etwa<br />
600 verschiedene Geschmacksnuancen. Ein künstliches<br />
Brathuhnaroma enthält etwa sechs chemische, das heißt<br />
künstliche, Laborstoffe. Als Folge dieser Geschmacksverirrungen<br />
verlernen wir, uns ein Geschmacksgedächtnis<br />
anzulegen und verlieren dadurch die Urteilskraft und<br />
unseren Instinkt. Denn die heilende Hühnersuppe ist eben<br />
inhaltlich keine Hühnersuppe mehr. Und die gesunde,<br />
nährende Erdbeere ist nur noch ein Füllstoff mit Erdbeeraroma,<br />
der im Joghurt schwimmt.<br />
Wie sieht das im Tierbereich aus?<br />
Oje, wie soll ich es liebenswürdig sagen. Wenn wir an ein<br />
Kotelett von einem Schwein aus industrieller Tierhaltung<br />
denken, vergeht uns der Genuss: Ihm wurden die Zähne abgekniffen<br />
und der Ringelschwanz kupiert, damit es aus Stress<br />
und Verhaltensstörung nicht den Nachbarn kannibalisiert. Es<br />
wurde auf engstem Raum auf Spaltenböden in Dunkelhaft<br />
gehalten, hat noch nie in der Erde gewühlt, weiß nichts von<br />
Sonne und Wind. Selbst das Futter besteht vor allem aus<br />
importiertem, genmanipuliertem Mais und Sojamehl aus<br />
Monokulturen oder auch aus Industrieabfällen wie Schlempe<br />
oder aus Abfall. Um Krankheiten durch den engen Bestand<br />
zu vermeiden, werden Antibiotika dazu gemischt. Wer mag<br />
dieses Kotelett freiwillig essen und es noch als Genuss bezeichnen?<br />
Uns standen weltweit tausende essbarer Pflanzen zur Verfügung,<br />
von denen wir viele verloren oder ausgerottet haben.<br />
Stattdessen reduziert sich unsere Ernährung auf wenige<br />
sogenannte degenerativ unfruchtbare Hochleistungshybridsorten,<br />
von Großkonzernen patentiert und global gehandelt,<br />
die immer gleich schmecken, einförmig wachsen und neben<br />
Kunstdünger mit Pestiziden und Fungiziden behandelt werden.<br />
Das ewig gleiche Aussehen und die Lagerfähigkeit sind<br />
die obersten Kriterien für Qualität.<br />
Das ist heute unsere Nahrungsrealität: Wir essen weitgehend<br />
totes, sterilisiertes, stark verarbeitetes, genormtes<br />
Kunstessen. Letztendlich ist die Antwort auf Ihre Frage, ob<br />
man mit Genuss die Welt retten kann: Nur Genuss kann die<br />
Welt retten. Denn wir sind Teil der Natur und können nicht<br />
Krieg gegen die Natur führen, ohne uns selbst abzuschaffen.<br />
Wie wichtig ist „bewusster“ Genuss?<br />
Zu wahrem Genuss gehört immer auch Bewusstsein. Leider<br />
lassen wir uns oft Nahrungsmittel in den Schlund stecken,<br />
die wir dann wie Vögelchen hinunterschlucken. Eine Fett-,<br />
Kunstaroma- oder Glutamat-haltige Geschmacksexplosion<br />
traktiert die Synapsen unseres Hirns. Diese Attacken auf<br />
unsere Geschmacksnerven lassen uns unbefriedigt und im<br />
wahrsten Sinne des Wortes „fett“ zurück. Irgendetwas Vorgefertigtes<br />
aus der Dose, das man nicht mal mehr kauen muss,<br />
hat für mich als Köchin mit Genuss nichts zu tun.<br />
Warum produzieren Sie für Ihre Handelsmarke in Bio-<br />
Qualität?<br />
Ich will hochwertige, möglichst regionale und transparente<br />
Lebensmittel anbieten, von denen Verbraucher wissen, dass<br />
sie nachhaltig sind. Am liebsten würde ich meine Produkte mit<br />
dem Hinweis versehen, dass nur das drin ist, was draufsteht.<br />
Und nichts drin ist, was nicht draufsteht. Denn es gibt unzählige<br />
Zusatzstoffe, die wegen der Prozenthürden nicht deklariert<br />
werden müssen. Hier noch durchzublicken ist selbst für mich<br />
als kritische Köchin schwierig. Ich möchte Lebensmittel herstellen,<br />
