Ausstellungsheft_deutsch (pdf, 6.34 MB) - Stift Klosterneuburg
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Vorwort<br />
Liebe Besucherin, lieber Besucher!<br />
Vor 900 Jahren lebte im heutigen Österreich ein Mann, der<br />
die Weichen für die Entwicklung unseres Landes stellte; ein<br />
Mann, der auch heute noch als Vorbild gelten kann und auch<br />
gilt, und dessen Werk bis in unsere Zeit wirksam ist: Seine<br />
<strong>Stift</strong>ung <strong>Klosterneuburg</strong> versucht auch heute in seinem Sinne<br />
tätig zu sein und seinen Geist spürbar zu machen: Das <strong>Stift</strong><br />
<strong>Klosterneuburg</strong> ist ein Ort der Begegnung, ein kulturelles<br />
Zentrum unseres Landes und sozial weltweit engagiert.<br />
Gerade in den letzten Jahren weitete das <strong>Stift</strong> seine Tätigkeit<br />
im Bereich der Seelsorge über die Landesgrenzen hinweg<br />
aus: Mit der Pfarre Bergen in Norwegen und den beiden Pfarren<br />
auf Long Island in den USA haben nicht nur die Mitbrüder,<br />
die dort vor Ort tätig sind, sondern wir alle neue Aufgaben<br />
übernommen.<br />
Umso wichtiger ist, sich der eigenen Geschichte und Tradition<br />
sicher zu sein. Diese Ausstellung soll eine erste Information<br />
für unsere „alten“ wie auch besonders für unsere „neuen“<br />
Pfarrmitglieder sein.<br />
Ich wünsche der Ausstellung viel Erfolg und Ihnen mit dieser<br />
Ausstellung eine interessante Zeit.<br />
Bernhard Backovsky<br />
Propst des <strong>Stift</strong>es <strong>Klosterneuburg</strong><br />
Abtprimas<br />
2
Österreich vor 900 Jahren: „Ostarrichi“<br />
Vor 900 Jahren<br />
bestand die Mark<br />
Ostarrichi als Teil des<br />
Herzogtumes Bayern.<br />
„Mark“ bedeutete ein<br />
Grenzland unter<br />
einem Markgrafen<br />
mit Schutzfunktion<br />
für das dahinter<br />
liegende Land.<br />
Die Mark Ostarrichi<br />
sollte Bayern vor<br />
Einfällen der Ungarn<br />
schützen und umfasste<br />
nur Teile des<br />
heutigen<br />
Niederösterreich.<br />
976 war Leopold I.<br />
mit der Mark belehnt<br />
worden, seine Nachkommen<br />
– die man<br />
Babenberger nannte<br />
– regierten bis 1246.<br />
Burgen bestanden meist nur aus einem gemauerten<br />
Wehrturm umgeben von Pallisaden, gewohnt<br />
wurde in einem Blockhaus daneben.<br />
Auch die Burg des Markgrafen in Melk wird so<br />
ausgesehen haben.<br />
Die meisten Bewohner lebten in großen<br />
Familien in einzelnen Gehöften, wie diese<br />
nach Ausgrabungen gezeichnete<br />
Rekonstruktion..<br />
Die Mark Ostarrichi war ein Teil des<br />
Herzogtumes Bayern, grenzte im Norden<br />
an das Herzogtum Böhmen und die<br />
Markgrafschaft Mähren und im Süden<br />
an das Herzogtum Kärnten – die alle<br />
zum „Heiligen Römischen Reich“ gehörten.<br />
Die gefährliche Grenze befand sich<br />
im Osten, die Grenze zu Ungarn.<br />
Das Land war dünn besiedelt, mit wenigen<br />
größeren Siedlungen und Städten,<br />
aber dicht bewaldet und besonders der<br />
Wienerwald bildete eine zusätzliche<br />
Schutzbarriere gegen Ungarn.<br />
Der erste Sitz des Markgrafen war<br />
Melk, dann zeitweise Gars am Kamp,<br />
Tulln und 1113 bis 1143 <strong>Klosterneuburg</strong>.<br />
Erst dann folgte Wien als Hauptstadt.<br />
Die Ruinen der Kastelle der Römerzeit entlang der<br />
damaligen Limesgrenze der Donau boten Baumaterial<br />
und Schutz und wurden Keimzellen für<br />
Siedlungen – wie hier in Tulln.<br />
3
Markgraf Leopold III.<br />
Im Jahre 1095<br />
wurde Leopold III.<br />
nach dem Tod seines<br />
Vaters Markgraf von<br />
Ostarrichi. Er war<br />
Markgraf Leopold III. als junger<br />
Herrscher.<br />
Diese Darstellung auf einem<br />
Glasfenster im <strong>Stift</strong> <strong>Klosterneuburg</strong><br />
(nach 1330) ist ungewöhnlich,<br />
weil er sonst immer als alter<br />
Mann dargestellt ist, denn in der<br />
mittelalterlichen Bildsprache<br />
wurde Alter mit Weisheit gleichgesetzt.<br />
damals ungefähr 20<br />
Jahre alt.<br />
Anders als sein Vater<br />
vertrat er eine Politik<br />
des Friedens und der<br />
Aussöhnung und<br />
widmete sich der<br />
friedlichen Entwicklung<br />
seines Landes.<br />
Er beteiligte sich nicht<br />
am 1. Kreuzzug und<br />
als 1105 in Deutschland<br />
ein Bürgerkrieg<br />
zwischen Kaiser<br />
Heinrich IV. und<br />
dessen Sohn drohte,<br />
blieb er neutral.<br />
Die Kreuzfahrer sammelten sich in<br />
Deutschland, wo sie Pogrome an den<br />
Juden verübten, dann zogen sie<br />
donauabwärts über das oströmische<br />
Reich nach Palästina. Leopold ließ die<br />
Kreuzfahrer versorgen, um Plünderungen<br />
zu verhindern, was ihm auch<br />
gelang.<br />
Darstellung aus einer Handschrift.<br />
Im Streit um die Vorherrschaft des<br />
Papstes standen sich 1105 die Heere<br />
Kaiser Heinrich IV. und seines Sohnes<br />
Heinrich V. am Fluss Regen in Bayern<br />
gegenüber. Leopold erkannte die Sinnlosigkeit<br />
eines solchen Krieges und<br />
verließ mit seinen Rittern das kaiserliche<br />
Heer und zog nach Ostarrichi zurück.<br />
Das kaiserliche Heer war dadurch so<br />
geschwächt, dass es zu keiner Schlacht<br />
kam. Noch im gleichen Jahr starb der<br />
Kaiser.<br />
Ein Ritter zur Zeit Leopold III. mit<br />
Helm mit Nasenschutz und einem<br />
Schuppenpanzer. Leopold verfügte<br />
über ein gutgerüstetes Heer,<br />
dessen Erscheinen mehrmals genügte,<br />
um Gegner zum Nachgeben<br />
zu bringen. Auch bei einem<br />
Überfall der Mark durch ungarische<br />
Reiter, sorgte dieses Heer<br />
rasch wieder für Ordnung – quasi<br />
in einer Polizeiaktion.<br />
Darstellung aus einer Handschrift<br />
im <strong>Stift</strong> <strong>Klosterneuburg</strong>.<br />
4
Leopold und Agnes<br />
Zum Dank für die<br />
Verhinderung des<br />
Krieges verheiratete<br />
Heinrich V. seine<br />
Schwester Agnes mit<br />
dem Markgrafen<br />
Markgräfin Agnes wurde 1073 als<br />
Tochter Kaiser Heinrichs IV. geboren.<br />
Im Alter von 7 Jahren verheiratete sie<br />
der Vater mit seinem treuen Gefolgsmann<br />
Friedrich von Büren, den er zum<br />
Herzog von Schwaben ernannte. Friedrich<br />
erbaute sich die Burg Hohenstaufen,<br />
nach der seine Nachfolger<br />
„Staufer“ genannt wurden. Ein Sohn<br />
aus dieser Ehe wurde später König<br />
Konrad III., der erste der Stauferkaiser.<br />
1105 wurde Friedrich ermordet und<br />
Agnes war Witwe, die 1106 mit Leopold<br />
verheiratet wurde.<br />
Darstellung in einem Glasfenster im<br />
<strong>Stift</strong> <strong>Klosterneuburg</strong>, nach 1330.<br />
Leopold im Jahr 1106.<br />
Leopold erhielt<br />
dadurch reiche<br />
Von der Hochzeit der beiden berichtet die<br />
berühmte Schleierlegende, dass ein Windstoß<br />
den Schleier der Agnes wegtrug und<br />
er nicht mehr aufzufinden war. Leopold<br />
versprach, dort wo der Schleier gefunden<br />
würde, ein Kloster errichten zu wollen.<br />
Mitgift und stieg<br />
