Zdirekt! 02-2014
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FACHMAGAZIN ZEITARBEIT | AUSGABE <strong>02</strong> | <strong>2014</strong><br />
GRENZENLOS GUT<br />
Zeitarbeit in Europa<br />
ALLGEMEIN ANERKANNT<br />
Zwei Jahre Kontakt- und Schlichtungsstelle<br />
VISIONEN ENTWICKELN<br />
Neue iGZ-Projektgruppe "Zeitarbeit 2030"
Z direkt!<br />
Editorial<br />
Aus Europa für Deutschland lernen<br />
Die Europawahl liegt hinter uns. Doch während die<br />
Journalistenkarawane weiter zum nächsten Thema<br />
zieht, bleibt Europa für uns dauerhaft relevant. Denn<br />
die Zeitarbeitsbranche hat sich in den meisten unserer<br />
Nachbarländer in den vergangenen Jahren – auch<br />
unter dem Einfluss der Wirtschaftskrise – sehr deutlich<br />
verändert. Auch wenn wir in Deutschland bislang von<br />
dieser Entwicklung verschont geblieben sind: Es wäre<br />
aus meiner Sicht geradezu fahrlässig, nicht dennoch<br />
den aufmerksamen Blick über die Grenzen zu werfen!<br />
Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern<br />
haben sich in Deutschland Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter<br />
gemeinsam auf die wesentlichen<br />
Rahmenbedingungen der Zeitarbeit geeinigt. Hier<br />
gilt Tarif vor Gesetz. Das führt dazu, dass Mitarbeiter<br />
der Zeitarbeit in Deutschland sozial so gut abgesichert<br />
sind wie in keinem anderen europäischen Land.<br />
Auch wenn wir bestrebt sind, dieses Prinzip weiter<br />
festzuschreiben, sollten wir vorbereitet sein: Was kann<br />
die Zeitarbeit in Deutschland von anderen Ländern<br />
lernen? Auf welche Entwicklungen in unserer Branche<br />
und unseren Unternehmen können wir uns schon<br />
heute mit einem Blick über die Grenzen vorbereiten?<br />
Mit diesen und anderen Fragen haben wir uns beim<br />
iGZ-Landeskongress für Rheinland-Pfalz, Hessen und<br />
das Saarland beschäftigt. Herausgekommen sind<br />
dabei interessante Ergebnisse. So ist unter anderem<br />
klar geworden: In einem Europa, in dem wir wirtschaftlich<br />
immer enger zusammenrücken, werden die<br />
Anforderungen an Flexibilität und Dynamik größer.<br />
Dies betrifft einerseits die arbeitsorganisatorischen<br />
Anforderungen beim Kunden, andererseits die Bereitschaft<br />
der Mitarbeiter zur räumlichen Flexibilität.<br />
Beides wird zunehmen.<br />
Wenn wir den Wirtschaftsstandort Deutschland im<br />
europäischen Zusammenhang weiter stärken wollen,<br />
muss die Zeitarbeit als wesentlicher Dienstleister<br />
für die betriebliche Flexibilität erhalten bleiben und<br />
gestärkt werden. Das haben wir nicht nur für uns<br />
erkannt, sondern es auch dringend und deutlich an<br />
die Politik weitergegeben. Leider gehen die aktuellen<br />
Ansätze der Großen Koalition in die falsche Richtung.<br />
Darum müssen wir<br />
bei der Umsetzung<br />
der Vorgaben darauf<br />
achten, dass der<br />
Jobmotor nicht<br />
abgewürgt wird und<br />
die Tarifautonomie<br />
unserer Branche<br />
erhalten bleibt. Die<br />
immer wieder geforderte<br />
Rückführung der<br />
Zeitarbeit auf ihre „Kernfunktion“ ist dabei schon ein<br />
starkes Stück der Politik: Will sie den Unternehmen<br />
nun vorschreiben, wann und wie sie ihre eigene<br />
Flexibilität organisieren sollen? Jüngst hat sich Südwestmetall-Präsident<br />
Dr. Stefan Wolf in diesem<br />
Zusammenhang darüber beklagt, dass die Politik den<br />
Unternehmen in den Rücken falle.<br />
Unter strengeren Regeln für die Zeitarbeit würden<br />
jedoch nicht nur die Einsatzbetriebe leiden, sondern<br />
auch die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,<br />
für die Zeitarbeit den Einstieg in den Arbeitsmarkt<br />
bedeutet. Jahr für Jahr zeigt die Statistik der Bundesagentur<br />
für Arbeit, dass zwei Drittel aller Mitarbeiter in<br />
der Zeitarbeit zuvor ohne Job waren. Nicht nur das ist<br />
übrigens im europäischen Vergleich ein Spitzenwert.<br />
Auch bei der Nachhaltigkeit der Integrationsleistung<br />
unserer Mitarbeiter am Arbeitsmarkt stehen wir<br />
besonders gut da.<br />
Die Herausforderungen, denen wir uns auch weiterhin<br />
stellen müssen und auch stellen wollen, werden<br />
auch in Zukunft nicht kleiner. Ich bin mir jedoch sicher,<br />
dass wir mit dem iGZ als starkem Partner an unserer<br />
Seite gut vorbereitet und aufgestellt sind, wenn es<br />
darum geht, diesen Herausforderungen zu begegnen.<br />
Ariane Durian<br />
iGZ-Bundesvorsitzende<br />
2
Inhalt<br />
Z direkt!<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Editorial<br />
Aus Europa für Deutschland lernen 2<br />
Kurz berichtet<br />
Interview<br />
Zehn Fragen an den Vorsitzenden der IG BCE,<br />
Michael Vassiliadis<br />
Titelthema: Zeitarbeit in Europa<br />
Wirtschaftskraft bestimmt Nachfrage nach Zeitarbeit<br />
Zeitarbeitsbranche wartet auf das EUGH-Urteil<br />
Blick auf Europa<br />
Deutschland vermehrt auf Zuwanderung angewiesen<br />
PDK-Azubis nutzen Auslandspraktika<br />
Reportage<br />
Eine Online-Suchseite für Unterkünfte<br />
Interview<br />
Zwei Jahre KuSS – Torsten Oelmann zieht Bilanz<br />
Aktiv<br />
iGZ-Projektgruppe "Zeitarbeit 2030"<br />
Aus dem Verband<br />
Unterwegs<br />
iGZ-Bundeskongress in Karlsruhe<br />
iGZ-Mitglieder wählten Bundesvorstand<br />
Service<br />
iGZ-Seminarprogramm - jetzt mit E-Learning<br />
4<br />
6 – 7<br />
8 – 9<br />
10 – 11<br />
12 – 13<br />
14 – 15<br />
16 – 19<br />
20 – 21<br />
22 – 23<br />
24 – 25<br />
26 – 27<br />
28 – 29<br />
30 – 31<br />
32 – 33<br />
Gastbeitrag<br />
Holger Schäfer 34– 35<br />
3
Z direkt!<br />
Kurz berichtet<br />
VBG-Beitragssatz gesunken<br />
Für über eine Million Unternehmen verringern sich<br />
Beitragssatz und Mindestbeitrag zur gesetzlichen<br />
Unfall versicherung VBG gegenüber dem Vorjahr. Der<br />
VBG-Vorstand hat ent schieden: Der Beitragssatz der<br />
Umlage für Pflicht- und freiwillig Versicherte sinkt<br />
gegenüber dem Vorjahr auf 4,50 Euro (2012: 4,80<br />
Euro). Die Änderung gesetzlicher Rahmenbedingungen<br />
hat den Vorstand in die Lage versetzt, den Beitrag<br />
zu senken. Erfreulich für die zahlreichen Kleinunternehmen:<br />
Der Mindestbeitrag reduziert sich ebenfalls<br />
auf 48 Euro (2012: 50 Euro). Der Beitragssatz für die<br />
freiwillige Versicherung im Ehrenamt beträgt auch<br />
für <strong>2014</strong> je Versicherungsverhältnis 2,73 Euro. Der<br />
Lastenausgleich wird bis <strong>2014</strong> stufenweise durch ein<br />
System der Lastenverteilung ersetzt.<br />
Branchenzuschläge beschlossen<br />
Die Verhandlungsgemeinschaft Zeitarbeit (VGZ), bestehend<br />
aus dem iGZ und dem BAP, hat zwei weitere<br />
Branchenzuschlags-Tarifverträge abgeschlossen. Ab<br />
dem 1. Juli werden Zuschläge beim Einsatz im Kaliund<br />
Steinsalzbergbau (TV BZ KS) sowie beim Einsatz<br />
in der Papier erzeugenden Industrie (TV BZ PE – gewerblich)<br />
fällig. Der TV BZ KS sieht Zuschläge von bis<br />
zu 20 Prozent (EG 1 und 2), von bis zu 11 Prozent (EG<br />
3 und 4) sowie von bis zu 10 Prozent (EG 5) vor. Für<br />
die EG 6 bis 9 wird kein Zuschlag fällig. Der TV BZ PE –<br />
gewerblich sieht Zuschläge von bis zu 20 Prozent (EG<br />
1 bis 5) vor. Für die EG 6 bis 9 sind keine Zuschläge<br />
vereinbart worden.<br />
Annahmeverzugslohn: Revision zurückgewiesen<br />
Zurückgewiesen hat der 5. Senat des Bundesarbeitsgerichts<br />
(BAG) die Revision eines Zeitarbeitnehmers<br />
gegen ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-<br />
Württemberg – der Klagende hatte Annahmeverzugslohn<br />
von je sieben Stunden („Garantie stunden“) für<br />
drei bestimmte Arbeitstage eingefordert. Grund: Der<br />
Disponent des Zeitarbeitsunternehmens konnte ihm<br />
keinen Arbeitseinsatz vermitteln. In der fraglichen Zeit<br />
wurde der Zeitarbeitnehmer jedoch über drei Wochen<br />
hinweg für jeweils mindestens 35 Wochenstunden<br />
beschäftigt. Das entspricht der im Arbeitsvertrag festgelegten<br />
Mindestarbeitszeit.<br />
Mindestlohn in Kraft<br />
Am 26. März wurde die zweite Verordnung über eine<br />
Lohnuntergrenze in der Arbeitnehmerüberlassung<br />
im Bundesanzeiger veröffentlicht. Sie trat am 1. April<br />
<strong>2014</strong> in Kraft und am 31. Dezember 2016 außer<br />
Kraft und gilt auch für ausländische Zeitarbeitsunternehmen.<br />
Das Mindeststundenentgelt beträgt in den<br />
Neuen Bundesländern vom 1. April <strong>2014</strong> bis zum 31.<br />
März 2015 7,86 Euro, vom 1. April 2015 bis zum 31.<br />
Mai 2016 8,20 Euro und vom 1. Juni 2016 bis zum<br />
31. Dezember 2016 8,50 Euro. In den übrigen Bundesländern<br />
beträgt es parallel 8,50 Euro, 8,80 Euro<br />
und 9,00 Euro. Es gilt das Mindeststundenentgelt des<br />
Arbeitsortes. Auswärtig beschäftigte Zeitarbeitnehmer<br />
behalten den Anspruch auf das Entgelt ihres Einstellungsortes,<br />
sofern dieses höher ist.<br />
Sozialauswahl notwendig<br />
Bei betriebsbedingten Kündigungen ist eine Sozialauswahl<br />
notwendig. Auch ein Unternehmen, das Arbeitnehmer<br />
an andere Unternehmen überlässt, hat diese<br />
Pflicht. Es darf die Entscheidung, welcher Arbeitsplatz<br />
wegfällt, nicht an die ausleihenden Unternehmen delegieren.<br />
Schon vor Übersendung der Profile müsse<br />
die Sozialauswahl erfolgen, entschied das Arbeitsgericht<br />
Lübeck (Arbeitsgericht Lübeck am 4. September<br />
2013 (AZ: 5 Ca 1244/13)).<br />
Vergleichbarkeit von Arbeitnehmern<br />
Erstmals wurde durch das Landesarbeitsgericht (LAG)<br />
Schleswig-Holstein eine Entscheidung zum Merkmal<br />
„vergleichbarer Arbeitnehmer“ bei der Zahlung von<br />
Branchenzuschlagstarifen getroffen. Im vorliegenden<br />
Fall gab es im Kundenunternehmen mehrere Mitarbeiter,<br />
die eine mit dem Zeitarbeitnehmer vergleichbare<br />
Tätigkeit ausübten bzw. auf einer ähnlichen Stelle<br />
eingesetzt, aber unterschiedlich vergütet wurden.<br />
Gefordert wurde das höchste vergleichbare Entgelt,<br />
mindestens aber eine durchschnittliche Vergütung im<br />
Vergleich zu den Stammkräften. Der Zeitarbeitnehmer,<br />
so das LAG, müsse aber nur dann gleichbehandelt<br />
werden, wenn er über die gleiche Qualifikation<br />
der höher Bezahlten verfüge, was nicht der Fall war.<br />
Wolfram Linke<br />
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Impressum<br />
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Herausgeber<br />
iGZ – Interessenverband Deutscher<br />
Zeitarbeitsunternehmen e.V.<br />
iGZ-Bundesgeschäftsstelle<br />
PortAL 10 | Albersloher Weg 10<br />
48155 Münster<br />
E-Mail presse@ig-zeitarbeit.de<br />
www.ig-zeitarbeit.de<br />
Verantwortlich<br />
RA Werner Stolz,<br />
iGZ-Hauptgeschäftsführer<br />
Chefredaktion<br />
Wolfram Linke<br />
Redaktion<br />
Maren Letterhaus, Andrea Resigkeit<br />
