13.07.2014 Aufrufe

Freistellung von der Arbeitspflicht, in Arbeit und Arbeitsrecht 05 ...

Freistellung von der Arbeitspflicht, in Arbeit und Arbeitsrecht 05 ...

Freistellung von der Arbeitspflicht, in Arbeit und Arbeitsrecht 05 ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Arbeit</strong>srecht<br />

Typische Klauseln<br />

<strong>Freistellung</strong> <strong>von</strong> <strong>der</strong> <strong><strong>Arbeit</strong>spflicht</strong><br />

Dr. Feyzan Ünsal, E.M.L.E.<br />

Rechtsanwält<strong>in</strong>, SNP Schlawien Partnerschaft,<br />

Berl<strong>in</strong><br />

Die bezahlte <strong>Freistellung</strong> e<strong>in</strong>es <strong>Arbeit</strong>nehmers nach e<strong>in</strong>er<br />

Kündigung bzw. dem Abschluss e<strong>in</strong>es Aufhebungs- o<strong>der</strong> Abwicklungsvertrags<br />

gehört mittlerweile zum Standardrepertoire<br />

<strong>der</strong> Personalarbeit. Auch f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> <strong>Arbeit</strong>sverträgen regelmäßig<br />

solche Klauseln. Doch die Praxis zeigt, dass die Ausgestaltung<br />

bzw. Anordnung e<strong>in</strong>er <strong>Freistellung</strong> nicht so e<strong>in</strong>fach ist,<br />

wie es sche<strong>in</strong>t. Denn je nach Form – e<strong>in</strong>seitig o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>vernehmlich<br />

– <strong>und</strong> Art – wi<strong>der</strong>ruflich o<strong>der</strong> unwi<strong>der</strong>ruflich – können sich<br />

unterschiedliche Rechtsfolgen ergeben.<br />

1 Wi<strong>der</strong>rufliche o<strong>der</strong> unwi<strong>der</strong>rufliche <strong>Freistellung</strong><br />

Bei e<strong>in</strong>er wi<strong>der</strong>ruflichen <strong>Freistellung</strong> wird <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>nehmer unter dem<br />

Vorbehalt, dass <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber ihn je<strong>der</strong>zeit wie<strong>der</strong> anweisen kann, die<br />

<strong>Arbeit</strong> aufzunehmen, unter Fortzahlung se<strong>in</strong>er Vergütung <strong>von</strong> <strong>der</strong> <strong><strong>Arbeit</strong>spflicht</strong><br />

befreit. Die unwi<strong>der</strong>rufliche <strong>Freistellung</strong> erfolgt h<strong>in</strong>gegen vorbehaltslos,<br />

so dass <strong>der</strong> Mitarbeiter bis zum Ende <strong>der</strong> <strong>Freistellung</strong> nicht mehr<br />

verpflichtet ist, se<strong>in</strong>e <strong>Arbeit</strong>sleistung zu erbr<strong>in</strong>gen. E<strong>in</strong>e unwi<strong>der</strong>rufl iche<br />

<strong>Freistellung</strong> kann <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber e<strong>in</strong>seitig nicht zurücknehmen. Vielmehr<br />

bedarf es e<strong>in</strong>er ausdrücklichen Vere<strong>in</strong>barung zwischen <strong>Arbeit</strong>geber <strong>und</strong><br />

<strong>Arbeit</strong>nehmer, dass <strong>der</strong> Beschäftigte die Tätigkeit wie<strong>der</strong> aufnimmt. Insofern<br />

bevorzugen Mitarbeiter diese Variante, da sie ke<strong>in</strong>e unerwartete Anweisung<br />

zur <strong>Arbeit</strong>saufnahme befürchten müssen. Zudem ist nach <strong>der</strong><br />

Rechtsprechung des BSG nunmehr auch geklärt, dass e<strong>in</strong>e unwi<strong>der</strong>rufliche<br />