durch die Verwandtschaft<br />
mit dem<br />
Kaiserhaus in die<br />
höchsten Kreise auf.<br />
Sieben Jahre später wurde auf einer<br />
Jagd der Schleier in einem Hollunderbusch<br />
gefunden. Leopold und Agnes<br />
ließen ein Kloster bauen: <strong>Klosterneuburg</strong>.<br />
Gemälde aus dem 19. Jahrhundert,<br />
<strong>Stift</strong>smuseum <strong>Klosterneuburg</strong>.<br />
1125 wurde Leopold<br />
sogar die Königswürde<br />
angeboten –<br />
doch Leopold lehnte<br />
ab: Sein Land und<br />
seine Familie waren<br />
Die Schleierlegende entstand in<br />
Wirklichkeit erst 300 Jahre später –<br />
und Leopold hätte in <strong>Klosterneuburg</strong><br />
nicht auf die Jagd gehen können,<br />
denn da gab es bereits eine Siedlung.<br />
Aber den Schleier der Agnes gibt es –<br />
wissenschaftlich bewiesen – wirklich:<br />
Er befindet sich heute in der Schatzkammer<br />
von <strong>Stift</strong> <strong>Klosterneuburg</strong>.<br />
ihm wichtiger.<br />
5
Leopold und sein <strong>Stift</strong> <strong>Klosterneuburg</strong><br />
1114 gründeten<br />
Leopold und Agnes<br />
unmittelbar neben<br />
der Residenz ein<br />
Kloster, das sie reich<br />
mit Gütern ausstatteten,<br />
damit es<br />
wirtschaftlich<br />
unabhängig<br />
existieren konnte.<br />
1133 wurden die<br />
Augustiner<br />
Chorherren in dieses<br />
<strong>Stift</strong> berufen.<br />
Dieses <strong>Stift</strong> <strong>Klosterneuburg</strong><br />
sollte das<br />
religiöse, aber auch<br />
kulturelle Zentrum<br />
der Mark Ostarrichi<br />
sein und bekam auch<br />
soziale Aufgaben in<br />
der Tradition des<br />
Heiligen Leopold<br />
übertragen.<br />
Im Mittelalter reichte die Bedeutung der<br />
Kirche weit über die Seelsorge in das soziale<br />
Leben hinein. Entsprechend wichtig<br />
war ein religiöses Zentrum für ein Land.<br />
Leopold plante offensichtlich ein eigenes<br />
Bistum, dessen Keimzelle das <strong>Stift</strong> sein sollte.<br />
<strong>Stift</strong> <strong>Klosterneuburg</strong> übernahm<br />
außerdem in der<br />
Tradition des Heiligen Leopold<br />
soziale Aufgaben,<br />
wie die Betreuung des im<br />
Auftrag des Heiligen erbauten<br />
Hospitzes rund um<br />
die Kirche St. Gertrud in<br />
<strong>Klosterneuburg</strong>.<br />
Modell des <strong>Stift</strong>es <strong>Klosterneuburg</strong><br />
im Jahr 1136,<br />
als die <strong>Stift</strong>skirche geweiht<br />
wurde. Rechts (Pfeil) die<br />
Burg des Markgrafen.<br />
Klöster waren auch die einzigen Bildungsstätten,<br />
wo Lesen und Schreiben beheimatet<br />
war und wo es Bibliotheken gab.<br />
Außerdem verfügten die Klöster über internationale<br />
Kontakte und waren die wichtigsten<br />
Auftraggeber für Künstler.<br />
6
Der Orden der Augustiner Chorherren<br />
Der Heilige<br />
Augustinus (354-430)<br />
lebte als Bischof in<br />
Hippo (Nordafrika)<br />
gemeinsam mit den<br />
Priestern an seiner<br />
Kirche. Für dieses<br />
gemeinsame Leben<br />
stellte er Regeln auf,<br />
die von anderen<br />
Gemeinschaften<br />
übernommen<br />
wurden.<br />
Anders als bei<br />
Mönchsorden stand<br />
nicht die klösterliche<br />
Abgeschiedenheit<br />
und die Handarbeit,<br />
sondern die<br />
Seelsorge im Vordergrund,<br />
die Grundregeln<br />
persönliche<br />
Armut, Ehelosigkeit<br />
und Gehorsam<br />
stimmen mit den<br />
anderen Orden überein.<br />
Heute gehören dem<br />
Orden der Augustiner<br />
Chorherren weltweit<br />
etwa 700 Priester und<br />
Kleriker an.<br />
Als Bischof benützte er sein Bischofshaus als<br />
Kloster, in dem er mit seinen Hausgenossen<br />
ein gemeinsames Leben führte. In Augustinus<br />
entstand die Überzeugung, dass Ordensleben<br />
und Priesteramt zu einer Einheit verbunden<br />
werden können, die in der Kirche eine<br />
neue priesterliche Elite schaffen solle. Da die<br />
Gemeinschaft am besten die geistige und<br />
seelische Ausbildung gewährleisten kann,<br />
war er der Ansicht, dass dies nicht nur ein<br />
Weg, sondern der einzig gangbare Weg für<br />
den Klerus sei.<br />
Die <strong>Stift</strong>e sind demokratisch organisiert:<br />
Der Konvent wählt den Propst<br />
und den <strong>Stift</strong>sdechant als seinen<br />
Stellvertreter und kann neue Mitglieder<br />
ablehnen.<br />
Augustinus wurde 354 im heutigen Algerien<br />
geboren, studierte in Karthago,<br />
hatte dort einen Sohn und führte<br />
ein durchaus weltliches Leben, das ihn<br />
nach Rom und Mailand führte. 386<br />
wandte er sich dem Christentum zu<br />
und wurde 387 getauft. 388 kehrte er<br />
nach Nordafrika zurück und gründete<br />
auf dem ererbten Besitz ein Laienkloster.<br />
391 besuchte er Hippo Regius, wo<br />
ihn die Christengemeinde als Priester<br />
verlangte. Er empfing die Priesterweihe<br />
und 395 die Bischofsweihe.<br />
Das Ordenskleid besteht aus dem schwarzen Habit,<br />
über dem ursprünglich das weiße Chorkleid getragen<br />
wurde. Da sich dieses als unpraktisch erwies, wurde<br />
daraus ein immer schmäleres Band, das Sarrocium.<br />
Mehrere <strong>Stift</strong>e bilden Kongregationen, die zur<br />
weltweiten Gemeinschaft unter einem Abtprimas<br />
gehören. Die Niederlassung in Glen Cove ist Teil<br />
des <strong>Stift</strong>es <strong>Klosterneuburg</strong> und gehört damit zur<br />
österreichischen Kongregation.<br />
7
Leopold und seine Söhne<br />
Leopold und Agnes<br />
waren bei Hochzeit<br />
beide verwitwet:<br />
Agnes hatte aus<br />
Leopold IV. folgte 1136 seinem Vater<br />
als Markgraf in Ostarrichi, wenig<br />
später wurde sein Halbbruder Konrad<br />
(ein Sohn der Agnes aus erster Ehe)<br />
zum <strong>deutsch</strong>en König. Als dieser Konrad<br />
1139 den Bayernherzog Heinrich<br />
– aus der mit den Staufern verfeindeten<br />
Familie der Welfen – absetzte, bestimmte<br />
er Leopold zu dessen Nachfolger.<br />
Die beiden Parteien bekämpften<br />
sich in Bayern, bis Leopold 1141<br />
starb.<br />
erster Ehe vier Kinder,<br />
Leopold zumindest<br />
einen Sohn.<br />
Der Ehe von Leopold<br />
und Agnes entstammen<br />
weitere 17<br />
Heinrich II. war der älteste Sohn von Agnes und<br />
Leopold. Er folgte seinem Bruder Leopold IV. als<br />
Markgraf von Ostarrichi und Herzog von Bayern<br />
1141 nach. Als sich die Staufer und die<br />
Welfen wieder versöhnten, wurde Heinrich II.<br />
1156 zum Herzog von Österreich ernannt und<br />
das neue Herzogtum mit Sonderrechten ausgestattet,<br />
die die Entwicklung zum eigenen Staat<br />
ermöglichten.<br />
Kinder, von denen<br />
einige später große<br />
Bedeutung<br />
erlangten.<br />
In der Heiligsprechungsurkunde<br />
wird auch ausdrücklich<br />
auf das vorbildliche<br />
Familienleben<br />
des Markgrafen<br />
Leopold verwiesen.<br />
Konrad war der 6. Sohn von Leopold<br />
und Agnes und durchlief eine beachtliche<br />
kirchliche Karriere, in der er Bischof<br />
von Passau und schließlich Erzbischof<br />