Texte<br />
Maren Letterhaus, Wolfram Linke,<br />
Andrea Resigkeit, Dr. Jenny Rohlmann,<br />
Marcel Speker, Stefan Sudmann<br />
Fotos<br />
Maren Letterhaus, Wolfram Linke,<br />
www.istockphoto.com<br />
Gestaltung, Layout und Satz<br />
Medienhaus Münster GmbH<br />
Schlebrüggenkamp 15<br />
48159 Münster<br />
www.medienhaus-muenster.de<br />
Druck<br />
IVD GmbH & Co. KG<br />
Wilhelmstraße 240<br />
49475 Ibbenbüren<br />
www.ivd.de<br />
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Z direkt!<br />
Interview<br />
Zehn Fragen an den Vorsitzenden der IG BCE, Michael Vassiliadis<br />
"Qualitätsstandards einhalten"<br />
Der Wirtschaftstrend <strong>2014</strong> für die Chemie- und<br />
Energiebranche zeigt nach oben. Gute Vorzeichen<br />
auch für die dort beschäftigten Arbeitnehmer<br />
der Zeitarbeit. Bereits seit November 2012<br />
werden hier Branchenzuschlagstarife gezahlt.<br />
Doch die Große Koalition hat erste Gesetze vorgelegt,<br />
die für Bergbau, Chemie und Energie<br />
langfristige Änderungen bedeuten. Ob EEG-<br />
Reform, Rentenpaket, Freihandelsabkommen<br />
mit den USA oder Mindestlohn, die Industriegewerkschaft<br />
Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE)<br />
will diese Prozesse kritisch und konstruktiv begleiten,<br />
so Vorsitzender Michael Vassiliadis. Wie<br />
die Zukunft in diesen Industriebranchen aussieht<br />
und welche Rolle die Zeitarbeit dabei spielt, das<br />
fragte Andrea Resigkeit, Leiterin des iGZ-Hauptstadtbüros.<br />
Michael Vassiliadis, Vorsitzender der Industriegewerkschaft<br />
Bergbau, Chemie, Energie<br />
Z direkt!: Welche Themen werden die Industrie in<br />
naher Zukunft am meisten beschäftigen?<br />
Michael Vassiliadis: Wir müssen aufpassen, dass<br />
die Wertschöpfungskette nicht reißt. Die industrielle<br />
Produktion ist die Basis für den Wohlstand in Deutschland.<br />
Dazu müssen auch die Rahmenbedingungen<br />
stimmen. Es wäre beispielsweise ganz falsch, die Energiewende<br />
eindimensional ökologisch auszurichten.<br />
Vielmehr kommt es darauf an, die Balance zu wahren<br />
und ökonomische und soziale Erfordernisse nicht<br />
aus den Augen zu verlieren. Ich bin sehr froh, dass<br />
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel den Neustart der<br />
Energiewende eingeleitet hat.<br />
Z direkt!: Welche Bedeutung hat Zeitarbeit für die<br />
deutsche Wirtschaft?<br />
Vassiliadis: Zeitarbeit wurde einmal eingeführt, um<br />
Auftragsspitzen zu brechen oder unvorhersehbare Personalausfälle,<br />
zum Beispiel bei Grippewellen, kompensieren<br />
zu können. Das ist okay, hier wird die Zeitarbeit<br />
ihren Stellenwert behalten.<br />
Z direkt!: Erwarten Sie einen Rückgang der Zeitarbeit?<br />
Vassiliadis: Die Zukunft der Zeitarbeit wird davon abhängen,<br />
ob es durchgängig gelingt, Qualitätsstandards<br />
zu entwickeln und einzuhalten, die den Ansprüchen<br />
einer Hochleistungswirtschaft genügen. Gute Arbeit<br />
muss gut bezahlt werden, dieses Prinzip muss auch für<br />
die Zeitarbeitsunternehmen gelten – was leider noch<br />
nicht überall der Fall ist. Unser Tarifvertrag mit dem iGZ<br />
ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.<br />
Z direkt!: Sie sind auch Vorsitzender des europäischen<br />
Dachverbands der Industriegewerkschaften.<br />
Was brauchen Europas Arbeitnehmer?<br />
Vassiliadis: Es waren ja gerade Europa-Wahlen, wir<br />
haben uns in den Wahlkampf eingemischt, unsere Positionen<br />
deutlich formuliert. Wir erwarten vom neuen<br />
Parlament, dass es eine Politik für mehr Arbeitsplätze<br />
unterstützt und Investitionen in eine industrielle Erneuerung<br />
einfordert. Die EU braucht einen sozialen und<br />
wirtschaftlichen Aufschwung, das nutzt uns auch in<br />
Deutschland. Die Vorschläge unserer Gewerkschaftsföderation<br />
'industriAll' liegen auf dem Tisch.<br />
6
Interview<br />
Z direkt!<br />
Z direkt!: Einige Firmen haben bereits Arbeitnehmer<br />
aus dem Ausland nach Deutschland geholt.<br />
Vassiliadis: Im Personalmanagement muss ein Prozess<br />
des Umdenkens forciert, eine neue Strategie<br />
verfolgt werden. Das gilt generell, nicht allein für die<br />
Personaldienstleister. Es kann nicht die Leitlinie sein,<br />
Mitarbeiter im Ausland zu rekrutieren mit dem Ziel, die<br />
nationalen Standards zu unterlaufen. Billig und prekär<br />
– das bietet keine Perspektiven. Weder für die Menschen<br />
noch für die Unternehmen. Die Akzeptanz von<br />
Zeitarbeit hängt entscheidend davon ab, dass die Arbeitsbedingungen<br />
fair und anständig gestaltet werden.<br />
Z direkt!: Sollten wir die Ausbildungsstätte Europas<br />
werden?<br />
Vassiliadis: In der EU ist fast jeder Vierte zwischen<br />
15 und 24 Jahren arbeitslos, in Spanien haben 54<br />
Prozent der jungen Leute keinen Job, in Griechenland<br />
sind es beinahe 60 Prozent. Viele Talente kommen zu<br />
uns, suchen hier Zukunft und Perspektive. Im Übrigen<br />
wird Deutschland vor dem Hintergrund der demografischen<br />
Entwicklung auch künftig auf den Zuzug vor<br />
allem junger Menschen angewiesen sein. Grundsätzlich<br />
jedoch kann Migration eine vorausschauende Bildungs-<br />
und Ausbildungspolitik in den Heimatländern<br />
nicht ersetzen.<br />
Z direkt!: Weiterbildung und Qualifizierung stoßen<br />
manchmal auch an Grenzen, was ist zu tun?<br />
Vassiliadis: Ich kenne Reiner Hoffman sehr gut, er<br />
kommt aus meiner Gewerkschaft. Der neue DGB-Vorsitzende<br />
will die „Megatrends der Arbeitswelt“ wie<br />
die Digitalisierung von Arbeit, den demografischen<br />
Wandel und die Europäisierung und Globalisierung<br />
von Arbeit aufgreifen und deren Risiken begrenzen<br />
sowie die Chancen für die Beschäftigten erhöhen. Ein<br />
zweites Thema hat er mit der Ankündigung gesetzt,<br />
eine Offensive für den Ausbau der Mitbestimmung –<br />
in Deutschland und Europa – zu starten. Auf die Unterstützung<br />
der IG BCE kann Reiner Hoffmann dabei<br />
zählen.<br />
Z direkt!: Wie wichtig ist die Tarifeinheit?<br />
Vassiliadis: Die IG BCE steht zur Tarifeinheit, ohne<br />
Wenn und Aber. Zugleich ist für uns jede Einschränkung<br />
des Streikrechts völlig unakzeptabel. Die Bundesregierung<br />
arbeitet im Augenblick an einem Gesetzentwurf,<br />
wir werden das sehr genau verfolgen<br />
und begleiten.<br />
Z direkt!: Und noch eine persönliche Frage: Wer<br />
gewinnt die Fußball-Weltmeisterschaft?<br />
Vassiliadis: Natürlich drücke ich unserem Team die<br />
Daumen, befürchte jedoch, dass es am Ende nicht<br />
ganz reicht. Brasilien wird im eigenen Land nur schwer<br />
zu besiegen sein.<br />
Vassiliadis: Nicht so schnell. Ich sehe nicht, dass wir<br />
die Potenziale tatsächlich ausschöpfen. In der chemischen<br />
Industrie haben wir gemeinsam mit den Arbeitgebern<br />
das Programm „Start in den Beruf“ aufgelegt.<br />
Da werden junge Menschen gefördert, die nach klassischen<br />
Vorstellungen nicht ausbildungsfähig sind.<br />
Mehr als 80 Prozent schaffen am Ende dann doch<br />
den Sprung in die Ausbildung. Dieses Beispiel zeigt,<br />
was möglich ist. Es wäre gut, wenn solche Programme<br />
auch in anderen Branchen auf den Weg gebracht<br />
werden könnten.<br />
Z direkt!: Der DGB hat jetzt einen neuen Mann an<br />
der Spitze. Was erwarten Sie von Reiner Hoffmann?<br />
"Unser Tarifvertrag mit dem iGZ ist ein erster Schritt in<br />
die richtige Richtung."<br />
7
Z direkt!<br />
Titelthema<br />
8
Titelthema<br />
Z direkt!<br />
Wirtschaftskraft bestimmt Nachfrage nach Zeitarbeit<br />
Kein Massenphänomen<br />
Zeitarbeit in Europa, Zeitarbeit in Deutschland: Der Flexibilitätsdienstleister Nummer 1 für die Wirtschaft<br />
steht unter aufmerksamer Beobachtung der Öffentlichkeit. Doch über welche Größenordnungen<br />
sprechen wir tatsächlich? In Deutschland sind 98 von 100 Jobs keine Zeitarbeitsverhältnisse.<br />
Und auch in Europa bestätigt sich diese Verteilung: Zeitarbeit ist dort wichtig, wo es um betriebliche<br />
Flexibilität geht. Von einem Massenphänomen jedoch ist sie weit entfernt.<br />
Weltweit gibt es 36 Millionen Menschen, die als Mitarbeiter<br />
in der Zeitarbeit ihr Geld verdienen. Rechnet<br />
man das in Vollzeitstellen um, sprechen wir – weltweit<br />
– von 11,5 Millionen Stellen. Von diesen 11,5<br />
Millionen sogenannten Vollzeit-Äquivalenten sind<br />
rund 4 Millionen in Europa. Das sind etwa 35 Prozent.<br />
Europa ist also auch aus globaler Sicht ein wichtiger<br />
Zeitarbeitsmarkt. Man erkennt aber auch: Angesichts<br />
von insgesamt 222 Millionen Erwerbstätigen in der EU<br />
sprechen wir über eine vergleichsweise kleine Gruppe<br />
auf dem Arbeitsmarkt.<br />
Nimmt man nun die vier Millionen Vollzeitstellen in<br />
der europäischen Zeitarbeit und schaut, wie sich diese<br />
auf die einzelnen Länder verteilen, so dürften zumindest<br />
die ersten beiden Länder auf dieser Liste nicht<br />
sonderlich überraschen: 18,6 Prozent aller Vollzeitstellen<br />
in der europäischen Zeitarbeit sind in Deutschland<br />
zu finden, 16,7 Prozent in Frankreich. Dass Platz 3 mit<br />
10,2 Prozent an die Niederlande geht, mag angesichts<br />
der Wirtschaftsgröße des Landes verwundern. Kennt<br />
man die arbeitskulturelle Offenheit gegenüber den<br />
„Aussende-Büros“, wie die Zeitarbeitsunternehmen<br />
dort heißen, so ist diese Platzierung wiederum logisch.<br />
Als nächstes kommt dann die drittgrößte Volkswirtschaft<br />
der EU, Italien, mit 5,2 Prozent Anteil am<br />
europäischen Zeitarbeitsmarkt.<br />
Die Nachfrage nach Zeitarbeit richtet sich also zunächst<br />
einmal nach der Wirtschaftskraft eines Landes,<br />
mithin nach den Flexibilitätsnotwendigkeiten der<br />
Unternehmen. Umso wichtiger ist, dass neben diesen<br />
konjunkturellen Einflüssen keine weiteren politischen<br />
Effekte hinzukommen!<br />
Marcel Speker<br />
Zeitarbeit in Europa (prozentuale Verteilung)<br />
9
Z direkt!<br />
Titelthema<br />
Zeitarbeitsbranche wartet auf das EUGH-Urteil<br />
Equal Pay und Überlassungsdauer –<br />
Kippt Koalitionsvertrag?<br />
"Zeitarbeit in Deutschland – Zeitarbeit in Europa“ hieß es beim Landeskongress der Bundesländer Rheinland-Pfalz,<br />
Hessen und Saarland im Kurfürstlichen Schloss in Mainz. Im Mittelpunkt stand unter anderem<br />
die EU-Richtlinie, die die Zeitarbeit international regelt. Was bedeutet diese Richtlinie konkret für die<br />
Zeitarbeit in Deutschland?<br />
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Der Grad der Regulierung von Arbeitnehmerüberlassung<br />
hat mittlerweile ein Niveau erreicht, das fast nur<br />
noch von Spezialisten bewältigt werden kann. Neben<br />
den Regeln in Deutschland gilt es bei der Überlassung<br />
ins europäische Ausland zusätzlich zahlreiche<br />
