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Erloschene Namen großer Rheinreedereien I

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Peter Haas<br />

<strong>Erloschene</strong> <strong>Namen</strong> großer<br />

<strong>Rheinreedereien</strong> I<br />

(Haniel)<br />

Haniel Reederei<br />

Helmut Betz<br />

Die auf das Jahr 1756 zurückgehende älteste Reederei am Rhein, die FranzHaniel &<br />

Cie. später Haniel Reederei GmbH, Duisburg-Ruhrort, zählte zu den großen<br />

führenden <strong>Rheinreedereien</strong>. Das Hauptgeschäft bestand ursprünglich im Handel mit<br />

Kohle und deren Transport. Mit<br />

Urkunde vom 10. Februar 1756 des<br />

Preußenkönigs Friedrich des Großen<br />

erhielt Jacob Wilhelm Haniel die<br />

Genehmigung für den Betrieb eines<br />

Speditions- und Handelsgeschäfts in<br />

Ruhrort. Der Sohn Franz Haniel, der<br />

früh in das Unternehmen eintrat, gab<br />

diesem seinen <strong>Namen</strong> und weitete<br />

es ständig aus.<br />

Die ersten Eisenkähne, die auf dem<br />

Rhein erschienen, führten die grünweiß-schwarze<br />

Hanielflagge, wie<br />

auch die ersten Dampfschlepper, die<br />

um die Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

den Pferdetreidelzug an Rhein und<br />

Ruhr ablösten. Der erste deutsche<br />

Raddampfschlepper überhaupt, DIE<br />

RUHR, 600 PS, kam im Jahr 1844 bei<br />

Haniel in Fahrt, gebaut auf der eigenen<br />

Werft, der Jacobi, Haniel und<br />

Thyssen, später Gutehoffnungs-Hütte<br />

und dann Walsumer Werft. Im Jahr<br />

1855 besitzt Franz Haniel vier<br />

Dampfschlepper und 70<br />

Schleppkähne, darunter die ersten<br />

Eisenkähne. Ab 1875 wurde die erste<br />

Dampfergeneration durch neuere,<br />

technisch verbesserte Einheiten<br />

ersetzt. Um die Jahrhundertwende<br />

verweist eine Anzeige der Franz<br />

Haniel & Cie. auf ihre Reederei mit 50<br />

Schleppkähnen aus Stahl, Dampfschlepper<br />

im Streckendienst mit<br />

Leistungen bis 1000 PS und drei<br />

Hafenboote. Ferner auf Bergwerksbesitz,<br />

Bankgeschäft, und Press-<br />

1


kohlenwerke. Kohlenlager und Verladeeinrichtungen befinden sich außer in Ruhrort,<br />

in Mainz, Mannheim, Kehl und Straßburg“.<br />

Nach Übernahme der<br />

Vereinigten Frankfurter<br />

Reedereien bestand der<br />

Schiffspark im Jahr 1917<br />

aus 107 Kähnen mit 128<br />

516 Tonnen Tragfähigkeit<br />

und 24 Schleppern mit<br />

zusammen 22.465 PS. Es<br />

gab eigene Verladeeinrichtungen<br />

in Karlsruhe,<br />

Koblenz, Frankfurt, und<br />

Heilbronn, später auch in<br />

Stuttgart. Mit dem Erwerb<br />

der Finnen kommt es zur<br />

Ausdehnung des Kohleverkaufs<br />

auf das norddeutsche<br />

Küstengebiet.<br />

Auch im Ausland werden<br />

eigene Firmen begründet.<br />

Nach dem Ersten Weltkrieg<br />

übernimmt die Hanielflotte<br />

auch den Erztransport von<br />

Rotterdam an die Ruhr, was<br />

zu einem umfangreichen<br />

Neubauprogramm führte.<br />

Der Motorschlepper FRANZ<br />

HANIEL XXVIII mit einer<br />

Leistung von zunächst 1 500<br />

PS, wird 1922 der erste<br />

Dieselschlepper auf dem Rhein.<br />

Nach der Höhermotorisierung<br />

mit 2 MAN-U-Boot-Diesel mit je<br />

1 500 PS = 3000 PS im Jahr<br />

1948 war er für kurze Zeit der<br />

stärkste Rheinschlepper, mit 8<br />

Trossenwinden für 8 Anhangkähne.<br />

Gelegentlich wurden auf<br />

dem Niederrhein auch 10<br />

Kähne mitgeführt. Die bei den<br />

letzten mussten dann mit<br />

eigenen Strängen ihre<br />

Schleppverbindung selbst<br />

herstellen.- Unter anderem wird<br />

der 1885 gebaute Raddampfschlepper<br />

FRANZ HANIEL 1(2) 1929 zum Radmotorschlepper mit 1 000 PS<br />

umgebaut. Außer den Transporten für die Zechen und Hüttenwerke kamen weitere<br />

