Fahnen und Flaggen - Schifferverein Beuel 1862 eV
Fahnen und Flaggen - Schifferverein Beuel 1862 eV
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<strong>Fahnen</strong> <strong>und</strong> <strong>Flaggen</strong><br />
1. <strong>Fahnen</strong> <strong>und</strong> <strong>Flaggen</strong><br />
1.01 Einführung<br />
1.02 Wie <strong>Fahnen</strong> <strong>und</strong> <strong>Flaggen</strong> entstanden<br />
1.03 Fahne oder Flagge<br />
1.04 Bestandteile einer Flagge<br />
1.05 Gr<strong>und</strong>muster auf <strong>Flaggen</strong><br />
1.06 Heraldik in der <strong>Flaggen</strong>k<strong>und</strong>e<br />
1.07 Zeremonien <strong>und</strong> Gebräuche<br />
1.08 Fachausdrücke<br />
1.09 Pflege <strong>und</strong> Lagerung<br />
1
1.01 Einführung<br />
In einem anschaulichen Bericht über eine historische Schlacht im Mittelalter wird von<br />
dem dramatischen Einzug einer alten roten Kriegsfahne auf dem Schlachtfeld erzählt. Sie<br />
wurde mit so viel Ehrfurcht von den Soldaten geführt, dass ihr Erscheinen den anderen<br />
Soldaten Trost <strong>und</strong> Mut spendete. Dieses schlichte Ereignis zeugt von der emotionalen<br />
Kraft, die von einem Stück farbigen, an einer Stange befestigten Tuches ausgehen kann.<br />
Wie man im Einzelnen auf eine Fahne oder Flagge reagiert, hängt natürlich davon ab, mit<br />
welchen Ideen oder Gefühlen man sie in Verbindung bringt, denn eine Fahne ist in erster<br />
Linie ein Symbol <strong>und</strong> nicht ein bloßes Schmuckstück.<br />
<strong>Fahnen</strong> <strong>und</strong> <strong>Flaggen</strong> haben immer schon eine wichtige Rolle bei bedeutsamen Ereignissen<br />
in der Geschichte der Menschheit gespielt; sie haben patriotische Leidenschaft geweckt,<br />
die Freude bei Festlichkeiten <strong>und</strong> Feiern verstärkt oder bei einem Traueranlass<br />
ernste, feierliche Würde zum Ausdruck gebracht. Das hat sich in moderner Zeit nicht verändert.<br />
Kaum jemals zuvor in der Geschichte sind <strong>Fahnen</strong> <strong>und</strong> <strong>Flaggen</strong> so für die Propaganda<br />
verwendet worden wie bei den riesigen Paraden des Dritten Reiches in den 30er<br />
Jahren oder heute noch in der ehemaligen Sowjetunion <strong>und</strong> in China. <strong>Fahnen</strong> <strong>und</strong> <strong>Flaggen</strong><br />
sind Symbole <strong>und</strong> deswegen können sie für einzelne Personen unterschiedliche Bedeutung<br />
haben.<br />
Soweit man auch die Geschichte der Menschheit zurückverfolgt - immer <strong>und</strong> überall stößt<br />
man auf Zeichen <strong>und</strong> Symbole, die unsere Vorfahren erf<strong>und</strong>en oder entwickelt haben, um<br />
sich miteinander zu verständigen <strong>und</strong> um ihre Zusammengehörigkeit in ein <strong>und</strong> demselben<br />
Stamm oder Volk auszudrücken.<br />
Solch ein Zeichen der Zusammengehörigkeit ist die Fahne. Sie war - <strong>und</strong> ist noch heute -<br />
das Symbol eines Volkes:<br />
Die erste feierliche Amtshandlung, die ein neu gegründeter Staat vornimmt,<br />
ist immer das Hissen der Nationalflagge. Die Fahne gilt auch als Symbol der<br />
Ehre <strong>und</strong> der Treue. Wenn ein Krieg ausbrach, wurden die Männer "zu den<br />
<strong>Fahnen</strong>" gerufen, <strong>und</strong> sie leisteten den <strong>Fahnen</strong>eid, also den Eid auf den<br />
Staat, den sie verteidigen sollten. Es war eine besondere Ehre, die Fahne im<br />
Kampf tragen zu dürfen, <strong>und</strong> als größte Ruhmestat galt, eine feindliche Fahne<br />
zu erobern. Ebenso aber war es die größte Schande, die eigene Fahne an<br />
den Feind zu verlieren.<br />
1.02 Wie <strong>Fahnen</strong> <strong>und</strong> <strong>Flaggen</strong> entstanden<br />
Die Entstehungsgeschichte der <strong>Fahnen</strong> geht bis in die Anfänge der Menschheit zurück.<br />
Ihr Ursprung - so glaubt man heute - liegt bei den Tierbildern, die unsere Ahnen vor<br />
30.000 Jahren an die Höhlenwände malten -, vielleicht, weil sie die dargestellten Tiere als<br />
Gottheiten verehrten, oder um von den Göttern das Jagdglück zu erflehen.<br />
Später gingen manche Familien <strong>und</strong> mancher Stamm dazu über, die Abbildung eines Tieres<br />
als Stammeszeichen zu verwenden. Das Zeichen wurde an die Hauswände <strong>und</strong> über<br />
den Hauseingang gemalt, oder man schnitzte eine entsprechende Tierfigur aus Holz oder<br />
Stein. Im Kampf führten die Männer es als Feldzeichen mit sich - oft an der Spitze einer<br />
langen Stange. Das versprach nicht nur den Segen der Götter, sondern war auch praktisch:<br />
Wenn ein Krieger während des Kampfes von seinem Trupp abgedrängt wurde,<br />
konnte er an der hochragenden Stange <strong>und</strong> dem daran befestigten Zeichen sehen, wo<br />
sich seine Kameraden befanden.<br />
2
Dieser Brauch blieb bis in die geschichtliche Zeit, bis in das Altertum,<br />
erhalten. Das Wappentier der ägyptischen Könige war vor<br />
5000 Jahren der Falke; der Pharao galt als Verkörperung des Falkengottes<br />
Horus, der Falke wurde als heiliger Vogel verehrt. So<br />
bestanden die Feldzeichen der ägyptischen Soldaten auf ihren<br />
Feldzügen aus langen Stangen, an deren oberem Ende eine<br />
Nachbildung des göttlichen Vogels angebracht war. Spätere Pharaonen<br />
ließen nicht mehr den ganzen Vogel, sondern nur noch einige<br />
Falkenfedern an den Stangen befestigen, <strong>und</strong> schließlich kam<br />
zu den Federn noch ein langes Band, das im Winde flatterte.<br />
