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Menschen<br />
Im Einklang mit Miau und Wau<br />
Im Garten tollen zwei Boxer<br />
temperamentvoll am Zaun<br />
entlang. Ein zufälliger Passant<br />
wird stürmisch verbellt, als<br />
sei er der ersehnte Gast zum<br />
Spielen. „Selbstbelohnende Tätigkeit<br />
nennt man das“, erklärt<br />
Tierärztin Dr. med. vet. Dagmar<br />
Winkle lachend: „Endorphine, Adrenalin<br />
werden ausgeschüttet als<br />
Spaß-Botenstoffe des Gehirns<br />
sozusagen.“ Die Hunde geben mit<br />
dem Bellen also auch ihrer Lebensfreude<br />
Ausdruck; ganz ähnlich<br />
wie das impulsive Juchhu-<br />
Schreien bei Freude oder die<br />
Überflutung mit Glückshormonen<br />
beim Joggen. Gibt es also echte<br />
Gemeinsamkeiten in der Empfindung<br />
bei Mensch und Tier? „Das<br />
vielleicht nicht, aber Ähnlichkeiten:<br />
Zum Beispiel macht auch<br />
ein Tier Übersprungshandlungen.<br />
Das Schwanzwedeln beim Hund<br />
muss nicht immer nur reine Freude<br />
bedeuten, sondern kann auch<br />
Liebe zu Pferden<br />
Zeichen seiner Verlegenheit sein“, sagt<br />
die gebürtige Münchenerin, die seit<br />
1982 zusammen mit ihrem Mann in<br />
Steinsfeld eine Nutz- und Kleintierpraxis<br />
führt.<br />
Aufgewachsen in Köln als Kind<br />
zweier Schauspieler entdeckte sie früh<br />
die Liebe zu Pferden. „Mein Vater spielte<br />
bei den Karl-May-Festspielen mit in<br />
Radebeul und erzählte so spannend<br />
von den Szenen mit Pferden. Mit 13<br />
durfte ich dann auch reiten lernen und<br />
liebe es bis heute“, erzählt sie.<br />
Auch das private Heim der Winkles<br />
vermittelt gleich beim Betreten die<br />
harmonische Übereinkunft von Mensch<br />
und Tier. Drei Katzen, zwei Hunde<br />
bewohnen das Haus der Familie mit<br />
einer nonchalanten Selbstverständlichkeit,<br />
die flüchtig die Frage erweckt,<br />
ob es sich hier nicht um einen<br />
10<br />
Rollentausch handelt und eher das<br />
Ehepaar Winkle als Hausgast von seinen<br />
Tieren beherbergt wird als umgekehrt.<br />
Ein fast deckenhoher Katzenkratzbaum<br />
mit verschiedensten „Balkonplätzen“,<br />
behaglich gepolsterte<br />
Kuschelkörbe laden ein zum Schnurren.<br />
Am Gartenfenster eine Art Recamière<br />
mit Decken scheint nur für das<br />
nach wie vor sich im Garten verlustierende<br />
Hundepaar reserviert. Der Blick<br />
des Besuchers verweilt auf Kunstdarstellungen<br />
von Tieren in Bildern und Figuren;<br />
und selbst auf dem Kissen der<br />
Ledergarnitur für Zweibeiner prangt<br />
ein schlafendes Kätzchen – allerdings<br />
dieses Mal als Stoffmotiv.<br />
Herrscht denn auch Frieden unter<br />
den Tieren bei so viel Zuwendung und<br />
Rücksichtnahme? Kater Pebbels (5<br />
Jahre) antwortet auf diese Frage nicht,<br />
schläft selig vor sich hin am Fenster<br />
zum Garten, beschienen von der<br />
Sonne, zuckt manchmal im Traum mit<br />
einem Pfötchen, aber wirkt ansonsten<br />
Dr. Dagmar Winkle<br />
anrührend sanft und friedlich.<br />
„Sanft und friedlich? Dieser<br />
Kater mobbt!“, zerstört<br />
Dagmar Winkle die Illusion<br />
über Pebbels und berichtet,<br />
dass dieser Macho im Wachzustand<br />
die Katzendame<br />
Tweety (12 Jahre) auf das<br />
Empörendste reize. Hat es<br />
sich die zart betagte Schöne<br />
auf dem Katzenkratzbaum<br />
nämlich gerade gemütlich<br />
gemacht, beginnt Mobber<br />
Pebbels sie anzustarren.<br />
Mehr macht er nicht, aber dieses<br />
so voll von Lust am<br />
Hinterhältigen, dass das Stalking-Opfer<br />
entnervt und gedemütigt<br />
den Paradiesbaum<br />
verlässt und das Weite sucht.<br />
„Er hat einfach wirklichen<br />
Spaß daran, sie zu schikanieren.<br />
Auch beim Futter müssen<br />
wir die beiden immer aneinander<br />
vorbeisteuern. Tweety<br />
Kleiner Katzenclinch<br />
kann nicht mal gemeinsam mit ihm<br />
fressen! Und wenn sie doch was hinunterbringt<br />
in seiner Nähe, dann verträgt<br />
sie das nicht und muss es alsbald<br />
wieder ausspucken vor Abscheu“,<br />
erzählt Dr. Winkle bedauernd. Stresschen<br />
statt Fresschen sozusagen oder<br />
Feindschaft wie bei „Katz und Hund“<br />
etwa? „Das ist auch nur so eine<br />
Redensart: Auch Katzen und Hunde<br />
verstehen sich eigentlich, wenn sie<br />
miteinander aufwachsen und sich nicht<br />
als Fremde empfinden. Aber bei Tweety<br />
und Pebbels wirkt wahrscheinlich so<br />
eine Art kätzische Hassliebe“, erwidert<br />
die Tierfreundin mit Schalk in den klugen<br />
Augen. Und während sie aus der<br />
Vereinsarbeit von „Katzen in Not“<br />
berichtet, schaut ihr Mann Julian kurz<br />
zur Tür hinein und fragt, wie es denn<br />
zeitlich heute aussehe mit dem Mittagessen.