Feststellung unter Fortzahlung <strong>der</strong> geschuldeten Vergütung sozialversicherungsrechtlich<br />

zu ke<strong>in</strong>en Nachteilen führt (Urt. v. 24.9.2008 –<br />

B 12 KR 22/07 R, AuA 7/09, S. 737).<br />

Der <strong>Arbeit</strong>geber sollte vor Ausspruch <strong>der</strong> <strong>Freistellung</strong> sorgfältig prüfen,<br />

ob er wirklich endgültig auf die <strong>Arbeit</strong>sleistung des <strong>Arbeit</strong>nehmers verzichten<br />

möchte. Will er sich e<strong>in</strong> Wi<strong>der</strong>rufsrecht vorbehalten, muss er<br />

dies <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Freistellung</strong>serklärung klar zum Ausdruck br<strong>in</strong>gen. Das BAG<br />

legt jede nicht ausdrücklich wi<strong>der</strong>ruflich ausgesprochene <strong>Freistellung</strong>serklärung,<br />

die e<strong>in</strong>e Urlaubsabgeltung vorsieht, als unwi<strong>der</strong>rufliche <strong>Freistellung</strong><br />

aus (Urt. v. 14.3.2006 – 9 AZR 11/<strong>05</strong>, AuA 11/06, S. 684).<br />

2 E<strong>in</strong>vernehmliche o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>seitige <strong>Freistellung</strong><br />

Gegen e<strong>in</strong>vernehmliche <strong>Freistellung</strong>svere<strong>in</strong>barungen <strong>in</strong> Aufhebungs- o<strong>der</strong><br />

Abwicklungsverträgen bestehen gr<strong>und</strong>sätzlich ke<strong>in</strong>e Bedenken. Dagegen<br />

s<strong>in</strong>d die Möglichkeiten des <strong>Arbeit</strong>gebers, e<strong>in</strong>en <strong>Arbeit</strong>nehmer e<strong>in</strong>seitig<br />

freizustellen, begrenzt. Aus dem <strong>Arbeit</strong>sverhältnis ergibt sich für den Mitarbeiter<br />

nicht nur die Pflicht, die <strong>Arbeit</strong>sleistung zu erbr<strong>in</strong>gen, son<strong>der</strong>n<br />

auch das Recht auf Beschäftigung. Daher lässt das BAG – auch während<br />

<strong>der</strong> Kündigungsfrist – e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>seitige <strong>Freistellung</strong> nur zu, wenn überwiegende<br />

<strong>und</strong> schutzwürdige Interessen des <strong>Arbeit</strong>gebers e<strong>in</strong>er Weiterbeschäftigung<br />

entgegenstehen (Urt. 19.8.1976 – 3 AZR 173/75).<br />

Dazu gehören z. B. <strong>der</strong> Wegfall <strong>der</strong> Vertrauensgr<strong>und</strong>lage wegen e<strong>in</strong>er<br />

Straftat o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>es dr<strong>in</strong>genden Tatverdachts, die Wahrung <strong>von</strong> Betriebs<strong>und</strong><br />

Geschäftsgeheimnissen, e<strong>in</strong> zum Wettbewerber wechseln<strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>nehmer,<br />

die Verh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung <strong>von</strong> weiteren Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen zwischen<br />

Kollegen, <strong>der</strong> def<strong>in</strong>itive Wegfall <strong>der</strong> Beschäftigungsmöglichkeit, bed<strong>in</strong>gt<br />

durch e<strong>in</strong>en Auftragsmangel sowie Gründe, die e<strong>in</strong>e fristlose Kündigung<br />

rechtfertigen können.<br />

E<strong>in</strong>e unberechtigte <strong>Freistellung</strong> lässt den Beschäftigungsanspruch des<br />

<strong>Arbeit</strong>snehmers nicht entfallen. Dieser kann die Erfüllung gerichtlich<br />

durchsetzen. U. U. bestehen wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts<br />

auch Schmerzensgeldansprüche. Je nach Schwere <strong>der</strong> Vertragsverletzung<br />

ist außerdem e<strong>in</strong>e fristlose Eigenkündigung des <strong>Arbeit</strong>nehmers mit e<strong>in</strong>em<br />

Schadensersatzanspruch gem. § 628 BGB möglich.<br />

Praxistipp<br />

Von <strong>der</strong> e<strong>in</strong>seitigen <strong>Freistellung</strong> ist die Urlaubserteilung im gekündigten<br />

<strong>Arbeit</strong>sverhältnis zu unterscheiden. Diese kann <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>nehmer nur<br />

ablehnen, wenn ihm e<strong>in</strong>e Urlaubsabgeltung während <strong>der</strong> verbleibenden<br />

Dauer des <strong>Arbeit</strong>sverhältnisses unzumutbar ist. Zum<strong>in</strong>dest über diesen<br />

