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Schwerpunktthema - Stiftung Scheuern

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Magazin der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong><br />

Ausgabe 23<br />

<strong>Schwerpunktthema</strong><br />

Ehrenamt<br />

Aktuelles<br />

Personalien<br />

Termine


Inhalt<br />

Editorial<br />

Editorial 3<br />

Ausdruck innerer Haltung 4<br />

Vorbildliches Engagement 6<br />

Zeit schenken 8<br />

Gemeinsam an einem Strang ziehen 10<br />

Im Zentrum von Nassau 12<br />

Start frei 14<br />

Schön war‘s! 15<br />

Auf Inklusionstour durch Rheinland-Pfalz 16<br />

Flashmob 17<br />

CAP-Markt eröffnet 18<br />

Kürbisköpfe 19<br />

Manege frei! Circus ZappZarap in <strong>Scheuern</strong> 20<br />

Tierische Therapeuten 22<br />

Auch Sie können helfen! 24<br />

„Unser Schulessen – Wir wissen, wo‘s herkommt“ 26<br />

„Zeig du mir mal, was du so machst!“ 28<br />

Einblick in den Alltag der Werksatt für behinderte Menschen 30<br />

Besuch im Landtag Rheinland-Pfalz 31<br />

Das singende springende Löweneckerchen 32<br />

Ein musikalischer Eintopf 32<br />

Drachenbootregatta auf der Lahn 33<br />

Das Spukschloss 34<br />

„Die freundliche Polizistin“ wechselt nach Ludwigshafen 36<br />

Betreuerrat 37<br />

„Ich hab im Knabenhaus angefangen.“ 38<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> investiert in Zukunft junger Menschen 39<br />

Mitarbeiterjubiläen 40<br />

Werkstattjubiläen 41<br />

Wir begrüßen neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 41<br />

Wir verabschieden uns von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern 42<br />

Gedenken unserer Verstorbenen 43<br />

Tod und Trauer – Ökumenische Projektreihe 43<br />

Aus dem Leben gerissen und umgebracht 44<br />

Termine 46<br />

Weihnachtsgruß 47<br />

... die Perspektive wechseln!<br />

Seit 1855 ist die <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> auf der<br />

linken Lahnseite am Rande der Stadt Nassau<br />

im Ortsteil <strong>Scheuern</strong> kontinuierlich gewachsen.<br />

Jetzt ist die <strong>Stiftung</strong> mit einem angemieteten<br />

Wohnprojekt auf der rechten Lahnseite<br />

im Zentrum von Nassau angekommen. Bis<br />

zum Ende des Jahres 2012 werden dort zwölf<br />

Bewohnerinnen und Bewohner wohnen und<br />

am Leben mitten in der Stadt teilhaben.<br />

Der Vorstand und die <strong>Stiftung</strong>sleitung sind<br />

sehr froh, dass es für Menschen mit Behinderungen<br />

in Nassau neben den schon vorher vorhandenen<br />

kleinen Einzelwohnungen nun auch eine<br />

stationäre Wohngruppe gibt, die zeitgemäßes<br />

Wohnen in modernen Einzelzimmern möglich<br />

macht. Dies ist ein weiterer wichtiger Schritt zur<br />

Umwandlung unserer traditionell im Ortsteil<br />

<strong>Scheuern</strong> gewachsenen <strong>Stiftung</strong>. Früher entstand<br />

Wohnraum für Menschen mit Behinderung<br />

am Rande der Gemeinwesen und der Weg<br />

in die Zentren war weit. Es ist gut und richtig,<br />

dass hier ein Umdenken eingesetzt hat. Heute<br />

sind auch Menschen mit Behinderung mitten in<br />

der Gesellschaft angekommen. Sie sollen nicht<br />

länger am Rande stehen. Und das ist gut so.<br />

Es kann sehr hilfreich sein, im Leben öfter einmal<br />

mit einem anderen Blick an Dinge heran zugehen.<br />

Manchmal bedarf es hierfür jedoch eines<br />

Anstoßes oder Lichtblitzes wie in der Weihnachtsgeschichte,<br />

die uns erzählt, wie es mit<br />

Gottes Hilfe im Leben von Menschen, die nur<br />

noch Dunkelheit um sich herum sahen, plötzlich<br />

hell wurde. Das Licht und die Botschaft der Engel<br />

lässt sie alle Traurigkeit und Müdigkeit vergessen.<br />

Sie fassen wieder Mut, ihre Erstarrung<br />

weicht, sie brechen auf und suchen das Kind in<br />

der Krippe. Ganz in ihrer Nähe finden sie den<br />

menschgewordenen Gott, wie es die Engel ihnen<br />

verkündigt haben. Und damit zeigt uns die<br />

Weihnachtsgeschichte, wie gut es tut, im Leben<br />

immer wieder einmal die Perspektive zu wechseln.<br />

Auch wir sind eingeladen, nicht nur nach hinten<br />

oder nach unten sehen, sondern an jedem<br />

Tag des vor uns liegenden Jahres die Möglichkeiten<br />

zu suchen und wahrzunehmen, die wir<br />

haben. Auch in Zeiten nicht so reichlich gefüllter<br />

Kassen ist mehr möglich als nur zu traurig<br />

sein. Die nachfolgenden Ausführungen zum<br />

Thema Ehrenamt sind hierfür ein überzeugendes<br />

Beispiel. Denn das Ziel einer inklusiven Welt,<br />

die niemanden ausgrenzt, ist mit Hilfe von professionellen<br />

Fachleuten allein unerreichbar,<br />

denn Inklusion will in allen Lebensbereichen gelebte<br />

Wirklichkeit sein. Wie in der Weihnachtsgeschichte<br />

sind wir alle eingeladen, mit den uns<br />

geschenkten Möglichkeiten uns aufzumachen<br />

und das zu suchen, was dem Leben dient, um es<br />

weiter in die Welt zu tragen.<br />

Ihr<br />

Eckhard Bahlmann<br />

Pfarrer und Direktor<br />

2 2012 | Ausgabe 23<br />

2012 | Ausgabe 23<br />

3


Ausdruck innerer Haltung<br />

Freiwillige oder Ehrenamtliche in der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong><br />

SPORT<br />

MUSIK<br />

KUNST<br />

Gemeinsame Leidenschaft für die Bühne: Das<br />

Funkenflug-Theater der <strong>Stiftung</strong> und der Holzheimer<br />

Theaterverein „Fairy Tale“. Foto: Riege<br />

Was wäre der Sport ohne ehrenamtliche<br />

Übungsleiter?<br />

Die Band „Die flie-<br />

Anerkennung durch<br />

Kunst. Auch Maler<br />

geben ihr Wissen<br />

gerne weiter.<br />

von Nina Hillen<br />

Ehrenamt gewinnt in unserer Gesellschaft<br />

immer mehr an Bedeutung. Dies wird an<br />

der großen Anzahl der ehrenamtlich Tätigen<br />

in Deutschland sichtbar. So haben sich im<br />

Jahr 2005 22 Millionen Menschen in den verschiedensten<br />

Vereinen, Organisationen und<br />

Selbsthilfen ehrenamtlich engagiert. Ein Großteil<br />

der Engagierten entscheidet sich für eine Tätigkeit<br />

im sozialen Bereich. Hierbei verbindet alle<br />

Ehrenamtliche die Vorstellung und der Wunsch,<br />

freiwillig und unentgeltlich Mitmenschen in<br />

schwierigen Lebenssituationen zu unterstützen.<br />

Menschen entscheiden sich aus den verschiedensten<br />

Gründen für die Ausübung einer ehrenamtlichen<br />

Tätigkeit. Die Meisten beschreiben die<br />

Freiwilligenarbeit als sinngebend und erleben<br />

sie als eine positive Erweiterung ihrer Lebenssituation.<br />

Die Menschen, die Unterstützung durch<br />

einen Ehrenamtlichen erhalten, genießen die<br />

Aufmerksamkeit, die ihnen dadurch über das<br />

KULTUR<br />

übliche Maß hinaus geschenkt werden kann. Somit<br />

profitieren alle Beteiligten von einer ehrenamtlichen<br />

Tätigkeit. Marlene Bröckers, Pressereferentin<br />

und Beauftragte für das Ehrenamt in<br />

der Nieder-Ramstädter Diakonie, berichtete in<br />

ihrem Vortrag auf dem Fachtag für Angehörige,<br />

Betreuerinnen und Betreuer, dass sie sich aus<br />

diesem Grund für das Ehrenamts-Motto „Etwas<br />

Gutes tun für sich und andere“ entschieden haben.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> hat das Ziel, den Einsatz<br />

von ehrenamtlich Tätigen weiter auszubauen.<br />

Das Ehrenamt kann in vielerlei Hinsicht als eine<br />

Bereicherung bewertet werden. Besonders mit<br />

Blick auf die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention<br />

können Freiwillige einen wichtigen<br />

Beitrag leisten, die Teilhabe am gesellschaftlichen<br />

Leben und die Selbstbestimmung<br />

von Menschen mit Behinderung zu unterstützen.<br />

Im Rahmen des Dezentralisierungsprozesses bietet<br />

die Einbindung engagierter Bürgerinnen und<br />

Bürger allen Beteiligten die Möglichkeit, das Ziel<br />

der Inklusion weiter voranzutreiben. So können<br />

Freiwillige aus den Gemeinden wesentlich dazu<br />

beitragen, soziale Kontakte an den dezentralen<br />

Standort aufzubauen, indem sie beispielsweise<br />

Unterstützung bei der Nutzung von Angeboten<br />

bieten. Einige bereits ehrenamtlich Tätige, die<br />

sich um Bewohnerinnen und Bewohner aus dem<br />

Wohnprojekt in Nastätten kümmern, können<br />

dies bestätigen. Zudem wies auch Marlene Bröckers<br />

in ihrem Vortrag darauf hin, dass Ehrenamtliche<br />

die „Tür zur Gesellschaft“ öffnen. Bewohnerinnen<br />

und Bewohner lernen durch den Einsatz<br />

von Ehrenamtlichen Menschen mit ganz unterschiedlichen<br />

beruflichen und persönlichen Hintergründen<br />

kennen, was zu vielfältigen neuen<br />

Erfahrungen führt und die Entfaltung ihrer Persönlichkeit<br />

unterstützt. Nach Aussagen von Marlene<br />

Bröckers sei das Ehrenamt außerdem eine<br />

wichtige Maßnahme, um die Einrichtung und die<br />

dort stattfindende Arbeit transparenter zu machen.<br />

Somit wird auch in diesem Sinne das Ehrenamt<br />

zu einem weiteren wichtigen Faktor für<br />

das Erreichen von Inklusion.<br />

Aus den genannten Gründen sieht die <strong>Stiftung</strong><br />

die Etablierung dieses Arbeitsfeldes als notwendig<br />

an und wird sich daher unter Berücksichtigung<br />

der verschiedenen Bedürfnisse und in Zusammenarbeit<br />

mit allen Beteiligten um den Ausbau<br />

des Einsatzes ehrenamtlich Engagierter bemühen.<br />

Wir brauchen Sie!<br />

Entdecken Sie die <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> für sich.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> möchte durch Ehrenamt<br />

mehr Brücken für Menschen mit Behinderung<br />

in die Gesellschaft bauen, denn jeder überzeugte<br />

Bürger, der unsere Arbeit für sich entdeckt,<br />

ist gewiss ein Fürsprecher oder Türöffner,<br />

der einen Wandel im Denken und Handeln<br />

unterstützen kann.<br />

Darum möchte die <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> bürgerschaftliches<br />

Engagement für ihre Bewohner<br />

gewinnen, denn sich für andere einzusetzen<br />

macht Spaß und tut allen Beteiligten gut. Die<br />

Bandbreite für eine Betätigung in der <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Scheuern</strong> ist groß.<br />

genden Noten“ von<br />

der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong><br />

ist seine Herzenssache.<br />

Musiker Wolfgang<br />

Wallroth (1.v.l.)<br />

wird bei Proben und<br />

Auftritten von seiner<br />

Frau Pia Wallroth<br />

(2.v.r.) unterstützt.<br />

4 2012 | Ausgabe 23 2012 | Ausgabe 23<br />

5


Vorbildliches Engagement<br />

Gerd Vogt leitet Karl Kuhl<br />

an und begleitet ihn als<br />

ehrenamtlicher „Pate“.<br />

Bürger aus dem blauen Ländchen setzen sich für Bewohner aus<br />

dem Wohnprojekt in Nastätten ein. Ein wertvoller Beitrag für<br />

Menschen mit Behinderung und die <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong>.<br />

von Beate Kretschmann und Simone Rentner-Handwerkertrupp packt in<br />

Knochenhauer<br />

der Nachbarschaft an und Karl Kuhl<br />

ist mit von der Partie<br />

In Rheinland-Pfalz gibt es eine Million Auch im Alter kann man viel bewegen,<br />