landestypische Normen zu beachten. Hinzu kommt<br />
noch die EU-Richtlinie, die aufgestellt wurde, um „einen<br />
diskriminierungsfreien, transparenten und verhältnismäßigen<br />
Rahmen zum Schutz der Leiharbeitnehmer<br />
festzulegen und gleichzeitig die Vielfalt der<br />
Arbeitsmärkte und der Arbeitsbeziehungen zu wahren“,<br />
wie es in der Richtlinie selbst heißt. Allerdings<br />
gibt die Richtlinie den europäischen Mitgliedsstaaten<br />
nur einen Rahmen vor. Es bleibt also ein Umsetzungsspielraum.<br />
In Deutschland wurde zur Umsetzung der<br />
Richtlinie 2011 das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz<br />
(AÜG) geändert.<br />
In den Fokus gerückt ist die EU-Richtlinie nun im Zusammenhang<br />
mit der Koalitionsvereinbarung der Regierungsparteien<br />
CDU/CSU und SPD. Die Große Koalition<br />
plant die Einführung von Equal Pay nach neun<br />
Monaten. Die Richtlinie fordert dagegen die Mitgliedsstaaten<br />
zu einer Einhaltung der Tarifautonomie auf:<br />
„Die vorliegende Richtlinie beeinträchtigt weder die<br />
Autonomie der Sozialpartner, noch sollte sie die Beziehungen<br />
zwischen den Sozialpartnern beeinträchtigen,<br />
einschließlich des Rechts, Tarifverträge gemäß nationalem<br />
Recht […] auszuhandeln und abzuschließen.“<br />
Die Richtlinie sieht die Abweichung durch Tarifverträge<br />
unter Beachtung des von der Richtlinie geforderten<br />
Gesamtschutzes vor. Aus der EU-Richtlinie resultiert<br />
folglich keine Verpflichtung zur Einführung einer<br />
9-Monats-Regel für Equal Pay.<br />
Lohnangleichung durch Tarif<br />
Eine Angleichung des Entgelts der Zeitarbeitnehmerschaft<br />
an das Gehalt des Stammpersonals haben die<br />
Tarifpartner bereits durch die zeitlich gestaffelten<br />
Branchenzuschlagstarifverträge geregelt, die für elf<br />
Branchen gelten und damit weit über 50 Prozent der<br />
Zeitarbeitnehmer betreffen. Die Zulässigkeit einer Beschränkung<br />
der Überlassungsdauer auf 18 Monate<br />
10
Z direkt!<br />
iGZ-Geschäftsführer Dr. Martin Dreyer erläuterte<br />
beim Landeskongress in Mainz mögliche juristische<br />
Probleme bei der Umsetzung der Regierungspläne.<br />
wird derzeit noch intensiv diskutiert und beschäftigt<br />
auch die Gerichte. Denn die Richtlinie erlaubt „Verbote<br />
oder Einschränkungen des Einsatzes von Leiharbeit<br />
[…] nur aus Gründen des Allgemeininteresses […];<br />
hierzu zählen vor allem der Schutz der Leiharbeitnehmer,<br />
die Erfordernisse von Gesundheitsschutz und<br />
Sicherheit am Arbeitsplatz oder die Notwendigkeit,<br />
das reibungslose Funktionieren des Arbeitsmarktes<br />
zu gewährleisten und eventuellen Missbrauch zu verhüten“<br />
(Artikel 4 Absatz 1 der EU-Richtlinie). Daraus<br />
resultiert keine Verpflichtung zur Einführung einer festen<br />
Höchstüberlassungsdauer.<br />
Fraglich bleibt deshalb die von der Politik formulierte<br />
grundlose zeitliche Begrenzung der Überlassung.<br />
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) verwies in einer Entscheidung<br />
zum Begriff „vorübergehend“ darauf, dass<br />
mit Blick auf die zahlreichen möglichen Sanktionen<br />
höchstens der Gesetzgeber tätig werden könne – und<br />
nicht die Arbeitsgerichtsbarkeit. Das BAG sah aber offenbar<br />
in der gegenwärtigen Regelung im AÜG ohne<br />
feste Höchstüberlassungsdauer keinen Verstoß gegen<br />
die Richtlinie.<br />
Regulierungsbedarf oder Regulierungsschranken?<br />
Nicht entschieden hat das BAG bisher, wie der Begriff<br />
„vorübergehend“ inhaltlich zu füllen ist. In Deutschland<br />
existieren unterschiedliche Auffassungen zur<br />
dauerhaften Überlassung – die herrschende Meinung<br />
hält die AÜG-Regelung für ein Verbotsgesetz: Dauerhafte<br />
Überlassung ist verboten. Ähnliches Dilemma<br />
wie beim Begriff „vorübergehend“ ist die Frage: „Was<br />
ist dauerhaft“? Dazu gibt es derzeit drei Meinungen.<br />
Die Definition erschließt sich aus dem Teilzeit- und Befristungsgesetz<br />
(TzBfG, § 14, Abs. 1, Abs. 2.): „Die<br />
Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn<br />
sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist.“<br />
und „Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages<br />
ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist<br />
bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser<br />
Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens<br />
dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig<br />
befristeten Arbeitsvertrages zulässig.“ Eine weitere<br />
Meinung unterstellt Dauerhaftigkeit, wenn auf einen<br />
Dauerarbeitsplatz überlassen wird. Und schließlich<br />
herrscht noch die Auffassung, dass jedenfalls dann<br />
keine dauerhafte Überlassung gegeben ist, wenn der<br />
Mitarbeiter selbst nach längerer Überlassung jederzeit<br />
vom Kunden abgemeldet werden könnte.<br />
Voraussichtlich noch in diesem Jahr wird der Europäische<br />
Gerichtshof (EUGH) darüber entscheiden, ob<br />
es gegen die Richtlinie verstößt, wenn längerfristige<br />
Überlassungen verboten sind. Ein finnisches Arbeitsgericht<br />
hat diese Frage zur Vorabentscheidung dem<br />
EUGH vorgelegt. Mit der Entscheidung des EUGH<br />
könnte der Inhalt der Koalitionsvereinbarung zur Zeitarbeit<br />
hinfällig sein.<br />
Wolfram Linke<br />
11
Z direkt!<br />
§<br />
Titelthema<br />
§<br />
iGZ-Jurist Stefan Sudmann richtet Blick auf Europa<br />
Auslandseinsätze brauchen Vorlauf<br />
§<br />
Auf dem iGZ-Landeskongress am 15. Mai in Mainz richtete iGZ-Jurist Stefan Sudmann in seinem Vortrag<br />
den „Blick nach Europa: Was ist bei grenzüberschreitender Arbeitnehmerüberlassung zu beachten?“<br />
In puncto Auslandsentsendung kann zwischen „Profis“<br />
und „Gelegenheitstätern“ unterschieden werden.<br />
Es gibt einerseits Unternehmen, zum Beispiel im<br />
Bereich der Montage, die ständig ins Ausland überlassen<br />
und andererseits solche, bei denen das sporadisch<br />
und oft kurzfristig geschieht,<br />
wenn der Kunde einen<br />
Auftrag im Ausland ausführen<br />
muss. Die Kunden sollten sensibilisiert<br />
werden, den Personaldienstleister<br />
(PDL) so früh wie<br />
möglich über den geplanten<br />
Auslandseinsatz in Kenntnis zu<br />
setzen, damit der PDL die nötigen<br />
Vorbereitungen treffen kann. Denn der benötigte<br />
Vorlauf für die Erledigung von Formalitäten<br />
und die Prüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
wird häufig unterschätzt.<br />
Bleibt nicht genügend Zeit, kann deswegen<br />
unter Umständen der Auftrag scheitern. Da<br />
nicht der Kunde, sondern der PDL als Arbeitgeber<br />
letztverantwortlich ist, kann er<br />
nicht das Risiko einer Entsendung eingehen,<br />
wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
unklar sind. Staaten, in die<br />
nicht überlassen werden darf, kann es<br />
aufgrund der EU-Dienstleistungsfreiheit<br />
nur außerhalb der EU geben.<br />
Zu nennen ist hier die Schweiz.<br />
Umgekehrt dürfen Schweizer<br />
Unternehmen nicht in die EU<br />
überlassen.<br />
In der Praxis problematisch für deutsche PDL erweisen<br />
sich hohe Hürden beim Marktzugang (Überlassungserlaubnis,<br />
hohe Kaution, Nachweis von hohen<br />
Stammkapitalbeträgen) in manchen EU-Mitgliedstaaten<br />
(zum Beispiel Belgien oder Italien). Etwa 20 EU-<br />
Länder kennen eine Erlaubnis- beziehungsweise Registrierungspflicht<br />
für Zeitarbeitsunternehmen. Eine<br />
Erlaubnis ist jedoch nur erforderlich, wenn der Überlassungsvertrag<br />
mit einem im Ausland ansässigen<br />
Kundenunternehmen geschlossen wird. Wird hingegen<br />
an einen deutschen Kunden überlassen, der die<br />
Zeitarbeitnehmer „mit über die Grenze nimmt“ (Huckepacküberlassung),<br />
so ist grundsätzlich keine ausländische<br />
Überlassungserlaubnis erforderlich.<br />
In manchen Länder gibt es<br />
sektorale Überlassungsverbote<br />
(Beispiel: Bauhauptgewerbeverbot<br />
in Deutschland)<br />
oder Beschränkungen (keine<br />
Zeitarbeit bei Streik oder gefährlichen<br />
Arbeiten, Erfordernis eines<br />
Einsatzgrundes, gepaart mit einer<br />
Überlassungshöchstdauer).<br />
Die Lohnsteuer ist grundsätzlich im<br />
Falle von Entsendungen über 183 Tage<br />
im Ausland abzuführen, im Rahmen von<br />
Arbeitnehmerüberlassung<br />
§<br />
je nach Doppelbesteuerungsabkommen<br />
aber auch<br />
schon ab dem ersten Tag. Für Grenzgänger<br />
im Grenzgebiet zu Österreich,<br />
Frankreich und der<br />
Schweiz greifen Sonderregeln,<br />
die die dauerhafte<br />
Besteuerung im Heimatstaat<br />
sicherstellen. Soweit<br />
deutsches Steuerrecht<br />
greift, gelten für Reisekostenzuschüsse<br />
die höheren Auslandsfreibeträge,<br />
die das Bundesfinanzministerium festgelegt<br />
hat. Der deutsche Sozialversicherungsschutz bleibt<br />
auch bei Entsendungen über das EU-Formular A 1, das<br />
bei den Krankenkassen zu beantragen ist, zunächst für<br />
bis zu 24 Monate erhalten.<br />
Im Falle von Auslandseinsätzen gilt weiter deutsches<br />
Arbeitsrecht (iGZ-DGB-Tarifvertrag, Kündigungsschutzgesetz,<br />
Entgeltfortzahlungsgesetz). Günstigere<br />
12
Arbeitsbedingungen – dies betrifft die in der EU-Entsenderichtlinie<br />
aufgelisteten Arbeitsbedingungen – im<br />
ausländischen Einsatzstaat überlagern jedoch die Bedingungen<br />
des deutschen Arbeitsvertrages. Insbesondere<br />
kommt es vor, dass ein ausländischer gesetzlicher<br />
oder allgemeinverbindlicher Mindestlohn, der den<br />
iGZ-Tariflohn übersteigt, zu berücksichtigen ist. Für in<br />
Deutschland angestellte ausländische Arbeitnehmer<br />
aus Nicht-EU-Staaten gelten diese Grundsätze auch.<br />
Für solche Arbeitnehmer ist im Übrigen gegenebenfalls<br />
eine Arbeitserlaubnis für den Einsatzstaat zu beantragen.<br />
Am 16. April <strong>2014</strong> hat das EU-Parlament mit der<br />
Verabschiedung der Durchsetzungsrichtlinie zur EU-<br />
Entsenderichtlinie die Anforderungen an die Weitergeltung<br />
des Heimatrechts, also an Entsendungen,<br />
verschärft. Das hat möglicherweise zur Folge, dass<br />
künftig europaweit mehr Arbeitnehmer dem Arbeitsrecht<br />
des Einsatzstaates unterliegen und die Zahl der<br />
Entsendungen europaweit abnimmt. Die Durchsetzungsrichtlinie<br />
legt fest, dass Unternehmen entsendefähig<br />
sein müssen. Dazu gehört eine wesentliche<br />
Geschäftstätigkeit im Sitzstaat. Außerdem muss der<br />
Arbeitnehmer im wesentlichen Umfang einer Tätigkeit<br />
am Sitz des Arbeitgebers nachgehen und darf<br />
nicht dauerhaft im Ausland tätig sein, weil sonst keine<br />
„vorübergehende“ Entsendung vorliegt.<br />
§ §Titelthema Z direkt!<br />
Anstellung der Mitarbeiter nach deutschem Arbeitsrecht<br />
eine Lösung sein. Die Vereinbarung eines Arbeitsvertrages,<br />
