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❚ Ein wildes Durcheinander Einer von denen, die dem Geheimnis der turbulenten Strömungen auf der Spur sind, ist der Physiker Jörg Schumacher von der Technischen Universität im thüringischen Ilmenau. „Dabei sind die Gleichungen, mit denen die Strömungen von Flüssigkeiten und Gasen – also von Fluiden – zu beschreiben sind, schon seit fast 200 Jahren bekannt.“ Doch diese Gleichungen tatsächlich zu lösen und damit das Werden und Vergehen von Turbulenzen vorherzusagen, das scheitert bisher an den vielen Unbekannten. Zu irregulär und chaotisch tanzen die Wirbel, wenn Flüssigkeiten und Gase hohen Strömungsgeschwindigkeiten oder großen Temperaturunterschieden ausgesetzt sind oder wenn sie auf ein Hindernis stoßen. ❚ Wirbel im Zwiegespräch Der Physiker Dr. Jörg Schumacher beschreibt anschaulich, was in einem gluckernden und sprudelnden Bach oder in einer heftigen Windböe so alles abläuft: „Große Wirbel lösen kaskadenförmig kleinere aus, sie sprechen miteinander, sie reiben sich aneinander, sie zerfallen ineinander.“ Jede Konstellation ist einmalig und unwiederbringlich. Doch es gibt durchaus Wege, mit Experimenten sowie Simulationen wenigstens etwas Ordnung ins Chaos zu bringen. Das Universalgenie Leonardo da Vinci färbte bereits vor 500 Jahren das Wasser mit Farbstoffen und Hirsesamen, um die Bewegung einzelner Flüssigkeitselemente exakter beobachten und skizzieren zu können. ❚ Im Windkanal Heute testen Ingenieure im Windkanal den Reibungswiderstand an Tragflügelprofilen und Karosserien, um sichere und verbrauchsärmere Flugzeuge und Autos zu bauen. Sie berechnen die Windlasten, die auf hohen Gebäuden liegen oder an Windrädern zerren. Doch Wissenschaftlern wie Jörg Schumacher reicht das nicht. Sie wollen mit neuartigen Computermodellen die Grundlagenforschung intensivieren und das Rätsel lösen, welchen exakten Verlauf turbulente Strömungen nehmen. Sie benutzen für ihre Simulationen die leistungsfähigsten Großrechner in Europa, zum Beispiel im Forschungszentrum Jülich. ❚ Das Superhirn Bei diesen Supercomputern teilen sich Tausende von Prozessoren die Rechenarbeit. „Dadurch ist es uns möglich“, erläutert Jörg Schumacher, „die vielen Milliarden Gleichungen, die für die Bestimmung von Turbulenzen nötig sind, numerisch zu lösen“. Die Strömungs- Bild: TU lmenau Leonardo da Vinci hat die wilden, scheinbar unüberschaubaren Bewegungen eines Wasserstrudels in seinen Skizzen systematisch eingefangen 8 . 2009
Energie der Natur . Turbulenzen felder, die sich etwa beim Transport von Flüssigkeiten in Pipelines bilden, werden in einem sehr feinen Gitter von Zeitund Raumpunkten erfasst. Die Forscher können so die Turbulenz nicht nur von einem festen Beobachtungspunkt aus analysieren, sondern sie schwimmen gewissermaßen mit der Strömung mit, um das Wachsen und Vergehen der Wirbel aufzuzeichnen. ❚ Turbulente Fortschritte Je mehr man über die Turbulenzen weiß, desto zielsicherer kann man ihre unangenehmen Seiten unterdrücken und zugleich ihre positiven Eigenschaften zum Mischen von Stoffen und Transportieren von Wärme nutzen. In Öl-Pipelines etwa lässt sich der Strömungswiderstand brechen, der durch Wirbel ausgelöst wird und den Durchfluss vermindert. In der Wetterforschung kann man Wirbelstürme genauer vorhersagen. Und in Belüftungs- und Klimaanlagen sind eine größere Energieeffizienz und ein gesünderes Raumklima zu erreichen. Die Simulation im Supercomputer macht es möglich: Das Innenleben von turbulenten Wirbeln, eines der komplexesten Naturphänomene, wird sichtbar. Gezeigt sind Gebiete sehr großer Wirbelstärke Mehr Informationen Über die Forschungen an der TU Ilmenau informiert: www.tu-ilmenau.de/tsm Hintergrundartikel über „Turbulenzen um die Fluidmechanik“ in Spektrum der Wissenschaft, Ausgabe April 2009: www.spektrum.de/artikel/983272 (Download 1 Euro) Turbulenzen nach dem Mischen zweier Flüssigkeiten Bild: TU lmenau Orkane erreichen eine Geschwindigkeit von über 200 km/h 9 . 2009
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