Wahrscheinlich hatte dieser Stoffwimpel keine religiöse Bedeutung,<br />
sondern sollte nur dem Feldherrn das Erkennen der eigenen Truppen<br />
im Kampf erleichtern. Außerdem sah es hübsch aus.<br />
Der Gebrauch solcher Feldzeichen bürgerte sich überall schnell<br />
ein. Assyrische Soldaten trugen an der Spitze einer langen Stange eine Scheibe, auf die<br />
ein Stier oder zwei an den Hörnern zusammengeb<strong>und</strong>ene Stiere gemalt waren. Auch die<br />
Griechen hatten Tiere, die jeweils ein Volk oder einen Staat symbolisierten: Die Eule stand<br />
für Athen, ein springendes Pferd für Korinth, ein Stier für Böotien.<br />
Die Römer übernahmen diese Sitte. An den "Signum" genannten Feldzeichen<br />
des römischen Heeres <strong>und</strong> seiner Soldaten flatterten Tigerschwänze,<br />
dünne Metallstreifen <strong>und</strong> sogar kleine Windsäcke. Im Jahr 104 v. Chr. verfügte<br />
Konsul Marius, dass der Adler als Legionszeichen an der Stange angebracht<br />
werden sollte.<br />
Später führten die Römer das "Vexillum" ein. Das war wieder<br />
eine lange Stange, an deren Spitze jedoch ein viereckiges<br />
Tuch flatterte. Rot war die Farbe der römischen Kaiser <strong>und</strong><br />
später auch die Farbe der Kommandanten der römischen<br />
Legionen.<br />
Das Vexillum - nach der die heutige Wissenschaft von den<br />
<strong>Fahnen</strong> <strong>und</strong> <strong>Flaggen</strong> „Vexillologie" genannt wird - war also<br />
die erste Fahne im Abendland. Aber es war genau genommen<br />
noch keine richtige Fahne. Das Tuch war nicht, wie wir<br />
es heute kennen, direkt an einer Stange befestigt, sondern<br />
hing an einem kleinen Querholz senkrecht herab.<br />
Die erste Fahne tauchte um 100 v. Chr. in China auf. Der Brauch, Feldzeichen<br />
mit langen Wimpeln zu versehen, hatte sich offenbar über Ägypten<br />
<strong>und</strong> Indien bis in den Fernen Osten verbreitet. Im "Reich der Mitte" erhielten sie eine andere<br />
Form: ein viereckiges Stück weißer Seide, das an einer Stange befestigt war <strong>und</strong> den<br />
chinesischen Kaisern voran getragen wurde.<br />
Dem dicken festen Tuch des Vexillum gegenüber hatte die chinesische Seide große Vorteile:<br />
Das damals in Europa noch völlig unbekannte Material ist leicht <strong>und</strong> doch haltbar, es<br />
lässt sich besser bemalen, <strong>und</strong> schon bei leichtem Wind flattert <strong>und</strong> bewegt sich das Tuch,<br />
was die aufgemalten Farben <strong>und</strong> Figuren lebendiger <strong>und</strong> ausdrucksvoller macht. Und zum<br />
ersten mal in der Geschichte der <strong>Fahnen</strong> war das Tuch nicht mehr an einem Querholz,<br />
sondern mit einer Kante direkt an der Stange befestigt.<br />
Solche <strong>Fahnen</strong> gab es nicht nur bei der chinesischen Armee; man sieht sie auf alten chinesischen<br />
Tuschezeichnungen - auch in Tempeln <strong>und</strong> auf religiösen Prozessionen.<br />
Nun breitete sich der Brauch, unter längs befestigten <strong>Fahnen</strong> in den Krieg zu ziehen,<br />
schnell über die ganze damals bekannte Welt aus.<br />
3
Als erste übernahmen ihn die Araber:<br />
Mohammed (570-632), der Begründer des Islams, führte in seinen Kriegen eine schwarze<br />
Fahne mit - schwarz, weil der Eingang zum Zelt seiner Lieblingsfrau angeblich mit einer<br />
schwarzen Decke verhängt war. Später trat an die Stelle von Schwarz Grün als Farbe des<br />
Propheten.<br />
Auf ihren Kreuzzügen in das Heilige Land vom 11. bis 13. Jahrh<strong>und</strong>ert lernten die europäischen<br />
Ritter diesen arabischen Brauch kennen. Und als sie in ihre Burgen <strong>und</strong> Schlösser<br />
zurückkehrten, tauchten nun auch überall in Europa <strong>Fahnen</strong> auf: Sie flatterten an den<br />
Spitzen von Speeren <strong>und</strong> Lanzen, sie wehten auf Schiffen, über Häusern <strong>und</strong> Städten,<br />
<strong>und</strong> auch der kleinste europäische Fürst ließ sich eine eigene Fahne, meist mit einem<br />
Wappen verziert, entwerfen.<br />
Noch 1914, zu Beginn des Ersten Weltkriegs, zogen die Heere auf beiden Seiten unter ihren<br />
<strong>Fahnen</strong> ins Feld; erst als die Soldaten nicht mehr vorwärts stürmten, sondern sich verbissen<br />
in ihren Schützengräben verteidigten, wurden die <strong>Fahnen</strong> in die heimatlichen Garnisonen<br />
gebracht. Seither hat die Fahne zumindest im militärischen Gebrauch viel von ihrer<br />
Bedeutung verloren.<br />
1.03 Fahne oder Flagge<br />
Heutige "Vexillologen" (<strong>Fahnen</strong>k<strong>und</strong>ler) unterscheiden zwischen <strong>Fahnen</strong> <strong>und</strong> <strong>Flaggen</strong>.<br />
Historisch ist der Unterschied relativ leicht zu definieren:<br />
Fahne<br />
Reich ausgestattetes, oft besticktes, Einzelstück<br />
(Unikat), das besondere Verehrung<br />
genießt.<br />
An einer <strong>Fahnen</strong>stange (zum Tragen)<br />
fest befestigt.<br />
Unterscheidungszeichen von Heereseinheiten<br />
(z.B. Regimentern), später auch<br />
von Vereinen.<br />
Als <strong>Fahnen</strong> verwendete plastische Symbole auf Stangen<br />
(Vexilloide) gab es schon bei den alten Hochkulturen, gut<br />
bekannt ist das römische <strong>Fahnen</strong>wesen. Die Heere des<br />
Mittelalters <strong>und</strong> der Neuzeit verwendeten <strong>Fahnen</strong> als Unterscheidungszeichen<br />
von Einheiten im Kampf, bis moderne<br />
Kampftechniken im 1. Weltkrieg die Verwendung<br />
von <strong>Fahnen</strong> unsinnig machte. Heute werden <strong>Fahnen</strong> nur<br />
