Freude am Lernen - Service.bistumlimburg.de - Bistum Limburg
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Wie man richtig in <strong>de</strong>r Schule lernt<br />
Volker La<strong>de</strong>nthin<br />
BEITRÄGE<br />
90<br />
Im Folgen<strong>de</strong>n soll nicht allgemein<br />
über das <strong>Lernen</strong> gesprochen wer<strong>de</strong>n,<br />
son<strong>de</strong>rn über bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>s <strong>Lernen</strong> und<br />
über <strong>Lernen</strong> in <strong>de</strong>r Schule, über <strong>Lernen</strong><br />
aus pädagogischer Sicht. 1 Es geht also<br />
nicht darum zu beschreiben, wie jemand<br />
irgendwo irgen<strong>de</strong>twas lernt, son<strong>de</strong>rn<br />
wie Jugendliche in <strong>de</strong>r Institution<br />
Schule so lernen, dass dies zu ihrer Bildung<br />
beiträgt. 2<br />
1. Was heißt „<strong>Lernen</strong>“ –<br />
aus laienhafter Perspektive?<br />
Im Alltag versteht man unter „<strong>Lernen</strong>“<br />
„Auswendiglernen“, Memorieren.<br />
Zu<strong>de</strong>m versteht man ausschließlich<br />
„Kenntnisse“ als Ergebnis <strong>de</strong>s <strong>Lernen</strong>s.<br />
Und man verwechselt Lehren mit<br />
Dozieren. Man glaubt, bei <strong>de</strong>r Lehre<br />
sei <strong>de</strong>r Lehrer aktiv und <strong>de</strong>r Schüler<br />
passiv. Die unzureichen<strong>de</strong> Kenntnis<br />
über das <strong>Lernen</strong> führt zu Empfehlungen,<br />
die ihrerseits unzureichend sind<br />
und dann nach ein paar Jahren genau<br />
gegenteilige Empfehlungen – und daher<br />
wie<strong>de</strong>r unzureichen<strong>de</strong> – aufkommen<br />
lassen: Weil man merkt, dass<br />
man mit auswendig gelerntem Wissen<br />
keine unbekannten Probleme lösen<br />
kann, verfällt man darauf, die Metho<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>s Problemlösens zu lehren. Freilich<br />
kann man dies nur lernen, in<strong>de</strong>m<br />
man Probleme löst – und diese sind<br />
fachlicher Natur und bedürfen <strong>de</strong>r Präsenz<br />
<strong>de</strong>s Wissens, um überhaupt erkannt<br />
zu wer<strong>de</strong>n. Also wie<strong>de</strong>r: Auswendig<br />
lernen! Aber man merkt, dass<br />
man beim Auswendiglernen nicht<br />
lernt, das zu tun, was man gelernt hat.<br />
Also erfin<strong>de</strong>t man das handlungsorientierte<br />
<strong>Lernen</strong>, das implizite <strong>Lernen</strong>.<br />
Aber wenn man gar nicht weiß, was<br />
man weiß – dann muss man wie<strong>de</strong>r<br />
auswendig lernen und so weiter. Man<br />
gerät in <strong>de</strong>n Teufelskreis falscher<br />
Lerntheorien.<br />
Der Teufelskreis <strong>de</strong>s falschen<br />
<strong>Lernen</strong>s<br />
beiläufig<br />
lernen<br />
V<br />
V<br />
Inhalte lernen<br />
Metho<strong>de</strong>n lernen<br />
auswendig<br />
lernen<br />
Immer glaubt man, in einer dieser<br />
Richtungen das letzte Heil zu fin<strong>de</strong>n:<br />
Dabei weiß je<strong>de</strong>r Lehrer,<br />
– dass man Metho<strong>de</strong>n nur an Inhalten<br />
lernen kann,<br />
– dass man Inhalte nur durch Metho<strong>de</strong>n<br />
erschließt,<br />
– dass das Auswendiglernen von Inhalten<br />
nicht einmal ausreicht, um<br />