der ausländischem Arbeitsrecht unterliegt,<br />
kommt für deutsche PDL in Betracht, wenn der<br />
eingesetzte Mitarbeiter in dem Land wohnt, in dem<br />
der Auftrag ausgeführt wird.<br />
Die neue EU-Durchsetzungsrichtlinie bestimmt auch,<br />
dass alle relevanten Rechtsinformationen bezüglich<br />
Entsendungen künftig auf einer nationalen Internetseite<br />
jedes EU-Landes nutzerfreundlich abrufbar sein<br />
sollen. Manche EU-Staaten haben solche Infoseiten<br />
§<br />
schon eingerichtet. Überdies können Infos bei folgenden<br />
Stellen abgerufen werden: Außenhandelskammern,<br />
Wirtschaftskammern, Fachverbände, Kanzleien,<br />
Steuerberater, Fiskalvertreter und – nicht zuletzt<br />
– natürlich bei den Kunden. iGZ-Informationen zur<br />
gesamten Thematik werden in iGZ-Seminaren, im<br />
Rahmen von Auskünften seitens des iGZ-Rechtreferats<br />
und in der Rechtsdatenbank für Mitglieder unter<br />
der Rubrik Internationales/Entsendung angeboten.<br />
Stefan Sudmann<br />
Viele ausländische – zum Beispiel osteuropäische –<br />
Unternehmen respektive PDL erfüllen die neuen EU-<br />
Entsendebedingungen nicht. Für diese PDL mag die<br />
Gründung einer deutschen Niederlassung und der<br />
www.ig-zeitarbeit.de/tarife-recht/<br />
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13
Z direkt!<br />
Titelthema<br />
Deutschland vermehrt auf Zuwanderung angewiesen<br />
Viele ausländische Beschäftigte in der Zeitarbeit<br />
Deutschland ist dringend auf Fachkräfte angewiesen. Immer mehr Zeitarbeitsfirmen übernehmen die<br />
Aufgabe, fehlende Spezialisten aus dem Ausland zu rekrutieren. In den vergangenen zwei Jahren stieg<br />
die Zahl ausländischer Zeitarbeitskräfte von 136.000 (2011) auf 159.000 Personen (2013).<br />
Damit sind in der Zeitarbeit anteilig doppelt so viele<br />
ausländische Beschäftigte tätig wie in der Gesamtwirtschaft<br />
(2011: 15,57 Prozent zu 7,26 Prozent). Der<br />
weitaus größte Teil derer ist in Westdeutschland beschäftigt<br />
– geführt von Nordrhein-Westfalen (24,08<br />
Prozent), Baden-Württemberg (19,93 Prozent) und<br />
Bayern (18,74 Prozent). In den neuen Bundesländern<br />
liegt der Anteil an ausländischen Beschäftigten in der<br />
Zeitarbeitsbranche bei jeweils unter 2,5 Prozent.<br />
Wirtschaftsstandorte entscheidend<br />
Ein Blick auf die Branchen, in denen ausländische<br />
Zeitarbeitskräfte verstärkt eingesetzt werden, lässt<br />
die Ursache dafür vermuten: Im ersten Halbjahr 2013<br />
waren laut Bundesagentur für Arbeit fast 40.000 Ausländer<br />
in der Branche Verkehr/Logistik tätig, 28.500<br />
arbeiteten in der Metallbranche, weitere 10.800 in<br />
der Lebensmittelherstellung und -verarbeitung. Diese<br />
Branchen sind besonders stark in Süddeutschland und<br />
Nordrhein-Westfalen vertreten.<br />
Hoher Zuwachs in der Land- und Forstwirtschaft<br />
Es gibt Bereiche, in denen der Anteil ausländischer<br />
Zeitarbeitskräfte besonders hoch ist. Spitzenreiter ist<br />
die Lebensmittelherstellung – hier kommt mehr als<br />
jeder dritte Zeitarbeitnehmer aus dem Ausland. Auch<br />
der typische Erntehelfer bildet sich in der Statistik<br />
ab: 32 Prozent der Zeitarbeitskräfte in der Land- und<br />
Forstwirtschaft sind ausländischer Abstammung. Hier<br />
verzeichnete sich seit 2011 (21 Prozent) der mit Abstand<br />
höchste Zuwachs.<br />
Vor allem Italiener und Polen<br />
Gesamtwirtschaftlich gesehen stammen traditionell<br />
die meisten Einwanderer aus Italien. Zwischen 2003<br />
und 2012 lag die Anzahl der in Deutschland arbeitenden<br />
Italiener laut eurostat nahezu unveränderlich<br />
knapp unter der 300.000er-Marke. An zweiter Stelle<br />
stehen seit 2009 die Polen. Ihre Anzahl hat sich zwischen<br />
2003 (104.000 Personen) und 2012 (204.000<br />
Personen) nahezu verdoppelt.<br />
Immer mehr Osteuropäer<br />
Am höchsten fällt der Zuwachs bei den osteuropäischen<br />
Ländern aus, die erst 2005 der EU beitraten.<br />
Spitzenreiter sind hier Bulgarien (+164 Prozent), die<br />
Slowakische Republik (+117 Prozent) und Litauen<br />
(+106 Prozent). Ebenso wächst der Anteil rumänischer<br />
Zuwanderer stark (+128 Prozent, EU-Beitritt<br />
2007). In der Liste der Anzahl Erwerbstätiger liegen all<br />
diese Länder jedoch noch in der unteren Hälfte.<br />
Dem demografischen Wandel gegensteuern<br />
Ein Blick in die Statistik verrät, dass die Zuwanderer<br />
Deutschland schon jetzt verjüngen. 52 Prozent der<br />
in Deutschland sozialversicherungspflichtig beschäftigten<br />
EU-Bürger waren im Juni 2013 unter 40 Jahre<br />
alt. Unter den Deutschen liegt diese Quote bei nur<br />
41 Prozent. Daher begrüßt die Bundesregierung die<br />
Entwicklung. Infolge des demografischen Wandels<br />
schrumpfe die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter<br />
bis zum Jahr 2030 in Millionenhöhe. Zwar könne ein<br />
Teil davon durch die gestiegene Erwerbsbeteiligung,<br />
insbesondere von Frauen und Älteren, ausgeglichen<br />
werden. „Deutschland ist jedoch mittel- und langfristig<br />
auf Zuwanderung angewiesen, um den Fachkräftebedarf<br />
zu decken“, betont die Bundesregierung.<br />
Deutschland ist Spitzenreiter<br />
Im Vergleich zu den übrigen EU-Ländern ist die Zahl<br />
ausländischer Beschäftigter in Deutschland zwischen<br />
2007 und 2012 unterdurchschnittlich stark gestiegen.<br />
Mit einer Zuwanderung von rund 235.000 Erwerbstätigen<br />
zwischen 15 und 64 Jahren (+17 Prozent) liegt<br />
Deutschland weit hinter Ländern wie Italien (+127<br />
Prozent) und Zypern (+103 Prozent). In absoluten<br />
Zahlen ist Deutschland jedoch Spitzenreiter als Gastgeber<br />
für ausländische Arbeitskräfte. 2012 zählte die<br />
14
Titelthema<br />
Z direkt!<br />
Arbeitskräfteerhebung knapp 1,6 Millionen ausländische<br />
Beschäftigte, gefolgt vom Vereinigten Königreich<br />
mit 1,4 Millionen Personen.Die meisten EU-Länder<br />
zählen jährlich mehr ausländische Arbeitskräfte.<br />
Lediglich in Irland, Spanien, Ungarn und Portugal verringerte<br />
sich deren Anzahl zwischen 2003 und 2012.<br />
Für <strong>2014</strong> rechnet die Bundesagentur für Arbeit damit,<br />
dass rund 300.000 Zuwanderer nach Deutschland<br />
kommen werden.<br />
Maren Letterhaus<br />
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Z direkt!<br />
Titelthema<br />
Catharina Lubowietzki schnupperte<br />
in die Arbeit der Personalabteilung<br />
eines Safariparks.<br />
PDK-Azubis nutzen Auslandspraktika<br />
Hinter dem Horizont geht´s weiter…<br />
Ihren Horizont erweitert haben drei PDK-Azubis durch Auslandspraktika in England und Malta. Sie konnten<br />
dabei nicht nur in die Personalarbeit anderer Länder schnuppern, sondern auch ihre Sprachkenntnisse<br />
verbessern und interkulturelle Kompetenzen gewinnen.<br />
Personaldienstleistungskaufleute (PDK) arbeiten mit<br />
verschiedenen Arbeitsmarktakteuren zusammen, zu<br />
denen Mitarbeiter, Kunden, Institutionen und Kollegen<br />
gehören. Dahinter stecken Menschen mit kulturell<br />
unterschiedlich geprägten Verhaltens- und Denkmustern<br />
sowie unterschiedlichen Erwartungen. Und die<br />
Branche wird internationaler: Grenzüberschreitende<br />
Personaldienstleistungen gehören in vielen Unternehmen<br />
zum Tagesgeschäft. Personaldienstleister haben<br />
naturgemäß mit wesentlich mehr Menschen intensiv<br />
zu tun als viele andere Berufsgruppen. Interkulturelle<br />
Kompetenzen spielen dabei eine wichtige Rolle.<br />
Das hat die Berufliche Schule für Büro- und Personalmanagement<br />
in Hamburg-Bergedorf erkannt und<br />
bietet seit 2011 Auslandspraktika für PDK an. Bisher<br />
haben 30 Berufsschüler, die sich mindestens im<br />
zweiten Ausbildungsjahr befanden, diese Chance ergriffen.<br />
Ihre Motivation ist klar: Auslandserfahrungen<br />
sammeln, Sprachkenntnisse optimieren und etwas für<br />
die berufliche Entwicklung tun.<br />
Auf Safari in England<br />
Eine der ersten Praktikantinnen war Catharina Lubowietzki.<br />
Sie ist vor drei Jahren für einen Monat nach<br />
Bewdley in England gegangen. Dort hat sie im wahrsten<br />
Sinne des Wortes einen der exotischsten Praktikumsplätze<br />
gehabt. Sie arbeitete zwischen Elefanten,<br />
Tigern und Giraffen in der HR-Abteilung des West<br />
Midland Safari Parks und damit in einer der beliebtesten<br />
Touristenattraktionen südwestlich von Birmingham.<br />
16
Titelthema<br />
Z direkt!<br />
Dadurch, dass sie in der Familie des HR-Managers gewohnt<br />
hat und täglich mit ihm ins Büro gefahren ist,<br />
hat Lubowietzki ganz nebenbei schon viel über die<br />
Arbeit im Safaripark erfahren. Sie wurde schnell in<br />
die Personalabteilung integriert und hat vor allem die<br />
Bereiche Azubi-Rekrutierung, Bewerberauswahl und<br />
Zufriedenheitsanalyse kennengelernt. „Die Kollegen<br />
haben mir viel zugetraut“, berichtet die PDK-Auszubildende.<br />
Falls es sprachliche Probleme gab, wurde ihr<br />
sofort geholfen.<br />
Interessant war es für sie zu sehen, welche arbeitsrechtlichen<br />
Unterschiede es gibt. So zum Beispiel erfuhr<br />
sie, dass befristete Verträge in England weiter verbreitet<br />
sind als in Deutschland und Stundenlöhne<br />
abhängig vom Alter eines Arbeitnehmers. „Die<br />
Arbeitsatmosphäre war locker und sehr freundlich.<br />
Meine Kollegen hatten sogar ein offenes Ohr<br />
für meine Ideen. Ich habe viele tolle persönliche<br />
und berufliche Erfahrungen gesammelt“, fasst Lubowietzki<br />
ihre Praktikumszeit zusammen. Auf<br />
die Frage, was man bei einem Job in England<br />
unbedingt beachten sollte, antwortet sie<br />
lächelnd: „Man sollte Instant Coffee mögen.“<br />
Heute arbeitet die 24-Jährige<br />
als Vertriebsdisponentin beim<br />
iGZ-Mitglied Stegmann<br />
Aircraft Maintenance<br />
GmbH in Hamburg.<br />
Zwischen Buckingham Palace und Big Ben<br />
Mitten in London City hat der 22-jährige Christian<br />
Ahrens seinen Praktikumsplatz gefunden. Er assistierte<br />
im Frühjahr <strong>2014</strong> in der Personalabteilung des<br />
4-Sterne Hotels Marylebone. Ahrens pendelte täglich<br />
40 Minuten nach London, um einen Monat lang Einblicke<br />
in die Arbeit einer vierköpfigen Personalabteilung<br />
zu bekommen.<br />
Das Hotel hat 256 Zimmer und entsprechend viel Personal.<br />
„Die Personalabteilung war häufig mit Einstellungs-<br />
und Entlassungsverfahren beschäftigt, weil es<br />
branchenbedingt scheinbar eine hohe<br />
Fluktuation gibt“, erzählt Ahrens. Neben<br />
seinen Routineaufgaben hat<br />
Ahrens Videoaufnahmen von den<br />
Verhaltenstrainings der Hotelmitarbeiter<br />
gemacht, die zufällig zu<br />
seiner Praktikumszeit stattfanden.<br />
Dadurch hat er nicht<br />
nur die Personalabteilung,<br />
sondern alle Berufssparten<br />