von Salzburg wurde. Im Streit<br />
zwischen Kaiser und Papst wählte er<br />
die päpstliche Partei, wurde von den<br />
Staufern aus Salzburg vertrieben,<br />
konnte aber in den salzburgischen<br />
Gebieten in Kärnten und der Steiermark<br />
als wichtigster Verbündeter des<br />
Papstes weiter wirken.<br />
Otto wurde schon als Kind von Leopold<br />
III. zum Propst von <strong>Klosterneuburg</strong><br />
bestimmt und nach Paris zum<br />
Studium geschickt. Dort trat er jedoch<br />
in den Zisterzienserorden ein, durchkreuzte<br />
damit die Pläne seines Vaters<br />
und überredete diesen, auch in Ostarrichi<br />
ein Zisterzienserkloster (Heiligenkreuz)<br />
zu stiften. Otto wurde schließlich<br />
Bischof von Freising und einer<br />
der wichtigsten mittelalterlichen Geschichtsschreiber.<br />
8
Leopold der Heilige<br />
„Leopold war ein<br />
Vater der Priester und<br />
der Armen“ schrieb<br />
sein Sohn Otto von<br />
Freising in einem<br />
seiner Bücher.<br />
Schon unmittelbar<br />
nach seinem Tod im<br />
Jahr 1136 wurde<br />
Leopold III. als vorbildlicher<br />
Herrscher<br />
vom Volk wie ein<br />
Heiliger verehrt, 1485<br />
wurde er vom Papst<br />
tatsächlich heiliggesprochen<br />
und sein<br />
Grab in der heutigen<br />
Leopoldikapelle im<br />
<strong>Stift</strong> <strong>Klosterneuburg</strong><br />
wurde ein Wallfahrtsort.<br />
Die Verehrung<br />
des Heiligen Leopold<br />
verbreitete sich vor<br />
allem über jene<br />
Länder, in denen die<br />
Habsburger<br />
herrschten.<br />
In der Wiener Jesuiten-Universitätskirche findet sich<br />
eine Leopoldikapelle mit einem Leopolds-Altar.<br />
Pula in Kroatien war der Kriegshafen der österreichischungarischen<br />
Marine in der Adria. An der Marinekirche ist<br />
außen ein Bild des Heiligen Leopold zu sehen.<br />
Die Gebeine des Heiligen<br />
Leopold befinden sich in<br />
dem Schrein über dem Verduner<br />
Altar in der Leopoldikapelle.<br />
Ursprünglich waren<br />
er, seine Frau Agnes und<br />
einige der Kinder in einer<br />
Gruft unter dem Altar bestattet.<br />
Zahlreiche Kirchen wurden dem Heiligen Leopold geweiht,<br />
darunter die berühmte Jugendstilkirche von Otto<br />
Wagner auf dem Steinhof in Wien.<br />
Im 2. Wiener Gemeindebezirk „Leopoldstadt“ befindet<br />
sich eine dem Heiligen Leopold geweihte Kirche.<br />
9
Leopold der Heilige<br />
Statuen des Heiligen<br />
Leopold finden sich<br />
nicht nur in Kirchen,<br />
sondern auch auf<br />
Plätzen und Straßen<br />
– manchmal auch in<br />
Orten oder Ortsteilen,<br />
die seinen Namen<br />
tragen.<br />
Statue des Heiligen im ehemaligen Ort Leopoldau (heute<br />
Teil des 21. Wiener Gemeindebezirkes): Der Ort gehörte<br />
dem Markgrafen, der das Dorf seinem Sohn schenkte,<br />
damit dieser ihn an das <strong>Stift</strong> <strong>Klosterneuburg</strong> weiterschenken<br />
konnte…<br />
Auf dem Graben, einem<br />
der populärsten Plätze der<br />
Wiener Innenstadt befindet<br />
sich der Leopoldsbrunnen.<br />
In Barcelona in Spanien<br />
findet sich eine Figur mit<br />
Darstellung des Heiligen<br />
auf einem Pavillon des<br />
großen Spitals.<br />
Seinen Namen<br />
trugen und tragen<br />
auch zahlreiche<br />
Menschen: Im <strong>deutsch</strong>en<br />
Sprachraum<br />
erhielten rund 1%<br />
der 2011 geborenen<br />
Buben den Namen<br />
Leopold, während die<br />
weibliche Form<br />
Leopoldine heute<br />
kaum mehr<br />
verwendet wird.<br />
Zahlreiche Menschen<br />
trugen und tragen den<br />
Namen Leopold, so<br />
etwa Kaiser Leopold I.<br />
(1640-1705), in dessen<br />
Regierungszeit die Türkenkriege<br />
fallen…<br />
… oder Leopoldine<br />
(1797-1826), die 1822<br />
Kaiserin von Brasilien wurde…<br />
… oder Leopold II, der<br />
1790-1792 als Kaiser regierte.<br />
Davor herrschte er in der Toskana,<br />
wo seine Reformen bis heute Anerkennung<br />
finden…<br />
… oder Leopold Figl, der<br />
1945 zum ersten Bundeskanzler<br />
Österreichs nach<br />
dem NS-Regime wurde …<br />
10
<strong>Stift</strong> <strong>Klosterneuburg</strong> im Mittelalter<br />
Leopold schenkte<br />
dem <strong>Stift</strong> einige<br />
Handschriften, Agnes<br />
der <strong>Stift</strong>skirche einen<br />
riesigen siebenarmigen<br />
Leuchter.<br />
1181 vollendete der<br />
Goldschmied Nikolaus<br />
aus Verdun ein Werk<br />
aus Emailtafeln, das<br />
nach dem <strong>Stift</strong>sbrand<br />
von 1330 zum<br />
„Verduner Altar“<br />
umgewandelt<br />
wurde, einem der<br />
bedeutendsten<br />
Kunstwerke des<br />
Mittelalters.<br />
Diese Kulturdenkmäler<br />
haben sich<br />
genauso erhalten wie<br />
viele Bauteile aus<br />
dem Mittelalter und<br />
sie zeigen die Bedeutung<br />
des <strong>Stift</strong>es in<br />
dieser Zeit.<br />
Um 1200 erbaute sich Herzog<br />
Leopold VI. eine neue Residenz<br />
in <strong>Klosterneuburg</strong>. Die erhaltenen<br />
Mauerreste zeigen den Übergang<br />
von der Romanik zur Gotik.<br />
Zwei Tafeln<br />
des Verduner<br />
Altares, der<br />
Szenen aus<br />
der Heiligen<br />
Schrift auch<br />
für das leseunkundige<br />
Volk deutlich<br />
machte.<br />
Das erste Buch der <strong>Stift</strong>sbibliothek: Eine Bibel, die<br />
Leopold in Passau für das <strong>Stift</strong> <strong>Klosterneuburg</strong><br />
schreiben ließ.<br />
Detail vom siebenarmigen Leuchter aus Bronze, entstanden<br />
in Verona. Agnes schenkte ihn der <strong>Stift</strong>skirche.<br />
Der gemauerte Kreuzgang im gotischen<br />
Stil ersetzte den ursprünglich<br />
nur aus Holz errichteten<br />
Kreuzgang<br />
11
Gegenreformation und Türkenkriege<br />
In der Reformation<br />
bekannte sich fast<br />
ganz Niederösterreich<br />
zur<br />
neuen Glaubensrichtung<br />
– die auch<br />
im <strong>Stift</strong> Anhänger<br />
gefunden hatte. Erst<br />
in der Gegenreformation<br />
durch<br />
die habsburgischen<br />
Herrscher setzte sich<br />
wieder die<br />
katholische Kirche<br />
durch.<br />
Als die Türken 1529<br />
und 1683 zur Eroberung<br />
Wiens vordrangen,<br />
wurde auch<br />
<strong>Klosterneuburg</strong><br />
belagert, konnte aber<br />
die Türken abwehren<br />
und wurde zu einem<br />
wichtigen Stützpunkt<br />
für das kaiserliche<br />
Entsatzheer.<br />
1683 belagerte<br />
ein türkisches Heer<br />
auch <strong>Klosterneuburg</strong>.<br />
Von einem<br />
Chorherrn und einem<br />
Laienbruder<br />
wurde die Verteidigung<br />
organisiert.<br />
Ansicht des <strong>Stift</strong>es<br />
<strong>Klosterneuburg</strong><br />
um1685, bevor der<br />
barocke Umbau begann.<br />
Die siegreiche Abwehr<br />
der Türken<br />
findet sich auch in<br />
einem Fresko in der<br />
<strong>Stift</strong>skirche, deren<br />
Barockisierung im<br />
Inneren in mehreren<br />
Phasen in der Zeit<br />
zwischen 1640 und<br />
1730 erfolgte.<br />
12
Der österreichische Escorial<br />
1730 fasste Kaiser<br />