noch für zeremonielle Zwecke eingesetzt.<br />
<strong>Flaggen</strong> im engeren Sinne kommen erst im Hochmittelalter<br />
als Unterscheidungszeichen<br />
von Kriegs- <strong>und</strong> Handelsschiffen<br />
auf. Bis heute sind sie vor allem<br />
Flagge des <strong>Schifferverein</strong>s<br />
St. Nikolaus Duisburg-<br />
Ruhrort von 1880<br />
Flagge<br />
Einfacher gestaltetes Massenprodukt; das<br />
einzelne Stück kann durch ein gleich aussehendes<br />
Stoffstück ersetzt werden.<br />
<strong>Flaggen</strong> sind nicht direkt am <strong>Flaggen</strong>stock<br />
befestigt, sondern werden mittels Leinen an<br />
einem <strong>Flaggen</strong>mast gehisst.<br />
Ursprünglich Unterscheidungszeichen auf<br />
Schiffen, später auch an Land.<br />
Fahne des <strong>Schifferverein</strong>s <strong>Beuel</strong><br />
von <strong>1862</strong> E.V.<br />
mit der Schiffahrt verb<strong>und</strong>en. Erst durch die französische Revolution<br />
<strong>und</strong> den aufkommenden Nationalismus erhalten die Schiffsflaggen<br />
eine weitergehende Bedeutung als Nationalflaggen: Die<br />
heute in vielen Ländern gepflogene Praxis, seine Nationalität <strong>und</strong><br />
4
seinen Patriotismus durch Zeigen der Nationalflagge zu demonstrieren, ist eine verhältnismäßig<br />
neue Entwicklung.<br />
In der heutigen Umgangssprache (<strong>und</strong> auch in der Gesetzessprache) verschwimmen die<br />
beiden Begriffe Fahne <strong>und</strong> Flagge jedoch. Je offizieller die Verwendung eines Stoffstücks<br />
ist <strong>und</strong> je näher man dem Meer ist, desto eher wird der Begriff Flagge verwendet; je privater<br />
das Stoffstück ist <strong>und</strong> je weiter man ins Binnenland kommt, desto eher wird man den<br />
Begriff Fahne antreffen. In der Schweiz schließlich wird nur das Wort Fahne verwendet.<br />
Zu den <strong>Fahnen</strong> <strong>und</strong> <strong>Flaggen</strong> gehören weiterhin Standarten, Banner <strong>und</strong> Wimpel. Standarten<br />
waren im Mittelalter <strong>Fahnen</strong>- oder wimpelartige, an einer Stange befestigte Feldzeichen,<br />
die oft mit Tierbildern geschmückt waren. Um die Standarte sammelte sich das<br />
Heer, sie war aber auch ein Zeichen, das seinem Besitzer, seiner Sippe <strong>und</strong> seinem<br />
Stamm in Krieg <strong>und</strong> Frieden Heil, dem Feinde dagegen Unheil verkünden sollte. Standarten<br />
blieben bis ins 20. Jahrh<strong>und</strong>ert als <strong>Fahnen</strong> berittener Truppen, dann als Hoheitsabzeichen<br />
von Staatsoberhäuptern zum Beispiel an Kraftfahrzeugen.<br />
Banner sind rechteckige <strong>Fahnen</strong>, die das Wappen des Bannerherrn zeigten. Wie das römische<br />
Vexillum sind sie nicht am <strong>Fahnen</strong>mast, sondern an einem kleineren Stab befestigt<br />
<strong>und</strong> hängen senkrecht herab. Im Mittelalter dienten sie als Feld- <strong>und</strong> Hoheitszeichen.<br />
Wimpel nennt man schließlich kleine, meist rechteckige <strong>Flaggen</strong>, die früher an der Spitze<br />
der Lanzen von Reitern wehten; heute werden sie vor allem als Signal oder Kommandozeichen<br />
gebraucht.<br />
<strong>Flaggen</strong> werden meistens von Behörden, Firmen, Organisationen <strong>und</strong> auf Schiffen verwendet.<br />
Man unterscheidet Nationalflaggen, Handelsflaggen, Dienst- <strong>und</strong> Kriegsflaggen.<br />
Auf Schiffen gibt es ferner Reederei-, Signal- <strong>und</strong> Erkennungsflaggen. Die Nationalflagge<br />
ist das sichtbare Symbol eines Staates <strong>und</strong> sein Hoheitszeichen. Jeder Bürger des Staates<br />
darf die Nationalflagge verwenden, wann <strong>und</strong> wo es ihm beliebt. Sie wird vor allem vor<br />
<strong>und</strong> auf Gebäuden wie Ministerien usw. zu bestimmten Gelegenheiten gehisst.<br />
Die Handelsflagge ist meist mit der Nationalflagge identisch. Jedes im internationalen<br />
Schiffsregister eingetragene Handelsschiff muss diese Flagge am Heck oder an der Gaffel,<br />
einer am hinteren Mast befestigten, schräg nach oben weisenden Stange, führen,<br />
wenn das Schiff zum Beispiel in einen fremden Hafen einläuft. Gleichzeitig setzt das<br />
Schiff, als Ausdruck der Höflichkeit, am vorderen Mast die Flagge des Gastlandes.<br />
Im Hafen <strong>und</strong> in fremden Gewässern führt ein Handelsschiff am Bug die Flagge<br />
des Heimathafens, am vorderen Mast backbord (= links) - wenn nötig eine Signalflagge,<br />
steuerbord (= rechts) die Flagge des Gastlandes, am hinteren Mast die<br />
Reederei- <strong>und</strong> am Heck die eigene Nationalflagge.<br />
Beide, <strong>Fahnen</strong> <strong>und</strong> <strong>Flaggen</strong> sind im Prinzip "Hoheitszeichen". Zu wem gehört das Schiff?<br />
Wer ist der Reeder <strong>und</strong> Besitzer? Aus welchem Land kommt das Schiff? Wem folgt die<br />
Truppe? Wer hat die Befehlsgewalt? Wessen Besitz ist das Territorium? Solche Fragen<br />
werden von einer Fahne oder Flagge beantwortet.<br />
Dienstflaggen werden nur vor oder auf staatlichen Gebäuden<br />
gezeigt. Meist sind es die Nationalflaggen, auf denen zusätzlich das<br />
Dienstflagge der Deutschen<br />
Seestreitkräfte<br />
5
Staatswappen oder ein anderes Hoheitszeichen zu sehen ist.<br />
Kriegsflaggen sind die <strong>Flaggen</strong>, die an militärischen Einrichtungen <strong>und</strong> auf Kriegsschiffen<br />
wehen. Auch hier sind es meist die Nationalflaggen in besonderer Gestaltung.<br />