eines<br />
Hotels kennengelernt. Auch<br />
er beschreibt das englische Arbeitsklima<br />
als sehr freundlich: „Der persönliche Kontakt wird<br />
groß geschrieben. Das heißt, bevor man einem Kollegen<br />
eine E-Mail schreibt, geht man lieber mal eben rüber.<br />
Und immer wird man gefragt wie es einem geht:<br />
Ein 'How are you?' gehört zum Höflichkeitsstandard.“<br />
Als Besonderheit der Arbeitssituation nennt er die beengten<br />
Verhältnisse: „Die Büros waren klein und unglaublich<br />
voll – ich würde sagen, auch ziemlich unordentlich.<br />
Vielleicht hängt das mit der generell sehr<br />
beengten Raumsituation in London zusammen.“<br />
Ahrens bringt einen wichtigen Lerneffekt auf den<br />
Punkt: „Durch das Praktikum weiß ich, dass ich mich<br />
in einem fremdsprachigen Land – sogar im Arbeitsleben<br />
mit seinem Fachvokabular – gut zurechtfinden<br />
kann. Ich hätte auch kein Problem damit, in ein Land<br />
zu gehen, dessen Sprache ich nicht beherrsche.“<br />
17
Z direkt!<br />
Titelthema<br />
Aus beiden spricht hier das typisch deutsche Ordnungsdenken<br />
– ein (Vor-)Urteil, das auch Christian<br />
Ahrens mit einem Augenzwinkern entgegen gebracht<br />
wurde.<br />
Wo andere Urlaub machen<br />
Immo Hacke absolvierte letztes Jahr sein Praktikum in<br />
der Personalabteilung des Corinthia Palace Hotel and<br />
Spa, einem luxuriösen Urlaubsdomizil in Attard, Malta.<br />
Sein Einstieg wurde ihm durch eine maltesische<br />
Organisation erleichtert, die ihn mit allen wichtigen<br />
nationalen Informationen versorgte und ihm einen<br />
WG-Platz zusammen mit anderen ausländischen Praktikanten<br />
zur Verfügung stellte.<br />
Christian Ahrens hospitierte in London.<br />
Unterschiede<br />
Die beiden England-Praktikanten haben aber auch<br />
negative Seiten in der dortigen Personalarbeit entdeckt.<br />
Beide empfanden die Arbeitsweise als eher<br />
unstrukturiert, teilweise auch als zu<br />
offen, wenn es um personelle Interna<br />
ging.<br />
„An meinem ersten Arbeitstag wurde mir zuerst das<br />
gesamte Hotel gezeigt. Dann ging es in die Personalabteilung,<br />
wo ich Bewerbungen gesichtet, Gehaltsabrechnungen<br />
bearbeitet und zum Beispiel bei Bewerbungsgesprächen<br />
hospitiert habe“, schildert Hacke<br />
seine Praktikumsaufgaben. Die Bewerbungsgespräche<br />
fanden anders als in Deutschland in der Hotellobby<br />
statt. „Das war eine sehr entspannte Atmosphäre,<br />
die aber auch die nötige Seriosität hatte“, so Hacke.<br />
Seine Bilanz fällt durchweg positiv aus: „Ich würde<br />
jedem raten ein Auslandpraktikum zu machen. Ich<br />
habe viel Neues und sehr freundliche Menschen erlebt<br />
und neben Einblicken in eine andere Kultur<br />
auch Einblicke in die dortige<br />
Berufswelt gewonnen.<br />
Außerdem war es eine<br />
gute Möglichkeit, den<br />
fremdsprachlichen<br />
Wortschatz zu festigen<br />
und auszubauen.<br />
Ich weiß jetzt, dass<br />
ich mich im Ausland<br />
unter ungewohnten<br />
Bedingungen<br />
zurecht<br />
finden kann.“<br />
18<br />
18
Titelthema .... Z direkt!<br />
Immo Hacke mit seinen<br />
maltesischen Kolleginnen.<br />
Positives Resümee<br />
Alle Auszubildenden haben einerseits ihre Englischkenntnisse<br />
verbessert, andererseits Erfahrungen in<br />
der ausländischen Personalarbeit gesammelt und gelernt,<br />
mit anderen Kulturen im Arbeitsleben zurecht<br />
zu kommen. Letztlich haben damit alle erfolgreich an<br />
ihrer Karriere gefeilt. Ihr Resümee fällt dementsprechend<br />
positiv aus: Alle PDK möchten ihr Praktikum<br />
nicht missen und sie würden jedem Azubi raten, für<br />
eine Weile ins Ausland zu gehen.<br />
PDK-Praktikumsprogramm der<br />
Berufsschule Bergedorf<br />
Projektkoordinatorin<br />
Susanne Schulz<br />
susanne.schulz@bsbp-bergedorf.org<br />
Weitere Informationen unter<br />
www.praktikumineuropa.de<br />
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19
Z direkt!<br />
Reportage<br />
Zeitarbeitskräfte unterwegs: Eine Online-Suchseite für Unterkünfte<br />
Zimmer frei!<br />
Ein alltägliches Problem in der Personaldisposition: Schon morgen soll der Elektriker für drei Monate auf<br />
Montage fern der Heimat, und irgendwo im Nirgendwo muss nun schnellstens eine Unterkunft gefunden<br />
werden. Mit „mein-Monteurzimmer.de“ können Personaldisponenten seit September 2013 der oftmals<br />
mühseligen Suche nach Zimmern und Wohnungen ein Schnippchen schlagen.<br />
„Wir kommen selbst aus der Zeitarbeitsbranche und<br />
wissen, wie zeitaufwendig sich die Suche nach Unterkünften<br />
meist gestaltet“, erklärt Bastian Nitzschke,<br />
der die Internetplattform gemeinsam mit seinem Bruder<br />
Christopher ins Leben rief. Das ständige Recherchieren<br />
nach günstigem Wohnraum zur Miete brachte<br />
beide schließlich auf die Idee, einen Internetauftritt zu<br />
gestalten, der Suchende und Anbietende zusammenbringt.<br />
„Wir schaffen damit die Möglichkeit, ordentliche<br />
Unterkünfte anzubieten, die nicht nur kurzfristig<br />
verfügbar sind, sondern auch in den Verrechnungssatz<br />
passen“, betont der 29-jährige Bastian Nitzschke.<br />
Nerv getroffen<br />
Damit trafen die beiden studierten Betriebswirtschaftler<br />
offenbar einen Nerv und eine Marktlücke<br />
der Branche. Die Nachfrage boomt, die Internetseite<br />
fand und findet vor allem auch im Handwerk größte<br />
Beachtung. Noch nicht einmal ein Jahr am Netz,<br />
wurde die Internetseite bereits als „Handwerkerseite<br />
des Jahres“ in ihrer Kategorie ausgezeichnet. „Unser<br />
Angebot ist flächendeckend in Deutschland“, erläutert<br />
der 25-jährige Christopher Nitzschke. Viele Unternehmen<br />
– besonders auch Weltmarktführer – haben<br />
ihre Standorte in ländlichen Regionen. „Wir haben in<br />
unserer Datenbank nicht nur Hotels und Pensionen,<br />
sondern auch Appartements und Ferienwohnungen.<br />
Und das vor allem auch da, wo die Infrastruktur weniger<br />
ausgeprägt ist“, unterstreichen beide dazu. Da<br />
die Ansprüche an die Unterkünfte recht unterschiedlich<br />
ausfallen, findet sich in den Angeboten stets eine<br />
Palette an Icons, mit denen gekennzeichnet ist, was<br />
die Unterkunft – von der eigenen Küche bis hin zum<br />
Balkon – jeweils bietet.<br />
Übersichtliche Suche<br />
Das Procedere ist denkbar einfach. Wer eine Unterkunft<br />
anbieten möchte, zahlt eine jährliche Pauschale<br />
und kann sein Angebot dann auf der Plattform<br />
bewerben. „Für Suchende ist die Nutzung gänzlich<br />
20
Reportage<br />
Z direkt!<br />
kostenlos“, zeichnen die Brüder die Praxis nach. Auf<br />
der Seite muss lediglich der gewünschte Standort<br />
eingegeben werden, dann klappt eine Auswahl an<br />
Unterkünften auf. Die Suche kann zudem über eine<br />
Entfernungsangabe eingegrenzt werden. Wer fündig<br />
wird, kann dann direkt mit dem Vermieter Kontakt<br />
aufnehmen, die Örtlichkeit buchen und die Zahlungsmodalitäten<br />
abwickeln. Die Zahl der Anbieter wächst<br />
seit Marktstart täglich.<br />
App programmiert<br />
Und das macht sich bemerkbar: Im Januar stellten die<br />
Unternehmer mit Felix Böhm eine zusätzliche Kraft<br />
ein. Der 30-Jährige kümmert sich seitdem in erster<br />
Linie um redaktionelle Inhalte und den Ausbau des<br />
Netzwerkes. Langeweile ist ein Fremdwort in den<br />
mein-Monteurzimmer-Büros: Nach dem Start wurde<br />
zusätzlich eine kostenlose App für Android-Smartphones<br />
und das iPhone entwickelt, die mittlerweile<br />
ebenfalls eine Auszeichnung erhielt. Jetzt plant das<br />
Unternehmen die Ausdehnung des Angebots auf<br />
Österreich und die Schweiz. „Danach wollen wir uns<br />
der Mehrsprachigkeit unseres Angebots annehmen“,<br />
plant das Gespann bereits für Europa. Jetzt gelte es<br />
aber erst einmal, den deutschsprachigen Raum abzudecken.<br />
Steigende Zugriffszahlen<br />
Dabei setzen sie auch auf die Nutzer ihrer Plattform:<br />
„Wir bekommen viele Anregungen zum Beispiel für<br />
die Suchfunktion. Die Änderungen pflegen wir kurzfristig<br />
selbst ein“, erläutert Bastian Nitzschke. Die<br />
Architektur der Seite wurde von den Brüdern selbst<br />
konzipiert und spiegelt sich in der Benutzerfreundlichkeit<br />
ihres Portals wider. Ihre Branchenerfahrung floss<br />
bei allen Gestaltungsfragen des Portalauftritts mit<br />
ein. Eine Strategie mit Erfolgsprinzip – die Zahl der<br />
Seitenzugriffe steigt täglich, und das macht das Trio<br />
zuversichtlich für die Zukunft: „Wir sind optimistische<br />
Realisten“, schmunzelt Bastian Nitzschke.<br />
Wolfram Linke<br />
Christopher (l.) und Bastian Nitzschke bieten<br />
eine Online-Suchseite für Unterkünfte an.<br />
21
Z direkt!<br />
Interview<br />
Zwei Jahre KuSS – Torsten Oelmann zieht Bilanz<br />
„Von allen Seiten<br />
voll akzeptiert und respektiert“<br />
Seit 2012 ist die unabhängige Kontakt- und Schlichtungsstelle (KuSS) aktiv. Grundlage ihrer Arbeit ist<br />
der iGZ-Ethikkodex, in dem die iGZ-Mitglieder Regeln für ein faires Miteinander festgehalten haben.<br />
Torsten Oelmann (48) ist die erste Anlaufstelle der KuSS. Er prüft die eingegangenen Anfragen und<br />
bewertet, ob ein Verstoß gegen den iGZ-Ethikkodex vorliegen könnte. Wenn ja, bespricht er die Fälle<br />
anschließend mit seinen KuSS-Kollegen Franz Josef Düwell und Holger Dahl. Im Interview mit iGZ-<br />
Pressereferentin Maren Letterhaus zog er Bilanz.<br />
Z direkt!: Herr Oelmann, Sie arbeiten nun seit<br />
zwei Jahren für die Kontakt- und Schlichtungsstelle.<br />
Hat sich die Art der Anfragen innerhalb dieser Zeit<br />
verändert?<br />
Torsten Oelmann: Die Art der Fragen hat sich eher<br />
weniger verändert, wobei es immer aktuelle Themen<br />
gibt, die vorübergehend stärker in den Vordergrund<br />
treten, zum Beispiel Branchenzuschläge oder die<br />
neue Regelung bezüglich der Entgeltfortzahlung bei<br />
Urlaub und Krankheit. Verändert hat sich die Anzahl<br />
der Anfragen, wobei jetzt ein relativ konstantes Level<br />
erreicht scheint.<br />
Z direkt!: Bietet der iGZ-Ethikkodex eine ausreichend<br />
detaillierte Basis, um über ein faires und ethisch<br />
korrektes Verhalten urteilen zu können?<br />
Oelmann: Der iGZ-Ethikkodex ist eine gute Grundlage<br />
für unsere Tätigkeit, eine punktuelle Weiterentwicklung<br />
sollte jedoch nicht außer Acht gelassen<br />
werden. Wichtig ist für uns, dass die Mitglieder verpflichtet<br />
sind, mit uns zusammen zu arbeiten. Viele<br />
Konflikte beziehen sich zudem auf den Arbeits- und<br />
Tarifvertrag, andere Themen lassen sich auch mit einem<br />
gesunden Menschenverstand erfolgreich lösen.<br />
Z direkt!: In 97,7 Prozent der Fälle konnte die KuSS<br />
bislang eine außergerichtliche Einigung erzielen. Wie<br />
