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Online-Probeheft - Schulz-Kirchner Verlag

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AKADEMISIERUNG uND ICH<br />

Urheberrechtlich geschütztes Material. Copyright: <strong>Schulz</strong>-<strong>Kirchner</strong> <strong>Verlag</strong>, Idstein. Vervielfältigungen jeglicher Art nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung des <strong>Verlag</strong>s gegen Entgelt möglich. info@schulz-kirchner.de<br />

Fall studieren wollte. Reizvoll am Studium ist für ihn die Möglichkeit,<br />

auch im Ausland zu arbeiten, und er erwartet mehr<br />

Möglichkeiten bei der späteren Berufsausübung. Er geht davon<br />

aus, über mehr theoretisches Wissen zu verfügen und betrachtet<br />

sich selbst als „reflektierten Praktiker“. Er beschreibt<br />

deutliche Konflikte zwischen Schülern und Studierenden.<br />

Für die Zukunft wünscht er sich bessere Berufsbedingungen<br />

für akademisierte Therapeuten und eine abweichende Berufsbezeichnung,<br />

um sich von den schulisch ausgebildeten<br />

Therapeuten abzuheben.<br />

Der Schüler und der Studierende sind sich darin einig, dass<br />

eine gegenseitige Akzeptanz möglich ist und beide – akademisierte<br />

sowie schulisch ausgebildete Therapeuten – im<br />

Berufsalltag voneinander profitieren können.<br />

Die Perspektive der Lehrenden<br />

In der Gruppe der Lehrenden zeigten sich als besonders<br />

interessant die Vergleichsdimensionen „Meinungen zur<br />

Akademisierung“, „Wahrgenommene Auswirkungen der<br />

Akademisierung“ und „Wünsche oder Erwartungen für die<br />

Zukunft“. Während Hochschuldozenten die Akademisierung<br />

als Chance sehen, internationale Standards in den Therapieberufen<br />

zu erreichen und eindeutig für eine Vollakademisierung<br />

aller Therapeuten plädieren, beurteilen die Fachschuldozenten<br />

die aktuellen Studienmöglichkeiten sowie<br />

deren Qualität als zu unübersichtlich und halten eine Teilakademisierung<br />

für ausreichend. Fachschuldozenten sehen<br />

in einer Teilakademisierung die Möglichkeit, voneinander<br />

zu profitieren. Die Hochschuldozenten befürchten dadurch<br />

jedoch eine „Zweiklassengesellschaft“ innerhalb der Therapieberufe.<br />

Beide Gruppen befürworten die Akademisierung<br />

jedoch generell und erhoffen sich dadurch eine Aufwertung<br />

des Berufsbildes.<br />

Als aktuelle Auswirkungen nehmen die Hochschuldozenten<br />

Ängste und Neid wahr, insbesondere aufseiten der Fachschuldozenten.<br />

Sie sehen aktuell keine verbesserten Verdienstmöglichkeiten,<br />

aber durch die Akademisierung eine<br />

größere politische und gesellschaftliche Anerkennung. Unter<br />

den Fachschuldozenten wird nur seitens der Logopädie von<br />

Konkurrenz berichtet, grundsätzlich erleben sie eine positive<br />

Zusammenarbeit mit akademisierten Kollegen. Die Tatsache,<br />

dass jüngere Kollegen häufig einen akademischen Abschluss<br />

haben, führt jedoch zu Verunsicherungen.<br />

Für die Zukunft erwarten beide Gruppen ein vorläufiges<br />

Weiterbestehen von Fach- und Hochschulen. Auf Dauer befürchten<br />

die Fachschuldozenten jedoch eine Schließung der<br />

Fachschulen und einen damit einhergehenden Verlust von<br />

Erfahrungswissen. Sie fürchten um ihre Stellen, da sie damit<br />

rechnen, dass auch für Fachschuldozenten ein akademischer<br />

Abschluss gefordert wird. Die Hochschuldozenten beschäftigt<br />

die Sorge, dass sich Hochschulen am Markt nicht ausreichend<br />

durchsetzen könnten, das Hochschulwesen privaten<br />

Anbietern überlassen wird und damit ein Studium denjenigen<br />

vorbehalten bleibt, die das auch bezahlen können.<br />

12 Forum Logopädie Heft 1 (27) Januar 2013<br />

Die Perspektive der Praktiker<br />

Unter den Praktikern finden sich in beiden Gruppen insgesamt<br />

sehr ähnliche Stellungnahmen. Besonders deutlich ist,<br />