Karl VI. den Plan, in<br />
<strong>Klosterneuburg</strong> nach<br />
dem Vorbild des<br />
Escorial in Spanien<br />
eine Klosterresidenz<br />
zu errichten.<br />
Kaiser Karl VI. (geboren 1685) war in Spanien aufgewachsen<br />
und als spanischer König vorgesehen, musste<br />
aber 1713 nach dem verlorenen Spanischen Erbfolgekrieg<br />
auf die Königswürde verzichten.Er war<br />
Vater von Maria Theresia, die ab 1740 in den Ländern<br />
des Habsburgerreiches regierte.<br />
Donato Felice d´Allio<br />
entwarf den Plan für<br />
die gewaltige Klosterresidenz<br />
in <strong>Klosterneuburg</strong>.<br />
Sein Festungsbaumeister<br />
Donato Felice<br />
d´Allio plante eine<br />
riesige Anlage, die<br />
alle mittelalterlichen<br />
Teile zerstört und<br />
gewaltige Erdbewegungen<br />
verlangt<br />
hätte. Die Chorherren<br />
waren gegen das<br />
Projekt, doch der Bau<br />
wurde sofort<br />
begonnen.<br />
Tatsächlich übernachtete der Kaiser nur ein<br />
einziges Mal in den für ihn gebauten Räumen.<br />
Von da an blieben sie unbewohnt –<br />
und unverändert.<br />
Das prächtige Fresko im Marmorsaal<br />
wurde erst nach Karls Tod fertiggestellt.<br />
Der Plan sah vier Höfe vor,<br />
doch nur ein halber Hof wurde<br />
in der Barockzeit gebaut<br />
(gekennzeichnet durch die Balken)<br />
Als der Kaiser 1740<br />
überraschend starb,<br />
war nur ein kleiner<br />
Teil fertig und der<br />
Bau wurde sofort<br />
eingestellt.<br />
Die Sala terrena, der Ausgang in den Garten,<br />
mit den Atlanten des Hofbildhauers Mattielli<br />
blieb unvollendet – eine heute einzigartige barocke<br />
Baustelle.<br />
13
Bedeutende Chorherren<br />
Immer wieder<br />
kamen aus dem<br />
<strong>Stift</strong> <strong>Klosterneuburg</strong><br />
Chorherren,<br />
deren Bedeutung<br />
Rudolf Franz Eichhorn, 1853 - 1925, trat 1873<br />
in das <strong>Stift</strong> ein und wurde 1881 Kaplan in der<br />
Pfarre Floridsdorf, wo er die furchtbaren<br />
sozialen Zustände der Arbeiter kennenlernte und<br />
sofort Hilfsaktionen ins Leben rief. Ab 1883<br />
engagierte er sich durch Zeitungsartikel, wurde<br />
Reichsratsabgeordneter und Mitbegründer der<br />
Christlichsozialen Partei. Wie diese war er aber<br />
auch stark antisemitisch eingestellt.<br />
in den unterschiedlichsten<br />
Bereichen weit<br />
Wolfgang Eduard Pauker, 1867 - 1950, trat<br />
1886 in das <strong>Stift</strong> ein, war Kaplan in verschiedenen<br />
Pfarren, Religionslehrer und 1912 Kustos<br />
der stiftlichen Sammlungen, Dozent für kirchliche<br />
Kunstgeschichte. Er entdeckte das Talent<br />
seines Schülers Egon Schiele und ermöglichte<br />
ihm 1908 eine Ausstellungsbeteiligung im <strong>Stift</strong>.<br />
über das <strong>Stift</strong> hinaus<br />
reichte. Einige<br />
wenige Namen aus<br />
der ersten Hälfte<br />
des 20. Jahrhunderts<br />
sollen dies<br />
deutlich machen:<br />
Rudolf Eichhorn,<br />
Wolfgang Pauker,<br />
Friedrich Piffl,<br />
Pius Parsch.<br />
Pius Johann Parsch, 1884 –1954, trat 1904 ins<br />
<strong>Stift</strong> ein, war Pastoraltheologe an der Hauslehranstalt,<br />
1915 – 1918 Feldkurat. Im Ersten Weltkrieg<br />
lernte er die existentielle Not der Soldaten<br />
kennen und wollte diese durch bessere Bibelkenntnis<br />
und einen verständlichen Gottesdienst<br />
lindern.<br />
Im <strong>Stift</strong> <strong>Klosterneuburg</strong> hielt er daraufhin Bibelstunden<br />
und Messen unter Beteiligung der<br />
Gläubigen in <strong>deutsch</strong>er Sprache (Betsingmesse)<br />
ab. Daraus entstand die Volksliturgische<br />
Bewegung, die in der Liturgiereform des 2.<br />
Vatikanischen Konzils ihre Bestätigung für die<br />
gesamte katholische Kirche fand.<br />
Friedrich Gustav Piffl, 1864 - 1932, trat 1883 in<br />
das <strong>Stift</strong> ein, engagierte sich sozial in Floridsdorf<br />
und wurde 1907 zum Propst des <strong>Stift</strong>es gewählt.<br />
In Zusammenarbeit mit Wolfgang Pauker förderte<br />
er die damals moderne Kunst des Jugendstils<br />
u.a. im Kirchenbau. 1913 zum Erzbischof von<br />
Wien und Kardinal berufen, erlebte er 1918<br />
den Untergang der Donaumonarchie und damit<br />
den Verlust der Unterstützung der Kirche durch<br />
die Habsburger. Als vehementer Gegner der<br />
sozialdemokratischen Reformen protegierte er<br />
die Beteiligung von Priestern in der Parteipolitik,<br />
was zu einer Entfremdung zwischen Kirche und<br />
Arbeiterschaft führte.<br />
14
Die NS-Zeit 1938-1945<br />
Mit dem<br />
Anschluss<br />
Österreichs an das<br />
Deutsche Reich<br />
Hitlers 1938 begann<br />
die Einschränkung<br />
des kirchlichen<br />
Lebens und der Einrichtungen.<br />
Das <strong>Stift</strong> <strong>Klosterneuburg</strong><br />
als<br />
Symbol des<br />
katholischen<br />
Österreich wurde<br />
sehr rasch Ziel<br />
besonderer<br />
Verfolgung.<br />
Nach der faktischen<br />
Beschlagnahme der<br />
Immobilien und<br />
damit dem Verlust<br />
der wirtschaftlichen<br />
Basis erfolgte<br />
1941 die Aufhebung<br />
des <strong>Stift</strong>es. Alle Besitztümer<br />
wurden<br />
aufgeteilt, die Chorherren<br />
vertrieben.<br />
Im April 1945<br />
konnte das <strong>Stift</strong><br />
über Beschluss der<br />
neuen österreichischen<br />
Regierung<br />
wieder besiedelt<br />
werden.<br />
… liturgische Gewänder und Geräte mussten sich<br />
die Chorherren vom Museum ausleihen.<br />
Propst Alipius Linda<br />
war 1936 gewählt<br />
worden und musste<br />
1941 mit den Chorherren<br />
das <strong>Stift</strong><br />
verlassen. Am 28.<br />
April 1945 konnte er<br />
– nach Vertreibung<br />
der NS-Machthaber<br />
aus Wien – wieder<br />
in das <strong>Stift</strong> zurückkehren.<br />
Die Gauleitung erzwang<br />
die Abgabe der<br />
Pachtgründe und damit<br />
der wirtschaftlichen<br />
Basis des <strong>Stift</strong>es. „Nichtarier“<br />
wurden aus Mietwohnungen<br />
und von<br />
den Pachtgründen<br />
vertrieben, die an<br />
Parteigenossen gingen.<br />
Bis heute ist unklar<br />
wohin die Einnahmen<br />
daraus geflossen sind…<br />
Das <strong>Stift</strong>sgebäude selbst<br />
wurde mit den Sammlungen<br />
Teil des Kunsthistorischen<br />
Museums,<br />
um die Bibliothek<br />
entspann sich ein Streit<br />
zwischen dem Museum<br />
und der Nationalbibliothek…<br />
15
Die NS-Zeit – Roman Scholz und andere<br />
Der Chorherr<br />
Roman Scholz<br />
hatte bereits 1938<br />
die erste Widerstandsbewegung<br />
gegründet, 1941<br />
wurde sie verraten,<br />
Scholz und einige<br />
seiner Mitstreiter<br />
wurden verhaftet<br />
und 1944 hingerichtet.<br />
Der Blutzoll unter<br />
den Chorherren war<br />
mit fast 10% relativ<br />
hoch:<br />
Fünf starben als<br />
Angehörige der<br />
Deutschen Wehrmacht,<br />
einer starb<br />
im Bombenkrieg in<br />
Wien, ein Chorherr<br />
wurde 1945 von<br />
sowjetischen<br />
Soldaten<br />
erschossen, als er<br />