die auch unsere Großeltern als Lebensmittel erkannt<br />
hätten und die ich selbst gern essen würde.<br />
46 forum <strong>Nachhaltig</strong> <strong>Wirtschaften</strong>
| Food | Schwerpunkt<br />
www.forum-csr.net<br />
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ScHweRpUNKT | FOOD |<br />
„Ruhm und Geld sind keine werte<br />
an sich“, sagt TV-Köchin <strong>Sarah</strong><br />
wiener. Sie liebt es, alle Sinne zu<br />
nutzen, um mit frischen regionalen<br />
Zutaten simple aber leckere Kreationen<br />
zuzubereiten.<br />
Sie betreiben mehrere Restaurants, einen Catering Service<br />
und stellen nun auch noch Lebensmittel her. Wann kommen<br />
Sie an Grenzen unternehmerischer Verantwortung in Bezug<br />
auf Umwelt, Soziales und Profit?<br />
Für mich als Unternehmerin ist es wichtig und auch nachhaltig,<br />
wirtschaftlich zu sein. Ich kann nur mit meinem Unternehmen<br />
bestehen, wenn ich Gewinn mache. Sonst nützt all mein ideeller<br />
Anspruch nichts. Ich bin auch deswegen Unternehmerin,<br />
weil ich das Wirtschaftssystem von innen heraus verändern<br />
möchte. Wenn mein unternehmerisches Schaffen dazu führt,<br />
dass Individualität und Vielfältigkeit verloren gehen, hätte ich<br />
eine Grenze überschritten. Aber noch sehe ich mich als kleinen<br />
Punkt auf der Landkarte der Unternehmenslandschaft. Meine<br />
Mutter hat mir beigebracht, dass Ruhm und Geld keine Werte<br />
an sich sind. Wir brauchen definitiv neue Werte für eine funktionierende,<br />
gesunde Gesellschaft. Wir sind weder glücklicher,<br />
gerechter noch gesünder geworden; unser schlechtes Gewissen<br />
erdrückt uns fast. Die Probleme haben sich nur auf eine<br />
tiefere Ebene verlagert.<br />
Was ist Ihnen in puncto <strong>Nachhaltig</strong>keit besonders wichtig<br />
und wo sündigen Sie?<br />
Selber mit frischen regionalen Zutaten zu kochen und alle meine<br />
Sinne benutzen zu dürfen macht mir Freude und erdet mich.<br />
Ich liebe es, auf dem Markt einkaufen zu gehen, auf meinem<br />
Acker im Dreck zu wühlen und meine alten Hühnerrassen zu<br />
beobachten. Wo ich sündige? Mein Gott, wo sündige ich denn<br />
nicht? Bei schönen Klamotten kann ich schwach werden. Ich<br />
habe eine (zu) große Wohnung und mein Reisepensum ist<br />
ein Dauerthema. Ich achte jedoch immer darauf, nicht in die<br />
Verschwendung abzudriften. Wie oft kaufen wir etwas, das wir<br />
nach kurzer Zeit wegschmeißen? Verschwendung abzustellen<br />
wäre Aufgabe der Politik, die weitgehend versagt. Das soll aber<br />
nicht heißen, dass wir unsere Verantwortung an die Politik<br />
abgeben können. Wir dürfen nicht faul, dumm und unkreativ<br />
sein, sondern müssen selber denken. Denken lernen.<br />
Lesetipp<br />
warum wir die welt nur mit Genuss<br />
retten.<br />
Lebensmittelskandale? Industrienahrung?<br />
Fehlernährung? Massentierhaltung?<br />
Dieses Buch informiert in ansprechenden<br />
Beiträgen und Tischgesprächen mit<br />
Experten über den Wert unseres Essens,<br />
Öko-Siegel, gesunde Nahrungsmittel und<br />
die Geheimnisse von Genuss und Kreativität<br />
in der Küche.<br />
Riemann Verlag, 19,99 EUR<br />
ISBN: 978-3-570-50150-4<br />
SARAH wIeNeR<br />
ist Fernsehköchin, Buchautorin und Unternehmerin. In verschiedenen<br />
Initiativen und mit ihrer Stiftung unterstützt sie gesunde<br />
Ernährung, biologische Vielfalt, Bewusstsein für Lebensmittel bei<br />
Schülern und Öko-Landbau.<br />
48 forum <strong>Nachhaltig</strong> wirtschaften
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