groß ist die Akzeptanz solcher Schlichtungen bei den<br />
Streitparteien?<br />
Oelmann: Die Akzeptanz ist in der Regel sehr hoch,<br />
wenn man die Anfangszeit einmal unbeachtet lässt.<br />
Tendenziell ist sie bei Arbeitnehmern allerdings noch<br />
ein wenig höher als bei Arbeitgebern.<br />
Z direkt!: Sieben Fälle mussten vor Gericht geklärt<br />
werden. Warum?<br />
Oelmann: Nicht jeder Fall lässt sich durch uns abschließend<br />
beurteilen, manche Anfragen erreichen<br />
uns auch erst, wenn bereits Rechtsanwälte involviert<br />
sind. Eine betriebsbedingte Kündigung ist zum Beispiel<br />
nicht grundsätzlich ein Verstoß gegen den Ethikkodex.<br />
Inwieweit die Kündigung sozial gerechtfertigt<br />
ist, lässt sich dann oft nur durch ein Arbeitsgericht<br />
klären.<br />
Z direkt!: Es gibt nur sehr wenige Mitgliedsunternehmen,<br />
die öfter als ein Mal in Kontakt mit der KuSS<br />
standen. Glauben Sie, dass die Arbeit der KuSS auch<br />
eine im positiven Sinne abschreckende Wirkung hat?<br />
Verhalten sich iGZ-Mitglieder ethisch korrekter, seit sie<br />
wissen, dass die KuSS genauer hinschaut?<br />
Oelmann: Wir können natürlich nicht beurteilen,<br />
ob sich einzelne Unternehmen vor und nach der Ein-<br />
22
Interview<br />
Z direkt!<br />
führung des Ethikkodexes jeweils unterschiedlich verhalten<br />
haben. Wir haben jedoch die Hoffnung, dass<br />
betroffene Unternehmen Anfragen ernst nehmen<br />
und eventuell daraus Konsequenzen für die interne<br />
Abwicklung ableiten. Im Einzelfall haben uns auch<br />
Arbeitnehmer davon berichtet, dass sie Meinungsverschiedenheiten<br />
mit dem Arbeitgeber selber lösen<br />
konnten, indem sie angekündigt hatten, ansonsten<br />
die Schlichtungsstelle anzurufen.<br />
Z direkt!: Die KuSS darf als unabhängiges Gremium<br />
selbst keine Sanktionen gegen iGZ-Mitglieder verhängen,<br />
sondern kann dem iGZ-Bundesvorstand lediglich<br />
Vorschläge unterbreiten. Sehen Sie dieses Konstrukt<br />
als Hindernis oder als Voraussetzung für Ihre unabhängige<br />
Arbeit an?<br />
Oelmann: Grundsätzlich finden wir es richtig und<br />
wichtig, dass Mitglieder bei groben Verstößen gegen<br />
den Ethikkodex mit Konsequenzen rechnen müssen.<br />
Aus unserer Sicht ist es unproblematisch, wenn unsere<br />
Empfehlung zum Ausschluss zudem noch von einer<br />
weiteren iGZ-Einrichtung verbindlich überprüft wird.<br />
Hilfreich könnte es sein, wenn es außer dem Ausschluss<br />
noch weitere Sanktionsmöglichkeiten gäbe<br />
oder wenn unsere Empfehlung bis zu dem Wert einer<br />
gewissen Summe für die Mitgliedsunternehmen verbindlich<br />
wäre.<br />
Z direkt!: Trägt die Arbeit der KuSS dazu bei, das<br />
Image der Zeitarbeit zu entskandalisieren?<br />
Oelmann: Auch wenn wir pauschale Verurteilungen<br />
immer nur auf den konkreten Einzelfall bezogen bewerten<br />
können, hilft unsere Tätigkeit unserer Auffassung<br />
nach sehr, Meinungsverschiedenheiten zu versachlichen<br />
und einer konkreten Lösung zuzuführen<br />
– dies hilft dem Image der Zeitarbeit sicher insgesamt.<br />
Nach einer anfänglichen Skepsis, dass unsere Tätigkeit<br />
nur eine gute „Marketing-Idee“ sei, wird unsere<br />
Schlichtungstätigkeit mittlerweile von allen Seiten voll<br />
akzeptiert und respektiert.<br />
Torsten Oelmann ist die erste Anlaufstelle der KuSS.<br />
Z direkt!: Die Zeitarbeitsbranche wird zunehmend<br />
stärker reguliert, was den Arbeitsalltag der Personaldisponenten<br />
erschwert. Was schätzen Sie, wie häufig<br />
ist eine Unachtsamkeit Ursache für Konflikte, die<br />
letztlich bei der KuSS landen?<br />
Oelmann: Zwar führen wir diesbezüglich keine konkrete<br />
Statistik; manche Ursachen sind auch nicht immer<br />
abschließend zu nennen. Aber sicher sind zwei<br />
Drittel aller Anfragen auf Unachtsamkeit oder auch<br />
Unwissenheit zurückzuführen. Dies ist zum einen der<br />
Komplexität der Zeitarbeitsbranche geschuldet, zum<br />
anderen gibt es aber sicher auch weiteren Schulungsbedarf,<br />
um die Mitarbeiter kompetent weiter zu entwickeln.<br />
Auch in diesen Fällen können wir immer wieder<br />
Aufklärungsarbeit leisten.<br />
23
Z direkt!<br />
Aktiv<br />
Klaus-Dieter Scholz und Nicole Munk leiten die Projektgruppe "Zeitarbeit 2030".<br />
Herausforderungen für die Zeitarbeit<br />
Die Arbeitswelt 2030 im Blick<br />
„Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.“ Mit dieser Feststellung, die dem<br />
Schriftsteller Mark Twain zugeschrieben wird, ist eine besondere Herausforderung der neuen iGZ-Projektgruppe<br />
„Zeitarbeit 2030“ treffend beschrieben. Denn die Teilnehmer müssen sich zumindest in den<br />
großen Entwicklungslinien des Arbeitsmarktes auf ein Szenario einigen, das sie für das Jahr 2030 für<br />
wahrscheinlich halten.<br />
Sie haben sich daher vorgenommen, Antworten auf<br />
folgende Fragen zu finden: Wie entwickelt sich die Arbeitswelt<br />
der Zukunft? Welche Trends in der Arbeitsorganisation<br />
sind absehbar? Was bedeutet das für die<br />
Zeitarbeit? Welche Schlussfolgerungen müssen Personaldienstleister<br />
für sich daraus ziehen?<br />
Die Antwort auf die erste Frage legt die Grundlage<br />
dafür, alle weiteren überhaupt erst fundiert beantworten<br />
zu können. Klar ist, dass sich die Zahl der zur<br />
Verfügung stehenden Arbeitskräfte („Erwerbspersonenpotenzial“)<br />
aufgrund der demografischen Entwicklung<br />
deutlich verringern wird. Die Bundesagentur<br />
für Arbeit geht bis 2<strong>02</strong>5 von einem Rückgang um 6,5<br />
Millionen Arbeitskräften aus (von 44,6 Millionen auf<br />
38,1 Millionen). Bis 2050 wird sich dieser Wert noch<br />
dramatischer entwickeln: Dann sieht die BA ein Erwerbspersonenpotenzial<br />
von nur noch 27 Millionen.<br />
Schätzungen für eine konkrete Fachkräftelücke gehen<br />
von 2 Millionen (bis 2<strong>02</strong>0 nach McKinsey) bis 5,2 Millionen<br />
(bis 2030 nach Prognos) aus. Um es vorweg zu<br />
nehmen: Sowohl Fachkräfte- als auch Erwerbspersonenlücke<br />
lassen sich selbst mit größeren Maßnahmebündeln<br />
vermutlich nicht vollständig schließen.<br />
Wie können Unternehmen auf einen so ausgeprägten<br />
Fachkräftemangel reagieren? Im Prinzip gibt es nur<br />
zwei Möglichkeiten: den Verzicht auf Aufträge und<br />
damit einhergehend den Rückgang von Investitionen,<br />
oder die Verdichtung von Arbeit und zusätzliche Automatisierung.<br />
Nur Letzteres würde wohl gleichzeitig<br />
auch als Innovations- und Wachstumsbremse wirken.<br />
Weitere Veränderungen sind in diesem Zusammenhang<br />
denkbar. So ist es wahrscheinlich, dass sich die<br />
Wertschöpfungskette in den Unternehmen weiter verändern<br />
wird. Der Anteil der Wertschöpfung, die durch<br />
24
Aktiv<br />
Z direkt!<br />
Zulieferer und ausgelagerte Dienstleistungen erbracht<br />
wird, wird weiter steigen. Die Bedeutung des Projektgeschäfts<br />
– und damit auch des Projektmanagements<br />
in den Unternehmen – wird zunehmen.<br />
Anteil der Unternehmen, die eine systematische<br />
und langfristige Personalplanung durchführen<br />
Neben den Veränderungen in den Anforderungen der<br />
Einsatzunternehmen werden sich auch die Ansprüche<br />
der Mitarbeiter verändern. Schon heute sprechen<br />
die Gewerkschaften davon, dass Arbeitszeitflexibilität<br />
ein wichtiges Thema für die Zukunft sein wird. Lebensphasenorientierte<br />
Arbeitszeitgestaltung wird an<br />
Bedeutung gewinnen. Je größer der Mangel an Arbeitskräften<br />
wird, desto leichter können Mitarbeiter<br />
in zukünftigen Verhandlungen maßgeschneiderte Arbeitsbedingungen<br />
vereinbaren. Das Gehalt wäre dann<br />
nur noch eine Stellschraube von mehreren.<br />
Für die Einsatzunternehmen würde das einen gestiegenen<br />
Flexibilisierungsbedarf mit Blick auf das Personal<br />
nach sich ziehen. Schaut man auf die Ergebnisse<br />
des IW-Personalpanels 2013, wonach eine langfristige<br />
Personalplanung selbst bei großen Unternehmen nicht<br />
die Regel ist, so ist klar, dass die personalwirtschaftliche<br />
Kompetenz und Erfahrung von Zeitarbeitsunternehmen<br />
in Zukunft ganz besonders gefragt sein dürfte.<br />
Marcel Speker<br />
45,2%<br />
53,0%<br />
5-49 Beschäftige<br />
50-249 Beschäftige<br />
ab 250 Beschäftige<br />
Gesamt<br />
27,1%<br />
29,3%<br />
Quelle: IW-Personalpanel<br />
Die neue iGZ-Projektgruppe "Zeitarbeit 2030"<br />
Die iGZ-Projektgruppe „Zeitarbeit 2030“ hat im Mai<br />
ihre Arbeit aufgenommen. Ziel ist es, innerhalb eines<br />
Jahres einen Abschlussbericht vorzulegen, der für die<br />
Mitgliedsunternehmen im Verband als Handlungsleitfaden<br />
für die Ausrichtung auf die strukturellen<br />
Arbeitsmarktherausforderungen der Zukunft dienen<br />
kann. Dabei steht die praktische Anwendbarkeit von<br />
Maßnahmen im Vordergrund.<br />
In die Arbeit der Projektgruppe wird nach Bedarf<br />
externer Sachverstand eingebunden. So wurden<br />
Expertisen des Instituts der deutschen Wirtschaft,<br />
des Instituts für angewandte Arbeitswissenschaften<br />
und verschiedener Untersuchungen der Bundesagentur<br />
für Arbeit, der Hochschule für angewandte<br />
Wissenschaften in München sowie der Robert<br />
Bosch-Stiftung in die Arbeit der Projektgruppe mit<br />
eingebunden. Zu einzelnen Themenbereichen wird<br />
die Diskussion mit Wissenschaftlern und Praktikern<br />
gesucht.<br />
Die Mitglieder der Projektgruppe wählten Nicole<br />
Munk (GMW Personaldienstleistungen GmbH) zu ihrer<br />
Sprecherin. Als stellvertretenden Sprecher wählten<br />
sie Klaus-Dieter Scholz (Blau und Scholz Consulting<br />
Group). Aus dem iGZ-Hauptamt begleitet und<br />
koordiniert iGZ-Kommunikationsleiter Marcel Speker<br />
die Arbeit der Projektgruppe.<br />
25
Z direkt!<br />
Aktiv<br />
Aus dem Verband<br />
Neue Gesichter im iGZ<br />
Hauptaufgabe des iGZ ist und bleibt die Interessenvertretung<br />
der Branchenanliegen. Dabei kann der iGZ<br />
glücklicherweise auf ein großes und engagiertes Team<br />
aus ehrenamtlichen Funktionsträgern bauen. Dieses<br />
ist jüngst gewachsen: Als Landesbeauftragte setzen<br />
sich künftig Ralf Wagner (Saarland), Robert A. Schäfer<br />
(Hessen) und Christian Baumann (Hamburg) ein.<br />
Die neuen Regionalkreisleiter heißen Thomas Busche<br />
(Ostwestfalen-Lippe), Michaela Gröninger (Hamburg),<br />
Petra Hitzschke (Süd-Hessen) und Nadine Schiller<br />
(Nord-Hessen).<br />
Ein neues Gesicht gibt es auch in der Verhandlungsgemeinschaft<br />
Zeitarbeit (VGZ). Nachdem Holger Piening<br />
nach jahrelangem Engagement von sämtlichen iGZ-<br />
Ämtern zurückgetreten ist, rückte Stefan Kempf in die<br />
Rolle des stellvertretenden Verhandlungsführers. Sven<br />
Kramer fungiert künftig als Verhandlungsführer.<br />
Einen umfassenden Blick in die Zukunft wirft die<br />