schlichte Alltagsprobleme zu lösen:<br />
Man wür<strong>de</strong> nicht einmal nach Hause<br />
fin<strong>de</strong>n, wenn eine Straße, die<br />
man gewöhnlich fährt, gesperrt ist.<br />
– Und wir wissen, dass wir mehr lernen<br />
müssen, als wir anwen<strong>de</strong>n können<br />
– allein schon <strong>de</strong>shalb, d<strong>am</strong>it<br />
wir die jeweils beste Lösung auswählen<br />
können.<br />
Als Lösung wird dann häufig empfohlen,<br />
das <strong>Lernen</strong> zu lernen. Diese<br />
Empfehlung ist recht unbedacht – <strong>de</strong>nn<br />
um das <strong>Lernen</strong> zu lernen, muss man<br />
schon lernen können: Die Empfehlung<br />
for<strong>de</strong>rt auf, etwas zu lernen, was man<br />
schon kann: das <strong>Lernen</strong>.<br />
Sieht man sich dann die Literatur<br />
zum Themen „<strong>Lernen</strong> <strong>de</strong>s <strong>Lernen</strong>s“ an,<br />
merkt man schnell, dass auch gar nicht<br />
das <strong>Lernen</strong> gelehrt wird, son<strong>de</strong>rn bestimmte<br />
Lerntechniken, Hantierungen:<br />
V<br />
V<br />
Karteikästen zum Vokabel-<strong>Lernen</strong>, Vortragstechniken,<br />
Memoriertechniken,<br />
Mindmaps, das Anfertigen von Exzerpten<br />
o<strong>de</strong>r Mitschriften.<br />
Nur: All diese schönen und nützlichen<br />
Dinge begleiten nur <strong>de</strong>n eigentlichen<br />
Lernvorgang, ersetzen ihn nicht:<br />
Der Besitz <strong>de</strong>s Karteikasten ersetzt<br />
nicht <strong>de</strong>n gedanklichen Lernvorgang.<br />
<strong>Lernen</strong> meint das Herausfin<strong>de</strong>n einer<br />
bisher unbekannten Wahrheit, meint<br />
die Prüfung eines Sachverhalts, meint<br />
die Frage nach Ursachen und Konsequenzen,<br />
nach <strong>de</strong>m Zustan<strong>de</strong>kommen,<br />
nach <strong>de</strong>r Reichweite, <strong>de</strong>m Gewicht einer<br />
Aussage, nach <strong>de</strong>m Zentrum <strong>de</strong>r Aussage,<br />
nach <strong>de</strong>n gültigen Argumenten.<br />
All das sind Inhalte <strong>de</strong>s Denkens,<br />
die man nicht durch Techniken <strong>de</strong>s<br />
Sortierens ersetzen kann. Das <strong>Lernen</strong><br />
kann man nicht lernen – weil man es<br />
immer schon kann. Könnte man es<br />
nicht immer schon, dann könnte man es<br />
auch nicht lernen.<br />
2. Erfahrungsorientiertes <strong>Lernen</strong><br />
Ausgehen möchte ich vom beiläufigen<br />
<strong>Lernen</strong> im Alltag. Dieses <strong>Lernen</strong><br />
ist sehr erfolgreich: Wenn man sich vor<br />
einer Urlaubsreise auf <strong>de</strong>n Besuch einer<br />
Touristenattraktion vorbereitet, dann<br />
lernt man etwa die Sehenswürdigkeiten<br />
nicht auswendig und lässt sie vom Ehepartner<br />
abfragen. Man liest vielmehr<br />
einen Reiseführer, mehrere Reiseführer<br />
– und ohne dass man eigens tätig<br />
wird, weiß man nun, was man sehen<br />
will. Man macht einen kleinen Spickzettel,<br />
um zeitsparend, bequem und<br />
kostengünstig auf kürzestem Weg von<br />
einer Sehenswürdigkeit zur an<strong>de</strong>ren zu<br />
gelangen – und man nimmt <strong>de</strong>n Reiseführer<br />
unterwegs mit, um vor Ort Details<br />
nachzulesen.<br />
Man merkt gar nicht, dass man<br />
lernt. Man lernt nicht systematisch aus-<br />
INFO 34 · 2/2005