Güterarten hinzu, was erneut zu einer Vergrößerung der Flotte führte. Mit schnellen<br />

Motorgüterschiffen wandte sich Haniel der Stückgut- und Getreidespedition zu. In<br />

2


den Jahren 1938 bis 1940 werden die Motorgüterschiffe HANIEL EXPRESS 100 bis<br />

HANIEL EXPRESS 114 mit je 380 PS und um 620 Tonnen Tragfähigkeit in Fahrt<br />

gebracht. Später werden sie in HANIEL KURIER umbenannt.<br />

Bereits in den Jahren<br />

1935/36 erfolgt die Aufnahme<br />

eines eigenen Rhein-See-<br />

Dienstes. Auch hierfür bildete<br />

der Transport von Kohle<br />

zunächst die Grundlage. Von<br />

den Produktionsstätten an<br />

Rhein und Ruhr konnte mit<br />

den Kümos auch Eisen und<br />

Kunstdünger direkt in die<br />

Ostseestaaten transportiert<br />

werden. Als Rückfracht<br />

beförderten die Schiffe<br />

Grubenholz und andere<br />

Produkte für den Bedarf der<br />

Haniel-Zechen und anderer<br />

HanieI-Unternehmen. Die<br />

ersten vier Rhein-See-Schiffe<br />

(Kümos) wurden auf der<br />

Werft Gute-hoffnungshütte<br />

gebaut und erhielten die<br />

<strong>Namen</strong> RUHRORT,<br />

DUISBURG, OBER-<br />

HAUSEN und HOM-<br />

BERG. Nach Kriegsende<br />

wurde die<br />

Hanielflagge auf diesen<br />

Schiffen eingeholt.<br />

RUHRORT ging in der<br />

Ostsee durch Kriegseinwirkung<br />

verloren. Die<br />

drei anderen Schiffe<br />

kamen als Kriegsbeute<br />

zur Auslieferung an die<br />

Sowjetunion. Auf der<br />

Rheinwerft Walsum ließ<br />

Haniel danach erneut<br />

vier Seeschiffe mit<br />

denselben <strong>Namen</strong><br />

bauen. Wegen der<br />

veränderten Wettbewerbsverhältnisse<br />

kamen diese Schiffe<br />

unter der Flagge der<br />

Haniel- Tochter<br />

Oldenburg-Portugiesische Dampfschiff-Reederei in Fahrt und wurden in deren<br />

Liniendienste eingegliedert.<br />

Das Verkaufsprogramm des Haniel-Konzerns wird nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

erneut erweitert. Für die Binnenschifffahrt beginnt der Aufbau eines großen neuen<br />

Schiffsparks, was dazu führte, dass die Haniel Reederei in der Nachkriegszeit zur<br />

3


größten Binnenree-derei<br />

Mitteleuropas wurde.<br />

Unter anderem wurden<br />

acht in den Jahren<br />

1942/43 in Temsche /<br />

Belgien gebaute 67-m-<br />

Haniel-Kähne zu den<br />

Motorgüterschiffen<br />

HANIEL Kurier 20 bis<br />

HANIEL KURIER 27 mit<br />

Leistungen von 600 bis<br />

900 PS gebaut. Weitere<br />

um 1922 in Walsum<br />

gebaute 80-m-Kähne<br />

erhielten nach ihrer<br />

Motorisierung mit 800<br />

bis 1.200 PS die <strong>Namen</strong><br />

HANIEL KURIER 30 bis<br />

HANIEL KURIER 41.<br />

Mit der Indienststellung<br />

der<br />

acht<br />

Schleppmotorgüterschiffe HANIEL KURIER 50 bis HANIEL KURIER 57 mit<br />

Leistungen um 1.450 PS ab dem Jahr 1957, übernahmen diese das Schleppen der<br />

verbliebenen HANIEL-Kähne. HANIEL KURIER 56 hieß zunächst RIEHEN und<br />

HANIEL KURIER 57, STADT BASEL. Im Jahr 1963 bestand die Hanielflotte aus 108<br />

Schiffen, davon noch 46 Güterschleppkähne, ein Tankschleppkahn, sieben<br />

Motorschlepper, 40 Motorgüterschiffe, 10 Motortankschiffe, drei Bunkerboote und<br />

zwei Kranschiffe. Ende der 60er Jahre wurden die so genannten Sattelschlepper der<br />