Reedereiflaggen sind Firmenflaggen, die auf den Besitzer des Schiffes<br />
hinweisen. Signalflaggen werden auf See zur Verständigung von Schiff<br />
zu Schiff benutzt.<br />
Darüber hinaus haben auch viele große Organisationen<br />
eigene <strong>Flaggen</strong>, zum Beispiel die Vereinten<br />
Nationen, der Europarat, das Rote Kreuz <strong>und</strong> der<br />
Europaflagge<br />
Rote Halbmond. Auch die christlichen Kirchen haben<br />
eigene <strong>Flaggen</strong>.<br />
Flagge der Vereinten<br />
Nationen<br />
Flagge des Vatikanstaates<br />
Stander des kommandierenden<br />
Admirals der United<br />
States Coast Guard<br />
Flagge des Internationalen<br />
Roten Kreuzes/Roter Halbmond<br />
Die katholische Kirche hat die gelb-weiße Flagge des früheren Kirchenstaates übernommen,<br />
die Flagge der Protestanten ist weiß mit einem violetten Kreuz. Diese <strong>Flaggen</strong> wehen<br />
an hohen christlichen Feiertagen <strong>und</strong> zu anderen wichtigen Gelegenheiten oft von den<br />
Kirchen <strong>und</strong> anderen der Kirche gehörenden Gebäuden.<br />
1.4 Bestandsteile einer Flagge<br />
Um eine Flagge eindeutig zu beschreiben, sind die einzelnen Teile des Tuches eindeutig<br />
definiert. <strong>Flaggen</strong> besitzen eine Vorder- <strong>und</strong> eine Rückseite. (Averse <strong>und</strong> Reverse) Bei<br />
den meisten <strong>Flaggen</strong> sind Vorder- <strong>und</strong> Rückseite identisch. (Ausnahmebeispiele: Flagge<br />
der Sowjetunion, Flagge Paraguays Es ist, außer bei einigen arabischen <strong>Flaggen</strong>, gebräuchlich,<br />
dass der <strong>Flaggen</strong>mast links ist, wenn der Betrachter die Vorderseite sieht.<br />
A (Wappenfeld im linken Obereck)<br />
B Oberes Liek<br />
C Oberes Flugteil<br />
D Unteres Liek<br />
(bildet zusammen mit B das Liek)<br />
E Unteres Flugteil<br />
(bildet zusammen mit C den Flugteil)<br />
F <strong>Flaggen</strong>leine<br />
G <strong>Flaggen</strong>mast mit Kopfverzierung<br />
(auch: <strong>Flaggen</strong>stock oder Schaft)<br />
6
1.5 Gr<strong>und</strong>muster auf <strong>Flaggen</strong><br />
Die Flagge der Küstenwache<br />
von Jamaika zeigt zwei Arten<br />
von Kreuzen.<br />
Die Form der modernen <strong>Flaggen</strong> ist im Allgemeinen genormt.<br />
<strong>und</strong> zwar als Rechteck, jedoch zeigt die Farbzusammenstellung<br />
der charakteristischen Muster eine bemerkenswerte Vielfalt.<br />
Aus der Fülle von Mustern auf den <strong>Flaggen</strong> aus aller Welt<br />
lassen sich jedoch gewisse gr<strong>und</strong>legende Formen ermitteln.<br />
Abgesehen von der Verwendung einer Gr<strong>und</strong>farbe besteht das<br />
gebräuchlichste Muster aus verschiedenfarbigen, senkrecht<br />
oder waagerecht angeordneten Streifen.<br />
Zusätzlich sind aber auch vielgestaltige, kunstvolle Muster zu finden; einige<br />
davon stammen aus der europäischen Heraldik. So kann man beispielsweise<br />
die Oberecke auf der amerikanischen Stars and Stripes -<br />
Flagge (Sternenbanner) <strong>und</strong> auf den <strong>Flaggen</strong> einiger früherer britischer<br />
Kolonien, wie Australien <strong>und</strong> Neuseeland, sehen. Dort Ist es üblich, in<br />
der Oberecke die britische Unionsflagge zu zeigen. Ein quadratisches<br />
Muster wurde für die Flagge Panamas gewählt, das Dreieck Ist auf den<br />
<strong>Flaggen</strong> von Tschechien, Guayanas <strong>und</strong> Jordaniens zu finden.<br />
Eine Zackenlinie teilt die Farben<br />
In der charakteristischen<br />
Flagge Katars, <strong>und</strong> die <strong>Flaggen</strong><br />
von Grenada <strong>und</strong> den Malediven<br />
schmückt ein durchgehender<br />
Rand.<br />
Verschiedene Arten von Kreuzen<br />
bilden das Gr<strong>und</strong>muster<br />
vieler <strong>Flaggen</strong> In den Ländern<br />
mit christlicher Tradition. Die<br />
gebräuchlichsten Kreuze sind<br />
das St. Georgs-Kreuz <strong>und</strong> seine<br />
Variante, das skandinavische<br />
Kreuz, das Schräg kreuz<br />
(Diagonalkreuz) oder St. Andreas-Kreuz<br />
<strong>und</strong> das griechische<br />
(schwebende) Kreuz. Die<br />
Dienstflagge der Küstenwache von Jamaika, die links oben abgebildet Ist, zeigt eine Kombination<br />
zweier Kreuze: ein St. Georgs-Kreuz mit einem Diagonalkreuz in der Oberecke.<br />
1.6 Die Bedeutung der Heraldik bei <strong>Flaggen</strong><br />
Die Entstehung der Heraldik im Europa des Mittelalters ist auf das Bedürfnis zurückzuführen,<br />
die Schilde <strong>und</strong> Banner der Könige <strong>und</strong> Fürsten für die Schlacht mit charakteristischen<br />
Mustern zu kennzeichnen <strong>und</strong> zu schmücken. Die Wappen. die von den höfischen<br />
Herolden erf<strong>und</strong>en wurden, mussten nach strengen Vorschriften <strong>und</strong><br />
ganz bestimmten Merkmalen entworfen werden. Die „Teilungen“- <strong>und</strong><br />
„Schnitte“. durch die der Schild im Wappen aufgeteilt wurde, waren auch<br />
auf der entsprechenden Bannern zu sehen, die sie entwarfen, indem sie<br />
das Muster des Schildes auf die gesamte Fläche des Banners übertrugen.<br />
Ein Beispiel dafür ist das quadrierte Banner Spaniens, rechts, das<br />
vom 13. bis zum 16. Jahrh<strong>und</strong>ert verwendet wurde.<br />
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Heraldische Schildeinteilungen<br />
haben somit zu den<br />
Gr<strong>und</strong>mustern vieler heutiger<br />
<strong>Flaggen</strong> beigetragen.<br />
Schilder. die geteilt, gespalten,<br />
dreimal geteilt oder<br />