Frauen vor der<br />
Vergewaltigung<br />
schützen wollte.<br />
Der Chorherr Roman Karl Scholz bildete<br />
bereits 1938 die erste Widerstandsbewegung,<br />
die 1941 von der Gestapo aufgedeckt<br />
werden konnte. Scholz wurde verhaftet,<br />
jahrelang von Gefängnis zu Gefängnis<br />
geschleppt und 1944 hingerichtet. Erst nach<br />
Kriegsende konnte er bestattet werden.<br />
Abschiedsbrief<br />
von<br />
Roman<br />
Scholz an<br />
seine Mitbrüder.<br />
Vinzenz Oskar<br />
Ludwig war Pfarrer in<br />
Korneuburg und<br />
wurde von der<br />
Gestapo verhaftet,<br />
weil er 446 Juden<br />
eine Taufbestätigung<br />
ausstellte und ihnen<br />
so die Ausreise nach<br />
Lateinamerika<br />
ermöglichte<br />
Vom Bombenopfer Aemilian<br />
Strohwick blieb nur dieses<br />
Sterbebild erhalten…<br />
Der Bombenkrieg traf<br />
besonders die <strong>Stift</strong>spfarren im<br />
Industriegebiet Floridsdorf:<br />
Diese englische Luftaufnahme<br />
zeigt die Pfarrkirche<br />
Donaufeld (Pfeil).<br />
16
<strong>Stift</strong> <strong>Klosterneuburg</strong> heute<br />
<strong>Stift</strong> <strong>Klosterneuburg</strong><br />
gehört mit derzeit<br />
fast 50 Chorherren,<br />
Novizen und Junioren<br />
zu den großen<br />
Augustiner Chorherren-<strong>Stift</strong>en.<br />
Die<br />
Chorherren<br />
kommen aus<br />
Österreich, Deutschland,<br />
Norwegen,<br />
Polen, Rumänien,<br />
Kroatien,<br />
Vietnam, der<br />
Tschechischen<br />
Republik und den<br />
USA.<br />
Eigene Wirtschaftsbetriebe<br />
mit 200<br />
Mitarbeitern sorgen<br />
für die wirtschaftliche<br />
Basis dieser<br />
religiösen und kulturellen<br />
Institution mit<br />
starkem sozialen<br />
Engagement.<br />
Die Chorherren des <strong>Stift</strong>es betreuen<br />
insgesamt 27 Pfarren in<br />
Wien, Niederösterreich, Norwegen<br />
und den USA, einige sind<br />
wissenschaftlich tätig.<br />
Jedes Jahr zum Hochfest des Heiligen<br />
Augustinus am 28. August<br />
werden neue Novizen aufgenommen<br />
und die einfache und die<br />
ewige Profess abgelegt.<br />
Bernhard Hermann Backovsky<br />
wurde 1995 zum 66. Propst von<br />
<strong>Klosterneuburg</strong> gewählt. Inzwischen<br />
steht er als Generalabt der<br />
österreichischen Kongregation<br />
der Augustiner Chorherrenstifte<br />
Herzogenburg, Neustift, Reichersberg,<br />
St. Florian und Vorau vor<br />
und ist auch Abtprimas der weltweiten<br />
Vereinigung der Augustiner<br />
Chorherren.<br />
Markus Bernt Eidsvig, ein Chorherr<br />
des <strong>Stift</strong>es, ist seit 2005 Bischof<br />
von Oslo.<br />
17
Das Leben der Chorherren<br />
Das Leben als Chorherr<br />
beginnt mit einer einjährigen<br />
Probezeit als<br />
Novize im <strong>Stift</strong>: Bei der<br />
Einkleidung – jeweils<br />
am Vorabend des Festes<br />
des Hl. Augustinus – erhält<br />
der Novize die Kleidung<br />
der Chorherren,<br />
einen Klosternamen<br />
und lebt von da an in<br />
der Gemeinschaft des<br />
<strong>Stift</strong>es.<br />
Nach einem Jahr kann<br />
der Novize mit Zustimmung<br />
des Kapitels (der<br />
Gemeinschaft aller<br />
Chorherren des <strong>Stift</strong>es)<br />
die einfache Profess ablegen,<br />
die ihn auf drei<br />
Jahre an das <strong>Stift</strong> bindet.<br />
Diese drei Jahre sind<br />
dann mit dem Studium<br />
der Theologie außerhalb<br />
des <strong>Stift</strong>es an einer<br />
theologischen Lehranstalt<br />
oder Universität<br />
ausgefüllt. Dann erst<br />
legt der neue Chorherr<br />
– mit Zustimmung des<br />
Kapitels – die ewige<br />
Profess ab, die ihn sein<br />
Leben lang an das <strong>Stift</strong><br />
bindet.<br />
Zum Hochfest des Hl. Augustinus<br />
finden die feierlichen<br />
Versprechen statt:<br />
Die einfache Profess gilt für<br />
drei Jahre…<br />
Nach abgeschlossenen Studium<br />
und der Priesterweihe<br />
sind die meisten Chorherrn<br />
in der Seelsorge tätig. Daneben<br />
arbeiten immer auch<br />
einige als Wissenschaftler<br />
in theologischen Fächern<br />
und übernehmen Aufgaben<br />
im <strong>Stift</strong> selbst oder in kirchlichen<br />
Institutionen.<br />
In der Leopoldikapelle –<br />
vor dem Grab des Hl. Leopold<br />
und in Anwesenheit<br />
der Chorherren – findet die<br />
Einkleidung der Novizen<br />
statt: Sie erhalten die Kleidung<br />
der Chorherren und<br />
einen neuen Klosternamen.<br />
… und die ewige Profess<br />
bindet den Chorherrn für<br />
sein Leben an das <strong>Stift</strong>.<br />
18
Die Pfarren des <strong>Stift</strong>es<br />
Die Seelsorge war<br />
immer ein bedeutender<br />
Bereich der Aufgaben<br />
der Chorherren.<br />
Als durch<br />
die Reformen<br />
Kaiser Josephs<br />
II. (1780-1790)<br />
zahlreiche neue<br />
Pfarren geschaffen<br />
wurden, stieg<br />
auch die Zahl der<br />
stiftlichen<br />
Pfarren.<br />
Manche dieser<br />
Pfarren<br />
gehören seit Jahrhunderten<br />
zum<br />
<strong>Stift</strong> – wie St.<br />
Martin – andere<br />
entstanden unter<br />
Joseph II. – wie<br />
Maria-Hietzing.<br />
Im Stadtgebiet von <strong>Klosterneuburg</strong> gehören sieben Pfarren zum<br />
<strong>Stift</strong> <strong>Klosterneuburg</strong>:<br />
<strong>Stift</strong>spfarre Maria Geburt: Die Kirche wurde 1114-1136 nach<br />
den Vorbildern der Kaiserdome an Rhein erbaut und damals die<br />
größte Kirche des Landes. Pfarre seit dem 12. Jahrhundert. Seit dem<br />
Tod Leopolds wird sein Gedenktag mit Wallfahrten feierlich begangen,<br />
weitere Festtage sind der „kleine Leopolditag“, Maria<br />
Geburt und das Hochfest des Hl. Augustinus.<br />
<strong>Klosterneuburg</strong> St. Martin: Durch Ausgrabungen ist dort eine<br />
Kirche seit dem 8. Jahrhundert nachweisbar, damit ist es die Ur-Pfarre des<br />
Gebietes. Heute eine gotische Kirche mit reicher barocker Ausstattung,<br />
die Pfarre ist für ihr soziales Engagement (etwa das Behindertenheim St.<br />
Martin) berühmt.<br />
Höflein an der Donau – St. Margareta: Um 1150 scheint<br />
eine Kapelle in den Urkunden auf, 1248 kauft das <strong>Stift</strong> den Ort und<br />
die Kirche, seit 1399 eine zum <strong>Stift</strong> gehörende Pfarre. Gotischer<br />
Bau mit Einrichtung aus der Barockzeit.<br />
Kierling – St. Peter und Paul: Pfarre seit 1233, seit mehr als<br />
600 Jahren zum <strong>Stift</strong> gehörend. Die ursprünglich romanische Kirche<br />
wurde nach 1900 erweitert und mit Jugendstileinrichtung versehen.<br />
Kritzendorf – St. Vitus: Die gotische Dorfkirche wurde 1489<br />
geweiht, Teil der Pfarre St. Martin. Erst 1783 als eine eigene Pfarre<br />
dem <strong>Stift</strong> <strong>Klosterneuburg</strong> übergeben.<br />
Weidling – St. Peter und Paul: Gotische Dorfkirche erbaut<br />
1403-1407 mit barockem Turm und späterer Einrichtung. Zum <strong>Stift</strong><br />
gehörende Pfarre seit 1783.<br />
<strong>Klosterneuburg</strong> St. Leopold: 1936-1938 erbaut, wollten die<br />
