Online-Probeheft - Schulz-Kirchner Verlag
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AKADEMISIERUNG uND VERBAND<br />
Urheberrechtlich geschütztes Material. Copyright: <strong>Schulz</strong>-<strong>Kirchner</strong> <strong>Verlag</strong>, Idstein. Vervielfältigungen jeglicher Art nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung des <strong>Verlag</strong>s gegen Entgelt möglich. info@schulz-kirchner.de<br />
Akademisierung ohne Ausnahme:<br />
Logopädie gehört an die Hochschule<br />
Christiane Hoffschildt, Präsidentin des dbl<br />
Die vom dbl geforderte grundständige Akademisierung ist ein weiterer Meilenstein<br />
zur Positionierung der Logopädie im Gesundheitswesen. Hierfür setzt sich der dbl ein<br />
und hat dies bereits 2010 in seinen Berufsleitlinien (dbl 2010) verankert. Der Wunsch<br />
nach einem akademisierten Berufsstand bestand bereits bei Implementierung des<br />
noch heute gültigen Berufsgesetzes und der Logopäden-Ausbildungs- und Prüfungsordnung.<br />
Die Gründe für eine ausschließlich grundständige Akademisierung liegen<br />
in den daraus resultierenden erheblich größeren Möglichkeiten, den Beruf fachlich<br />
weiterzuentwickeln, auf Augenhöhe mit den Ärzten diskutieren zu können und die<br />
Eigenverantwortlichkeit der Logopäden herauszustellen. Seit der Modellklausel von<br />
2009, nach der die Etablierung von logopädischen Studiengängen ermöglicht wurde,<br />
stehen die Chancen für die Akademisierung so gut wie nie zuvor.<br />
Ausschließlich grundständige<br />
Akademisierung – keine neue Idee<br />
Der dbl setzt sich für eine ausschließlich<br />
grundständige Akademisierung ein. Ausschließlich<br />
grundständig bedeutet, dass die<br />
Logopädie-Ausbildung allein auf (Fach-)Hochschulniveau<br />
erfolgen soll. Diese Forderung<br />
ist nicht neu – im Gegenteil. Sie begleitet die<br />
Entwicklung des logopädischen Berufs schon<br />
seit Gründung des Deutschen Bundesverbandes<br />
für Logopädie, damals Zentralverband für<br />
Logopädie (ZVL), im Jahre 1964.<br />
Die Verbandsvertreterinnen setzten sich<br />
bereits in den 1970er Jahren vehement für<br />
die Schaffung eines Berufsgesetzes und für<br />
die Logopädie-Ausbildung auf (Fach-)Hochschulniveau<br />
ein. Das noch heute bestehende<br />
Berufsgesetz ist schließlich im Mai 1980 in<br />
Kraft getreten. Gleichzeitig zur Gesetzesentwicklung<br />
und -festlegung entbrannte<br />
eine intensive Diskussion über die Eingangsvoraussetzungen<br />
zur Ausbildung: Die LogopädInnen<br />
setzten sich für das Abitur als<br />
Eingangsvor aussetzung ein, um damit den<br />
Zugang zu einem Logopädie-<br />
Studium zu ermöglichen.<br />
Politisch gewollt und durchgesetzt<br />
wurde jedoch die logopädische<br />
Fachschulausbildung<br />
mit abgeschlossenem Realschulabschluss<br />
oder Hauptschulabschluss in Verbindung mit<br />
einer mindestens zweijährigen Berufsausbildung<br />
als Eingangsvoraussetzung. Bildungspolitisch<br />
basiert diese Forderung auf dem Bestreben<br />
nach Chancengleichheit ungeachtet<br />
der sozialen Herkunft (Macha-Krau 1994).<br />
Zudem war die seit 1974 bestehende hohe<br />
„Eine Zweiklassen-<br />