Menschen, die sich ehrenamtlich anderen<br />

Menschen zuwenden, das Ge-<br />

Er ist mit einem Handwerker-Trupp in<br />

das denkt sich der Rentner Gerd Vogt.<br />

meinwohl erhalten, einen Beitrag im Miehlen unterwegs. Diese Rentnergruppe<br />

hilft Menschen in der Nach-<br />

Sport leisten, für die Gesundheit Sorge<br />

trage, die Kultur fördern oder sich für barschaft und trägt dazu bei, den Ort<br />

Umwelt- und Tierschutz einsetzen. Und in Schuss zu halten. Zu dieser regen<br />

damit ist die Aufzählung der aktiven Gemeinschaft gehört auch Karl Kuhl.<br />

Mitmach-Möglichkeiten noch lange Das ist möglich, weil ihn Gerd Vogt<br />

nicht vollständig. Wie eine lebendige regelmäßig zuhause abholt. Gemeinsam<br />

ziehen die beiden los, um bei-<br />

Gesellschaft aussehen kann, in der<br />

Menschen mit und ohne Behinderung spielsweise Grünanlagen zu pflegen<br />

gemeinsam aktiv sind, zeigen beispielsweise<br />

Bürger aus den Ortsgemeinden Menschen in der Wohnung oder rund<br />

oder Reparaturen bei hilfsbedürftigen<br />

Nastätten und Miehlen.<br />

ums Haus zu erledigen, die sie sich<br />

Für Gerd Vogt, Detlef Schurwanz, sonst nicht leisten können. Dafür verdienen<br />

beide ein dickes Dankeschön!<br />

René Ackermann und Wilfried Burdinski<br />

ist eine Gesellschaft ohne Ehrenamt Die Einbindung in den Handwerkertrupp<br />

ist für Karl Kuhl von doppelter<br />

undenkbar und unverzichtbar. Mit dieser<br />

positiven Lebenseinstellung machen<br />

sie sich für die Integration von beschaft<br />

wird er selbst zum Ehrenamtler.<br />

Bedeutung, denn in dieser Gemeinhinderten<br />

Menschen in ihren Heimatgemeinden<br />

stark, damit zusammen-<br />

Fähigkeiten gut einbringen.<br />

Er packt an und kann sich mit seinen<br />

wachsen kann, was für sie zusammen<br />

gehört. So stellen sich die vier Männer Jeden Sonntag zum Gottesdienst<br />

in den Dienst der Gemeinschaft und Karl Kuhl und Peter Kaupinis genießen<br />

sind viele Stunden ehrenamtlich im die gute Gemeinschaft in ihrer Nachbarschaft.<br />

Sie fühlen sich in Nastätten<br />

Einsatz. Davon profitieren auch die Bewohner<br />

Peter Kaupinis und Karl Kuhl wohl. Dass das soziale Miteinander<br />

aus dem Wohnprojekt der <strong>Stiftung</strong> rund um das Wohnprojekt so gut funktioniert,<br />

ist auch ein Verdienst von <strong>Scheuern</strong> in Nastätten.<br />

den<br />

Ehrenamtlichen Detlef Schurwanz und<br />

René Ackermann.<br />

Jeden Sonntag holen die beiden<br />

Männer die Bewohner Karl Kuhl und<br />

Peter Kaupinis zum Gottesdienst nach<br />

Miehlen ab und bringen sie wieder<br />

nach Hause. Dadurch ermöglichen sie<br />

ihnen Kontakte zu anderen Menschen<br />

in der Gemeinde. Damit wird für Karl<br />

Kuhl und Peter Kaupinis aus dieser Mitfahrgelegenheit<br />

noch viel mehr: Durch<br />

die Teilhabe am sozialen kirchlichen Leben<br />

entstehen Freundschaften.<br />

Mit Musik geht vieles leichter<br />

Musik ist ein Schlüssel für ein gutes<br />

Miteinander. Das ist eine Philosophie<br />

von Markus Ziegler, Leiter des Ev. Kirchenchores<br />

in Nastätten. Unermüdlich<br />

probt er mit den Chormitgliedern bis<br />

der Gesang stimmig ist und alles sitzt.<br />

Inmitten der Sängerrunde sitzt Karl<br />

Kuhl, der ebenfalls Chormitglied ist.<br />

Chorprobe. Der gute Ton<br />

macht die Musik. Das gilt<br />

nicht nur für den Gesang,<br />

sondern auch für das<br />

Miteinander der Menschen.<br />

Im Ev. Kirchenchor<br />

von Nastätten eine<br />

Selbstverständlichkeit.<br />

Gemeinsam mit Detlef Schurwanz fahren die Bewohner zum Gottesdienst.<br />

Jeden Montagabend geht er zur Probe Zu guter Letzt – Wilfried Burdinski,<br />

des Ev. Kirchenchores in Nastätten. Hier Organisator und Schirmherr<br />

hat er seinen Platz gefunden, fühlt sich „Es sind die christlichen Werte aus unserem<br />

Glauben zu Gott, auf deren Basis<br />

angenommen und damit das so bleibt,<br />

kümmern sich alle um ihn. Insbesondere<br />

Chorleiter Ziegler ist es eine Herzenskommen<br />

heißen.“ Wilfried Burdinski ist<br />

wir Karl Kuhl in unserer Gemeinde willangelegenheit,<br />

dass Karl Kuhl regelmäßig<br />

teilnehmen kann. Darum ruft er Blick, was sich in seiner Heimat-Gemein-<br />

ein echter Organisator. Er hat alles im<br />

auch immer an und erinnert ihn an die de abspielt. „Mit unserer Männerrunde<br />

Abende. Wenn Karl Kuhl trotzdem mal möchten wir das ‚Wir‘ der Männer in<br />

nicht da ist, dann vermissen ihn die anderenlich<br />

willkommen“, so Burdinski<br />

der Gemeinde fördern. Karl ist da herz-<br />

weiter.<br />

Das Telefon klingelt, Burdinski ist am<br />

Apparat. Karl Kuhl freut sich von ihm zu<br />

hören, denn er hat wieder Neuigkeiten.<br />

Er sagt ihm, was in der so genannten<br />

„Männerrunde“ der Kirchengemeinde<br />

los ist und lädt ihn ein. Mit Burdinskis<br />

Hilfe trägt Kuhl für ihn wichtige<br />

Termine in seinen Kalender ein. Kuhl<br />

fühlt sich so bestens informiert. Auch<br />

das ist eine Form von Ehrenamt, durch<br />

die letztlich Hilfe zur Selbsthilfe möglich<br />

wird. Mit diesem Wissen rund um<br />

anstehende Aktivitäten in der Kirchenund<br />

der Ortsgemeinde kann sich Kuhl<br />

selbst auf den Weg machen.<br />

Kontakt<br />

Haben Sie Lust sich zu engagieren?<br />

Einfach anrufen und sich informieren:<br />

Nina Hillen<br />

T. 02604 979-174<br />

n.hillen@stiftung-scheuern.de<br />

6 2012 | Ausgabe 23 2012 | Ausgabe 23<br />

7


Zeit schenken<br />

Bürgerschaftliches Engagement<br />

einer Yoga-Lehrerin<br />

von Beate Kretschmann<br />

Mein Ziel ist die Altbäckersmühle<br />

im wildromantischen<br />

Hasenbachtal bei Singhofen.<br />

Hier möchte ich ein Interview mit der<br />

71-jährigen Ellen Österle führen. Sie<br />

schenkt Menschen, die in der <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Scheuern</strong> leben, Zeit. Seit über 15 Jahren<br />

gibt sie Yoga-Kurse. In ihrem eigenen<br />

Leben spielen Yoga, Zen-Meditation<br />

und Zen-Bogenschießen eine zentrale<br />

Rolle und dieses Wissen möchte<br />

sie weitergeben. Ein beispielhaftes Engagement,<br />

das ein Dankeschön verdient<br />

und vielleicht auf die eine oder<br />

andere Weise anregt, selbst für andere<br />

aktiv zu werden.<br />

Bevor Gen-Ki, was zu Deutsch Waldquelle<br />

heißt, alias Ellen Österle, die Interview-Fragen<br />

beantwortet, ist es ihr<br />

ein Anliegen grundsätzlich etwas über<br />

Yoga zu erzählen: „Yoga ist kein Sport,<br />

keine Fitness und kein Training, sondern<br />

ein ganzheitliches Erleben von<br />

Körper, Geist und Atem. Es geht um<br />

alle Ebenen unseres Seins“, sagt Österle.<br />

Yoga versteht sich als System oder<br />

Hilfsmittel, um den übenden Menschen<br />

zu einer Integration von Körper,<br />

Atem und Geist zu führen. Yoga ist für<br />

alle geeignet.<br />

Erinnern Sie sich noch an die Anfänge<br />

und wie läuft es heute?<br />

Im Januar 1997 begann der erste<br />

Yoga-Kurs im Haus Lahnberg. Die Altbäckersmühle<br />

war damals mit ihrem<br />

Programm Teil der evangelischen Er-<br />

Ellen Österle<br />

mit der schweren<br />

Klangschale. Der Gong<br />

ist so intensiv, dass der Ton<br />

regelrecht durch den Körper strömt.<br />

Altbäckersmühle – der Einladung von Ellen Österle zum gemeinsamen Abschluss-<br />

Kaffeetrinken folgen alle gern. Zur Erinnerung gibt es dann noch für jeden ein<br />

Gruppenfoto.<br />

wachsenenbildung an Rhein und Lahn wieder mit zwei Kurseinheiten im Bildungs-,<br />

Freizeit- und Kulturprogramm<br />

und die Arbeit in <strong>Scheuern</strong> war in dieses<br />

Programm integriert. Später habe der <strong>Stiftung</strong> an den Start gehen. Zum<br />

ich die Kurse in Eigenregie übernommen<br />

und Unterstützung von anderen nehmern wie eh und je noch ein Ge-<br />

Abschluss mache ich den Kursteil-<br />

Yoga-Begeisterten erhalten. Sie haben schenk. Gemeinsam trinken wir Kaffee<br />

mir assistiert, damit ich die Gruppenarbeit<br />

meistern und besser auf die en sich drauf. Das hat schon Tradition.<br />

in der Altbäckersmühle und alle freu-<br />

Bedürfnisse der Bewohner abstimmen<br />

konnte. Mittlerweile haben wir Was bedeutet Ihnen Ihr Engagement?<br />

eine feste Bleibe und das aufwändige<br />

Mattenräumen bleibt mir erspart. Das Die Kurse sind für mich eine Herausforderung<br />

und zugleich eine Freude.<br />

ganze Drumherum ist einfacher geworden.<br />

Auch im Jahr 2013 werde ich Die Arbeit ganz alleine zu leisten,<br />

finde ich nicht so gut, deshalb ist die<br />

Einbindung in die <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong><br />