Nazis die Kirche als Turnhalle beschlagnahmen. Nur unter großen<br />
Anstrengungen konnte das <strong>Stift</strong> 1940 die Pfarre einrichten.<br />
19
Die Pfarren des <strong>Stift</strong>es<br />
11 Pfarren des<br />
<strong>Stift</strong>es befinden<br />
sich in Wien.<br />
Sie weisen die<br />
Vielfalt der<br />
Strukturen der<br />
Großstadt auf,<br />
vom erhaltenen<br />
Dorf am Rande<br />
der Stadt über<br />
die für das Kaiserschloss<br />
Schönbrunn<br />
zuständige<br />
Pfarre Maria Hietzing<br />
bis zu den<br />
großen Pfarren<br />
der Arbeiterbezirke<br />
Floridsdorf und<br />
Meidling.<br />
Gerade aus den<br />
„Arbeiterpfarren“<br />
kamen wichtige<br />
Impulse für<br />
Sozialreformen,<br />
Bildung und auch<br />
für die Liturgiereform.<br />
Heiligenstadt – St. Michael: Eine Kirche ist seit 1095 nachweisbar,<br />
seit 1307 als Pfarre zum <strong>Stift</strong> gehörig.<br />
Kahlenbergerdorf – St. Georg: Pfarre vor 1300, seit 1482<br />
eine Pfarre des <strong>Stift</strong>es <strong>Klosterneuburg</strong>. Obwohl zu Wien gehörend,<br />
blieb das Ortsbild gut erhalten.<br />
Sievering – St. Severin: 1348 von Heiligenstadt abgetrennt,<br />
seit 1500 dem <strong>Stift</strong> inkorporiert.<br />
Nußdorf – St. Thomas: Eine Kapelle wurde bereits 1450 genannt,<br />
Pfarre seit 1783<br />
Grinzing – Hl. Kreuz: Gotische Kirche, in der seit 1426 eine<br />
tägliche Frühmesse gehalten wurde, Pfarre seit 1783.<br />
Neustift am Walde – St. Rochus: 1713 begonnener Kirchenbau, seit<br />
1783 Pfarre, die seit 1786 zum <strong>Stift</strong> gehört.<br />
Meidling – St. Johann Nepomuk: Pfarre des<br />
<strong>Stift</strong>es seit 1784, die Pfarrkirche wurde 1842-1845 errichtet,<br />
1945 durch Bomben zerstört. Nach dem<br />
Wiederaufbau wurde das Innere neu gestaltet.<br />
Maria Hietzing – Mariä Geburt: Die erste Kirche wurde 1414 errichtet,<br />
aber mehrfach zerstört. Marien-Wallfahrtskirche, seit 1783 Pfarre des<br />
<strong>Stift</strong>es, auch zuständig für das benachbarte Schloss Schönbrunn.<br />
Floridsdorf – St. Josef: Pfarre des <strong>Stift</strong>es seit 1845. Die heutige<br />
Kirche wurde 1936-1937 errichtet, wobei erstmals auf die liturgischen<br />
Bestrebungen von Pius Parsch eingegangen wurde.<br />
20
Die Pfarren des <strong>Stift</strong>es<br />
Sechs weitere<br />
Donaufeld – St. Leopold: 1904-1914 als Dom für Niederösterreich<br />
erbaut, doch wurde das Gebiet zu Wien eingemeindet. 1914 Pfarre des<br />
<strong>Stift</strong>es mit einer interessanten Kombination von Historismus und Jugendstil.<br />
Pfarren des<br />
<strong>Stift</strong>es liegen in<br />
Niederösterreich<br />
außerhalb von<br />
<strong>Klosterneuburg</strong>,<br />
Maria Lourdes: 1935 von Meidling abgetrennt, seit 1949 Pfarre des<br />
<strong>Stift</strong>es. Kirchenbau 1956-1958<br />
Korneuburg – St. Aegyd: Ursprünglich zu <strong>Klosterneuburg</strong> gehörender<br />
Ort am anderen Donauufer, Kapelle um 1150 genannt, seit 1212<br />
Kirchenbau, seit 1329 Pfarre des <strong>Stift</strong>es.<br />
eine davon auch<br />
in der Diözese<br />
St. Pölten, alle<br />
Langenzersdorf – St. Katharina: 1326 von Korneuburg abgetrennt,<br />
<strong>Stift</strong>spfarre seit 1403, gotische Kirche mit barocker Einrichtung.<br />
anderen österreichischen<br />
Pfarren<br />
Tattendorf – Maria im Elend: 1585 kaufte des <strong>Stift</strong> den Ort mit der<br />
Pfarre, die Pfarrkirche wurde 1693-1695 erbaut.<br />
gehören zur Erzdiözese<br />
Wien,<br />
Stoitzendorf – St. Leopold: 1467 geweihte Jakobskapelle, seit<br />
1784 Pfarre und dem <strong>Stift</strong> übergeben. Seit 1620 St. Leopold, mit erweiterter<br />
Pfarrkirche.<br />
doch als <strong>Stift</strong>spfarren<br />
sind sie in<br />
den meisten<br />
Bereichen nicht<br />
dem Diözesanbischof<br />
unterstellt.<br />
Haselbach – St. Michael: 1785 eigene Pfarre, seit 1788 zum <strong>Stift</strong><br />
gehörend: Die Kirche war als Wallfahrtskirche 1745-1749 auf dem<br />
Michelberg errichtet worden, nach der Pfarrerhebung wurde diese<br />
Kirche abgerissen und im Dorf verkleinert wieder aufgebaut.<br />
Reinprechtspölla – St. Pankratius: Um 1200 vom <strong>Stift</strong> <strong>Klosterneuburg</strong><br />
erworben, seit 1213 eigene Pfarre. Einzige Pfarre des <strong>Stift</strong>es in der<br />
Diözese St. Pölten.<br />
21
Die Pfarren des <strong>Stift</strong>es<br />
Durch die internationale<br />
Zusammensetzung<br />
der Chorherren<br />
des <strong>Stift</strong>es<br />
<strong>Klosterneuburg</strong><br />
ergab sich in den<br />
letzten Jahren eine<br />
Ausweitung der<br />
Seit 2011 werden auch die Pfarren St. Patrick und S. Rocco<br />
in Glen Cove, Long Island in New York von Augustiner<br />
Chorherren betreut. Sie sollen auch die Einrichtung von<br />
Chorherrenstiften in den USA bekannt machen.<br />
St. Patrick ist die älteste katholische Pfarre in Glen Cove<br />
und hat heute auch eine starke spanisch-sprachige Gemeinde<br />
Bergen in Norwegen: Seit einigen Jahren wird die<br />
Pfarre Bergen in Norwegen von Chorherrn des <strong>Stift</strong>es<br />
<strong>Klosterneuburg</strong> betreut.<br />
Seit 2005 ist Markus Eidsvik, ein Chorherr des <strong>Stift</strong>es, Bischof<br />
von Oslo. Die große Mehrheit der norwegischen Bevölkerung<br />
gehört der protestantischen Staatskirche an, die<br />
katholische Kirche besteht hauptäschlich aus Zuwanderern,<br />
u.a. aus Polen, den Philippinen und ehemaligen Flüchtlingen<br />
aus Vietnam.<br />
S. Rocco war ursprünglich eine Abspaltung der italienisch-sprachigen<br />
Gemeinde von St. Patrick, ohne ein eigenes Pfarrgebiet.<br />
Pfarrseelsorge über<br />
die Grenzen<br />
hinweg:<br />
Seit einigen Jahren<br />
In allen Pfarren des<br />
<strong>Stift</strong>es gibt es ein reges<br />
und vielfältiges<br />
Gemeindeleben.<br />
Viele der Gemeinden<br />
zeigen auch ein außerordentlich<br />
aktives<br />
soziales Engagement.<br />
gehören die<br />
Pfarren Bergen<br />
in Norwegen und<br />
S.Rocco und St.<br />
Patrick in den USA<br />
zum <strong>Stift</strong> <strong>Klosterneuburg</strong>.<br />
22
Kulturelle Aufgaben<br />
Seit den Anfängen<br />
hat das <strong>Stift</strong> auch<br />
kulturelle Aufgaben.<br />
Heute liegt ein<br />
Schwerpunkt auf<br />
der Erhaltung des<br />
Kulturgutes<br />
– etwa der, des in<br />
Jahrhunderten<br />
entstandenen<br />
Gebäudeensembles.<br />
Der Kontakt zu<br />
Künstlern wird<br />
heute einerseits<br />
durch die Ausstellungsreihe<br />
„STIFTetKUNST“ und<br />
andererseits durch<br />
den St. Leopold<br />
Friedenspreis<br />
aufrecht erhalten.<br />
Die zeitgemäße<br />
Präsentation des<br />
<strong>Stift</strong>es <strong>Klosterneuburg</strong><br />
macht es zu<br />
einem Anziehungspunkt<br />
für Kulturtouristen:<br />
rund<br />
100.000 pro Jahr.<br />
Die Generalrenovierung<br />