Weg ist e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>seitige <strong>Freistellung</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kündigungsfrist möglich, ohne<br />

dass beson<strong>der</strong>e Gründe dafür vorliegen müssen.<br />

3 <strong>Freistellung</strong>sklauseln <strong>in</strong> <strong>Arbeit</strong>sverträgen<br />

In Anbetracht <strong>der</strong> beschränkten Zulässigkeit <strong>der</strong> e<strong>in</strong>seitigen <strong>Freistellung</strong><br />

f<strong>in</strong>det man regelmäßig bereits im <strong>Arbeit</strong>svertrag e<strong>in</strong>e Regelung, die den<br />

<strong>Arbeit</strong>geber hierzu berechtigen soll. Solche arbeitsvertraglichen <strong>Freistellung</strong>sklauseln<br />

unterliegen allerd<strong>in</strong>gs <strong>der</strong> AGB-Kontrolle nach §§ 3<strong>05</strong> ff.<br />

BGB. Es ist da<strong>von</strong> auszugehen, dass e<strong>in</strong>e generelle <strong>und</strong> e<strong>in</strong>schränkungslose<br />

<strong>Freistellung</strong>sklausel den <strong>Arbeit</strong>nehmer mit Blick auf se<strong>in</strong>en Beschäftigungsanspruch<br />

unangemessen i. S. v. § 307 BGB benachteiligt. Vor<br />

diesem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> wird im Rahmen <strong>von</strong> formularmäßig vere<strong>in</strong>barten<br />

<strong>Freistellung</strong>sklauseln gefor<strong>der</strong>t, das vertraglich e<strong>in</strong>geräumte <strong>Freistellung</strong>srecht<br />

des <strong>Arbeit</strong>gebers an beson<strong>der</strong>e Umstände <strong>und</strong> Gründe zu knüpfen.<br />

Letztlich ist e<strong>in</strong>e wirksame <strong>Freistellung</strong>sklausel so zu gestalten, dass sie<br />

das Recht zur <strong>Freistellung</strong> auf e<strong>in</strong>en sachlichen Gr<strong>und</strong> stützt, s. Muster 1<br />

auf S. 273.<br />

Bislang nicht abschließend geklärt ist, ob <strong>und</strong> unter welchen Voraussetzungen<br />

e<strong>in</strong> <strong>Freistellung</strong>svorbehalt für den Fall <strong>der</strong> Kündigung vere<strong>in</strong>bart<br />

werden kann. Die <strong>Freistellung</strong>sklausel sollte daher – bis zu e<strong>in</strong>er endgültigen<br />

Klärung durch das BAG – nicht an e<strong>in</strong>e Kündigung als alle<strong>in</strong>igen<br />

<strong>Freistellung</strong>sgr<strong>und</strong> anknüpfen. Möglich ist aber, den Kündigungsfall als<br />

Konkretisierung e<strong>in</strong>es sachlichen Gr<strong>und</strong>es aufzunehmen, s. Muster 2 auf<br />

S. 273.<br />

272 <strong>Arbeit</strong> <strong>und</strong> <strong>Arbeit</strong>srecht · 5/13


<strong>Arbeit</strong>srecht<br />

<strong>Freistellung</strong>sklausel im <strong>Arbeit</strong>svertrag<br />

Der <strong>Arbeit</strong>geber ist berechtigt, den <strong>Arbeit</strong>nehmer unter Fortzahlung<br />

se<strong>in</strong>er Bezüge vorübergehend <strong>von</strong> <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong> freizustellen, wenn e<strong>in</strong><br />

sachlicher Gr<strong>und</strong>, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e e<strong>in</strong> grober Vertragsverstoß, <strong>der</strong> die<br />

Vertrauensgr<strong>und</strong>lage bee<strong>in</strong>trächtigt (z. B. Geheimnisverrat, Konkurrenztätigkeit),<br />

gegeben ist.<br />

Muster 1<br />

Kündigung als sachlicher Gr<strong>und</strong><br />

Muster 2<br />

Der <strong>Arbeit</strong>geber ist berechtigt, den <strong>Arbeit</strong>nehmer unter Fortzahlung se<strong>in</strong>er<br />

Bezüge vorübergehend <strong>von</strong> <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong> freizustellen, wenn e<strong>in</strong> sachlicher<br />

Gr<strong>und</strong> vorliegt. E<strong>in</strong> sachlicher Gr<strong>und</strong> liegt <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e vor im Falle <strong>der</strong><br />