wichtig. Beim Yoga beobachte ich,<br />

dass es den Menschen gut tut und<br />

sie sich verändern. Sie verlassen nach<br />

den Stunden fröhlich den Raum und<br />

sind meist munterer als vorher. Natürlich<br />

gibt es auch mal Verstimmungen<br />

untereinander, weil sie ihre Gefühle<br />

ehrlich zeigen. Ärger ist eben auch<br />

mal dabei. Man darf das aber nicht<br />

persönlich nehmen. Wichtig ist es, die<br />

Menschen zu nehmen, wie sie sind. So<br />

gelingt es mir, sie zu motivieren und<br />

ich kann ihnen helfen, ihre eigene<br />

Lebendigkeit zu spüren. Es sind gerade<br />

diese Augenblicke der Freude, die<br />

mich motivieren. Zum Beispiel hat sich<br />

eine Gruppe von Bewohnern aus dem<br />

Weißen Haus gebildet, die alle Jahre<br />

immer wieder kommen. Das zeigt mir,<br />

ich erreiche die Menschen und kann<br />

sie da abholen, wo sie gerade sind.<br />

Wie läuft eine Yoga-Stunde ab?<br />

Wir beginnen im Stand. Manche sitzen<br />

auf einem Stuhl. Wir sammeln<br />

uns, kommen an. Das Zeichen dafür ist<br />

der Ton, der Klangschlag. Den Gong<br />

hören wir am Anfang und am Ende.<br />

Jeder darf mal den Schwengel schlagen.<br />

Wir atmen den Duft der Räucherstäbchen<br />

ein, bewegen die Gelenke<br />

und schütteln sie aus. Wir spüren den<br />

Atem mit unseren Händen. Dann bewegen<br />

wir zum Beispiel die Arme im<br />

Kreis oder blasen Watte von der geöffneten<br />

Hand. Bei den Yoga-Übungen<br />

geht es nicht um Körperbeherrschung,<br />

sondern um Körpergefühl. Im Verlauf<br />

der Kurseinheit legen wir eine Pause<br />

zur Entspannung ein. Wir nehmen<br />

uns auch Zeit für die Lieblingsübungen<br />

der Teilnehmer. Mit jeder Stunde<br />

entwickelten sich neue Ideen, die für<br />

sie ansprechend sind. Yoga holt sich<br />

dabei Anregungen aus dem Tierreich,<br />

Schon lange gehört Yoga zum Bildungs-,<br />

Freizeit- und Kulturprogramm der <strong>Stiftung</strong>,<br />

wie z. B. der Kurs im Jahr 1999<br />

(oben). Inzwischen haben sich die Yogaübungen<br />

so etabliert, dass sie fester Bestandteil<br />

im Alltag der Bewohner sind.<br />

beobachtet Verhaltensweisen und<br />

diese münden dann in die Bewegung.<br />

Was würden Sie anderen Menschen<br />

sagen, wenn sie Berührungsängste<br />

vor der Begegnung mit Menschen<br />

mit Behinderung haben, sich aber<br />

trotzdem gerne ehrenamtlich engagieren<br />

möchten?<br />

Engagement ist immer eine große<br />

Bereicherung für jeden selbst. Man<br />

kann ja mit kleinen Begegnungen beginnen.<br />

Ich selbst habe auch eine Entwicklung<br />

erfahren und sehe mich heute<br />

anders als früher. Natürlich müssen<br />

wir lernen, uns einzustellen auf jede<br />

Person und Situation. Aber das gilt ja<br />

auch im Umgang mit Menschen ohne<br />

Behinderung. Je natürlicher wir miteinander<br />

umgehen, umso einfacher ist<br />

es für beide Seiten.<br />

Treffender als mit Ihren letzten Worten<br />

kann man den Umgang von<br />

Menschen mit und ohne Behinderungen<br />

nicht beschreiben. Vielen<br />

Dank, dass Sie sich die Zeit für das<br />

Gespräch genommen haben.<br />

Bildung, Freizeit und Kultur<br />

Das Programm<br />

der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> 2013<br />

Durch das Engagement vieler wurde<br />

wieder ein vielfältiges Angebot auf<br />

die Beine gestellt.<br />

Broschüre erhältlich bei:<br />

Stefanie Höhne<br />

T. 02604 979-126<br />

s.hoehne@stiftung-scheuern.de<br />

8 2012 | Ausgabe 23 2012 | Ausgabe 23<br />

9


Seilziehen: Kitty - Fotolia.com<br />

Gemeinsam an einem Strang ziehen<br />

Am Fachtag 2012 trafen sich Angehörige, Betreuer und zahlreiche Vertreter<br />

der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> zum Austausch über Mitwirkungsmöglichkeiten.<br />

Birgit Klaiber signalisierte den gesetzlichen Betreuern<br />

und Angehörigen Offenheit und Gesprächsbereitschaft<br />

seitens der <strong>Stiftung</strong>. Diese Botschaft kam<br />

bei den gesetzlichen Betreuern gut an.<br />

von Beate Kretschmann<br />

Der Fachtag für gesetzliche Betreuer<br />

und Angehörige war mit<br />

120 Teilnehmern gut besucht<br />

und ging auf das Thema Kooperation<br />

ein. Die Leiterin Wohnen, Birgit Klaiber,<br />

hielt ein Impulsreferat mit welchem sie<br />

veranschaulichte, dass der <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Scheuern</strong> die aktive Mitgestaltung<br />

durch gesetzliche Betreuer wichtig ist.<br />

Über das Wie in der Kooperation mit<br />

gesetzlichen Betreuern ging Birgit Klaiber<br />

in zwei praktischen Beispielen aus<br />

dem Alltag von Bewohnern ein. So sei<br />

es bei der Teilhabe- und Betreuungsplanung<br />

sinnvoll, sich über erforderliche<br />

Assistenzleistungen gemeinsam zu<br />

beraten, um gute Lösungen zu erarbeiten.<br />

Birgit Klaiber sprach Einladungen<br />

zu Fallgesprächen aus. Diese seien ein<br />

wichtiges Instrumentarium zur Bedarfsklärung,<br />

um die Teilhabe der Menschen<br />

am gesellschaftlichen Leben zu<br />

unterstützen.<br />

Das Referat Service berät beispielsweise zu Fragen der Eingliederungshilfe,<br />

zur Pflegeversicherung, zum Betreuungsgesetz<br />

und natürlich zur Wohnplatzvergabe.<br />

In einem weiteren Beispiel, dem Nach den Vorträgen ging es in vier<br />

Schutz der Menschen vor Gefahren Workshops. Betreuer und Angehörige<br />

mittels freiheitsentziehender Maßnahmen,<br />

ging Birgit Klaiber, Leiterin Woh-<br />

Reihe von Mitwirkungsmöglichkeiten.<br />

sprachen mit Mitarbeitern über eine<br />

nen, auf die Mitwirkung gesetzlicher An einem Thementisch stand das Referat<br />

Service zur Verfügung, welches sich<br />

Betreuer im Rahmen der Gesundheitssorge<br />

ein. Darüber hinaus informierte als zentrale Beratungsstelle rund um gesetzliche<br />

Leistungen und für das Woh-<br />

sie über das Qualitätssicherungssystem<br />

der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong>, mit welchem nen versteht.<br />

sich die Einrichtung selbst verpflichte, Die Mitarbeiter des psychologischheilpädagogischen<br />

Fachdienstes spra-<br />

Wünsche und Rechte behinderter<br />

Menschen bzw. die ihrer Betreuer sehr chen in ihrem Workshop über die Maßnahmen<br />

zur Minimierung von Risiken<br />

ernst zu nehmen. Ein dort verankertes<br />

Beschwerdemanagement ermögliche im Leben der Bewohner, über die Teilhabeplanung<br />

des Landes Rheinland-<br />

zielgerichtete Rückmeldung zu allen<br />

Dingen, die gesetzlichen Betreuern Pfalz, über das Beschwerdemanagement<br />

und über weniger gefallen.<br />

freiheitsentziehende<br />

Maßnahmen. Im Workshop Therapiezentrum<br />

ging es vorrangig um die Beantragung<br />

von therapeutischen Leistungen<br />

und Hilfsmitteln.<br />

An dem vierten Tisch wurde über Ehrenamt<br />

in der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> diskutiert.<br />

Anlass ist das Vorhaben der <strong>Stiftung</strong>,<br />

ehrenamtliches Engagement für<br />

die Bewohner zu fördern. Zuvor hörten<br />

die Teilnehmer einen Redebeitrag von<br />

Marlene Broeckers, der Beauftragten<br />

für ehrenamtliches Engagement der<br />

Nieder-Ramstädter Diakonie. Sie brachte<br />

zahlreiche Praxisbeispiele über den<br />

gelungenen Einsatz von Ehrenamtlichen<br />

in der Betreuungsarbeit mit. Sie ermunterte<br />

die <strong>Stiftung</strong> und auch die Betreuer<br />

aufgrund der eigenen guten Erfahrungen,<br />

stärker mit ehrenamtlich Tätigen<br />

zusammenzuarbeiten.<br />

Wissen ist Macht und Macht<br />

ist Einfluss<br />

Anlässlich des Fachtages hielt auch die<br />

Vorsitzende des Betreuerrates, Dr. Elisabeth<br />

Schmitt, eine engagierte Rede<br />

über die Einflussnahme gesetzlicher<br />

Betreuer zum Wohl der Menschen. So<br />

verband sie unter dem Motto „Wissen<br />

ist Macht und Macht ist Einfluss“ den<br />

Sie sind Ansprechpartnerinnen<br />

für Interessierte,<br />

die sich über das Ehrenamt<br />

informieren möchten:<br />

Simone Knochenhauer<br />

und Nina Hillen<br />

(v.l.n.r.).<br />

Dr. Elisabeth Schmitt forderte Betreuer<br />

und Angehörige auf, sich mit ihren<br />

Anliegen vertrauensvoll an den Betreuerrat<br />

zu wenden.<br />

Jahresrückblick über die Arbeit des Betreuerrates<br />

mit einem Ausblick.<br />

Mit deutlichen Worten hob sie die<br />

Aufsichts- und Fürsprecherfunktion gesetzlicher<br />

Betreuer hervor und forderte<br />

die Anwesenden auf, ihre Mitwirkungsrechte<br />

zu nutzen. Sie mahnte an, wachen<br />

Auges zu sein, denn große Einrichtungen,<br />

wie es die <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong><br />

sei, dürfen den sozialpolitischen Entwicklungen<br />

nicht zum Opfer fallen.<br />

Wachsam solle jeder Betreuer sein, sich<br />

einmischen und seinen Einfluss geltend<br />

machen.<br />

Sie äußerte die Befürchtung, dass die<br />

Lebensqualität behinderter Menschen<br />

durch die vom Land angestrebten ambulanten<br />

Hilfen in <strong>Scheuern</strong> leiden<br />

könnte. Es seien nun nicht mehr allein<br />

die Aufgaben der Dezentralisierung, die<br />

die <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> bewältigen müsse.<br />

Schmitt befürchtete Verschlechterungen,<br />

die Betreuer niemals zulassen<br />

dürften. Behinderte Menschen dürften<br />

nicht Opfer leerer Kassen werden und<br />

auch die Betreuer müssten sich dafür<br />

einsetzen, dass der Rotstift nicht weiter<br />

angesetzt wird. Mit diesen betont kritischen<br />

Sätzen rüttelte die Vorsitzende<br />

auf, dass eine Einrichtung wie <strong>Scheuern</strong><br />

kein Auslaufmodell sein dürfe.<br />

Sie sehe deutlich die Anstrengungen<br />

der <strong>Stiftung</strong>sleitung, die alle Bemühungen<br />

daran setze, Lebensbedingungen<br />

in <strong>Scheuern</strong> zu verbessern. Sie sehe aber<br />

auch, dass die Einrichtung finanziell mit<br />

dem Rücken an der Wand stehe, weil<br />

politische Versprechen nicht eingehalten<br />

werden. Sie scheue sich nicht davor<br />

an die großen Medien heranzutreten,<br />

um die negativen Entwicklungen öffentlich<br />

zu machen. Sie selbst erlebe die<br />

Schwierigkeiten in Verhandlungen und<br />

die Umsetzung von Zusagen werde seitens<br />

der Politik verzögert. Dennoch<br />

freue sie sich über die Gelegenheit in<br />

Sitzungen der Steuerungsgruppe teilnehmen<br />

zu können, um sich für die Interessen<br />

behinderter Menschen einzusetzen.<br />

Gegenwärtig scheine es, als sei es ein<br />

Spiel auf Zeit, denn die Politik habe keine<br />

schlüssigen Handlungs- und Finanzierungskonzepte.<br />

Schmitt rief die Teilnehmer<br />

des Fachtages dazu auf, sich aktiv<br />

zu beteiligen, um die Zukunft der<br />

Menschen in der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> zu<br />

gestalten. Im Anschluss an den offiziellen<br />

Teil des Fachtages standen die Mitglieder<br />

des Betreuerrates für persönliche<br />

Gespräche zur Verfügung.<br />

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2012 | Ausgabe 23<br />

11


Im Zentrum von Nassau<br />

Bewohner aus dem Ernst-Runkel-Haus ziehen um.<br />

von Beate Kretschmann<br />

Im Ernst-Runkel-Haus ist Aufbruchstimmung.<br />

Noch in diesem Jahr bereiten sich zwölf Frauen<br />

und Männer sich auf ihren Umzug in das<br />

Stadtzentrum von Nassau vor. In der Gerhart-<br />

Hauptmann-Straße hat die <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong><br />