dreimal gespalten waren,<br />
haben ganz eindeutige Parallelen<br />
in den Streifen vieler<br />
moderner <strong>Flaggen</strong>. Quadrierte,<br />
geständerte oder geschachte<br />
Teilungen können<br />
ebenfalls auf <strong>Flaggen</strong> mit<br />
heraldischem Ursprung gesehen<br />
werden.<br />
Die Muster der europäischen<br />
Wappenschilde sind nicht nur in<br />
die oben beschriebenen Teilungen,<br />
sondern auch in geometrische Figuren<br />
aufgeteilt, die als einfache<br />
Heroldsbilder oder gemeine Figuren<br />
bezeichnet werden. Sie stehen<br />
auf einem farbigen Hintergr<strong>und</strong>,<br />
den man Feld oder Gr<strong>und</strong> nennt.<br />
Kompliziertere Heroldsbilder wurden<br />
auch als Symbole für bestimmte<br />
Personen gebraucht. Diese<br />
Zeichen wurden dann aus persönlichen<br />
oder familiären Gründen<br />
gewählt <strong>und</strong> erschienen ebenso<br />
auf dem Banner, das vom Wappenbild<br />
abgeleitet<br />
wurde. Historische, gemeine Figuren sind<br />
beispielsweise die „fleur-de-lis“ (Lilie), der springende<br />
Löwe <strong>und</strong> der Wappenadler.<br />
<strong>Flaggen</strong> moderneren Ursprungs tragen häufig Figuren<br />
<strong>und</strong> Bilder. die nicht auf die Heraldik zurückgehen.<br />
Beispiele dafür sind das Ahornblatt von Kanada<br />
<strong>und</strong> der Strohhut von Lesotho. Auf der Armeeflagge<br />
Jordaniens sind gekreuzte Schwerter zu sehen.<br />
Sowohl „gemeine Figuren“ aber auch ganze<br />
Wappen oder Schilde aus Wappen sind auf einigen<br />
europäischen <strong>Flaggen</strong> als so genannte badges<br />
abgebildet worden, nachdem die Heraldik<br />
entwickelt worden war. Die Wappen Portugals <strong>und</strong><br />
Finnlands, die auf den jeweiligen Staatsflaggen<br />
erscheinen, sind nur zwei Beispiele dafür.<br />
8
Moderne Embleme <strong>und</strong> Symbole<br />
Viele <strong>Flaggen</strong> der Welt tragen Bilder <strong>und</strong> Figuren, die eine ganz bestimmte Bedeutung für<br />
die jeweilige Nation haben. Heraldische Wappen oder Schilde können auf den <strong>Flaggen</strong> der<br />
verschiedensten Staaten gesehen werden, insbesondere in jenen Ländern, die in der Vergangenheit<br />
von europäischen Mächten kolonialisiert worden waren; z.B. Ägypten, Ecuador<br />
<strong>und</strong> Bolivien.<br />
Andere Länder haben es vorgezogen, einfache Gegenstände als<br />
Symbole nationaler Einheit zu zeigen. Das Ahornblatt für Kanada<br />
mag als Beispiel dafür dienen. Andere übliche Symbole, die heute<br />
auf Nationalflaggen gezeigt werden, sind u.A. die aufgehende<br />
Sonne auf der Flagge Japans oder die Zeder für den Libanon.<br />
Viele von ihnen wurden ausgewählt, weil sie eine ganz bestimmte<br />
Bedeutung für das betreffende Land haben.<br />
Einige dieser Symbole gehen sogar über das Nationale hinaus <strong>und</strong> versinnbildlichen übernationale<br />
politische Theorien oder religiöse Anschauungen. Der fünfzackige Stern beispielsweise<br />
ist auf den <strong>Flaggen</strong> der kommunistischen Länder häufig vertreten <strong>und</strong> der<br />
Halbmond auf den <strong>Flaggen</strong> islamischer Nationen.<br />
Die Bedeutung der Farben<br />
Obwohl die leuchtenden Farben, die für die <strong>Flaggen</strong><br />
verwendet werden, beträchtliche dekorative<br />
Wirkung haben, sind sie doch nur selten deswegen<br />
ausgewählt worden. Bestimmte Farben werden<br />
aus verschiedenen - historischen, politischen oder<br />
symbolischen - Gründen vorgezogen. <strong>und</strong> jedes<br />
Land ist aufgr<strong>und</strong> seiner individuellen Geschichte<br />
zur Wahl seiner Farben gelangt. Einige Länder,<br />
beispielsweise Spanien, Schweden <strong>und</strong> die<br />
Schweiz, leiteten die Farben ihrer <strong>Flaggen</strong> einfach<br />
von ihrer heraldischen Vergangenheit ab. Auf diese<br />
Weise erschienen auch die Farben Blau, Weiß<br />
<strong>und</strong> Rot getrennt auf frühen französischen <strong>Flaggen</strong>,<br />
ohne dass ihnen eine spezielle ideologische<br />
Bedeutung beigelegt worden wäre. Als man sie<br />
aber 1789 miteinander vereinigte <strong>und</strong> die Trikolore<br />
der Revolution daraus machte, wurden diese Farben<br />
plötzlich auf der Welt als Symbol der Freiheit<br />
angesehen.<br />
Bestimmten Farben wird seit langer Zeit eine symbolische Bedeutung zuerkannt. Grün ist<br />
die Farbe des Propheten <strong>und</strong> damit des Islams. Rot steht für den revolutionären Sozialismus,<br />
<strong>und</strong> Weiß gilt<br />
als Farbe der Reinheit<br />
<strong>und</strong> des Friedens.<br />
In diesem Sinne<br />
wurden die Farben<br />
dann auch in<br />
manche Nationalflaggen<br />
aufgenommen. Manchmal wird ihnen jedoch eine sehr viel näher liegendere Bedeutung<br />
gegeben. Grün gilt dann als Symbol für die Landwirtschaft oder die Wälder eines<br />
Landes, Rot für das Blut der Patrioten oder Blau für das Wasser des Meeres.<br />
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1.7 Zeremonien <strong>und</strong> Gebräuche<br />
In allen Ländern regeln Bräuche <strong>und</strong> Gesetze, an welchen Tagen <strong>und</strong> zu welchen Anlässen<br />
geflaggt wird. Dazu gehören Nationalfeiertage, historische <strong>und</strong> religiöse Gedenk<strong>und</strong><br />
Festtage sowie Trauertage. Geflaggt wird nur von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang.<br />
Jedem B<strong>und</strong>esbürger steht es frei, sowohl die B<strong>und</strong>es-, die landes- als auch die, Stadtoder<br />