des <strong>Stift</strong>es wird 2013 abgeschlossen<br />
werden. Bis<br />
dahin wird sie € 32 Millionen<br />
gekostet haben,<br />
wovon 60% das <strong>Stift</strong> aufbringen<br />
muss. Allein das<br />
Dach des Barocktraktes<br />
umfasst eine Fläche von<br />
6.000 m 2 plus 1500 m 2<br />
Kuppeln. Für alle Arbeiten<br />
benötigt man hochqualifizierte<br />
Spezialisten.<br />
Die Sala terrena-Galerie<br />
bringt moderne Kunst im<br />
einmaligen Ambiente einer<br />
barocken Baustelle<br />
hervorragend zur Geltung.<br />
Die zum Leopold Friedenspreis<br />
nominierten<br />
Werke – wie diese Statuen,<br />
die 2010 ausgezeichnet<br />
wurden – lösen<br />
unter den Besuchern<br />
manchmal heftige Diskussionen<br />
aus.<br />
Im Rahmen einer internationalen<br />
Konzertreihe<br />
bietet das <strong>Stift</strong> jungen<br />
Nachwuchsmusikern ein<br />
Forum.<br />
23
Die Sammlungen: Archiv und Bibliothek<br />
Beide Einrichtungen<br />
sind für wissenschaftliche<br />
Arbeiten<br />
zugängig und in<br />
die internationalen<br />
Wissenschafts-<br />
Netzwerke eingebunden,<br />
ein Teil der<br />
Archivbestände sind<br />
auch digital<br />
zugänglich.<br />
Das Archiv enthält<br />
wichtige Materialien<br />
zur Geschichte<br />
Österreichs, weit<br />
über die <strong>Stift</strong>sgeschichte<br />
hinausgehend.<br />
Im Archiv befinden sich Urkunden zur<br />
österreichischen Geschichte – wie etwa mit<br />
der ersten Nennung der lateinischen<br />
Bezeichnung „Austria“ – Rechnungen,<br />
Tagebücher, Briefe, und zehntausende<br />
Dokumente.<br />
Zwei<br />
Dokumente<br />
aus dem <strong>Stift</strong>sarchiv:<br />
Links<br />
die erste Nennung<br />
von <strong>Klosterneuburg</strong>,<br />
rechts ein<br />
Durchsuchungsbericht<br />
der<br />
Gestapo.<br />
Das älteste Buch der Bibliothek ist eine Bibel, die<br />
Markgraf Leopold III. seinem <strong>Stift</strong> schenkte. Weitere<br />
1200 Bände – teilweise mit prächtigen Buchmalereien<br />
– sind Handschriften und stammen aus der<br />
Zeit vor dem ersten gedruckten Buch.<br />
Neben theologischen Schriften sind historische und<br />
kunsthistorische Werke besonders stark vertreten.<br />
Die Bibliothek<br />
umfasst 320.000<br />
Bände und ist damit<br />
die größte<br />
nichtstaatliche<br />
Bibliothek<br />
Österreichs.<br />
24
Die Sammlungen: die Schatzkammer<br />
Im Mittelalter<br />
galten die Reliquien<br />
als größter Schatz<br />
– erst aus heutiger<br />
Sicht sind es die oft<br />
prunkvollen<br />
Behältnisse.<br />
Den Hauptanteil der<br />
heutigen Schatzkammer<br />
machen<br />
liturgisches Gerät<br />
und liturgische<br />
Gewänder aus, dazu<br />
kommen eine<br />
bedeutende<br />
Elfenbeinsammlung<br />
und Erinnerungsgegenstände<br />
an die<br />
<strong>Stift</strong>sgründer<br />
Leopold und Agnes.<br />
Wertvollstes Stück<br />
ist der österreichische<br />
Erzherzogshut,<br />
die „heilige Krone<br />
Österreichs“.<br />
Seit 2011 ist die<br />
Schatzkammer für<br />
die Öffentlichkeit<br />
zugänglich.<br />
Der österreichische Erzherzogshut<br />
wurde 1616 gestiftet und muss<br />
immer im <strong>Stift</strong> <strong>Klosterneuburg</strong> bleiben.<br />
Nur zur Erbhuldigung – der<br />
Einsetzung eines neuen Landesherrn<br />
– durfte er nach Wien gebracht<br />
werden, wo er neben dem<br />
Erzherzog – der meist auch Kaiser<br />
war – abgestellt wurde.<br />
Die Schleiermonstranz erzählt<br />
die Gründungslegende des<br />
<strong>Stift</strong>es und ist ein Höhepunkt<br />
der barocken Goldschmiedekunst.<br />
Das sogenannte „Schreibzeug des Heiligen<br />
Leopold“ ist in Wirklichkeit ein elfenbeinerner<br />
Behälter für eine Goldwaage.<br />
Der Marienornat im Jugendstil aus dem Jahr 1911.<br />
Der sogenannte „Reisealtar des Heiligen Leopold“ stammt<br />
aus späterer Zeit, enthält aber den originalen Schleier<br />
der Markgräfin Agnes. (Pfeil)<br />
25
Die Sammlungen: das Museum<br />
Das <strong>Stift</strong>smuseum<br />
Der Babenberger Stammbaum hat ein<br />
Format von 4 x 8 Metern und entstand<br />
1489-1492, also nach der Heiligsprechung<br />
Leopolds, um die Familie des<br />
neuen Heiligen bekannt zu machen.<br />
wurde 1776 gegründet<br />
und zählt<br />
damit zu den<br />
ältesten Museen der<br />
Welt. Auch hier liegt<br />
der Schwerpunkt<br />
auf religiösen Inhalten.<br />
Dazu kommen<br />
Egon Schiele war Schüler am <strong>Klosterneuburg</strong>er<br />
Gymnasium, als er dieses Bild<br />
vom Schmiedehof des <strong>Stift</strong>es 1908 malte.<br />
Darstellungen des<br />
Heiligen Leopold,<br />
der Gründungslegende<br />
und<br />
Ansichten von<br />
<strong>Klosterneuburg</strong>.<br />
Rueland Frueauf malte seinen Zyklus über<br />
die Entstehung des <strong>Stift</strong>es <strong>Klosterneuburg</strong><br />
um 1505. Hier besichtigen Leopold III.<br />
und Agnes den Bau der <strong>Stift</strong>skirche.<br />
In den letzten<br />
Jahren wurde<br />
außerdem eine<br />
Sammlung moderner<br />
Kunst<br />
Derzeit wird auch eine<br />
Sammlung der Moderne aufgebaut,<br />
zu der auch dieser<br />
Farbholzschnitt von Robert<br />
Hammerstiel gehört.<br />
aufgebaut.<br />
26
Soziale Aufgaben<br />
Der Heilige<br />
Leopold galt auch<br />
als „Vater der<br />
Armen“ und diese<br />
Aufgabe versucht<br />
das <strong>Stift</strong> auch<br />
heute zu erfüllen.<br />
Ein Sozialstatut,<br />
das sich das <strong>Stift</strong> im<br />
Jahr 2000 gegeben<br />
hat, bestimmt, dass<br />
mindestens 10%<br />
der Einkünfte aus<br />
den Betrieben des<br />
<strong>Stift</strong>es für<br />
soziale Zwecke<br />
verwendet werden.<br />
Besonderes<br />
Augenmerk legt<br />
das <strong>Stift</strong> dabei auf<br />
Hilfe für Kinder und<br />
begründete dafür<br />
die Aktion<br />
„Ein Zuhause für<br />
Straßenkinder“.<br />
„Ein Zuhause für Straßenkinder“ unterstützt in<br />
Rumänien und Moldawien Kinderdörfer der<br />
Aktion Concordia von Pater Georg Sporschill<br />
2000 finanzierte das <strong>Stift</strong> den Bau eines<br />
Hauses und seither das Leben von 96<br />
Kindern und Jugendlichen. Inzwischen sind<br />
auch Suppenküchen für alleinstehende alte<br />
Menschen in Moldawien hinzugekommen,<br />
die jährlich dafür aufgewandten Kosten<br />
belaufen sich derzeit auf ca fast € 300.000,–<br />
Darüber hinaus unterstützt das <strong>Stift</strong> ein<br />
Kinderdorf in Indien und eine Reihe von<br />
Projekten weltweit. Für 2012 hat es sich mit<br />
der Hilfestellung für Projekte in Honduras und<br />
auf den Philippinen für sexuell missbrauchte<br />
Mädchen einen zusätzlichen Schwerpunkt<br />
gesetzt.<br />
Aber auch in Österreich wird versucht, die<br />
soziale Not zu lindern…<br />
27
Die Wirtschaft des <strong>Stift</strong>es<br />
Die Wirtschaftsbetriebe<br />
des<br />
<strong>Stift</strong>es haben die<br />
wirtschaftliche<br />
Basis für die<br />
religiösen,<br />