Logopädie ist unbedingt<br />
abzulehnen“<br />
Arbeitslosigkeit ein wichtiges Argument der<br />
damals regierenden sozial-liberalen Koalition,<br />
Bürgern mit verschiedenen Schulabschlüssen<br />
den Zugang zur Logopädie- Ausbildung zu<br />
ermöglichen (Brauer 2004).<br />
Eigenverantwortlichkeit der Logopädie<br />
und Vier-Augen-Diagnostik<br />
Die damaligen Gründe für die Forderung<br />
nach einer ausschließlich grundständigen<br />
Akademisierung decken sich mit denen von<br />
heute. Einer der Hauptgründe ist die Hervorhebung<br />
der Eigenverantwortlichkeit<br />
der Logopädie.<br />
Die Befunderhebung und<br />
die Entscheidung über die<br />
anzuwendenden Therapieverfahren<br />
sind seit Erstellung<br />
und Veröffentlichung der noch heute gültigen<br />
Ausbildungs- und Prüfungsordnung für<br />
Logopäden (LogAPro 1980) Bestandteil der<br />
Logopäden-Prüfung.<br />
Die uneingeschränkte Anerkennung dieser<br />
Fähigkeiten durch Krankenkassen und Ärzte<br />
„Fachliche Diskussion<br />
des Arztes und<br />
des Logopäden auf<br />
Augenhöhe“<br />
kann jedoch nur erfolgen,<br />
wenn die Logopädie ein Berufsstand<br />
ist, der sich aufgrund<br />
seines Abschlusses im<br />
Gesundheitswesen auf Augenhöhe<br />
mit anderen Berufsgruppen, insbesondere<br />
mit den Ärzten, positionieren kann.<br />
Effektive Weiterentwicklung und Evidenzbasierung<br />
von Befundung und Therapie können<br />
zudem nur durch gezielte logopädische Wissenschaft<br />
und Forschung geschehen.<br />
Die logopädische Diagnose ist nicht als Ersatz<br />
für die medizinische Diagnose zu verstehen.<br />
Für die Behandlung vieler logopädischer<br />
Störungsbilder kann auf eine ärztliche Diagnose<br />
nicht verzichtet werden, beispielsweise<br />
im Bereich der neurologischen Erkrankungen.<br />
Durch die Zusammenführung der ärztlichen<br />
Diagnose und der logopädischen Befundung<br />
wird im Sinne einer Vier-Augen-Diagnostik<br />
die bestmögliche Versorgung des Patienten<br />
gewährleistet. Denn sie impliziert eine fachliche<br />
Diskussion des Arztes und des Logopäden<br />
auf Augenhöhe.<br />
Diese Diskussion wird nur auf der Basis einer<br />
akademischen Ausbildung<br />
beider Seiten möglich werden.<br />
Grund hierfür ist nicht<br />
das fehlende Wissen der Logopäden.<br />
Dazu schreibt der<br />
Medizin- und Gesundheitssoziologe<br />
Borgetto in seinem Artikel über die<br />
gesundheitswissenschaftlichen Grundlagen<br />
der Logopädie, dass sich nur die „akademisierte<br />
und professionalisierte Logopädie […]<br />
von der Dominanz (nicht den Inhalten!) der<br />
Medizin emanzipieren und einen Platz in<br />
den Gesundheitswissenschaften füllen und<br />
beanspruchen können – zu beiderseitigem<br />
Nutzen und zu dem des Patienten“ (Borgetto<br />
2012).<br />
Weiterentwicklung von<br />
Befunderhebung und Therapie<br />
Die Weiterentwicklung der Logopädie im<br />
Bereich der Patientenversorgung, Befunderhebung<br />
und Therapie kann nur auf der Basis<br />
von Forschung erfolgen. Forschungsarbeiten<br />
leisten einen wichtigen Beitrag, sodass nach<br />
intensiver theoretischer Arbeit zum Wohle<br />
6 Forum Logopädie Heft 1 (27) Januar 2013