Kündigung des <strong>Arbeit</strong>sverhältnisses – gleichgültig <strong>von</strong> welcher Seite –, <strong>der</strong><br />

Unmöglichkeit <strong>der</strong> Beschäftigung des <strong>Arbeit</strong>nehmers o<strong>der</strong> bei e<strong>in</strong>em groben<br />

Vertragsverstoß, <strong>der</strong> die Vertrauensgr<strong>und</strong>lage bee<strong>in</strong>trächtigt (z. B. Geheimnisverrat,<br />

Konkurrenztätigkeit).<br />

4 Urlaub<br />

Bei <strong>der</strong> Gestaltung <strong>der</strong> <strong>Freistellung</strong> ist zudem zu klären, ob dem <strong>Arbeit</strong>nehmer<br />

noch Urlaubs- <strong>und</strong>/o<strong>der</strong> Freizeitausgleichsansprüche zustehen.<br />

Beide Ansprüche können bei e<strong>in</strong>er <strong>Freistellung</strong> erfüllt werden:<br />

Freizeitausgleichsansprüche lassen sich sowohl mit e<strong>in</strong>er wi<strong>der</strong>ruflichen<br />

als auch mit e<strong>in</strong>er unwi<strong>der</strong>ruflichen <strong>Freistellung</strong> erfüllen.<br />

Den Urlaubsanspruch kann <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber im Rahmen <strong>der</strong> <strong>Freistellung</strong><br />

nur abgelten, wenn er den <strong>Arbeit</strong>nehmer unwi<strong>der</strong>ruflich <strong>von</strong> <strong>der</strong> <strong><strong>Arbeit</strong>spflicht</strong><br />

freistellt (BAG, Urt. v. 19.5.2009 – 9 AZR 433/08, AuA 6/10,<br />

S. 374). E<strong>in</strong>e wi<strong>der</strong>rufliche <strong>Freistellung</strong> führt auch dann nicht zur Erfüllung,<br />

wenn das Unternehmen sie mit <strong>der</strong> ausdrücklichen Erklärung verb<strong>in</strong>det,<br />

dass hierdurch <strong>der</strong> Resturlaub abgegolten werden soll (BAG, Urt.<br />

v. 14.3.2006, a. a. O.). Der <strong>Arbeit</strong>nehmer behält se<strong>in</strong>en Urlaubsanspruch,<br />

<strong>der</strong> mit Beendigung des <strong>Arbeit</strong>sverhältnisses abzugelten ist.<br />

Um e<strong>in</strong>e Urlaubsabgeltung während <strong>der</strong> <strong>Freistellung</strong> herbeizuführen, ist<br />

zudem erfor<strong>der</strong>lich, dass <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber die unwi<strong>der</strong>rufliche <strong>Freistellung</strong><br />

ausdrücklich unter Anrechnung <strong>der</strong> Resturlaubsansprüche erklärt. Ferner<br />

muss deutlich werden, <strong>in</strong> welchem Umfang <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber die Urlaubsansprüche<br />

erfüllen will. Erklärt er sich nicht mit <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Deutlichkeit,<br />

geht dies zu se<strong>in</strong>en Lasten (BAG, Urt. 15.5.2011 – 9 AZR 189/10).<br />

Insbeson<strong>der</strong>e bei e<strong>in</strong>er jahresübergreifenden Kündigungsfrist muss <strong>der</strong><br />

<strong>Arbeit</strong>geber klare Erklärungen abgeben, wenn er <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> <strong>Freistellung</strong><br />

Urlaub (für beide Jahre) gewähren will. Praxistipp<br />

E<strong>in</strong>e <strong>Arbeit</strong>sunfähigkeit während <strong>der</strong> <strong>Freistellung</strong> macht es dem <strong>Arbeit</strong>nehmer<br />

unmöglich, den Urlaub zu nehmen. Wird er bis zur Beendigung<br />

des <strong>Arbeit</strong>sverhältnisses unwi<strong>der</strong>ruflich freigestellt <strong>und</strong> erkrankt er während<br />

des Urlaubszeitraums, bleiben die Urlaubsabgeltungsansprüche bestehen.<br />

Daher empfiehlt sich e<strong>in</strong>e Komb<strong>in</strong>ation aus unwi<strong>der</strong>ruflicher <strong>und</strong><br />

wi<strong>der</strong>ruflicher <strong>Freistellung</strong>. Diese sollte zunächst unwi<strong>der</strong>ruflich unter Anrechnung<br />

des Urlaubsanspruchs erfolgen <strong>und</strong> im Anschluss daran bis zur<br />

