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Handbuch zu 60 Jahre Kreisgemeinschaft Johannisburg

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Archiv der <strong>Kreisgemeinschaft</strong> <strong>Johannisburg</strong> e.V.<br />

<strong>Handbuch</strong> <strong>zu</strong> <strong>60</strong> <strong>Jahre</strong> <strong>Kreisgemeinschaft</strong> <strong>Johannisburg</strong><br />

unser Pfarrer, die Kollektengelder<br />

vom Altar <strong>zu</strong> nehmen (das traute<br />

sich auch die Polizei nicht) und an<br />

das Konsistorium in Königsberg <strong>zu</strong><br />

senden, das unter dem Einfluß der<br />

von den Nationalsozialisten geförderten<br />

„Deutschen Christen" stand.<br />

Statt dessen lieferte er das Geld an<br />

den Provinzial-Bruderrat der Bekennenden<br />

Kirche ab. Zusammen<br />

mit anderen gleichgesinnten Geistlichen<br />

aus dem Kreis wurde er daraufhin<br />

im Amtsgefängnis auf der<br />

Insel im Lycker See inhaftiert. Die<br />

Einsperrung erfolgte nicht am<br />

Wohnort, um Reaktionen der Gemeinde<br />

<strong>zu</strong> erschweren. Bei seiner<br />

Rückkehr bereiteten ihm viele Gemeindemitglieder<br />

auf dem Bahnhof<br />

in Bialla einen herzlichen Empfang.<br />

Auch wir jungen Leute im Jungvolk<br />

und bei den Jungmädeln machten<br />

unserem Pfarrer das Leben <strong>zu</strong>sätzlich<br />

schwer durch manche Unbedachtheit<br />

und sogar durch die eine<br />

oder andere Provokation, die der<br />

Geistliche aber mit Güte und Nachsicht<br />

unserer jugendlichen Unreife<br />

wegen verzieh.<br />

Im Kriege war der zivile Zugverkehr<br />

<strong>zu</strong>gunsten der Nachschubzüge<br />

an die Front stark eingeschränkt.<br />

Als Fahrschülerin nach <strong>Johannisburg</strong><br />

konnte ich meist nicht am regulären<br />

Konfirmationsunterricht<br />

teilnehmen. Ich durfte ins Pfarrhaus<br />

<strong>zu</strong>m Einzelunterricht gehen.<br />

Dort lernte ich auch die Frau Pfarrer<br />

kennen, eine warmherzige,<br />

mütterliche Frau, Tochter eines<br />

Predigers der Herrenhuter Brüdergemeinde.<br />

Sie betreute bestens<br />

Haus und Garten und alles, was in<br />

ihre Obhut gegeben war. Ich fand<br />

dort die unverkennbare Atmosphäre<br />

des von frommen Menschen geprägten<br />

evangelischen Pfarrhauses<br />

vor, die seit Luthers Zeiten einen<br />

entscheidenden Einfluß auf das<br />

deutsche Geistes- und Kulturleben<br />

gehabt hat. Die Pfarrersfamilie hatte<br />

eine Tochter und fünf Söhne,<br />

von denen drei im Krieg geblieben<br />

sind. Zwei leben mit ihren Familien<br />

in der Bundesrepublik. Die Tochter<br />

starb bald nach Kriegsende.<br />

In Gedanken erlebe ich noch einmal<br />

einen Gottesdienst in unserer<br />

Gehlenburger Kirche mit der vertrauten<br />

Liturgie der Altpreußischen<br />

Union. Die Decke des Kirchenschiffs<br />

ist blau und mit silbernen<br />

Sternen geschmückt. Unser Pfarrer<br />

Heldt steht auf der Kanzel inmitten<br />

der Altarwand und predigt. Die Kirche<br />

der Kindheit war ein wichtiges<br />

Stück Heimat für mich. Unser<br />

Geistlicher hat mit Predigt und Unterweisung<br />

mir viel Gutes und Bleibendes<br />

mit auf den Lebensweg gegeben.<br />

Ich muß daran denken, wie<br />

er in seine Fürbitte auch die Regierung<br />

mit einschloß, damit Gott ihr<br />

Weisheit geben möge. Da dies leider<br />

nicht in Erfüllung ging, ergaben<br />

sich für uns alle die bekannten katastrophalen<br />

Folgen. Davon blieben<br />

auch unser Pfarrer Heldt und seine<br />

Familie nicht verschont. Sie sind im<br />

Treck bis nordwestlich von Bischofstein<br />

gekommen, wo sie beim<br />

dortigen katholischen Amtsbruder<br />

übernachteten. Einige Tage später<br />

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www.Kreis-<strong>Johannisburg</strong>.de

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