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Verfassungsmäßigkeit - Steuerberaterverband Berlin-Brandenburg

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160 2. Sollte die Vereinbarkeit mit der Verfassung hingegen nicht gegeben sein, wäre die<br />

Vorentscheidung auf die Revision des Klägers aufzuheben und der Klage stattzugeben<br />

(§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO), weil das Fehlen einer den Steuersatz festlegenden<br />

Regelung die Festsetzung von Erbschaftsteuer nicht zulassen würde, oder das Verfahren<br />

müsste gemäß § 74 FGO bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber ausgesetzt<br />

werden. Auch eine solche Aussetzung wäre eine andere Entscheidung als im Falle der<br />

Gültigkeit des Gesetzes (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter<br />

B.I.1.).<br />

161 Sollte das BVerfG zu dem Ergebnis kommen, dass die weitgehende oder vollständige<br />

Verschonung des Erwerbs von Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem<br />

Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften oder von Anteilen daran von der<br />

Erbschaft- und Schenkungsteuer mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht vereinbar ist,<br />

wäre der Gesetzgeber weder aus Rechtsgründen noch aus offenkundigen tatsächlichen<br />

Gründen gehindert, auch für den Erwerb von Privatvermögen unter noch zu<br />

bestimmenden Voraussetzungen den §§ 13a und 13b ErbStG vergleichbare<br />

Steuervergünstigungen einzuführen (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BVerfG-Beschluss in<br />

BVerfGE 121, 108, unter B.I.).<br />

162 Der Entscheidungserheblichkeit der Frage, ob § 19 Abs. 1 ErbStG verfassungsgemäß ist,<br />

steht auch nicht entgegen, dass das BVerfG bei einer Unvereinbarerklärung die weitere<br />

Anwendung des bisherigen Rechts anordnen kann, auch wenn in diesem Fall der<br />

Rechtsstreit nicht anders zu entscheiden wäre als bei Verfassungsmäßigkeit der Regelung<br />

(BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192, unter B.I.1., und in BVerfGE<br />

121, 108, unter B.I.).<br />

163 Schließlich steht der Entscheidungserheblichkeit der Frage, ob § 19 Abs. 1 ErbStG<br />

verfassungsgemäß ist, nicht entgegen, dass die in die verfassungsrechtliche Prüfung<br />

einbezogenen §§ 13a und 13b ErbStG keinen unmittelbaren Anknüpfungspunkt im<br />

Ausgangssachverhalt haben. Denn zum einen besteht von Verfassungs wegen keine<br />

Veranlassung, die Zulässigkeit einer Richtervorlage auf den Vergleich mit einer<br />

bestimmten, im Ausgangsfall betroffenen Vermögensart bzw. einer bestimmten<br />

Verschonungsregelung zu beschränken (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 117, 1, BStBl II<br />

2007, 192, unter B.I.2.). Der Senat versteht § 19 Abs. 1 ErbStG nämlich als<br />

"Klammernorm", über die Verstöße gegen den Gleichheitssatz, die in den Bewertungsund<br />

Verschonungsvorschriften angelegt sind, erst ihre Wirkung entfalten. Dabei geht es<br />

nicht um verfassungswidrige Ungleichbehandlungen, die in einzelnen Vorschriften<br />

enthalten sind. Vielmehr vertritt der Senat die Auffassung, dass sich die gerügten<br />

Verfassungsverstöße teils für sich allein, teils aber auch in ihrer Kumulation auf alle Teile<br />

des ErbStG auswirken und zu einer durchgehenden, das gesamte Gesetz erfassenden<br />

verfassungswidrigen Fehlbesteuerung führen. Denn die Belastungswirkung dieser Steuer<br />

erschließt sich erst aus dem Zusammenwirken des Steuertarifs mit den ausdifferenzierten<br />

Regeln über die Bewertung der unterschiedlichen Vermögensarten wie auch der<br />

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