Gemeindeflagge zu zeigen. Nicht gestattet ist jedoch das Hissen von Dienstflaggen<br />
durch Privatpersonen. Das ist ausschließlich den Behörden vorbehalten. Werbefahnen.<br />
Vereinsfahnen <strong>und</strong> andere <strong>Fahnen</strong> dürfen selbstverständlich von jedem B<strong>und</strong>esbürger gezeigt<br />
werden.<br />
Für die Errichtung von <strong>Fahnen</strong>masten oder Montage von Halterungen für Hängefahnen<br />
sind oftmals Genehmigungen der örtlichen Baubehörden einzuholen.<br />
Eine besondere Rolle spielt die Beflaggung bei Staatsanlässen. Bei der<br />
Staatstrauer um eine bedeutende Persönlichkeit werden die <strong>Flaggen</strong> auf<br />
Halbmast gesetzt, <strong>und</strong> auf dem Sarg des Toten wird zum Zeichen der Hochachtung<br />
eine Nationalflagge niedergelegt.<br />
An Trauertagen wird halbmast geflaggt. Dabei wird die Flagge<br />
erst zum oberen Ende des Flaggstocks gezogen <strong>und</strong> dann auf<br />
etwa halbe Höhe zurückgesetzt Die Unterkante der Hissflagge<br />
sollte hierbei mit der Mastmitte abschließen. Dieser Brauch<br />
geht auf das 17. Jahrh<strong>und</strong>ert zurück. Damals blieb zum Beispiel beim Tod<br />
eines Königs der Raum oberhalb der halbmast gesetzten Flagge symbolisch<br />
dem unsichtbaren Banner des Todes vorbehalten.<br />
Banner <strong>und</strong> Hissflaggen im Hochformat werden nicht auf "Halbmast'. gesetzt.<br />
Bei Bannern <strong>und</strong> Hissflaggen im Hochformat wird der Trauerflor am<br />
oberen Mastende befestigt, wobei er die Länge der kurzen <strong>Flaggen</strong>seite<br />
nicht überschreiten sollte. Mit einem Trauerflor werden auch die Vereinsfahnen<br />
bestückt, welche zu einer Beerdigung getragen werden.<br />
Das Halbmastsetzen der Nationalflagge ist auch in der Binnenschiffahrt üblich. Bei bekannt<br />
werden eines Todesfalles (öffentliches Interesse, Familien- oder Firmenangehöriger)<br />
wird die Nationalflagge am Heck des Schiffes auf Halbmast gesetzt. Sie bleibt<br />
dort bis zum Tage der Beerdigung. Ein besonderer Brauch in der Binnenschiffahrt war <strong>und</strong><br />
ist es auch, so genannte Trauerflaggen zu setzten. Dies waren schwarze Wimpel mit unterschiedlichen<br />
weißen Emblemen der verschiedenen Glaubensrichtungen. (liegendes<br />
weißes Kreuz bei den Katholiken <strong>und</strong> Baum <strong>und</strong> Grabmal auf weißer, r<strong>und</strong>er Fläche bei<br />
den Angehörigen der evangelischen Kirchen). Der Trauerwimpel war unter der Nationalflagge<br />
angebracht <strong>und</strong> wurde ein Jahr geführt. Die Trauerflagge wurde, auch wenn sie innerhalb<br />
dieses Jahres völlig verweht war, nicht ersetzt.<br />
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Im Wesentlichen wurde diese besondere Art der Trauerbeflaggung in der Partikulierschiffahrt<br />
angewandt; wahrscheinlich deshalb, weil hier der Bezug zwischen der verstorbenen<br />
Person <strong>und</strong> dem Schiff eindeutiger war.<br />
Im Laufe der vergangenen Jahrh<strong>und</strong>erte sind überall auf der Welt bestimmte Gebräuche<br />
<strong>und</strong> Zeremonien im Zusammenhang mit <strong>Fahnen</strong> <strong>und</strong> <strong>Flaggen</strong> entstanden. Überall wird der<br />
Fahne als einem Symbol der Autorität <strong>und</strong> einem Zeichen der Heimatliebe Ehrfurcht abverlangt<br />
<strong>und</strong> gezollt.<br />
Manche Länder haben bestimmte Regeln festgelegt, um zu gewährleisten, dass ihre <strong>Fahnen</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Flaggen</strong> respektvoll behandelt werden. Die Vereinigten Staaten beispielsweise<br />
haben strenge Regeln aufgestellt, um jegliche Verunglimpfung der Nationalflagge zu verhindern.<br />
Im Gegensatz dazu herrscht in Großbritannien eine beträchtliche Toleranz bei der<br />
Verwendung der Nationalflagge, die man sogar auf Einkaufstaschen <strong>und</strong> Teetassen abgebildet<br />
sehen kann.<br />
Viele dieser Länder haben eine besondere Staatsflagge,<br />
die von Regierungsbehörden gezeigt wird,<br />
<strong>und</strong> eine Nationalflagge, die von den Staatsbürgern<br />
verwendet werden darf.<br />
Präsidialsitze z.B. werden nur beflaggt, wenn die<br />
betreffende Person anwesend ist. Der Kommandowimpel<br />
wird nur dann gehisst, wenn der Kapitän<br />
an Bord ist<br />
Sorgfalt im Umgang mit ausländischen Nationalflaggen ist in noch viel stärkerem Maße<br />
geboten. Es haben sich schon etliche diplomatische Zwischenfälle aufgr<strong>und</strong> von realer<br />
oder eingebildeter Geringschätzung der Flagge ereignet.<br />
Die auf Schiffen befolgten Bräuche sind alle international<br />
anerkannt. Bei besonderen Gelegenheiten, beispielsweise<br />
wenn ein Schiff im Hafen liegt, wird es nach den<br />
Vorschriften des Internationalen Signalbuches überall<br />
mit <strong>Flaggen</strong> geschmückt. Auch dieser Brauch ist in der<br />
Binnenschiffahrt üblich. Bei feierlichen Anlässen werden<br />
die Schiffe über die Toppen,<br />
(d.h. die obersten Enden der<br />
Mastbäume) geflaggt. Zu solchen<br />
Anlässen wurde auch oft<br />
der Namenswimpel im Top gesetzt.<br />
Im täglichen Sprachgebrauch<br />
spricht man dann<br />
auch von „Wäsche zeigen“.<br />
Der Buchstabe »P« (blauer Peter) des<br />
Signalbuches wird auch verwendet, um<br />
das baldige Auslaufen eines Seeschiffes<br />
anzuzeigen. In einem fremden Hafen wird sowohl die<br />
Nationalflagge des Gastlandes als auch die eigene Nationalflagge<br />