dass in der therapeutischen Berufspraxis kaum Unterschiede<br />

zwischen den akademisierten und den schulisch ausgebildeten<br />

Therapeuten beschrieben wurden. Für die Qualität praktischer<br />

Arbeit stufen beide Gruppen die Berufserfahrung,<br />

nicht den Ausbildungsweg, als entscheidend ein.<br />

In Teilen bestehen Vorbehalte gegenüber der jeweils anderen<br />

Gruppe: Akademisierte Therapeuten bemängeln die fehlende<br />

wissenschaftliche Kompetenz der schulisch ausgebildeten<br />

Therapeuten (im Sinne einer Reflexion des eigenen Handelns<br />

vor dem Hintergrund wissenschaftlicher Erkenntnisse), die<br />

wiederum unter den Akademikern eine zu geringe Praxiskompetenz<br />

vermuten. Einig sind sich beide Gruppen darin,<br />

dass man im Berufsalltag voneinander profitiert, dass die<br />

gesamte Berufsgruppe jedoch wenig anerkannt wird und<br />

die Abhängigkeit von den Ärzten zu großer Unzufriedenheit<br />

führt. Beide Gruppen wünschen sich für die Zukunft eine<br />

Qualitätssteigerung, die Stärkung der Berufsgruppen und die<br />

Angleichung an internationale Standards sowie einen Direktzugang<br />

der Patienten zum Heilmittelerbringer. Gleichzeitig<br />

befürchten sie, dass die Ausbildung künftig zu theoretisch<br />

werden könnte, dass Kosten für Behandlungen stärker privat<br />

getragen werden müssen, und sie rechnen mit einer steigenden<br />

Konkurrenz bei der Stellenvergabe für Therapeuten.<br />

Zusammenfassung der Ergebnisse<br />

Die Ergebnisse zeigen, dass der Informationsstand zur Akademisierung<br />

unter nichtakademisierten Therapeuten, insbesondere<br />

unter Schülern, sehr gering ist. Es bestehen Vorbehalte<br />

gegenüber der jeweils anderen Gruppe, wobei den<br />

Akademikern ein geringes Praxiswissen und den schulisch<br />

ausgebildeten Therapeuten fehlende Reflexionsfähigkeit unterstellt<br />

wird. Konflikte werden hierbei zwischen Schülern<br />

und Studierenden am deutlichsten wahrgenommen.<br />

Alle Gruppen stehen der Akademisierung jedoch grundsätzlich<br />

positiv gegenüber, da sie sich hiervon eine erhöhte Berufsautonomie,<br />

Anerkennung und Vergütung versprechen.<br />

Nichtakademisierte Therapeuten und Lehrende sehen die<br />

Fachschulausbildung nach wie vor als sinnvoll und für sich<br />

persönlich ausreichend an, beschreiben aber, von dem Wissen<br />

akademisierter Kollegen zu profitieren. Fachschuldozenten<br />

fürchten, aufgrund der Akademisierung ihre Stellen verlieren<br />

zu können. Außer den Schülern äußern alle Gruppen<br />

die Sorge, es könne sich eine „Zweiklassengesellschaft“ unter<br />

den Therapieberufen entwickeln. Für die praktische Arbeit als<br />

Therapeut werden bislang keine Vorteile eines akademischen<br />

Abschlusses wahrgenommen – weder was die Anerkennung,<br />

die Qualität der Arbeit, noch die Vergütung anbelangt.<br />

Diskussion<br />

Anhand der vorliegenden Untersuchung konnte erstmalig<br />

ein die Berufsgruppen der Physiotherapie, Ergotherapie<br />

und Logopädie übergreifendes und die akademische sowie<br />

schulische Perspektive kontrastierendes Stimmungsbild zum<br />

Thema Akademisierung gezeichnet werden. Durch den qualitativen<br />

Zugang wurden auch neue, bislang in der Literatur<br />

nicht beschriebene Stellungnahmen von Angehörigen der<br />

Therapieberufe systematisch erfasst und ausgewertet. Die<br />

erhobenen Daten erlauben keine Quantifizierbarkeit und<br />

stellen kein repräsentatives Abbild der Perspektive aller Therapeuten<br />

dar. Sie gestatten jedoch empirisch begründete<br />

Annahmen zu dem untersuchten Phänomen. Die hier aufgeführten<br />

Aspekte stellen dabei lediglich einen Auszug aus dem<br />

sehr umfangreichen Datenmaterial dar. Bezüglich der Studierendenperspektive<br />

konnten die Ergebnisse von Schämann

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