Emmanuel Joseph Sieyès, Was ist der Dritte Stand? - Franz Steiner ...
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Rezensionen<br />
den Autoren. Hierin legt Brugger eine Kurzversion<br />
seiner bereits mehrfach publizierten 6<br />
entscheidungstheoretischen Anthropologie<br />
nie<strong>der</strong>, die jedoch bedauerlicherweise den<br />
spezifisch metaphorischen Gehalt des Kreuzes<br />
kaum beleuchtet. Aus jur<strong>ist</strong>ischer Sicht<br />
spannen<strong>der</strong> <strong>ist</strong> deshalb beispielsweise die<br />
Bearbeitung „Netz“ von Chr<strong>ist</strong>ian J. Emden,<br />
welche die rechtliche Obligation mit den<br />
Begriffen des nexus/nectere in Verbindung<br />
bringt und den Leser unwillkürlich an die<br />
Verstrickung des Straf- und Zivilrechts denken<br />
lässt. Ebenso gedankenreich sind die<br />
Ausführungen von Susanne Lüdemann zur<br />
Metapher „Körper, Organismus“, die in ebenso<br />
verständlicher wie überzeugen<strong>der</strong> Weise<br />
die Entwicklung <strong>der</strong> Körperschaft des Staates<br />
aus <strong>der</strong>jenigen <strong>der</strong> Kirche nachzeichnet,<br />
die ihrerseits vom corpus chr<strong>ist</strong>i und dessen<br />
antiken Vorläufern herrührt. Wie sich <strong>der</strong> Kultur-<br />
und Ausbildungsbegriff aus <strong>der</strong> Metapher<br />
„Pflanze“ kr<strong>ist</strong>allisieren, zeigen Theda Rehbock<br />
und Nele Schnei<strong>der</strong>eit unter an<strong>der</strong>em<br />
mit <strong>der</strong> interessanten Beobachtung auf, dass<br />
die lateinische cultura, die bekanntlich Pflege,<br />
Anbau und Verehrung zugleich als Momente<br />
in sich vereint, bis in das 18. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
„ gar nicht ohne einen spezifizierenden<br />
Genitiv“ (S. 274), also ohne die Klarstellung,<br />
was genau man denn kultivieren wolle, vorkommt.<br />
Begriffe wie „Verfassungsbaum“, „organisches<br />
Schuldverhältnis“ müssen somit<br />
nicht bemüht werden, um die Relevanz <strong>der</strong><br />
Pflanzenmetapher im rechtskulturellen Diskurs<br />
zu belegen. Die hier begonnene L<strong>ist</strong>e<br />
ließe sich leicht fortsetzen, zum Beispiel mit<br />
den Beiträgen von Werner Köster zu „Raum“<br />
(vgl. Raum <strong>der</strong> Freiheit, <strong>der</strong> Sicherheit und<br />
des Rechts, Art. 3 Abs. 2 EUV) und von Peter<br />
L. Oesterreich zu „Richten“.<br />
Der vorgelegte Band hat in seiner dritten<br />
Auflage wesentliche Mängel früherer Auflagen<br />
behoben. So wurde etwa dem Metaphernreg<strong>ist</strong>er<br />
ein überaus hilfreiches Namenreg<strong>ist</strong>er<br />
beigefügt, das es nun gestattet, dem<br />
Metapherngebrauch eines bestimmten Denkers<br />
gezielt nachzugehen. Bedauerlich sind<br />
allein die bei einzelnen Lemmata weiterhin<br />
131<br />
sehr spärlichen Nachweise. Immerhin bietet<br />
<strong>der</strong> Herausgeber dem Fachfremden eine aktuelle<br />
Auswahlbibliografie zur Metaphorologie.<br />
Herausgeber, Autoren und Verlag muss<br />
man zu einem inspirierenden Gesamtwerk<br />
beglückwünschen. Die Anschaffung <strong>ist</strong> zu<br />
empfehlen – sei es als Einstieg in eigene metaphorologische<br />
Studien, sei es als schlichte<br />
inspirierende Beschäftigung mit diesen „Leitfossilien<br />
einer archaischen Schicht des Prozesses<br />
<strong>der</strong> theoretischen Neugierde.“ 7<br />
Chris Thomale<br />
C.T., Universität Freiburg, Institut für Handels- und<br />
Wirtschaftsrecht, Wilhelmstraße 26, 79098 Freiburg<br />
i. Br.<br />
6 Das anthropologische Kreuz <strong>der</strong> Entscheidung in Politik und Recht, ZfP 2005, 261 ff.; Das anthropologische<br />
Kreuz <strong>der</strong> Entscheidung in Politik und Recht, Baden-Baden 2008.<br />
7 Hans Blumenberg, Ausblick auf eine Theorie <strong>der</strong> Unbegrifflichkeit, in: Schiffbruch mit Zuschauer,<br />
S. 77.<br />
ARSP (Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie), Band 99/1 (2013)<br />
© <strong>Franz</strong> <strong>Steiner</strong> Verlag, Stuttgart<br />
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Das gilt insbeson<strong>der</strong>e für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitungen in elektronischen Systemen.<br />
© <strong>Franz</strong> <strong>Steiner</strong> Verlag, Stuttgart 2013