gehisst. Wenn Schiffe auf offener See einem<br />
Kriegsschiff begegnen, wird gewöhnlich die eigene<br />
Flagge zum Gruß niedergeholt (gedippt) <strong>und</strong> dann wieder<br />
aufgezogen. Diesen Brauch des <strong>Flaggen</strong> „Dippens“<br />
hat es auch in der Binnenschiffahrt gegeben.<br />
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Ich erinnere mich noch, dass es in den 50er Jahren üblich war, beim erstmaligen Begegnen<br />
mit einem neuen Reedereischiff die Firmen- Kontorflagge oder den gesetzten Namenswimpel<br />
zu dippen. Bei der Vorbeifahrt an der Schiffsbegrüßungsanlage in Schulau<br />
(Elbe) wird auch von Binnenschiffen die Nationalflagge gedippt.<br />
Ein anderer <strong>Flaggen</strong>brauch war das Führen des Zollwimpels.<br />
Hier wurde ein einzelner grüner Zollwimpel<br />
ab Grenze während dem Rest der Reise unter der<br />
Nationalflagge oder allein am hinteren Mast geführt<br />
wenn die beförderte Ware erst am Bestimmungshafen<br />
verzollt wurde. Nachts wurde ein weißes R<strong>und</strong>umlicht<br />
(Kugellaterne mit Milchglas) geführt. War die Ladung<br />
vom örtlichen Zoll im Bestimmungshafen klariert,<br />
wurden die Zeichen (Wimpel / Milchglaslaterne) eingeholt.<br />
Der/die Zollwimpel wurde(n) auch für die Signalgebung bei den Klarierungsvorgängen an<br />
der deutsch-niederländischen Grenze genutzt. Hierzu wurden an der Grenze ein oder zwei<br />
grüne Wimpel am vorderen Mast gesetzt.<br />
„GRÜNABFERTIGUNG BERGFAHRT“<br />
a) Signal: Der holl. Spediteur soll an Bord kommen<br />
b) Signal: Der holl. Zoll kann jetzt on Bord kommen<br />
c) Signal: Der deutsche Spediteur kann jetzt on Bord kommen<br />
d) Signal: Der deutsche Zoll kann jetzt an Bord kommen<br />
„GRÜNABFERTIGUNG TALFAHRT“<br />
a) Signal: Der deutsche Spediteur soll on Bord kommen<br />
b) Signal: Der deutsche Zoll kann jetzt an Bord kommen<br />
c) Signal: Der holl. Spediteur kann jetzt an Bord komme<br />
d) Signal: Der holl. Zoll kann jetzt an Bord kommen<br />
Bei Weiterfahrt nach erfolgter Abfertigung<br />
sind beide grüne <strong>Flaggen</strong> bis<br />
auf Höhe Grieth zu führen.<br />
Bei Weiterfahrt nach erfolgter Abfertigung<br />
ist die grüne Flagge bis<br />
auf Höhe Millingen zu führen.<br />
Anhand der <strong>Flaggen</strong>signale sollte jeder Beteiligte erkennen, in welcher Abfertigungsphase<br />
sich das Schiff befindet.<br />
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<strong>Flaggen</strong>führung eines Binnenschiffes<br />
Ein Binnenschiff ist in der Regel mit einem Mast (Maststock, Rah <strong>und</strong> Gaffel) im vorderen<br />
Teil des Schiffes ausgerüstet. <strong>Flaggen</strong>spuren befinden sich im Top, an der Rah (hier evtl.<br />
auf jeder Seite zwei) <strong>und</strong> an der Gaffel. Ganz Vorne, auf der Bugspitze, steht noch ein<br />
kleinerer Mast, die Gösch. Am Heck befindet sich ein etwas schräg stehender <strong>Flaggen</strong>schock.<br />
Im Top wird die Reederei-(Kontor) flagge geführt. In der rechten Rahspur, auf der Steuerbordseite<br />
(der vornehmen) Seite des Schiffes wird die Flagge des evtl. Gastlandes welches<br />
man gerade durchfährt gesetzt. Die anderen Spuren an Rah <strong>und</strong> Gaffel können für<br />
<strong>Flaggen</strong> genutzt werden, welche für den Besitzer oder Kapitän des Schiffes von Bedeutung<br />
sind, .B. Befrachterfirmen, Versicherungen usw.<br />
In der Gösch an der Bugspitze wird gerne ein kleiner Wimpel des Heimathafens gesetzt.<br />
Der achtere Mast ist gr<strong>und</strong>sätzlich der Nationalflagge vorbehalten. Im Gesetz über das<br />
<strong>Flaggen</strong>recht der Seeschiffe <strong>und</strong> die <strong>Flaggen</strong>führung der Binnenschiffe (<strong>Flaggen</strong>rechtsgesetz)<br />
vom 14. Juli 1990 heißt es zum Beispiel im Zweiten Abschnitt § 14<br />
„Binnenschiffe dürfen als Nationalflagge nur die B<strong>und</strong>esflagge führen. <strong>Flaggen</strong><br />
deutscher Länder oder andere deutsche Heimatflaggen dürfen nur neben<br />
der B<strong>und</strong>esflagge gesetzt werden“.<br />
Das heißt z.B., dass die Europaflagge oder die Flagge des Freistaates Bayern an die Rah<br />
des vorderen Mastes gehören.<br />
Ein schöner Brauch ist die Errichtung von Traditionsmasten (Schiffermasten) der Vereine.<br />
Aber auch hier sollten Regeln für die Beflaggung eingehalten werden.<br />
In den Top des Mastes gehört die Vereinsflagge, das kann eine normale Hissflagge sein,<br />
ist aber oftmals auch ein Wimpel mit dem Namen des Vereins.<br />
An die Gaffel gehört allein die Nationalflagge.<br />
Die Rah der Schiffermaste ist meist mit mehreren <strong>Flaggen</strong>spuren versehen. In die obere<br />
Reihe gehören die <strong>Flaggen</strong> von Verbänden <strong>und</strong> anderen Institutionen. Darunter die <strong>Flaggen</strong><br />
befre<strong>und</strong>eter Vereine <strong>und</strong> darunter nach Belieben die verschiedensten Kontor- +<br />
Reedereiflaggen.<br />
Werbeflaggen (auch noch so spendabler Sponsoren) haben am Schiffermast nichts zu suchen.<br />
1.8 Fachausdrücke<br />
Badge:<br />
Abzeichen, jedes auf einer Flagge befindliche Emblem, das auch separat verwendet werden<br />
kann.<br />
Banner:<br />
Fahne oder Flagge mit vielgestaltigen Mustern bzw. Wappen oder eine Fahne, die an einem<br />
Querholz befestigt wird.<br />
Dienstflagge:<br />
<strong>Flaggen</strong> staatlicher Institutionen <strong>und</strong> Dienststellen (z. B. Post <strong>und</strong> Zoll).<br />