50er Serie zu Schubmotorschiffen umgebaut. Das erste Schubboot, FRANZ HANIEL<br />

11, 1.920 PS, kam bei Haniel 1966 in Fahrt (1983 abgewrackt). Mitte der 1980er<br />

Jahre besteht die Reederei eigene Flotte aus acht Schubbooten, davon sechs große<br />

Strecken-Schubboote mit Leistungen bis 5.250 PS, 60 Schubleichtern und fünf<br />

Motorgüterschiffen, darunter die drei großen Schubmotorschiffe HANIEL KURIER 60<br />

bis HANIEL KURIER 62 mit Leistungen um 2.800 PS und Tragfähigkeiten um 3.000<br />

Tonnen. Auf dem Rhein können diesen Schiffen drei Schubleichter beigekoppelt<br />

werden.<br />

Im Jahr 1999 wurde der Haniel Reederei auch die Flotte der einstigen Krupp<br />

Binnenschifffahrt eingegliedert. Sie umfasste die vier großen Strecken-Schubboote<br />

HERKULES III, HERKULES IV, HERKULES VI ex MANNESMANN IV und<br />

HERKULES VII ex MANNESMANN V, das Hafen-Schubboot HUCKINGEN ex<br />

MANNESMANN ex RHEINHAUSEN und 33 Schubleichter. Die Schiffe bekamen<br />

unter Beibehaltung der <strong>Namen</strong> das grün-weiß-schwarze Haniel-Signal.<br />

Auf den Wasserstraßen Mitteleuropas transportierte die Hanielflotte zuletzt jährlich<br />

circa 50 Millionen Tonnen Güter im Jahr. 2002 umfasste die verfügbare Binnenflotte<br />

110 eigene und 470 fremde Schiffe mit einer Gesamtkapazität von 900.000 Tonnen<br />

Tragfähigkeit. Neben der Bereederung der eigenen Flotte gehörten auch<br />

umfangreiche Containerliniendienste mit eigenen Terminals und eigenen<br />

Hafenanlagen zu den Kernaktivitäten des Unternehmens. Innerhalb des<br />

Gesamtkonzerns der im Familienbesitz befindlichen Franz Haniel & Cie. machte die<br />

Haniel Reederei zuletzt jedoch nur einen Bruchteil des Unternehmens aus. Im Jahr<br />

4


1999 kam die Aktienmehrheit der Reederei zur Imperial Logistics International GmbH<br />

& Co KG, Duisburg, einer hundertprozentigen Tochter der südafrikanischen Imperial<br />

Holding Ltd. Im Jahr 2003 ging die Hanielflotte vollständig in den Besitz der Imperial<br />

Logistics International. Die bisherige I:Ianiel Reederei firmiert seit Juni 2003 als<br />

Imperial Reederei-Gruppe. Damit erlosch ein großer Traditionsname in der<br />

Rheinschifffahrt. Die zuletzt noch unter dem <strong>Namen</strong> Haniel fahrenden großen<br />

Schubboote FRANZ HANIEL 10, -12, -15 und -16 wurden in HERKULES X, XII, -XV<br />

und -XVI umbenannt. Sie bilden mit den einstigen Krupp-Schubbooten HERKULES<br />

III, - IV, - VI und – VII sowie den 2007 und 2008 hinzugekommenen Schubbooten<br />

HERKULES ex ALBERT AUBERGER von der CFNR und HERKULES IX ex<br />

HAMMONIA von einem NL-Partikulier, eine der größten Schubboot-Flotten im Streckendienst<br />

auf dem Rhein. Die HANIEL-Schubleichter erhielten die <strong>Namen</strong><br />

IMPERIAL mit einer Nummer. Auf einem Schiff, dem Schubboot FRANZ HANIEL 14,<br />

blieb dieser Name erhalten. Es dient nunmehr als Museumsschiff im Hafen Duisburg-<br />

Ruhrort mit Imperial-Signal.<br />

Die Imperial Reederei-Gruppe, der mittlerweile weitere Unternehmen eingegliedert<br />

wurden, gehört heute zu den führenden Binnenschifffahrtsunternehmen in<br />

Westeuropa. Sie transportiert jährlich über 53 Millionen Tonnen trockene und flüssige<br />

Massengüter und Container. Dazu steht eine Flotte von 650 Schiffen, eigene und<br />

fremde, mit einer Kapazität von über 1 Mio. Tonnen zur Verfügung.<br />

******************<br />

Quelle: ZS „navalis“ – 1/10 Peter Haas 2010<br />

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