neue iGZ-Projektgruppe „Zeitarbeit 2030“. Während<br />
ihres ersten Treffens im Münsteraner iGZ-Seminarraum<br />
legte das zwanzigköpfige Gremium die inhaltliche<br />
Basis und bestimmte iGZ-Regionalkreisleiterin<br />
Nicole Munk sowie iGZ-Referent Klaus-Dieter Scholz<br />
als Gruppenleiter.<br />
Im Zeichen der Zeitarbeit stand Karlsruhe während<br />
des iGZ-Bundeskongresses. Unter dem Motto „Gute<br />
Zeitarbeit hat Zukunft“ beschäftigten sich rund 400<br />
Kongressteilnehmer damit, welche Faktoren den Weg<br />
der Zeitarbeit mitbestimmen könnten. Politische Forderungen,<br />
aber auch neue Wege für die Personaldienstleister<br />
standen im Mittelpunkt der Vorträge und<br />
Diskussionen.<br />
In Mainz rückte Europa ins Zentrum des Interesses.<br />
Beim Landeskongress der Bundesländer Rheinland-<br />
Pfalz, Hessen und Saarland gab es zahlreiche Fachinformationen<br />
zur Auslandsüberlassung und zu den<br />
jeweiligen spezifischen Regeln zur Zeitarbeit in den<br />
Nachbarländern.<br />
Einen ähnlichen Tenor hatte das iGZ-Mitgliedertreffen<br />
in Kiel. Beraterin Birthe Nohrden gab den iGZlern<br />
Tipps und Ideen, in welchen Bereichen Personal-<br />
Stefan Kempf<br />
Angelo Wehrli (l.) gab den hamburgischen iGZ-Staffelstab an Christian Baumann weiter.<br />
26
Aktiv<br />
Z direkt!<br />
dienstleister ihr Angebot noch weiter ausbauen könnten.<br />
Anschließend informierte Stefan Sudmann, Leiter<br />
des iGZ-Rechtsreferates, über Veränderungen in der<br />
Welt des Arbeits- und Tarifrechts.<br />
In Hamburg verabschiedete sich Angelo Wehrli nach<br />
sieben Jahren von seinem Amt als iGZ-Landesbeauftragter.<br />
Er engagiert sich nun als Beisitzer im iGZ-<br />
Bundesvorstand. Anschließend informierte Jürgen<br />
Meereis, Osterberginstitut, über Mitarbeiterbindung<br />
in der Zeitarbeit. iGZ-Jurist Olaf Dreßen erläuterte die<br />
Auswirkungen der Koalitionsbeschlüsse zur Zeitarbeit.<br />
Thomas Busche feierte in Bielefeld mit dem ersten<br />
Regionalkreistreffen Ostwestfalen-Lippe unter seiner<br />
Leitung Premiere. Nach seiner Begrüßung informierte<br />
Dreßen die iGZler über die neuen Regelungen zur Vergütung<br />
von Urlaub und Krankheit sowie zum TV LeiZ.<br />
Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist es wichtig<br />
auf potentielle neue Mitarbeiter aktiv zuzugehen.<br />
Dafür eignen sich Jobbörsen hervorragend. Nicole<br />
Munk, iGZ-Regionalkreisleiterin Baden, und Birgit<br />
Brown, iGZ-Regionalkreisleiterin Rheinland-Pfalz Mitte,<br />
präsentierten bei der Mannheimer Jobbörse der<br />
Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar nicht<br />
nur ihre eigenen Unternehmen, sondern auch den Interessenverband<br />
Deutscher Zeitarbeitsunternehmen.<br />
Denn der entwickelt sich für Arbeitsuchende immer<br />
mehr zum Qualitätssiegel für „Gute Zeitarbeit“. Im<br />
Norden vertrat Oliver Nazareth, iGZ-Landesbeauftragter<br />
Schleswig-Holstein, die Interessen der rund 2.800<br />
iGZ-Mitglieder bei der Mittelstandsmesse wirtschaft-<br />
NORDGATE in Neumünster.<br />
Bereits zum achten Mal fand in Wuppertal die Zeitarbeitsbörse<br />
in der historischen Stadthalle statt. Radio<br />
Wuppertal bat iGZ-Regionalkreisleiter Ralf Lemle vorab<br />
zum Interview. Den direkten Draht zu den lokalen<br />
Medienvertretern suchte auch iGZ-Bundesvorstandsmitglied<br />
Armin Zeller. Gemeinsam mit der Handwerkskammer,<br />
SüdwestMetall und dem BAP organisierte er<br />
eine Pressekonferenz, in der sich die Journalisten über<br />
den hohen Stellenwert der Zeitarbeit rund um Ulm informieren<br />
konnten. Die Region zählt zu den stärksten<br />
Zeitarbeitsgebieten in Deutschland.<br />
Eine Vermittlerversammlung der Agentur für Arbeit in<br />
Balingen besuchte Nicole Munk, iGZ-Regionalkreisleiterin<br />
Baden. Sie nahm sich viel Zeit, um die 40 Vermittler<br />
auf den aktuellen Stand der Branchensituation<br />
zu bringen und ihre Fragen zu beantworten.<br />
Maren Letterhaus<br />
iGZ-Bundesvorsitzende Ariane Durian (4.v.l.) dankte den Funktionsträgern in Mainz.<br />
Thomas Busche<br />
27
Z direkt!<br />
Unterwegs<br />
iGZ-Bundeskongress in Karlsruhe<br />
Zukunft der Zeitarbeit:<br />
Chance statt Sackgasse<br />
Gute Zeitarbeit hat Zukunft – und das auch außerhalb der eigenen Landesgrenzen. Daher warfen rund<br />
400 Teilnehmer des iGZ-Bundeskongresses in Karlsruhe nicht nur einen Blick voraus, sondern schauten<br />
auch auf ihre Nachbarländer.<br />
Ute Welty moderierte die Podiumsdiskussion mit (v.l.) Werner Stolz, Dr. Ulrich Walwei und Dr. Hartmut Seifert.<br />
Markus Bickar, Bezirksleiter Deutschland der Groupe<br />
Crit, berichtete von der Zeitarbeitsbranche in Frankreich.<br />
Die dortige Regierung hat einige Maßnahmen<br />
gesetzlich angeordnet, die der iGZ auf verbandlicher<br />
Ebene selbst geregelt hat. Französische Unternehmen<br />
sind beispielsweise verpflichtet, einmal jährlich einen<br />
Weiterbildungsplan zu erstellen. In Deutschland<br />
haben sich die iGZ-Mitglieder in ihrem Ethik-Kodex<br />
selbst auferlegt, die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter<br />
zu fördern. Diese fachlichen Weiterbildungen sowie<br />
auch informelle Kompetenzen können Beschäftigte<br />
von iGZ-Mitgliedern im Kompetenzpass sammeln.<br />
Ihre französischen Kollegen haben auf eine solche Dokumentation<br />
nicht nur einen verbandlichen, sondern<br />
sogar einen gesetzlichen Anspruch.<br />
Sozial- und Weiterbildungsfonds<br />
Auch die österreichische Regierung hat sich etwas im<br />
Kampf gegen den Fachkräftemangel einfallen lassen.<br />
Im südlichen Nachbarland gibt es einen gesetzlichen<br />
Sozial- und Weiterbildungsfonds, der Zeitarbeitskräfte<br />
unterstützt, die sich weiterqualifizieren möchten.<br />
Allerdings bekämen auch alle Arbeitnehmer, die von<br />
einem Zeitarbeitsunternehmen in die Erwerbslosigkeit<br />
wechseln, 200 Euro aus diesem Topf bar auf die Hand,<br />
um sich damit fortzubilden, erläuterte Erich Pichorner,<br />
Bundesvorsitzender der Personaldienstleister in der<br />
Wirtschaftskammer Österreich. „Und das ist wirklich<br />
absoluter Schwachsinn“, ärgerte er sich über diese<br />
seiner Meinung nach fehlgeleitete Motivationspolitik.<br />
28
....<br />
Z direkt!<br />
400 Zeitarbeitsinteressierte nahmen am iGZ-Bundeskongress in Karlsruhe teil.<br />
Dr. Martin Dreyer analysierte den Regierungswechsel.<br />
Werner Stolz dankte MdB Thomas Strobl für seinen Vortrag.<br />
Für die Zukunft breit aufstellen<br />
Neben dem Seitenblick über die Landesgrenzen schauten<br />
die Teilnehmer des iGZ-Bundeskongresses vor allem<br />
in die Zukunft. Prof. Dr. Markus-Oliver Schwaab<br />
von der Hochschule Pforzheim zeichnete vor, wie sich<br />
die Branche zu breit aufgestellten Personaldienstleistern<br />
entwickeln wird. MdB Thomas Strobl, stellvertretender<br />
CDU-Bundesvorsitzender, referierte zum Thema<br />
„Arbeit der Zukunft – Zukunft der Arbeit“.<br />
Kontroverse Ansichten<br />
In einer Podiumsdiskussion tauschten sich Dr. Hartmut<br />
Seifert, ehemaliger Leiter des Wirtschafts- und<br />
So zialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-<br />
Böckler-Stiftung, Dr. Ulrich Walwei, Vizedirektor des<br />
Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB),<br />
und Werner Stolz, Hauptgeschäftsführer des Interessenverbandes<br />
Deutscher Zeitarbeitsunternehmen<br />
(iGZ) aus. Sie diskutierten, ob die Zeitarbeit vor einer<br />
neuen Chance oder einer Sackgasse stehe.<br />
Regierungswechsel analysiert<br />
Abschließend gab RA Dr. Martin Dreyer, iGZ-Geschäftsführer,<br />
einen Ausblick darüber, was sich nach<br />
dem Regierungswechsel für die Zeitarbeit ändern<br />
könnte.<br />
Maren Letterhaus<br />
29
Z direkt!<br />
Unterwegs<br />
Der neue iGZ-Bundesvorstand (v.l.): Andreas Schmincke, Martin Gehrke, Bettina Schiller, Armin Zeller, Ariane Durian, Angelo Wehrli,<br />
iGZ-Mitglieder wählten Bundesvorstand<br />
Fundament für Zukunft von<br />
Branche und Verband gefestigt<br />
Ariane Durian ist und bleibt iGZ-Bundesvorsitzende: Im Vorfeld des iGZ-Bundeskongresses votierten die<br />
Mitglieder des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen für die Unternehmerin.<br />
Im Rahmen der Mitgliederversammlung in der Karlsruher<br />
Stadthalle sprachen sich die rund 250 Vertreter<br />
der insgesamt 2.800 Mitgliedsunternehmen außerdem<br />
für Sven Kramer und Martin Gehrke als stellvertretende<br />
Bundesvorsitzende aus. Sven Kramer übernahm<br />
zudem das Amt von Holger Piening als Leiter der Tarifkommission<br />
und Verhandlungsführer des iGZ in der<br />
Verhandlungsgemeinschaft Zeitarbeit (VGZ). Gehrke<br />
ist seit Ende der 90-er Jahre Experte rund ums Thema<br />
Prävention in der Zeitarbeit und engagiert sich auch<br />
weiterhin für die Interessen und eine gerechte Prämierung<br />
der Zeitarbeitsbranche in der VBG. Die Funktion<br />
der Beisitzer haben Bettina Schiller, Angelo Wehrli,<br />
Thorsten Rensing und Andreas Schmincke inne.<br />
Bettina Schiller ist seit 2008 im iGZ-Bundesvorstand zuständig<br />
für die Bereiche Marketing und Presse. Angelo<br />
Wehrli war seit 2008 Landesbeauftragter des iGZ für<br />
Hamburg und wurde 2010 zum Sprecher der Landesbeauftragten<br />
im Bundesvorstand gewählt. Dieses Amt<br />
hat aktuell Armin Zeller (Baden-Württemberg) inne,<br />
der bereits am Vortag während der Funktionsträgersitzung<br />
bestätigt wurde. Der neu in den Vorstand gewählte<br />
Thorsten Rensing kümmert sich ab sofort um<br />
den Bereich Weiterbildung. Als Schatzmeister wurde<br />
der Finanzexperte Andreas Schmincke bestimmt, der<br />
die Nachfolge von Carsten Tesch antritt. Tesch war seit<br />
2009 als Beisitzer für das Referat Haushalt und Finanzen<br />
zuständig.<br />
30
Unterwegs<br />
Z direkt!<br />
Werner Stolz, Thorsten Rensing, Sven Kramer und Ehrenvorsitzender Dietmar Richter.<br />
iGZ-Hauptgeschäftsführer Werner Stolz würdigte<br />
Anne Rosner, Carsten Tesch und Holger Piening, die<br />
nicht mehr für ein Vorstandsamt kandidierten, für ihre<br />
verdienstvolle ehrenamtlichen Tätigkeiten. Holger Piening<br />
war seit Dezember 20<strong>02</strong> iGZ-Experte in allen<br />
Tariffragen. Rosner engagierte sich im iGZ unter anderem<br />
als langjährige Landesbeauftragte für Nordrhein-<br />
Westfalen, seit 2011 als Sprecherin der Landesbeauftragten<br />
und zuletzt ab 2013 als Beisitzerin für den<br />
Bereich Bildung/Weiterbildung im Bundesvorstand.<br />
Zum Auftakt der Versammlung gab Ariane Durian zunächst<br />
ihren Rechenschaftsbericht ab, wobei sie unter<br />
anderem auch scharfe Worte gegen die Koalitionsvereinbarung<br />
fand. In ihrer Rede dankte die Vorsitzende<br />