zwei Etagen eines neu gebauten Wohn- und<br />

Geschäftshauses gemietet. In jeder Etage entsteht<br />

eine Wohngruppe für jeweils sechs Men-<br />

Ratsch,<br />

Monika Heppner schen. Für acht Bewohner stehen geräumige<br />

kämpft mit<br />

Einzelzimmer mit mindestens 15 qm Wohnfläche<br />

zur Verfügung. Darüber hinaus gibt es für<br />

dem Klebeband.<br />

Paare oder eng Befreundete auf jeder Etage ein<br />

Doppelzimmer. Alle haben schon mehrfach das<br />

Haus besichtigt. Schon jetzt freuen sie sich, in<br />

dem gemütlichen Wohnzimmer beisammen zu<br />

sitzen oder in der neue Küche zu kochen. Wie in<br />

einer Familie. Zuletzt waren sie an einem sonnigen<br />

Herbsttag in Nassau, haben gemeinsam<br />

auf dem Balkon gestanden und die Aussicht<br />

auf die alte Heimat, den Lahnberg, genossen.<br />

Monika Heppner, Lore Arnold, Angelika Dübbers<br />

und Hannelore Kehl haben kurz vor ihrem<br />

Umzug von ihren Wünschen, Hoffnungen<br />

und Erwartungen erzählt.<br />

Monika Heppner freut sich, dass sie nun nah<br />

bei ihrem Freund Walter Moll ist. Der wohnt sozusagen<br />

gleich um die Ecke. „Da brauch ich<br />

abends nicht mehr auf den Lahnberg zu gehen,<br />

der Weg zieht sich“, Fußmärsche fallen der<br />

65-Jährigen auch nicht mehr so leicht. Monika<br />

Heppner kommt ins Schwärmen. Der Abschied<br />

vom Lahnberg fällt ihr nicht schwer. Die <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Scheuern</strong> macht „für uns so einen Fortschritt.<br />

Schöne, moderne Einzelzimmer, dafür sind wir<br />

richtig dankbar.“ Monika Heppner kam als Kind<br />

im Jahr 1954 nach <strong>Scheuern</strong> und erinnert sich an<br />

die damaligen Wohnverhältnisse. „An Ruhe oder<br />

Privatsphäre war nicht zu denken. Es war schrecklich.<br />

Wir haben mit 20 oder 30 Leuten in einem<br />

Raum geschlafen. Natürlich ist das im Laufe der<br />

Jahre besser geworden, aber was nun kommt,<br />

macht mich glücklich“, so Heppner weiter.<br />

Auch Lore Arnold hätte sich nach 20 Jahren<br />

auf dem Lahnberg nicht träumen lassen, noch<br />

einmal woanders hin zu gehen. „Das muss mir<br />

erst einmal einer mit 77 Jahren nachmachen.“<br />

Sie war zunächst unsicher, ob der Schritt nach<br />

Nassau wirklich der Richtige für sie ist. Lore Arnolds<br />

anfängliche Unsicherheit hat sich zur festen<br />

Überzeugung gewandelt. „In Nassau zu leben<br />

hat Vorteile. Ich fahre öfters mal mit dem<br />

Zug nach Bad Ems. Zum Bahnhof ist es nur noch<br />

einen Katzensprung. Nassau ist gut für mich und<br />

meine Leute haben fest versprochen mich besuchen<br />

zu kommen“. Im nächsten Augenblick<br />

denkt Lore Arnold schon ein paar Jahre weiter<br />

und schmiedet Pläne für die Zukunft. Ihren 80.<br />

Geburtstag will sie in der Gerhart-Hauptmann-<br />

Straße zusammen mit den netten Nachbarn feiern.<br />

Die stille Hannelore Kehl sitzt grinsend auf dem<br />

Sofa und freut sich ebenfalls auf ihr neues Zuhause.<br />

„Krümmel geht mit mir nach Nassau“, erzählt<br />

sie. Krümmel ist der Spitzname ihres Lebensgefährten<br />

Wolfgang Krömmelbein. „Unsere Bilder<br />

werden wir natürlich wieder aufhängen.“<br />

Die Rentnerinnen sehnen sich nach der Ruhe<br />

der kleinen Wohneinheit in der Gerhart-Hauptmann-Straße.<br />

„Morgens schön zusammen frühstücken<br />

und stellt Euch vor, das erste Weihnachtsfest“,<br />

schwärmt Heppner mit glänzenden<br />

Augen.<br />

Heilerziehungspfleger Markus Vermeulen teilt<br />

ihre Meinung. Er wird mit ihnen vom Ernst-Runkel-Haus<br />

in die Gerhart-Hauptmann-Straße gehen.<br />

„Für die Senioren ist der kleine gemütliche<br />

Rahmen ein wahr gewordener Traum.“<br />

Hier wird die Küche untersucht und überall mal reingeschaut. Türen und<br />

Schränke lassen sich komfortabel öffnen, Backofen, Herd und Spülmaschinen<br />

gehören der neuen Generation an. Damit wird den Bewohnern<br />

das Leben leichter gemacht.<br />

Lore Arnold<br />

räumt alles ein,<br />

was mit muss.<br />

Angelika Dübbers mag Volksmusik. Ohne<br />

Hansi Hinterseer geht sie nicht nach Nassau.<br />

Hannelore Kehls Bilder der Erinnerung.<br />

Kartons: pterwort - Fotolia.com<br />

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13


Das Team der Gerhart-Hauptmann-Straße. Von links nach rechts<br />

Heilerziehungspfleger Markus Vermeulen, Wohnverbundleiter<br />

Karl-Heinz Preißmann, Auszubildende Julia Petrowsky und Christina<br />

Friedrich von der Hauswirtschaft. Des weiteren gehören dazu<br />

Sabine Hofmann und Heiderose Myrell.<br />

Angelika Dübbers, die alle liebevoll „Dübbie“<br />

nennen, ist froh, wenn in Nassau wieder alle zusammen<br />

sind. Sie wohnt seit den 1980-iger Jahren<br />

auf dem Lahnberg. „Mir fällt der Abschied<br />

hier oben vom Ernst-Runkel-Haus wirklich schwer,<br />

obwohl ich in meinem Leben schon so oft gewandert<br />

bin.“<br />

Dennoch hat sie für ihr Leben in Nassau schon<br />

gute Vorsätze. „Ich will mehr an der Lahn spazieren<br />

gehen und Enten füttern. Irgendwie mag<br />

ich Enten.“ Da fallen die anderen Seniorinnen in<br />

das Gespräch ein. „Ja, ja, Dübbie und die Enten.<br />

Erinnert Ihr Euch noch an den Urlaub an der<br />

Nordsee? Dübbie, irgendwann wohnen bei dir<br />

noch die Enten auf dem Balkon.“<br />

Schön war‘s!<br />

Tagesförderstätte blickt auf<br />

25 Jahre zurück<br />

Start frei<br />

Ausgelassene Feststimmung<br />

rund um den Brunnen.<br />

Wie die Schritte von Dezentralisierung und<br />

Modernisierung der Gebäude auf dem Gelände<br />

der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> einhergehen.<br />

von Thomas Buckler<br />

Neben den dezentralen Wohnangeboten<br />

ist es vorrangiges Ziel der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong>,<br />

den Bewohnern auch weiterhin attraktiven<br />

Wohnraum auf dem gesamten Gelände<br />

der <strong>Stiftung</strong> zu schaffen. Mit den zwölf neuen<br />

Wohnangeboten im Herzen von Nassau wurde<br />

zweierlei erreicht: Zum einen wird durch den<br />

Bezug der Wohnungen in der Gerhart-Hauptmann-Straße<br />

8 in Nassau ein weiterer Schritt in<br />

der Dezentralisierung gegangen. Hier entsteht<br />

sehr attraktiver Wohnraum in zentraler Lage, von<br />

denen die zukünftigen Bewohner sicher profitieren<br />

werden.<br />

Zum anderen ergibt sich durch die Schaffung<br />

der Wohnplätze in Nassau die Möglichkeit, ein<br />

Gebäude auf dem Lahnberg beispielsweise als<br />

Zwischenlösung für Wohngruppen zu nutzen,<br />

deren Gebäude saniert und modernisiert werden.<br />

Nach reiflicher Abwägung hat sich die<br />

Leitung dazu entschieden, das Ernst-Runkel-<br />

Haus als Ausweichmöglichkeit zu nutzen. In<br />

der Folge fand ein intensiver Beratungs- und<br />

Kommunikationsprozess mit den Bewohnerinnen<br />

und Bewohnern, deren gesetzlichen<br />

Betreuern und den Mitarbeitenden statt.<br />

Oberstes Ziel war es, den Bewohnern im Sinne<br />

des Wunsch- und Wahlrechtes Alternativen<br />

zum Ernst-Runkel-Haus anzubieten. Unter enger<br />

Einbeziehung von Nina Hillen als Wohnberaterin<br />

ist es gelungen, für alle Beteiligten<br />

gute Lösungen zu finden. Zwölf Bewohner<br />

werden in die Gerhart-Hauptmann-Straße ziehen.<br />

Acht Bewohner haben sich entschieden,<br />

in benachbarte Häuser auf dem Lahnberg zu<br />

gehen. Drei weitere Bewohner haben auf dem<br />

Schimmerich ein neues Zuhause gefunden.<br />

Nun können die Modernisierungen los gehen.<br />

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15


Auf Inklusionstour durch Rheinland-Pfalz<br />

Auch Bewohner der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> sahen sich beispielhafte Projekte im Land an.<br />

von Isabel Schusky<br />

Der neue Landesbehindertenbeauftragte<br />

Der rheinland-pfälzische Landesbeauftragte<br />

für die Belange be-<br />

Matthias Rösch (Mitte)<br />

hinderter Menschen, Ottmar<br />

wird zum 1. Januar<br />

Miles-Paul, lud im Oktober 2012 fünfzig<br />

Vertreterinnen und Vertreter aus<br />

nehmen.<br />

2013 sein Amt auf-<br />

Behindertenverbänden, aus Bewohner-<br />

und Werkstatträten sowie die<br />

kommunalen Behindertenbeauftragten<br />

und -beiräte zu einer zweitägigen<br />

Inklusionstour ein. Aus <strong>Scheuern</strong> folgten<br />

Christa Schienmann, Detlef Kress<br />

und Mark Solomeyer seiner Reise-Einladung,<br />

um sich selbst ein Bild über die Höhen bewegen ist nicht<br />

Sich in schwindeligen<br />

Fortschritte der Inklusion im Land zu was für jedermann, aber<br />

machen. Gemeinsam suchten sie Projekte<br />

auf, die beispielhaften Charakter Fischbach auch für Roll-<br />

im Naturerlebniszentrum<br />

für ein selbstbestimmtes Leben von stuhlfahrer möglich.<br />

Menschen mit Behinderung haben<br />

und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen.<br />

Die Gruppe startete in Mainz mit barrierefreien<br />

Reisebussen, um sich zunächst<br />

über eine inklusive Schule zu in-<br />

kräftig in die Pedale, dann<br />

Markt Solomeyer tritt<br />

formieren. Bei der zweiten Etappe in<br />

setzt sich die Draisine in<br />

Kaiserslautern standen die integrativen<br />

Bewegung, auf der auch<br />

Arbeitsplätze der Landesgartenschau<br />

Rollstuhlfahrer Platz nehmen<br />

können.<br />

auf dem Programm. Hier gab Ottmar<br />

Miles-Paul der Delegation auch seinen<br />

Rücktritt als Landesbehindertenbeauftragter<br />

zum Jahresende bekannt<br />

und stellte seinen Nachfolger Matthias<br />

Rüsch vor.<br />

Im Pfälzer Wald stand die Besichtigung<br />

eines Biosphärenhauses auf dem Das Eingangsschild<br />

Programm. Wer wollte, konnte im vom Schammat-<br />

Fischbacher Naturerlebniszentrum auf Dorf. Lebendige<br />

einem bis zu 35 Meter hohen barrierefreien<br />

Baumwipfelpfad spazieren ge-<br />

Vielfalt künstlerisch<br />

dargestellt.<br />

hen und Wissenswertes über das Leben<br />

Teilnehmer am Morgen des zweiten hende zusammen. Integration und<br />

in den Baumkronen erfahren. Tages. Ein Sektempfang mit Live-Musik Kommunikation sind wichtige Be-<br />