Doppelstander:<br />
dreieckiger Einschnitt an der Flugseite oder trapezförmig auslaufende Flugseite.<br />
Emblem:<br />
heraldisches Zeichen oder charakteristisches Symbol, das eine Person, ein Land oder eine<br />
Organisation repräsentiert.<br />
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Feld:<br />
Farbe einer Fahne oder Flagge oder eines Wappenschildes.<br />
Finial:<br />
Schmuckspitze einer <strong>Fahnen</strong>stange.<br />
Flugseite:<br />
die dem Mast abgewandte Seite einer Flagge <strong>und</strong> normalerweise die Hälfte des Tuches,<br />
auch »fliegendes Ende« genannt.<br />
Gefälligkeitsflagge:<br />
Nationalflagge, die von Schiffen anderer Nationen geführt wird, weil das wirtschaftlich vorteilhafter<br />
ist. z. B. die <strong>Flaggen</strong> von Panama <strong>und</strong><br />
Gemeine Figur:<br />
Symbole oder andere Gegenstände <strong>und</strong> Figuren auf einer Flagge, die normalerweise nicht<br />
separat verwendet werden.<br />
Gösch:<br />
kleine Flagge am Bug eines Schiffes.<br />
Großmastwimpel:<br />
lange, flatternde Fahne, oft auf Kriegsschiffen im Einsatz.<br />
Hausflagge oder Kontorflagge:<br />
Bezeichnung für die Flagge eines Handeisunternehmens.<br />
Für das Längen-Breitenverhältnis von Hissflaggen gibt es<br />
in Deutschland eine feste Norm. Das Verhältnis, dem auch<br />
alle Nationalflaggen angepasst wurden, ist auf 3:5 festgelegt.<br />
Hissen:<br />
Die Flagge wird aufgezogen.<br />
Knoten:<br />
Achtknoten <strong>und</strong> Schotstek. Der Achtknoten wird gerne zum Festmachen der Flagge<br />
am oberen Ende der Flagge benutzt. Er zieht sich gut<br />
bis dicht unter den Mastknauf. Der Schotstek (<strong>Flaggen</strong>knoten)<br />
wird benutzt, um das untere Ende der Flagge an<br />
der <strong>Flaggen</strong>leine zu befestigen.<br />
Kokarde:<br />
Abzeichen in Rosetten- oder Schleifenform in den Nationalfarben, oft auf dem Flaggstock,<br />
aber auch an Hüten <strong>und</strong> Mützen des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />
Landesflagge:<br />
Regionalflagge in B<strong>und</strong>esstaaten.<br />
Liek:<br />
weißer <strong>Flaggen</strong>saum, in dem die <strong>Flaggen</strong>leine eingenäht ist.<br />
Liekseite oder Stockseite:<br />
die dem <strong>Flaggen</strong>mast zugekehrte Seite einer Flagge, normalerweise die Hälfte des Tuches.<br />
Nationalflagge:<br />
die von souveränen Staaten allgemein geführte Flagge.<br />
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Oberecke:<br />
in der Heraldik auch Freiviertel genannt; rechteckiges Feld am Flaggstock in der oberen<br />
Ecke einer Flagge.<br />
Ränderung:<br />
schmales. farbiges Band. das zwei andere Farben voneinander absetzt.<br />
Rückseite:<br />
jene Seite der Flagge, die der Betrachter sieht, wenn der Flaggstock sich rechts von Ihm<br />
befindet.<br />
Sinister oder senestre:<br />
linke Seite einer Fahne, vom <strong>Fahnen</strong>träger aus gesehen, oder rechte Seite. vom Betrachter<br />
aus gesehen.<br />
Standarte:<br />
Fahne in verschiedensten Formen, u. a. als lange Fahne mit Wappenzeichen, als Militärfahne,<br />
als königliches Wappenbanner. als Flagge eines Staatsoberhauptes.<br />
Stander:<br />
dreieckige, in eine Spitze auslaufende Flagge, oft als Signalflagge verwendet; auch starre,<br />
meist quadratische Flagge, die von Staatsoberhäuptern <strong>und</strong> Regierungsbeamten geführt<br />
wird.<br />
Vorderseite:<br />
jene Seite der Flagge, die der Betrachter sieht. wenn der Flaggstock sich links von Ihm befindet.<br />
Wimpel:<br />
im Allgemeinen kleine, dreieckige Fahne, die als Kommandozeichen besonders im Seewesen<br />
<strong>und</strong> im Sport verwendet wird<br />
Kriegsschiff- oder Kommandowimpel:<br />
langes. schmales, meist dreieckiges <strong>Flaggen</strong>zeichen, vor allem auf Kriegsschiffen.<br />
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1.8 Pflege <strong>und</strong> Lagerung<br />
<strong>Flaggen</strong>, die im Außenbereich eingesetzt werden, sind Wind <strong>und</strong> Wetter ständig ausgesetzt.<br />
Aber auch <strong>Flaggen</strong>, die im Innenbereich gehisst werden, können verschmutzen. Um<br />
diese wieder ansehnlich zu machen, können Sie die Flagge einfach in der Waschmaschine<br />
bei höchstens 60° C mit einem Feinwaschmittel waschen; achten Sie auf die Pflegeanleitung<br />
des Herstellers. Entfernen Sie vor dem Waschvorgang eventuell an der Flagge befindliche<br />
Metallteile. Kunststoffringe oder ähnliches können an der Fahne verbleiben. Ein<br />
anschließendes kurzes Anschleudern genügt in der Regel. Wenn Sie diese anschließend<br />
noch im tropfnassen Zustand ausgebreitet wieder aufhängen, wird sie von alleine wieder<br />
glatt. Das Bügeln der Fahne ist hier also nicht notwendig.<br />
<strong>Flaggen</strong> <strong>und</strong> <strong>Fahnen</strong> sollen gr<strong>und</strong>sätzlich trocken aufbewahrt werden. Nassgewordene<br />
<strong>Fahnen</strong> <strong>und</strong> <strong>Flaggen</strong> erst trocknen <strong>und</strong> dann Lagern, so können die unschönen „Stockflecken“<br />
erst gar nicht entstehen.<br />
**************<br />
Quellen: <strong>Fahnen</strong> <strong>und</strong> <strong>Flaggen</strong>, Eric Inglefield<br />
B<strong>und</strong>esgesetzblatt Nr. 34 / 14.07.1990<br />
„WAS IST WAS“? / Band 75<br />
diverse Internet Recherchen<br />
Informationen <strong>und</strong> Bilder<br />
von Theo + Udo van Koeverden<br />
Peter Haas 2007<br />
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