ganz besonders den ehrenamtlichen Funktionsträgern<br />
des iGZ und dem Hauptamt in Münster für dessen<br />
professionelle Arbeit.<br />
Auch die anderen Mitglieder des Vorstands legten ihre<br />
Bilanzen vor. Ergänzend dazu präsentierte der iGZ einen<br />
56-seitigen Geschäftsbericht für die Jahre von<br />
2011 bis <strong>2014</strong>. Die Kassenprüfer Thomas Altmann<br />
und Carsten Ahrens bescheinigten eine einwandfreie<br />
Kassenführung. Als neue Kassenprüfer wurden Benjamin<br />
Roos und Michael Heerspink einstimmig gewählt.<br />
Der Antrag, den Sitz des iGZ nach Berlin zu verlegen,<br />
wurde abgelehnt. Ein weiterer Antrag – „Die iGZ-<br />
Mitgliedsunternehmen verpflichten sich, Mitarbeitern,<br />
die im Rahmen von Werkverträgen eingesetzt<br />
werden, mindestens die der Tätigkeit entsprechenden<br />
Grundvergütungen in Höhe der tariflichen Eingangsstufen<br />
aus dem am 17.09.2013 mit der DGB-Tarifgemeinschaft<br />
abgeschlossenen iGZ-Entgelttarifvertrag<br />
zu gewähren.“ – wurde angenommen.<br />
Zudem votierten die Mitglieder dafür, dass sich die<br />
vorstehende Verpflichtung auf die tariflichen Eingangsstufen<br />
ohne Branchenzuschläge bezieht. Dem<br />
Antrag, Tarifverträge wie ursprünglich wieder durch<br />
die Mitgliederversammlung zu verabschieden, wurde<br />
nicht stattgegeben.<br />
Wolfram Linke<br />
31
Z direkt!<br />
Service<br />
Das iGZ-Seminar "Arbeits- und Tarifrecht" gibt es jetzt auch online als E-Learning-Angebot.<br />
iGZ-Seminarprogramm geht in die 11. Runde – jetzt auch mit „E-Learning“<br />
Fundiertes Wissen<br />
rund ums Thema Zeitarbeit<br />
Das iGZ-Seminarprogramm ist stets am Puls der Zeit: Vor elf Jahren begann der iGZ, Seminare zu aktuellen<br />
und relevanten Themen anzubieten. Die Tinte unter den ersten iGZ-DGB-Tarifverträgen war noch nicht<br />
trocken, schon fingen die Verbandsjuristen an, den iGZ-Mitgliedsunternehmen die Inhalte zu vermitteln.<br />
Mittlerweile ist daraus ein umfangreiches halbjährliches Seminarprogramm geworden, das gerade wieder<br />
fürs zweite Halbjahr <strong>2014</strong> veröffentlicht wurde.<br />
In den Unterrichtseinheiten werden inzwischen alle Inhalte<br />
vermittelt, die zur täglichen Routine von Personaldisponenten<br />
gehören – und das mit professioneller<br />
Qualität: Der iGZ-Weiterbildungsbereich wurde kürzlich<br />
erneut nach DIN EN ISO 9001:2008 zertifiziert,<br />
was den hohen Standard der Abteilung dokumentiert.<br />
Sommerkursus<br />
Auch in der zweiten Jahreshälfte warten die Referenten<br />
wieder mit ebenso interessanten wie abwechslungsreichen<br />
Inhalten auf. An erster Stelle ist hier<br />
neben den Arbeits- und Tarifrechtseminaren die Weiterbildung<br />
für Existenzgründer zu nennen. In sechs<br />
Modulen werden optimale Starthilfen für junge Unternehmen<br />
gegeben. Nicht minder spannend dürfte<br />
der iGZ-Basislehrgang für Personaldisponenten werden,<br />
der diesmal auch komprimiert als Sommerkursus<br />
angeboten wird.<br />
„E-Learning“ mit dem iGZ<br />
Daneben können Interessierte auf das umfangreiche<br />
bewährte Angebot zurückgreifen – iGZ-Praxistage für<br />
Azubis stehen wie gewohnt ebenso auf der Agenda<br />
wie Vertriebsseminare, professionelle Telefonarbeit,<br />
32
Gastbeitrag<br />
Z direkt!<br />
Kundengespräche und -gewinnung sowie das Bewerbermanagement.<br />
Auch bei seinem Seminarprogramm<br />
setzt der iGZ auf neue Medien: Erstmalig veranstaltet<br />
der Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen<br />
das Seminar „Der iGZ-Tarifvertrag in der Praxis“<br />
in der Form von E-Learning mit einem anschließenden<br />
Webinar. Die Vorteile liegen auf der Hand: Langwierige<br />
Anreisewege entfallen, Disponenten können quasi<br />
von überall aus daran teilnehmen.<br />
Maßgeschneidertes Programm<br />
Auch im zweiten Halbjahr ist das Programm maßgeschneidert<br />
auf die jeweiligen Funktionen der Teilnehmer<br />
in ihren Unternehmen. Neben den Seminaren für<br />
Einsteiger und PDK-Auszubildende gibt es wieder spezielle<br />
Weiterbildungsmöglichkeiten für Mitarbeiter,<br />
Personaldisponenten und leitende Mitarbeiter sowie<br />
für die Geschäftsführungen. Als Specials sind neben<br />
dem Seminar für Existenzgründer die Kurse „Einführung<br />
in die metallverarbeitenden Berufe inklusive der<br />
modernen Zerspanungstechnik“, „Praxis und Theorie<br />
für Facharbeiter-Disponenten“ sowie das E-Learning-<br />
Seminar zum Tarifvertrag zu nennen.<br />
Linie über das Internet: Wer sich für ein bestimmtes<br />
Angebot interessiert, muss online lediglich den Termin<br />
seiner Wahl anklicken, das Anmeldeformular abschicken<br />
– fertig. Die Bestätigung kommt dann per Mail.<br />
Besonderes Angebot des iGZ: PDK-Auszubildende<br />
und Berufsschullehrer erhalten für alle Angebote Sonderkonditionen,<br />
die für das Jahr <strong>2014</strong> nochmals optimiert<br />
wurden.<br />
Online-Blätterkatalog<br />
Nicht nur das Anmeldeverfahren ist online – auch der<br />
Seminarkatalog hat komplett den Weg ins Internet<br />
gefunden. Auf der Startseite der iGZ-Website stehen<br />
die aktuellsten Termine, den Gesamtüberblick gibt es<br />
als PDF zum Download oder als Online-Blätterkatalog.<br />
Wolfram Linke<br />
Bewährtes Referententeam<br />
Dabei greift der iGZ auf sein bewährtes Referententeam<br />
zurück – neben 17 externen Seminarleitern<br />
sind auch neun Mitarbeiter des iGZ-Hauptamtes aktiv.<br />
Dadurch kann der iGZ die wichtigsten Bildungsthemen<br />
zur Zeitarbeit als Seminare realisieren – geboten<br />
werden moderne Unternehmensführung, Recht, Personalentwicklung,<br />
Bewerbermanagement, Vertrieb,<br />
Öffentlichkeitsarbeit und Qualitätsmanagement.<br />
Auf der Internetseite anmelden<br />
Das Anmeldeverfahren zu den einzelnen Terminen ist<br />
denkbar einfach, denn es läuft mittlerweile in erster<br />
Stefan Sudmann, Leiter des iGZ-Rechtsreferates, wird auch im<br />
kommenden Halbjahr Seminare geben.<br />
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33
Z direkt!<br />
Gastbeitrag<br />
Holger Schäfer:<br />
Stärkere Regulierung<br />
schadet dem Arbeitsmarkt<br />
Die Zeitarbeit steht nicht erst seit gestern unter der besonderen Beobachtung von Politik und Medien. Die<br />
altbekannte Grundthese lautet, dass Zeitarbeit Stammbelegschaften verdränge und somit für Arbeitnehmer<br />
Nachteile hinsichtlich des Lohns, der Arbeitsbedingungen und der Mitbestimmung mit sich bringe.<br />
Zeitarbeit ist ein Regulativ für schwankende Arbeitskräftenachfrage<br />
und dient mithin auch der Stabilisierung<br />
von Stammbelegschaften. Dabei wird – das<br />
ist der Unterschied zu anderen Flexibilisierungsinstrumenten<br />
wie Befristungen – die Flexibilisierungslast<br />
nicht von den Zeitarbeitnehmern getragen, sondern<br />
von den Zeitarbeitsunternehmen. Diese übernehmen<br />
sämtliche Arbeitgeberpflichten für ihre in der Regel<br />
unbefristet beschäftigten Arbeitnehmer. Die Beschäftigungssicherheit<br />
der Stammkräfte kann sich durch den<br />
Einsatz von Zeitarbeit sogar erhöhen, wenn dadurch<br />
die Wettbewerbsfähigkeit des Kundenbetriebes gestärkt<br />
wird.<br />
Kein Regulierungsbedarf erkennbar<br />
Vor diesem Hintergrund ist kein zusätzlicher Regulierungsbedarf<br />
durch den Gesetzgeber erkennbar. In<br />
ihrem Koalitionsvertrag haben die Regierungsparteien<br />
dessen ungeachtet zwei neue Regulierungsschritte in<br />
Aussicht gestellt.<br />
Begrenzung nicht erforderlich<br />
Erstens beabsichtigt die Große Koalition, die 2003<br />
aus gutem Grund abgeschaffte Begrenzung der<br />
Höchstüberlassungsdauer wieder einzuführen und<br />
bei 18 Monaten zu fixieren. Eine solche Regelung fiele<br />
sogar noch hinter den Stand zurück, der vor den<br />
Hartz-Reformen galt. Seinerzeit waren Überlassungen<br />
von bis zu 24 Monaten zulässig. Die Begrenzung war<br />
abgeschafft worden, weil sie aufgrund des neu eingeführten<br />
Equal Pay-Grundsatzes als nicht mehr erforderlich<br />
angesehen wurde. Es ist nicht ersichtlich,<br />
warum sich an dieser Bewertung etwas geändert haben<br />
sollte.<br />
Langfristige Projekte<br />
Zuweilen wird angeführt, dass lange Überlassungen<br />
dem Daseinszweck der Zeitarbeit widersprechen<br />
würden, die in dem intertemporalen Ausgleich einer<br />
schwankenden Arbeitskräftenachfrage bestehe. Diese<br />
Sichtweise verkennt die Vielfalt der personalwirtschaftlichen<br />
Dienstleistungen, die auf dem Wege der<br />
Arbeitnehmerüberlassung von der Zeitarbeitsbranche<br />
heutzutage erbracht werden. So nehmen Überlassungen<br />
von hochqualifizierten Teams für fest definierte<br />
Projekte an Bedeutung zu. Solche Projekte<br />
dauern aber oft länger als die vom<br />
Gesetzgeber willkürlich festgelegten<br />
18 Monate.<br />
34<br />
Holger Schäfer, Senior Economist, Institut der deutschen Wirtschaft
Gastbeitrag<br />
Z direkt!<br />
Zuschlagstarife werden ausgehebelt<br />
Darüber hinaus ergeben sich aus der Begrenzung<br />
handfeste Nachteile für Arbeitsmarkt und Arbeitnehmer.<br />
Auf der einen Seite kann die Begrenzung der<br />
Höchstüberlassungsdauer nicht verhindern, dass eine<br />
betriebliche Funktion auf Dauer durch Zeitarbeitnehmer<br />
ausgefüllt wird. Auf der anderen Seite erschwert<br />
die Höchstüberlassungsdauer aber, dass Zeitarbeit<br />
auch verstärkt für hochqualifizierte Fu nk tionen genutzt<br />
werden kann, was angesichts des Fachkräftemangels<br />
zu einer wichtigen Effizienzreserve des<br />
Arbeitsmarktes werden könnte. Vor allem aber verhindert<br />
sie, dass Zeitarbeitnehmer über einen längeren<br />
Zeitraum von den Zuschlagstarifen profitieren, die<br />
nach Überlassungsdauer gestaffelt sind.<br />
Gegensatz zur Stärkung der Tarifautonomie<br />
Der zweite Regulierungsschritt besteht in der Absicht,<br />
Zeitarbeitnehmer künftig nach neun Monaten hinsichtlich<br />
der Entlohnung den Mitarbeitern des Einsatzbetriebes<br />
gleichzustellen. Eine solche Gleichstellung<br />
ist keineswegs immer sachgerecht. Denn Stammbelegschaften<br />
und Zeitarbeitnehmer sind nicht beliebig<br />
gegeneinander austauschbar. Stammarbeitskräfte<br />
übernehmen in höherem Maße Verantwortung für<br />
betriebliche Prozesse, sodass eine höhere Entlohnung<br />
gerechtfertigt sein kann. Erst nach längerer Einsatzdauer<br />
gleicht sich die Produktivität an. An dieser Stelle<br />
greifen die Zuschlagstarife, die dafür sorgen, dass sich<br />
auch die Entlohnung im Laufe des Einsatzes angleicht.<br />
Eine gesetzliche Equal Pay-Regelung torpediert diese<br />
tariflichen Vereinbarungen und steht im Gegensatz<br />
zum erklärten Ziel der Stärkung der Tarifautonomie.<br />
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