Übernachtet wurde in der Bildungs- und Fahrrad-Draisinenfahrt von Bedesbach<br />

standteile des gemeinsamen Lebens.<br />

und Freizeitstätte Heilsbach in Schönau,<br />

bis Altenglan wurde für sie zu ei-<br />

Ziel ist es, die Lebensqualität eines<br />

die mit ihren kompfortablen, behindertengerechten<br />

nem eindrucksvollen Erlebnis.<br />

jeden einzelnen zu verbessern und<br />

Zimmern begeis-<br />

Die letzte Station der Reise war das persönliche Fähigkeiten zu fördern.<br />

terte. Eine Überraschung erwartete die Schammat-Dorf in der Südstadt von Durch Nachbarschaftshilfe, gemeinsame<br />

Trier, wo die Gruppe auch in eine Wohnung<br />

Feste und Aktivitäten kann der All-<br />

hineinschaue durfte. In diesem tag leichter bewältigt werden und niemand<br />

gemeinschaftlichen Wohnprojekt leben<br />

wird ausgegrenzt. Seit 1979<br />

in sogenannten Wohnhöfen junge<br />

wurden bis heute 144 Wohnungen ge-<br />

und ältere Menschen, Menschen baut, davon sind 44 barrierefrei. Die<br />

mit und ohne Beeinträchtigungen, Familien<br />

gesamte Anlage ist barrierefrei und mit<br />

mit Kindern oder Alleinerzie-<br />

Rollstühlen befahrbar. Ein SAT.1-Fern-<br />

sehteam filmte die gesamte Tour. Der<br />

Christa Schienmann und Lena Engelke<br />

mit der SAT.1-Redakteurin im Gespräch.<br />

Beitrag wurde noch am gleichen<br />

Abend ausgestrahlt.<br />

Flashmob<br />

Unbekannte Menschen trafen sich in der Mainzer Innenstadt, um in einer Kreativaktion ihre<br />

Vorstellungen von einer inklusiven Gesellschaft darzustellen.<br />

von Beate Kretschmann<br />

Zu der Veranstaltung im September<br />

hatte Ministerin Malu Dreyer<br />

eingeladen. Unter den Teilnehmern<br />

waren auch Bewohner aus<br />

der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong>, die spontan<br />

nach Mainz reisten. Sie nutzten die Gelegenheit,<br />

ihre Vorstellungen vom Leben<br />

in einer inklusiven Gesellschaft in<br />

der Öffentlichkeit kund zu tun. Zum<br />

Flashmob kamen auch viele Kinder, die<br />

Ideen zum barrierefreien Leben zeichneten.<br />

Ziel der Aktion war es, die Menschen<br />

zu sensibilisieren, damit es stärker zu<br />

Sozialministerin Malu Dreyer unterstützt die Anliegen von Menschen mit Behinderung,<br />

die ihren Forderungen einer inklusiven Gesellschaft Ausdruck verliehen. schaft kommt. Malu Dreyer wertete die<br />

einer Haltungsänderung in der Gesell-<br />

Foto: Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Rheinland-Pfalz<br />

Aktion als ein „kraftvolles Signal“.<br />

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17


CAP-Markt eröffnet<br />

Hillscheider freuen sich auf das Einkaufen im Ort.<br />

von Beate Kretschmann<br />

Für ihre kleinen Kunden<br />

oder für Menschem mit<br />

Handicaps kommt die<br />

Bäckersfrau Kristina Sand<br />

auch gerne vor die Theke.<br />

Der CAP-Markt ist<br />

hell und einladend.<br />

Der CAP-Markt in Hillscheid ist<br />

ein echter Segen. Zwei Jahre<br />

waren die Hillscheider Bürger<br />

ohne Einkaufsmöglichkeit. Jetzt können<br />

sie im Ort wieder alles besorgen,<br />

was sie zum Leben brauchen. Der CAP-<br />

Markt ist ein bemerkenswertes Pilotprojekt<br />

im Westerwald. Hier wurden<br />

Arbeitsplätze für Menschen mit und<br />

ohne Behinderung geschaffen. Ein<br />

zehnköpfiges Team führt gemeinsam<br />

den Markt. Seit ein paar Monaten<br />

kümmern sie sich erfolgreich um die<br />

Nahversorgung der Hillscheider. Sonja<br />

Kreuzberger ist eine von ihnen. Zu Beginn<br />

ihrer Beschäftigung fuhr die gelernte<br />

Bürokauffrau mehr als eineinhalb<br />

Stunden zur Arbeit. Mittlerweile<br />

lebt sie in Hillscheid. Ihre Kollegen<br />

kommen ebenfalls alle aus der unmittelbaren<br />

Umgebung.<br />

Die Einweihung des lang ersehnten<br />

Marktes fand im Rahmen einer Feierstunde<br />

am 15. August 2012 statt. Zahlreiche<br />

Dorfbewohner, aber auch Vertreter<br />

aus Politik, Wirtschaft, Sozialverbänden<br />

und Vereinen kamen, um den<br />

CAP-Markt in Augenschein zu nehmen.<br />

Dieser Integrationsbetrieb wird in Trägerschaft<br />

der Inklusa gGmbH, einer gemeinnützigen<br />

Tochtergesellschaft der<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong>, geführt.<br />

„CAP steht für ,Handicap‘. In diesem<br />

Markt ist alles auf die Bedürfnisse beeinträchtigter,<br />

älterer oder behinderter<br />

Menschen abgestimmt“, so Jörg Röder,<br />

einer der beiden der Geschäftsführer<br />

der Inklusa gGmbH.<br />

Ein einfaches Beschilderungssystem<br />

leitet die Kunden. Alle Waren sind in<br />

niedrigen Regalen barrierefrei erreichbar,<br />

die Gänge sind breit und selbst für<br />

Rollstuhlfahrer gut zu befahren. Wem<br />

der Einkauf schwer fällt, der kann Serviceleistungen<br />

nutzen. Sich zum Beispiel<br />

während des Einkaufs begleiten,<br />

die Waren einpacken und zum Auto<br />

bringen lassen. Es gibt auch einen Lieferdienst,<br />

der alles nach vorangegangener<br />

telefonischer Bestellung nach<br />

Hause bringt. Das Team rund um<br />

Marktleiter Oliver Zils und seine Stellvertreterin<br />

Katja Steinhäuser ist sehr<br />

kundenorientiert. Alle arbeiten Hand<br />

in Hand, damit die Kunden zufrieden<br />

sind. So halten sie für die Einkäufer<br />

eine breite Produktpalette vor, deren<br />

Qualität für sich spricht und in einem<br />

guten Preis-Leistungsverhältnis steht.<br />

Schließlich möchten alle, dass der<br />

Markt weiterempfohlen und dort dauerhaft<br />

rege eingekauft wird. Dieser Service<br />

trägt für viele Bürger zur Verbesserung<br />

ihrer Lebensqualität bei.<br />

Stunde der Einweihung: Die Mitarbeiter<br />

des CAP-Marktes zusammen mit Vertretern<br />

der der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> und der<br />

Kommunalpolitik.<br />

Arthur Breiden, Ortsbürgermeister,<br />

und Thilo Becker, Bürgermeister der<br />

Verbandsgemeinde Höhr-Grenzhausen,<br />

haben alle Hebel in Bewegung gesetzt,<br />

damit der Markt kommt. Damit<br />

traf die <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> auf gute<br />

Partner im Westerwald, die sie bei der<br />

Umsetzung des Projektes tatkräftig unterstützt<br />

haben. Zusammen mit dem<br />

Sozialministerium des Landes Rheinland-Pfalz<br />

und der Aktion Mensch ist es<br />

gelungen, Arbeitsplätze für Menschen<br />

mit Behinderung zu schaffen und ein<br />

Geschäft nach Hillscheid zu holen.<br />

Da wundert die Freude der Dorfgemeinschaft<br />

und der Bürgermeister<br />

Breiden und Becker keinen. Nicht alle<br />

können oder wollen zum Einkauf auf<br />

die „grüne Wiese“ fahren. Schließlich<br />

ist es gelungen, Vorteile unter dem<br />

Dach des CAP-Marktes zu vereinen, Ar-<br />

Kürbisköpfe<br />

Herbst-Malaktion für Kindergartenkinder im Hillscheider CAP-Markt<br />

beitsplätze zu schaffen und einer infrastrukturellen<br />

Verödung des Ortskernes<br />

entgegen zu wirken.<br />

Ein weiterer Pluspunkt ist der Backshop<br />

der Bäckerei und Konditorei Conrad<br />

aus Höhr-Grenzhausen, die im Eingangsbereich<br />

des Marktes eine Filiale<br />

eröffnet hat. Die Inhaber Kristina und<br />

Christian Sand haben auch ein kleines<br />

Cafe eingerichtet, welches die Kunden<br />

schon gleich am ersten Tag begeistervon<br />

Beate Kretschmann<br />

Treffpunkt Obstabteilung: Nicht nur<br />

Senioren verbinden ihren Einkauf mit<br />

einem Gespräch. Damit wird der CAP-<br />

Markt als Lebensmittelpunkt seinem<br />

Ziel gerecht.<br />

te. Hier können sich Einkaufsmüde bei<br />

einer Tasse Kaffee und einem Snack<br />

stärken. Auch die bequemen Sitzgelegenheiten<br />

im Außenbereich laden zum<br />

Verweilen ein.<br />

Die Inklusa-Geschäftsführer Jörg Geenen<br />

und Jörg Röder sind mit der Entwicklung<br />

des CAP-Marktes und dem<br />

Umsatz sichtlich zufrieden, denn der<br />

muss schließlich auch stimmen. „Integrationsbetriebe<br />

funktionieren generell<br />

nicht über den Mitleidseffekt“, so<br />

Röder. Im Durchschnitt kommen 450<br />

Menschen täglich zum Einkauf. „Zahlen,<br />

die uns ermutigen“, führt Geenen<br />

weiter aus. „Der Markt wird gut angenommen.<br />

Obst und Gemüse sind der<br />

Renner, Getränke auch. Die Nachfrage<br />

nach Fleisch- und Wurstwaren ist ebenfalls<br />

groß, da müssen wir unser Sortiment<br />

noch erweitern.“ Gute Anzeichen<br />

für eine erfolgreiche Zukunft. <br />

„Kürbis, Kürbis“ riefen die Kinder als die Kiste mit den<br />

großen Kürbissen heranrollte. Die katholische Kindertagesstätte<br />

aus Hillscheid folgte spontan mit acht Kindern<br />

der Einladung des Marktleiters Oliver Zils. Die<br />

Vorschulkinder freuten sich auf die Malaktion, die mitten<br />

im Markt stattfand. „Ich mal eine Kürbisfrau“, so<br />

oder so ähnlich waren die Kommentare der Kinder zu<br />

hören, als jedes seinen Kürbis eifrig bemalte.<br />

Zum Abschluss der Aktion präsentierten die Kinder<br />

draußen vor dem Markt ihre Kürbisgesichter: Freundlich<br />

lachend oder gruselig schön.<br />

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Manege frei! Circus ZappZarap in <strong>Scheuern</strong><br />

Mitarbeiterkinder entdeckten ihre Talente<br />

in einem Ferienprojekt und wurden zu Stars.<br />

Drahtseilakt. Die<br />

kleinen Besucher<br />

vom örtlichen<br />

Kindergarten<br />

fiebern mit.<br />

von Beate Kretschmann<br />

Brandgefährlich<br />

Der pädagogische Circus Zapp-<br />

Zarap bescherte im Sommer<br />

sechzig Mitarbeiterkindern der<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> eine unvergessliche<br />