kulturellen und<br />
sozialen Aufgaben<br />
des <strong>Stift</strong>es zu<br />
schaffen. Deshalb<br />
haben Leopold und<br />
Agnes vor 900<br />
Jahren ihre<br />
Gründung reich mit<br />
Grund und Boden<br />
ausgestattet.<br />
Heute hat das <strong>Stift</strong><br />
moderne, den<br />
wirtschaftlichen<br />
Notwendigkeiten<br />
angepasste<br />
Betriebe, wobei<br />
Grund und Boden<br />
ein solides<br />
Fundament<br />
darstellen.<br />
Zwei Richtlinien<br />
bestimmen die<br />
Geschehnisse dieser<br />
Betriebe: Sorgsamer<br />
Umgang mit der<br />
Natur und eine<br />
christliche und<br />
soziale<br />
Grundhaltung.<br />
Der Konvent – derzeit ca. 50 Chorherren – und seine Aufgaben:<br />
Seelsorge – Kultur – Soziales<br />
Forst<br />
Die Wirtschaftsbetriebe mit rund 200 Mitarbeitern<br />
in den Bereichen:<br />
Wein<br />
Landwirtschaft<br />
Heizwerk<br />
Kultur & Tourismus<br />
Verlag<br />
Gärtnerei<br />
Immobilien<br />
Direktion<br />
Interne Verwaltung<br />
Kammeramt<br />
Bauabteilung<br />
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Die Wirtschaft des <strong>Stift</strong>es<br />
Nur nachhaltiges<br />
Wirtschaften ermöglicht<br />
es über Jahrhunderte<br />
die notwendigen<br />
Mittel für die<br />
Aufgaben des <strong>Stift</strong>es<br />
bereit zu stellen und<br />
in die Zukunft zu<br />
wirken: Darum<br />
erfüllt das <strong>Stift</strong> schon<br />
seit Jahren die<br />
strengen Vorschriften<br />
für die Bezeichnung<br />
„Biolandwirtschaft“,<br />
ließ sein Weingut als<br />
klimaneutral<br />
zertifizieren und<br />
seine Forstgüter am<br />
europäischen Schutzprogramm<br />
„Natura 2000“ beteiligen.<br />
Über 100 Hektar<br />
des stiftlichen Forstes<br />
sind Schutzgebiete.<br />
Für das Engagement<br />
der Mitarbeiter und<br />
Mitarbeiterinnen ist<br />
es wichtig, eine<br />
familienfreundliche<br />
Arbeitswelt zu<br />
schaffen. Auch auf<br />
diesem Gebiet ist das<br />
<strong>Stift</strong> Vorreiter.<br />
Die kritische Sichtung<br />
aller Arbeitsabläufe ermöglichten<br />
es dem Weingut,<br />
Energie einzusparen,<br />
weitgehend auf chemischen<br />
Pflanzenschutz zu<br />
verzichten und die<br />
natürlichen Ressourcen des<br />
Bodens zu nützen: Das<br />
<strong>Stift</strong>sweingut ist damit das<br />
erste klimaneutral<br />
zertifizierte Weingut.<br />
Die <strong>Stift</strong>sbetriebe setzen<br />
alles daran, um eine familienfreundliche<br />
Amosphäre<br />
zu schaffen und beteiligen<br />
sich daher auch am<br />
Programm der österreichischen<br />
Bundesregierung<br />
„Beruf und Familie“.<br />
Die österreichischen Auflagen<br />
für die Bezeichnung<br />
„Biolandwirtschaft“ gelten<br />
als besonders streng. Der<br />
Landwirtschaftsbetrieb des<br />
<strong>Stift</strong>es <strong>Klosterneuburg</strong><br />
erfüllt diese Auflagen seit<br />
vielen Jahren.<br />
In den Donauauen stellte<br />
das <strong>Stift</strong> vor Kurzem 25<br />
Hektar Auwald unter besonderen<br />
Schutz und verzichtete<br />
auf forstliche<br />
Nutzung, um seinen<br />
Beitrag zu leisten, die<br />
Artenvielfalt der österreichischen<br />
Wälder zu erhalten.<br />
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<strong>Stift</strong> <strong>Klosterneuburg</strong> und der Wein<br />
Bereits bei seiner<br />
Gründung erhielt das<br />
<strong>Stift</strong> auch eine<br />
Reihe von Weingärten.<br />
Bei der Weihe<br />
der <strong>Stift</strong>skirche 1136<br />
ist ausdrücklich in den<br />
Urkunden vermerkt,<br />
dass Wein aus dem<br />
Weingut des <strong>Stift</strong>es<br />
ausgeschenkt wurde.<br />
Damit ist das <strong>Stift</strong>sweingut<br />
das älteste<br />
in Österreich und es<br />
betrieb auch schon im<br />
Mittelalter einen<br />
regen Weinhandel.<br />
Heute ist das stiftliche<br />
Weingut für<br />
seine Qualität weit<br />
über die Landesgrenzen<br />
hinaus berühmt.<br />
Ebenso steht es aber<br />
auch für den sorgsamen<br />
Umgang mit<br />
den natürlichen<br />
Ressourcen und ist als<br />
klimaneutral<br />
zertifiziert.<br />
Zu den Kunden des Weingutes<br />
zählten die Habsburger – wie<br />
etwa 1518 Kaiser Maximilian –<br />
oder auch Napoleon, der sich<br />
1809 während der Besetzung<br />
Wiens für sein Hauptquartier<br />
573.000 Liter nach Schönbrunn<br />
liefern ließ. Ausgetrunken wurde<br />
dabei auch das 1000-Eimer-Fass,<br />
das seither undicht ist.<br />
Geradezu zur Hausmarke des <strong>Stift</strong>es<br />
wurde der Rotwein St. Laurent, der<br />
auch international große Anerkennung<br />
findet. Das <strong>Stift</strong>sweingut ist der weltweit<br />
größte Produzent dieser Sorte.<br />
Schon im Mittelalter betrieb<br />
das <strong>Stift</strong> über die günstige<br />
Verkehrslinie der Donau den<br />
Handel mit Wein.<br />
Heute kommt die modernste<br />
Technik verbunden mit altem<br />
Know-how zum Einsatz, um<br />
die berühmte Qualität der<br />
stiftlichen Weine produzieren<br />
zu können.<br />
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<strong>Stift</strong> <strong>Klosterneuburg</strong> heute<br />
Besucher des <strong>Stift</strong>es<br />
können aus einer Reihe<br />
Ausgangspunkt für eine Besichtigung<br />
ist die Sala terrena, wo sich<br />
Kassa und Shop befinden.<br />
von Touren auswählen,<br />
um die Kunstschätze des<br />
<strong>Stift</strong>es, seine Architektur,<br />
seinen Wein und seine<br />
Gärten kennen zu lernen.<br />
Ein umfangreiches<br />
Spezielle Führungen besuchen<br />
auch die Kelleranlagen unter<br />
dem <strong>Stift</strong>, wo der Wein entsteht.<br />
Für Verkostungen steht die Vinothek<br />
zur Verfügung.<br />
Programm – von Konzerten<br />
bis zur Umsetzung<br />
eigener Kreativität<br />
Der Konventgarten mit der Orangerie<br />
und einige andere „Gärten<br />
der Jahrhunderte sind nur im<br />
Rahmen von Führungen und bei<br />
Veranstaltungen für Besucher geöffet.<br />
im <strong>Stift</strong>satelier – bieten<br />
zusätzliche Gründe für<br />
einen Besuch.<br />
Willkommen im <strong>Stift</strong> <strong>Klosterneuburg</strong><br />
– Auskünfte über das aktuelle<br />
Programm finden Sie unter<br />
www.stift-klosterneuburg.at<br />
Das größte Fest des Jahres<br />
ist der 15. November,<br />
der Tag des Heiligen<br />
Leopold.<br />
Impressum: <strong>Stift</strong> <strong>Klosterneuburg</strong> / Abtprimas Propst Bernhard Backovsky<br />
Gestaltung, Text, Fotos: Peter Schubert<br />
Weitere Fotos: <strong>Stift</strong> <strong>Klosterneuburg</strong> (Archiv, Museum, Bibliothek, E. Hofmeister, J.<br />
Skarwan)<br />
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Altstift<br />
Kaisertrakt<br />
<strong>Stift</strong>skirche<br />
Binderstadel<br />
Sebastianikapelle<br />
Besucherzugang<br />
Gastmeisterei<br />
Pfortenhof<br />
Weingut und Vinothek<br />
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