Vertragsbeendigung wi<strong>der</strong>ruflich. Sollte <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>nehmer während des<br />

Urlaubszeitraums erkranken, kann <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber die <strong>Freistellung</strong> später<br />

wi<strong>der</strong>rufen <strong>und</strong> den Urlaub erneut gewähren, s. Muster 3 auf S. 274.<br />

5 An<strong>der</strong>weitiger Verdienst bei e<strong>in</strong>vernehmlicher <strong>Freistellung</strong><br />

Gerade bei längeren <strong>Freistellung</strong>sphasen werden viele <strong>Arbeit</strong>nehmer bereits<br />

bei e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en <strong>Arbeit</strong>geber tätig o<strong>der</strong> machen sich selbstständig.<br />

Es stellt sich daher die Frage, ob <strong>der</strong> Mitarbeiter sich den während <strong>der</strong><br />

<strong>Freistellung</strong> an<strong>der</strong>weitig erzielten Verdienst auf den fortzuzahlenden<br />

<strong>Arbeit</strong>slohn anrechnen lassen muss.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich ist gem. § 615 Satz 2 BGB an<strong>der</strong>weitiger Verdienst nur anzurechnen,<br />

wenn <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber sich mit <strong>der</strong> Annahme <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>sleitung<br />

<strong>in</strong> Verzug bef<strong>in</strong>det. Das setzt voraus, dass <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>nehmer ihm noch e<strong>in</strong>e<br />

<strong>Arbeit</strong>sleistung schuldet. Fehlt es daran, kann <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber mit <strong>der</strong><br />

Annahme <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>sleistung nicht <strong>in</strong> Verzug geraten. Dann scheidet auch<br />

e<strong>in</strong>e Anrechnung an<strong>der</strong>weitig erzielten Verdiensts aus. Das bedeutet:<br />

Haben die Parteien e<strong>in</strong>vernehmlich die unwi<strong>der</strong>rufliche <strong>Freistellung</strong> zur<br />

Abgeltung <strong>von</strong> Urlaubsansprüchen vere<strong>in</strong>bart, darf <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber die<br />

<strong>Arbeit</strong>sleistung nicht mehr for<strong>der</strong>n. Damit kann er mit <strong>der</strong> Annahme<br />

<strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>sleistung nicht mehr <strong>in</strong> Verzug geraten. E<strong>in</strong>e Anrechnung nach<br />

§ 615 Satz 2 BGB scheidet <strong>in</strong> diesem Fall aus.<br />

Obwohl das BAG dies bislang noch nicht entschieden hat, wird man auch<br />

bei <strong>der</strong> e<strong>in</strong>vernehmlichen wi<strong>der</strong>ruflichen <strong>Freistellung</strong> da<strong>von</strong> ausgehen<br />

müssen, dass <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber vorübergehend wi<strong>der</strong>ruflich ke<strong>in</strong>e Obliegenheit<br />

zur Beschäftigung des <strong>Arbeit</strong>nehmers hat. Damit kann er auch <strong>in</strong><br />

diesem Fall mit <strong>der</strong> Annahme <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>sleistung nicht mehr <strong>in</strong> Verzug<br />

geraten, so dass e<strong>in</strong>e Anrechnung nach § 615 Satz 2 BGB ausscheidet.<br />

Im Fall <strong>der</strong> e<strong>in</strong>vernehmlich vere<strong>in</strong>barten <strong>Freistellung</strong> kann e<strong>in</strong>e Anrechnung<br />

<strong>von</strong> an<strong>der</strong>weitigem Verdienst daher nur erfolgen, wenn die Parteien<br />

dazu e<strong>in</strong>e ausdrückliche Regelung getroffen haben. Fehlt e<strong>in</strong>e solche, darf<br />

<strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>nehmer während <strong>der</strong> <strong>Freistellung</strong>szeit ggf. „doppelt“ verdienen,<br />

ohne dass <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber dies verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n kann. Dies gilt selbst dann,<br />

wenn er während <strong>der</strong> <strong>Freistellung</strong> bei e<strong>in</strong>em Konkurrenten tätig wird<br />