Ferienfreizeit. Auch ihre Betreuer, die sie<br />

die ganze Woche über in den Workshops<br />

begleiteten, tauchten in die spannende<br />

Zirkuswelt ein. Alle waren binnen<br />

kürzester Zeit Feuer und Flamme.<br />

„Kannst Du nicht, war gestern!“ Mit<br />

dieser Philosophie beflügelten die<br />

ZappZarap-Zirkusprofis Ruth, Sonja,<br />

Milena und Christina die Kinder. Sie haben<br />

ihnen beigebracht, dass Teamgeist<br />

zählt und es keine Rolle spielt, ob der<br />

eine mehr Körperbeherrschung hat als<br />

der andere.<br />

Die Leiterakrobaten studierten<br />

auf der grünen Wiese ihre<br />

Nummer ein. Bei der Aufführung<br />

kletterten zwölf Kinder<br />

wie die Piraten in der Takelage<br />

zur bekannten Filmmusik aus<br />

„Fluch der Karibik“.<br />

Bevor es aber los ging wurde sonntags<br />

das große Zelt auf der Festwiese<br />

aufgebaut. Dieses war Dreh- und Angelpunkt<br />

aller Aktivitäten. Über dreißig<br />

Leute ackerten viele Stunden bis das<br />

Zelt stand. Zu Beginn der Ferienwoche<br />

erhielten die Kinder einen ersten Vorgeschmack<br />

auf das, was sie erwarten<br />

würde. Die Betreuer führten eine eigene<br />

kleine Show auf und zeigten, was<br />

sie im Rahmen ihrer Fortbildung einen<br />

Monat zuvor gelernt hatten.<br />

Volle Konzentration: Auf<br />

rollendem Untergrund ist<br />

Balancehalten schwierig,<br />

umso mehr staunte das<br />

Publikum über die kinderleichte<br />

Darbietung.<br />

Mit dem Ziel der großen Show vor<br />

Augen übten die Kinder vier Tage lang<br />

hoch konzentriert. Immer wieder probten<br />

sie auch in der Manege. Die Kinder<br />

haben die Herausforderungen mit Bravour<br />

gelöst und ihre eigene, phantasievolle<br />

Zirkusnummer auf die Beine gestellt.<br />

Sie lernten den Bau von Menschenpyramiden,<br />

Leiterakrobatik, den<br />

Balanceakt auf dem Seil, das Laufen<br />

auf der großen Kugel, das Schwingen<br />

auf dem Trapez oder mit den brennenden<br />

Fackelstangen, das Zaubern mit<br />

Schwertern, das Jonglieren von Reifen<br />

und das Publikum durch Clownerie<br />

zum Lachen zu bringen. Jeden Tag<br />

stellten die Kinder ihr Erlerntes in kleinen<br />

Manege-Kostproben vor, mit denen<br />

sie schon Bewohner oder Gäste<br />

aus der Nachbarschaft begeisterten.<br />

Dann war der große Tag da. Das Zelt<br />

war rappelvoll. Aufgeregt warteten die<br />

Kinder auf ihren zweistündigen Auftritt.<br />

Sie trugen schmucke Kostüme.<br />

Musik ertönte aus den Lautsprechern,<br />

der Vorhang ging auf. Die Spots waren<br />

auf die Kinder gerichtet und sie haben<br />

alles geben, damit die Aufführung den<br />

Zuschauern gefiel. Diese bewunderten<br />

die jungen Stars und staunten, was sie<br />

innerhalb einer Woche gelernt hatten.<br />

Es wurde geknipst und gefilmt, was das<br />

Zeug hielt. Zum Abschluss der Vorstellung<br />

versammelten sich alle Akrobaten,<br />

Trapezartisten, Zauberkünstler, Fakire,<br />

Feuerkünstler, Jongleure, Clowns<br />

und Seiltänzer in der Manege. Ein wunderschöner<br />

Anblick, den alle nicht so<br />

schnell vergessen werden. Mit tosendem<br />

Applaus bedankte sich das Publikum<br />

für eine faszinierende Show und<br />

die Kinder hoffen auf eine Wiederholung<br />

des Zirkusprojektes. <br />

Mit großem<br />

Beifall bedankte<br />

sich das Publikum<br />

bei den Kindern für<br />

die abwechslungsreiche<br />

Vorstellung.<br />

die heiße Nummer<br />

mit den Fackelstangen!<br />

Mit der perfekten<br />

Show zogen die<br />

Kinder alle in ihren<br />

Bann. Höchste Disziplin<br />

und Beachtung aller Sicherheitsvorkehrungen<br />

war für die Kinder<br />

selbstverständlich.<br />

Aktuell<br />

Wissenswertes zum<br />

Familienbudget<br />

Dieses Ferienprojekt wurde aus dem<br />

Familienbudget der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong><br />

bezahlt. Das Familienbudget ist<br />

eine soziale Mehrleistung des Arbeitgebers,<br />

mit der die Vereinbarkeit von<br />

Familie und Beruf unterstützt wird.<br />

Die Grundlage für das Familienbudget<br />

findet sich in der kirchlich-diakonischen<br />

Arbeitsvertragsordnung.<br />

Dort greift eine Regelung seit Januar<br />

2008 mit der anteilig vom Arbeitgeber<br />

familienfördernde Maßnahmen<br />

finanziert werden.<br />

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2012 | Ausgabe 23<br />

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Tierische Therapeuten<br />

Ganzheitliche Reittherapie<br />

für Menschen mit<br />

Mehrfachbehinderung<br />

Nach der Therapie<br />

strahlt Susanne Heiss<br />

wie die Herbstsonne<br />

und genießt die herrliche<br />

Natur in Begleitung<br />

von Irina Engelhardt,<br />

Carolin Obel<br />

und Pony Flocke.<br />

Auf der anderen Seite der Reithalle<br />

lässt sich Marion an Maikes Hand zu<br />

Sörli führen. „Bei Marion geht es weniger<br />

um die Sinneserfahrungen im klassischen<br />

Sinn. Streicheln ist nicht so ihr<br />

Ding“, erklärt Maike als Marion sich ärgerlich<br />

in den Sand der Reithalle fallen<br />

lässt. „Marion will Action.“ Dennoch<br />

brauchen Pferd und Reiter die Begrüßung.<br />

Rasch helfen Ute und Ruby Marion<br />

danach aufs Pferd. Marion wird<br />

von Runde zu Runde ruhiger, orientiert<br />

sich an den Pferdebewegungen, rich-<br />

Hund Jack gibt Tom Schaab<br />

von Manuela Nörtershäuser<br />

und Beate Kretschmann<br />

Tiergestützte Therapie ist eine<br />

echte Bereicherung für Claudia<br />

Brehl, Marion Theis, Susanne<br />

Heiss und Tom Schaab. Sie alle fahren<br />

regelmäßig nach Dachsenhausen auf<br />

den Hof Dachsborn zu Reittherapeutin<br />

Ute Detemple. Das Zusammenspiel<br />

zwischen Mensch und Tier verändert<br />

ihr Verhalten.<br />

Claudia Brehl und Marion Theis sitzen<br />

im Auto. Claudia freut sich. „Tiere<br />

hat Claudia sehr gern“, erklärt Ruby<br />

Korn-Lenz, Claudias Bezugsbetreuerin.<br />

Marion dagegen ist nicht ganz so gut<br />

drauf, schon auf dem Weg zum Auto<br />

hat sie sich einfach hingesetzt, als ihr<br />

etwas missfiel. Trotz der zu Beginn entgegengesetzten<br />

Reaktionen wissen die<br />

beiden, dass es ihr Tag ist. Auf dem Hof<br />

Dachsborn werden sie gleich eine Reitstunde<br />

der besonderen Art genießen.<br />

Claudia Brehl und Marion Theis sind<br />

beide blind und können nicht sprechen.<br />

Während Tom Schaab und Marion<br />

Theis laufen können, sind Claudia<br />

Brehl und Susanne Heiss auf den Roll-<br />

zu verstehen, dass er für ihn<br />

da ist. Das Ballspiel hat beruhigende<br />

Wirkung.<br />

Claudia Brehl genießt es,<br />

sich an den warmen Ponykörper<br />

zu schmiegen.<br />

stuhl angewiesen. Umgekehrt kann<br />

Claudia das Geschehen um sie herum<br />

sehr gut hören, während Marion taub<br />

ist. „Claudia ergreift sich die Welt, sie<br />

will alles fühlen“, sagt ihre Bezugsbetreuerin<br />

Ruby Korn-Lenz. „Marion liebt<br />

alles, was ihren gesamten Körper bewegt,<br />

Auto fahren, schaukeln und<br />

eben auch reiten“, erklärt Maike Kuhn,<br />

Marion Theis‘ Betreuerin.<br />

Moto-Trainerin und Reittherapeutin<br />

Ute Detemple löst auf, worum es geht.<br />

„Reiten ist mehr als nur auf dem Pferd<br />

sitzen. Es geht darum, mit dem Tier<br />

eine Einheit zu bilden. Dazu müssen<br />

sich Mensch und Tier aufeinander einlassen.<br />

Eine Erfahrung, die auch Menschen<br />

mit eingeschränkter Wahrnehmung<br />

und Mobilität gut machen können.“<br />

Neben diesem ganzheitlichen<br />

Ansatz, haben das Reiten und die Vorstufen<br />

dazu aber auch einen physiotherapeutischen<br />

Nutzen für Menschen<br />

mit Mobilitätseinschränkung: Lageveränderung.<br />

Durch den schwankenden<br />

Gang des Pferdes muss die Oberkörpermuskulatur<br />

des Reiters ständig ausgleichen.<br />

Das schult das Gleichgewicht<br />

und Muskeln. Das Aufrichten des Oberkörpers<br />

wird trainiert. Zweitens überträgt<br />

sich die Pferdebewegung auf das<br />

menschliche Becken und so können<br />

auch Menschen, die nicht gehen können,<br />

eine Vorstellung davon bekommen,<br />

wie sich Gehen anfühlt. „Drittens“,<br />

ergänzt Ute Detemple, „reguliert<br />

sich die Muskelspannung im ganzen<br />

Körper. Beispielsweise wirkt Reiten auf<br />

Menschen mit Spasmen entspannend,<br />

während der Muskeltonus derer er-<br />

höht wird, die zu wenig davon haben.“<br />

Auf Marion übertragen bedeutet es,<br />

dass sie die schlechte Laune vergisst,<br />

die bei ihr auch Verspannungen auslöst.<br />

„Claudia richtet sich auf, stärkt ihren<br />

Rücken, nutzt Muskeln, die sonst zu<br />

kurz kommen.“ Somit greift Detemple<br />

einen Ansatz auf, der in Claudias Therapieplan<br />

enthalten ist: entlastende Lageveränderungen.<br />

Ute Detemple begleitet ihre Klienten<br />

zu den Pferden Sörli, Grisu und Flocke.<br />

Claudia und Susanne schnuppern Reithallenluft.<br />

Der Kontakt mit Flocke tut<br />

Susanne Heiss gut. Das Fell streicheln,<br />

das Schnauben der Tiere hören – solche<br />

Sinneseindrücke bereichern Susannes<br />

Alltag und fördern ihr Wohlbefinden.<br />

Ähnlich geht es Claudia, sie macht<br />

ihre ansonsten geschlossenen Augen<br />

auf, will alles in sich aufnehmen. Dann<br />

hilft Ruby Claudia beim Begrüßungsstreicheln.<br />

Grisu steht ganz still, bläst<br />

seinen Atem in Claudias Hand, nimmt<br />

vorsichtig die angebotenen Leckerlis<br />

und Claudia genießt es, wenn sie sein<br />

feuchtes Maul und seinen Atem spürt.<br />

Sie nimmt den Kopf hoch, richtet sich<br />

auf. Ein gutes Zeichen. „Das tut sie im<br />

Volle Konzentration<br />

auf das Pferd. Tom ist<br />

einhundert Prozent<br />

bei der Sache.<br />

Alltag selten. Es geht ihr jetzt richtig<br />

gut und sie will alle Eindrücke mitnehmen“,<br />

erklärt Ruby.<br />

Ruby und Ute helfen Claudia aus<br />

dem Rollstuhl. Grisu bleibt ruhig stehen,<br />

auch als Claudia sich gegen ihn<br />

lehnt, sich auf seinen Rücken hängt<br />

und mit der Hand erst nach der Mähne,<br />

dann zum Schweif tastet. Claudia<br />

entspannt auf dem Pferderücken, ihre<br />

Mimik ist gelöst, sie lächelt. „Zu einem<br />

späteren Zeitpunkt wollen wir Claudia<br />

auch das Reiten anbieten. Aber zurzeit<br />

ist Claudia noch ganz damit beschäftigt,<br />

das Pferd kennenzulernen.“ Als<br />

Claudia später in den Rollstuhl zurückkehrt,<br />

ist sie müde von den intensiven<br />

Sinneserfahrungen, aber auch sehr gelöst<br />

und glücklich.<br />

tet sich auf, ihre Gesichtszüge wirken<br />

ausgeglichen. Auch Tom sitzt jetzt im<br />

Sattel. Die rasche aber gleichmäßige<br />

Rhythmik des Trabes ermöglicht Tom<br />

sein bisweilen überaktives Verhalten in<br />

ruhigere Bahnen zu lenken.<br />

Sicher ist die Begegnung mit Pferden<br />

weder für Claudia Brehl, Marion Theis,<br />

Susanne Heiss noch Tom Schaab alles<br />

im Leben. Aber auf lange Sicht trägt die<br />

Reittherapie dazu bei, ihnen ein erfülltes<br />

Leben zu ermöglichen.<br />

Reittherapie<br />

Ute Detemple gibt gerne Auskunft:<br />

T. 06776 763 444 0<br />

www.ute-detemple.de<br />

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Auch Sie können helfen!<br />

Damit Menschen glücklich werden<br />

von Manuela Nörtershäuser<br />

Thomas Schwärzel ist ein lebensfroher junger<br />

Mann. Er wohnt im denkmalgeschützten<br />

Alten Haus in <strong>Scheuern</strong> und arbeitet<br />

in den Werkstätten der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong>. Auf<br />

den ersten Blick scheint Thomas Schwärzel alles<br />

zu haben, was er braucht.<br />

Was er sich am meisten wünscht, sind die eigenen<br />

vier Wände. Gegenwärtig teilt er sich das<br />

Zimmer mit einem anderen jungen Mann, mit<br />

dem er oft nicht gut zurechtkommt. Häufig gibt<br />

es Ärger. Wenn einer von beiden nicht gut drauf<br />

ist, können sie sich nicht aus dem Weg gehen. Die<br />

Lösung ist ein Einzelzimmer. Dann könnte er sich<br />

zurückziehen, alleine sein, wenn es sein Wunsch<br />

ist, die eigene Privatsphäre genießen. Davon<br />

träumt er. Aber selbst das Träumen fällt schwer,<br />

wenn der Zimmernachbar wieder eine unruhige<br />

Nacht hat. Ein Zimmer für sich ist immenser Gewinn<br />

an Lebensqualität für Thomas Schwärzel.<br />

Als zweites hofft er, sich ohne Schwierigkeiten<br />

mit seinem Rollator bewegen zu können. Im Alten<br />

Haus müssen noch an vielen Stellen Hindernisse<br />

abgebaut werden, damit sich Thomas<br />

Schwärzel barrierefrei bewegen kann. Und<br />

wenn er dann das Haus verlässt, wünscht er sich,<br />

auch einmal spontan einen Ausflug machen zu<br />

können. Leider kann er mit einem Rollstuhl, auf<br />

den er bei langen Ausflügen angewiesen ist,<br />

nicht in jedes Auto steigen. Ein behindertengerechtes<br />

Fahrzeug zur spontanen Verfügung, das<br />

würde ihm viele Möglichkeiten eröffnen, von<br />

denen er zurzeit nur träumen kann.<br />

Wie Thomas Schwärzel geht es noch vielen<br />

anderen Menschen am Standort <strong>Scheuern</strong>.<br />

Dringlichste Maßnahmen sind die Umgestaltung<br />

von Bädern unter dem Gesichtspunkt Barrierefreiheit,<br />

der Abbau von Zweibettzimmern<br />

und die Erhaltung der Bausubstanz. Sie können<br />

mit Ihrer Spende helfen, diese Mängel zu beheben.<br />

Das bedeutet für Menschen mit Behinderung<br />

eine Verbesserung ihrer Lebensqualität.<br />

Gleichzeitig können sie weiterhin in den Gemeinschaften<br />

leben, in denen sie sich wohlfühlen<br />

und die ihnen Geborgenheit schenken.<br />

Machen Sie die Wünsche<br />

behinderter Menschen zu<br />

Ihrer Herzenssache<br />

Doch selbst wenn Thomas Schwärzels dringlichste<br />

Wünsche erfüllt würden, hat er noch<br />

weitere Träume. „Wieder Fahrrad fahren kön-<br />

Reinsetzen, losfahren! Freiheit gewinnen mit<br />

behindertengerechten Fahrzeugen.<br />

Auch in der Freizeit möchte niemand auf Mobilität<br />

verzichten. Ein Fahrrad-Projekt kann<br />

zeigen, wie’s funktioniert. Bildung und Entspannung<br />

stehen aber auch hoch im Kurs,<br />

wenn es um die Freizeitgestaltung geht.<br />

nen“, „etwas Neues lernen, um besser arbeiten<br />

zu können“, „mich besser entspannen“ - das<br />

alles steht noch auf seiner Wunschliste. Stellvertretend<br />

für viele Bewohnerinnen und Bewohner<br />

formuliert Thomas Bedürfnisse, wie<br />

den Ausbau von Freizeitangeboten, die Weiterentwicklung<br />

von Bildungsangeboten für alle<br />

Lebensbereiche oder die Erweiterung von Therapieangeboten.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> ist offen für alle Spenden.<br />

Helfen Sie uns mit Ihrer Spende, damit wir<br />

weiterhin Menschen mit Behinderung in <strong>Scheuern</strong><br />

ein Leben bieten können, in dem sie sich<br />

wohlfühlen.<br />

Jemand, der Zeit hat<br />

Doch bei dem Wunsch nach Spenden, geht es<br />

nicht nur um Geld. Vielmehr freuen sich Menschen<br />

mit Behinderung, wenn es andere Menschen<br />

gibt, die gerne Zeit mit ihnen verbringen.<br />

Sei es beim Spazierengehen, beim Spielenachmittag<br />

oder, oder, oder. Gemeinschaft, das Gefühl,<br />

ernst genommen zu werden und geborgen<br />

zu sein, Freundschaften wachsen lassen,<br />

auch das bedeutet einen großen Zuwachs an<br />

Lebensqualität.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> freut sich auch, wenn<br />

Sie Zeit schenken möchten. Es ist immer ein Gewinn,<br />

nicht nur für die Menschen, die in der <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Scheuern</strong> leben, sondern auch ganz bestimmt<br />

auch für diejenigen, die sie schenken. Es<br />

ist nicht die Länge der Zeit, die entscheidend ist,<br />

sondern die Nähe, die zu spüren ist. Ehrenamtliches<br />

Engagement, Zeit und Gemeinschaft zu<br />

schenken, wird bei uns sehr geschätzt. Wir freuen<br />

uns auf Sie!<br />

Sie können helfen!<br />

Jedes Spendenprojekt ist wichtig<br />

Bitte entscheiden Sie selbst, wofür Sie spenden<br />

möchten und geben Sie bitte Ihr Stichwort an:<br />

• Lebensraum<br />

• Bildung<br />

• Freizeit<br />

• Fahrzeug<br />

• Sport<br />

Spenden ohne Stichwort werden dort eingesetzt,<br />

wo Ihre Hilfe am dringendsten benötigt wird.<br />

Spendenkonto <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong><br />

Konto 4 120 540<br />

BLZ 520 604 10<br />

Ev. Kreditgenossenschaft (EKK) Frankfurt<br />

Herzlichen Dank!<br />

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monticellllo - Fotolia.com<br />

von Manuela Nörtershäuser<br />

Den vom Land Rheinland-Pfalz,<br />

der Vernetzungsstelle Kita- und<br />

Schulverpflegung, dem Dienstleistungszentrum<br />

ländlicher Raum initiierten<br />

Tag der Schulverpflegung am<br />

26. September 2012 begleitete auch<br />

die <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong>. Als Caterer für<br />

mehrere Schulen stellte sich die Gastronomie<br />

der <strong>Stiftung</strong> den Schülern im<br />

Schulzentrum Lahnstein vor. Der Tag<br />

stand unter dem Motto „Unser Schulessen<br />

– wir wissen wo’s herkommt!“<br />

Daher hatten Reinhard Müller, Werkstattbereichsleiter<br />

der Gastronomie,<br />

die Realschule und das Marion-Dönhoff-Gymnasium<br />

auch die Zulieferer<br />

eingeladen, damit die Schüler sich über<br />

die Rohstoffe für ihre warme Schulmahlzeit<br />

informieren konnten. Reinhard<br />

Müller zog ein positives Resümee:<br />

„Es sind sehr viele Schüler gekommen<br />

und sie fragen wirklich nach den Produkten<br />

aus denen wir das Mittagessen<br />

kochen, und wollen wissen, wo sie herkommen.“<br />

Außerdem informierte die<br />

Gastronomie auch über die Zubereitung<br />

des Essens selbst, das nach<br />

dem Cook-and-Chill-Verfahren gekocht<br />

wird. Das schont Vitamine und<br />

andere wichtige Inhaltsstoffe.<br />

„Unser Schulessen –<br />

Wir wissen, wo’s herkommt!“<br />

Zum „Tag der Schulverpflegung“ informierte die <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong><br />

in Zusammenarbeit mit dem Schulzentrum Lahnstein über<br />

Zulieferer, Rohstoffe und Garverfahren für das Mittagessen der<br />

Schüler. Die rheinland-pfälzische Umweltministerin Ulrike Höfken<br />

belohnte die Aktion mit einem Preis im Wettbewerb.<br />

Die Schüler aus Lahnstein haben den Preis gewonnen, weil sie „zusammen mit<br />

der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> ganz intensiv den Weg der Lebensmittel vom Acker bis<br />

zum Teller zurückverfolgt haben“, sagte Ministerin Höfken. Das umfassende Engagement<br />

am Schulzentrum rund um das Thema Ernährung sei „wirklich beeindruckend“,<br />

so Höfken weiter. <br />

Foto: C. Schäfer, Umweltministerium<br />

Noch ein Lerneffekt stellte sich bei<br />

den Schülern ein. Sie staunten nicht<br />

schlecht, als sie erfuhren, dass ihr Essen<br />

aus einer Einrichtung der Behindertenhilfe<br />

kommt und von einem Team zubereitet<br />

wird, in dem Menschen mit<br />

und ohne Behinderung zusammen arbeiten.<br />

Obwohl der Aktionstag vor allem für<br />

die Ganztagsschüler gedacht war, kamen<br />

im Schulzentrum in Lahnstein alle<br />

Schüler neugierig vorbei. „Das passt<br />

zu unseren Erfahrungen“, meint Hans-<br />

Georg Meier, stellvertretender Schulleiter<br />

des Gymnasiums. „Wir haben immer<br />

mehr Schüler, die hier mittags essen<br />

möchten.“ Lukas Dillenberger, der<br />

Schülersprecher des Gymnasiums, nickt<br />

zustimmend: „Es schmeckt einfach gut.<br />

Wir schätzen die Auswahl unter drei<br />

Lernen mit allen Sinnen: mit Kostproben und Nachfragen machen sich die Schüler<br />

des Schulzentrums Lahnstein am Tag der Schulverpflegung schlau über die Produkte<br />

aus denen die Gastronomie der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> ihre Mittagsmahlzeit zubereitet.<br />

Gerichten sehr!“ Der Leiter der Orientierungsstufe<br />

der Realschule Marcel Spitzkohl mit einer Kohlrabi verwech-<br />

nicht wissen. Da wird schon mal ein<br />

Schwarz findet den Aktions- und Informationstag<br />

gut: „Es schafft Identifizie-<br />

dem entgegenzuwirken ist Lehrerin<br />

selt oder Weißkraut mit Kopfsalat.“ Um<br />

rung mit dem Essen.“<br />

Kohlhaas mit ihrer Ganztagsklasse hierhingekommen<br />

und macht sich schlau.<br />

Auch Realschulrektor Norbert Hißnauer<br />

freut sich über das Engagement Interessiert bei der Sache sind auch die<br />

der <strong>Stiftung</strong> und der Zulieferer, die alle Fünftklässler am Infostand der Molkereiprodukte.<br />