(BAG, Urt. 17.10.2012 – 10 AZR 809/11).<br />

6 An<strong>der</strong>weitiger Verdienst bei e<strong>in</strong>seitiger <strong>Freistellung</strong><br />

An<strong>der</strong>s verhält es sich bei <strong>der</strong> e<strong>in</strong>seitigen <strong>Freistellung</strong> <strong>von</strong> <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>:<br />

››<br />

Soweit ke<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>en Umstände vorliegen, ist die wi<strong>der</strong>rufliche<br />

e<strong>in</strong>seitige <strong>Freistellung</strong> regelmäßig nicht an<strong>der</strong>s zu beurteilen, als wenn<br />

<strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber den <strong>Arbeit</strong>nehmer <strong>von</strong> <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong> nachhause schickt,<br />

weil er ihn nicht mehr beschäftigen will. In diesem Fall bleibt die<br />

<strong><strong>Arbeit</strong>spflicht</strong> bestehen, womit <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber <strong>in</strong> Annahmeverzug<br />

gerät. Der Mitarbeiter muss sich hier die Verdienste, die er durch an<strong>der</strong>weitige<br />

Verwendung se<strong>in</strong>er <strong>Arbeit</strong>skraft erzielt, anrechnen lassen.<br />

E<strong>in</strong>es ausdrücklichen Anrechnungsvorbehalts bedarf es nicht.<br />

››<br />

Etwas An<strong>der</strong>es gilt, wenn die <strong>Freistellung</strong> unwi<strong>der</strong>ruflich unter Anrechnung<br />

sämtlicher Urlaubsansprüche erfolgt. Für die Dauer <strong>der</strong><br />

Urlaubsgewährung scheidet mangels Annahmeverzugs e<strong>in</strong>e Anrechnung<br />

an<strong>der</strong>weitigen Verdiensts aus.<br />

››<br />

Problematisch wird die Situation, wenn die unwi<strong>der</strong>rufliche <strong>Freistellung</strong><br />

die Dauer des noch zu erfüllenden Urlaubsanspruchs übersteigt<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Urlaubszeitraum nicht festgelegt ist. In diesem Fall ist <strong>der</strong><br />

<strong>Arbeit</strong>nehmer nach Ansicht des BAG frei dar<strong>in</strong>, die zeitliche Lage<br />

des Urlaubs <strong>in</strong>nerhalb des <strong>Freistellung</strong>szeitraums festzulegen. E<strong>in</strong>e<br />

Anrechnung an<strong>der</strong>weitigen Verdiensts für die gesamte Dauer <strong>der</strong> <strong>Freistellung</strong><br />

scheidet damit aus (Urt. v. 19.3.2002 – 9 AZR 16/01). Möchte<br />

sich <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> <strong>Freistellung</strong>, die nicht <strong>der</strong> Urlaubsabgeltung<br />

dient, die Anrechnung vorbehalten, muss er dies klarstellen.<br />

Dabei kann es nach Ansicht des BAG schon ausreichen, wenn er den<br />

<strong>Arbeit</strong>nehmer nach Ausspruch e<strong>in</strong>er ordentlichen Kündigung für die<br />

Dauer <strong>der</strong> Kündigungsfrist unter Anrechnung bestehen<strong>der</strong> Urlaubsansprüche<br />

<strong>von</strong> <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong> freistellt, ihn aber zugleich bittet, ihm die<br />

Höhe des während <strong>der</strong> <strong>Freistellung</strong> erzielten Verdiensts mitzuteilen<br />

(Urt. v. 6.9.2006 – 5 AZR 703/<strong>05</strong>, AuA 2/07, S. 115).


<strong>Arbeit</strong>srecht<br />

Urlaubs- <strong>und</strong> Freizeitabgeltung<br />

Muster 3<br />

Der <strong>Arbeit</strong>nehmer wird ab dem (Datum) unter Fortzahlung se<strong>in</strong>er vertragsgemäßen<br />

Bezüge <strong>von</strong> <strong>der</strong> Verpflichtung zur Erbr<strong>in</strong>gung se<strong>in</strong>er <strong>Arbeit</strong>sleistung<br />

freigestellt. Dem <strong>Arbeit</strong>nehmer stehen für das Jahr (Zahl) noch (Zahl) Tage<br />

Resturlaub zu. Für den Zeitraum vom (Datum) bis zum (Datum) erfolgt die<br />

<strong>Freistellung</strong> unwi<strong>der</strong>ruflich unter Anrechnung aller noch offenen Urlaubsansprüche.<br />

Im Übrigen erfolgt die <strong>Freistellung</strong> wi<strong>der</strong>ruflich unter Anrechnung<br />

sämtlicher noch offenen Freizeitausgleichsansprüche.<br />

Praxistipp<br />

Um Zweifelsfälle zu vermeiden, empfiehlt es sich, stets e<strong>in</strong>e ausdrückliche<br />

Erklärung zur Anrechnung aufzunehmen.<br />

7 Auswirkungen auf e<strong>in</strong> Wettbewerbsverbot<br />

E<strong>in</strong>e solche Anrechnungserklärung kann aber Auswirkungen auf e<strong>in</strong><br />

etwaiges Wettbewerbsverbot des <strong>Arbeit</strong>nehmers haben. Gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

unterliegt je<strong>der</strong> Mitarbeiter bis zur rechtlichen Beendigung des <strong>Arbeit</strong>sverhältnisses<br />

als Ausfluss des <strong>in</strong> § 60 HGB enthaltenen Rechtsgedankens<br />

e<strong>in</strong>em vertraglichen Wettbewerbsverbot. Damit gilt dieses gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

auch während e<strong>in</strong>er <strong>Freistellung</strong>. Stellt <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber den <strong>Arbeit</strong>nehmer<br />

allerd<strong>in</strong>gs unter dem Vorbehalt <strong>der</strong> Anrechnung etwaigen an<strong>der</strong>weitigen<br />

Verdiensts frei, kann hier<strong>in</strong> nach Ansicht des BAG e<strong>in</strong> Verzicht auf das<br />

vertragliche Wettbewerbsverbot liegen (Urt. v. 6.9.2006, a. a. O.). Er gibt<br />

dadurch zu erkennen, dass er an <strong>der</strong> E<strong>in</strong>haltung des vertraglichen Wettbewerbsverbots<br />

nicht <strong>in</strong>teressiert ist, da sich an<strong>der</strong> weitiger Erwerb <strong>in</strong><br />

erster L<strong>in</strong>ie mit e<strong>in</strong>er Wettbewerbstätigkeit erzielen lässt.<br />

E<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>seitige unwi<strong>der</strong>rufliche <strong>Freistellung</strong>serklärung unter Anrecnung<br />

<strong>von</strong> Urlaub, bei <strong>der</strong> sich <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber die Anrechnung an<strong>der</strong>weitigen<br />

Verdienstes für die Zeit <strong>der</strong> <strong>Freistellung</strong>, die nicht <strong>der</strong> Urlaubsabgeltung<br />

dient, vorbehalten möchte, muss dies klarstellen <strong>und</strong> zugleich auf <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>haltung des gesetzlichen Wettbewerbsverbots bestehen, s. Muster 4.<br />

Anrechnung an<strong>der</strong>weitigen Verdiensts<br />

Muster 4<br />

Das vertragliche Wettbewerbsverbot bleibt bis zur rechtlichen Beendigung<br />

des <strong>Arbeit</strong>sverhältnisses bestehen. An<strong>der</strong>weitiger Verdienst während <strong>der</strong><br />

Frei stellung, die nicht mehr <strong>der</strong> Urlaubsgewährung dient, wird entsprechend<br />

§ 615 Satz 2 BGB auf die vertragliche Vergütung angerechnet.<br />

8 Fazit<br />

Entscheidet sich <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>geber, den <strong>Arbeit</strong>nehmer freizustellen, ist<br />

zunächst genau zu prüfen, welche weiteren Rechtsfolgen er mit <strong>der</strong><br />

<strong>Freistellung</strong> – vor allem <strong>in</strong> Bezug auf die Urlaubsgewährung, die Anrechnung<br />

an<strong>der</strong>weitigen Verdiensts <strong>und</strong> das Wettbewerbsverbot – herbeiführen<br />

möchte. Dann ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zweiten Schritt die <strong>Freistellung</strong>s erklärung<br />

gründlich zu formulieren. Zweifel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Auslegung gehen <strong>in</strong> aller<br />

Regel zulasten des <strong>Arbeit</strong>gebers, so dass bspw. die gewünschte Urlaubsgewährung<br />

nicht e<strong>in</strong>tritt.<br />

274 <strong>Arbeit</strong> <strong>und</strong> <strong>Arbeit</strong>srecht · 5/13

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!