Sie wollen wissen, wie die<br />

Kostproben für die Schüler mitgebracht<br />

haben: „Die Schüler können sich Milch in die Tüte kommt.<br />

von der Qualität der Rohstoffe überzeugen<br />

und sie lernen, dass Gutes aus tungszentrum ländlicher Raum die Ak-<br />

Bärbel Euler, die für das Dienstleis-<br />

der Nähe kommt. Man muss nicht weit tion mit organisierte und regulär als Ernährungsberaterin<br />

für die Schulen tätig<br />

weg gehen.“ Das Schulessen wird aus<br />

Erzeugnissen zubereitet, die alle aus ist, ergänzt, dass der Tag der Schulverpflegung<br />

einen doppelten Sinn hat.<br />

der Region kommen: Kartoffeln aus<br />

dem Maifeld in der Eifel, Milchprodukte<br />

von Bauern aus dem Taunus, Fleisch- was über die Qualität von Nahrungsmit-<br />

„Die Schüler lernen dabei nicht nur et-<br />

und Wurstwaren aus dem Siegerland teln aus der Region und über gesunde<br />

oder vom Taunus, Früchte und Gemüse<br />

aus der Rheinebene und Backwaren sie mit ihrer Schule einen Preis gewin-<br />

Ernährung, sondern am Ende können<br />

vom Westerwald.<br />

nen.“ Folglich nutzten Lehrer und Schüler<br />

das kulinarische Angebot auch päd-<br />

„Es gibt vieles, was die Schüler über<br />

das, was sie täglich zu sich nehmen, agogisch. Mit Stift, Heft und Arbeitsauftrag<br />

sollten sich vor allem die Klassen 5<br />

bis 7 über die Zulieferer und ihre Produkte<br />

informieren. Im Unterricht wurden<br />

die Ergebnisse des Tags der Schulverpflegung<br />

noch vertieft. Zusammen<br />

mit den Schülern erstellte Orientierungsstufenleiter<br />

Marcel Schwarz eine<br />

Dokumentation, die sie als Beitrag zum<br />

Wettbewerb einreichten. 38 weitere<br />

Schulen hatten sich ebenfalls um den<br />

landesweiten Preis beworben. Gelohnt<br />

hat sich die Mühe und der Informationstag<br />

zum Schulessen allemal, die Jugendlichen<br />

haben viel gelernt, aber das Sahnehäubchen<br />

war die Preisverleihung:<br />

Mit ihrer Aufarbeitung und Darstellung,<br />

sowie dem Nachweis der Nachhaltigkeit<br />

des Gesamtprojekts Schulessen im<br />

Schulzentrum Lahnstein haben Realschule<br />

und Gymnasium den ersten Preis<br />

in der Kategorie „weiterführende Schulen“<br />

gewonnen. Am 22. November<br />

2012 übergab Ministerin Ulrike Höfken<br />

vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft,<br />

Ernährung, Weinbau und Forsten<br />

auf dem Erlebnishof Arche in Naunheim<br />

den Preis.<br />

Info<br />

Die <strong>Stiftung</strong> stellt für die Kinder einen<br />

eigenen Speiseplan zusammen und<br />

arbeitet eng mit Zulieferern aus der<br />

Region zusammen. Sie kocht nach<br />

den speziellen Richtlinien für Schulverpflegung<br />

gemäß der Deutschen<br />

Gesellschaft für Ernährung. So kommt<br />

viel Gemüse, Salat und Obst auf den<br />

Tisch der Kinder. Zum vollwertigen<br />

Mittagsmenu gehört auch ein Dessert.<br />

Zum Essen wird immer Mineralwasser<br />

gereicht.<br />

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„Zeig du mir mal, was du so machst!“<br />

Ein ganz besonderer Wandertag der Klasse 3a<br />

derte Menschen mit ganzheitlichen und speziellen<br />

heilpädagogischen Anleitungen durchaus<br />

in der Lage sind, produktive und anspruchsvolle<br />

Arbeitsprozesse genau und exakt durchzuführen.<br />

Die Kinder beobachteten, wie zum Beispiel<br />

Schalter vom Grundaufbau her in mehreren Arbeitsabläufen<br />

zusammengesetzt, bis hin zum<br />

Endfunktionstest bearbeitet und komplett verpackt<br />

werden.<br />

Die Werkstattbeschäftigten erklärten den Kindern<br />

fachkundig die jeweiligen Arbeitsschritte,<br />

die im Rahmen der Gesamtfertigung erforderlich<br />

sind. Gerne räumten sie für die Kinder den<br />

eigenen Arbeitsplatz.<br />

Da blieb keiner der „kleinen Besucher“ auf seinem<br />

Platz stehen. Jeder wollte einmal auspro-<br />

den. Die freundliche und nette Mannschaft der<br />

„Holzwürmer“ und Schreiner zogen die Kinder<br />

ganz auf ihre Seite, als sich jedes Kind zum<br />

Schluss noch ein „hölzernes Erinnerungsstück“<br />

in Form eines kleinen Vogels mitnehmen durfte.<br />

Den Abschluss des Besuchs bildete die Besichtigung<br />

der Kreativwerkstatt und hier speziell die<br />

„Tonwerkstatt “ mit ihren tollen Vasen, Krügen<br />

und Figuren. Selbst die Begleiter waren neugierig,<br />

wie solche Handwerkskunst aus Ton entsteht.<br />

Wir wurden nicht enttäuscht und die Leiterin<br />

des Arbeitsbereichs zeigte uns, wie aus einem<br />

nassem Klumpen Ton über Gießformen<br />

eine fertige Vase wird. Die Kinder warfen einen<br />

Blick in den Brennofen und ließen sich erklären,<br />

Die Kinder schauten<br />

den Beschäftigten<br />

interessiert über die<br />

Schulter und fragten<br />

ihnen ein Loch<br />

in den Bauch.<br />

In der Schreinerei<br />

erfuhren die Kinder,<br />

wie vielfältig Holz<br />

eingesetzt wird. Begeistert<br />

waren sie<br />

von den Vogelhäusern.<br />

von Nadja Cristina Schneider<br />

Ein schöner Tag sollte der Besuch der Klasse<br />

3a von der Freiherr-vom-Stein-Schule aus<br />

Nassau in der Werkstatt für behinderte<br />

Menschen im Mühlbachtal werden. Sie nutzten<br />

ihren Wandertag um neue soziale Erfahrungen<br />

zu machen. So wurde der Tag für sie zu einem<br />

vollen Erfolg.<br />

Die Drittklässler gingen mit vielen Eindrücken<br />

wieder nach Hause, denn sie haben praktische Erfahrungen<br />

am Arbeitsplatz behinderter Menschen<br />

gemacht. Diese Erlebnisse werden ihnen<br />

zukünftig den Umgang miteinander erleichtern.<br />

Die Kinder haben feststellen können, zu welchen<br />

Leistungen die Menschen fähig sind, dass sie nun<br />

deren „Schaffen“ mit ganz anderen Augen sehen.<br />

Aber von vorne:<br />

Irgendwann kam die Idee auf, für die Kinder<br />

der Klasse 3a einen Wandertag zu planen, der<br />

ihnen soziale Aufgabenfelder vorstellt, die sie<br />

bislang vermutlich kaum kennen gelernt haben.<br />

Aufgrund meiner Tätigkeit als Heilerziehungspflegerin<br />

konnte ich nach einem kurzen Telefonanruf<br />

den Werkstattleiter Jörg Röder für einen<br />

Besuch der Kinder in der Werkstatt gewinnen.<br />

Wir verabredeten Freitag, den 14. September<br />

2012 und traten am Morgen gegen acht Uhr an<br />

diesem herrlichen Spätsommertag von der Schule<br />

in Nassau aus unseren gemeinsamen Fußmarsch<br />

zur Langauer Mühle in <strong>Scheuern</strong> an.<br />

Nach einer freundlichen Begrüßung und einer<br />

Einführung in die Arbeit der Werkstatt für behinderte<br />

Menschen führte uns Jörg Röder durch<br />

die einzelnen Arbeitsgruppen. Bereits in der ersten<br />

Gruppe sahen die Kinder, dass auch behin-<br />

bieren, ob er denn auch den Schalter zusammenbauen,<br />

die genaue Anzahl der Schrauben<br />

abzählen und anschließend alles verpacken<br />

konnte. Hier lernten Grundschüler und Begleiter,<br />

dass man nicht nur eine genaue Anzahl<br />

Schrauben zählen muss, um die Pakete zu füllen,<br />

sondern man auch durch exaktes Wiegen den<br />

Beutel mit genau der benötigten Anzahl der<br />

kleinen Schrauben füllen kann. Jedes Kind<br />

schaute sich die Arbeit genau an. Dabei stellten<br />

sie viele Fragen zu den Abläufen, die ihnen von<br />

den Beschäftigten unermüdlich beantwortet<br />

wurden.<br />

Anschließend ging es in die Schreinerei. Dort<br />

erfuhren die Kinder, welche Gerätschaften aus<br />

Holz – neben den vielen anderen Sachen wie<br />

zum Beispiel Vogelhäuser, Brutnester und Holzgebrauchsgegenstände<br />

– speziell für die Feuerwehrausbildung<br />

in ganz Europa hergestellt wer-<br />

wie die noch unfertigen Tonsachen dort gebrannt<br />

werden.<br />

Nach den vielen neuen Eindrücken und dem<br />

Staunen war die Kehle trocken. Da freuten sich<br />

die Kinder umso mehr über eine Einladung zur<br />

Stärkung. Jörg Röder erwies sich als kompetenter<br />

und geduldiger Werkstatt-Führer, verabschiedete<br />

die Besuchergruppe und wird nach solch einem<br />

interessanten Erlebnis sicherlich nicht zum<br />

letzten Mal die Schüler der Grundschule Nassau<br />

begrüßen dürfen. Abschließend bedankten sich<br />

die Klassenlehrerin Petra Schönrock-Wenzel und<br />

alle Schüler noch mit einem freundlichen „Dankeschön“<br />

und einem lauten Applaus.<br />

An dieser Stelle sei im Namen aller Kinder und<br />

Eltern den Mitarbeiter der Werkstatt nochmals<br />

recht herzlich für eine sehr interessante Führung<br />

gedankt. In einer kurzen Nachlese fanden die<br />

Kinder später: Der Tag war „Spitze“.<br />

Bei der kleinen Einführung<br />

in die Keramik-Handwerkerkunst<br />

staunten die<br />

Grundschüler über<br />

die Farben, die nach<br />

dem Brand anders<br />

aussehen.<br />

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Einblick in den Alltag der Werkstatt<br />

für behinderte Menschen<br />

Weilburger Sozialverband VdK zu Besuch<br />

entwickelt hat. Die Besucher sind beeindruckt,<br />

dass sie in Simone Anders eine kompetente Gesprächspartnerin<br />

gefunden haben, die ihre Fragen<br />

beantwortet.<br />

Nach einer theoretischen Einführung über die<br />

Werkstattarbeit ging es gemeinsam zur Besichtigung<br />

der Arbeitsplätze in ihre Montagegruppe<br />

6. Hier erklärt Simone Anders eindrucksvoll,<br />

wie Aufträge für Wirtschaftsunternehmen ausgeführt<br />

werden.<br />

„Ich bin geschickt in dem Zusammenfügen<br />

kleiner Dinge, weil ich eine sehr gute Feinmotorik<br />

habe. Meine Kollegen können dafür andere<br />

von Beate Kretschmann<br />

Simone Anders (Foto) steht inmitten der Besucherrunde.<br />

Die 27 Ausflügler vom VdK<br />

Oberlahn aus Weilburg sind angereist, um<br />

sich über die Arbeit in Werkstätten für behinderte<br />

Menschen zu informieren. So bleibt heute<br />

Vormittag der Arbeitsplatz von Simone Anders<br />

leer, denn sie hat eine Besucherführung zusammen<br />

mit dem Bildungsbegleiter Willi Bausch-<br />

Weis vom Berufsbildungs- und Integrationsservice<br />

(BIS) übernommen. Simone Anders hat in<br />

diesem Jahr an einer Fortbildung für Werkstattbeschäftigte<br />

mit dem Titel „Ich stelle meine<br />

Werkstatt vor!“ teilgenommen. Sie wurde gezielt<br />

auf die Aufgabe des Führens von Besuchergruppen<br />

vorbereitet. Den Gästen berichtet sie<br />

selbstbewusst und souverän, wie sich aus den<br />

Anfängen einer ehemaligen Kornmühle eine<br />

moderne Werkstatt für behinderte Menschen<br />

Arbeiten gut machen. So arbeiten wir Hand in<br />

Hand und das macht Spaß”, erzählt Anders weiter,<br />

die nun schon seit fünf Jahren in der Montage<br />

und Verpackung tätig ist.<br />

„Bis ich herausgefunden habe, was ich gut<br />

kann, hat mich der Berufsbildungs- und Integrationsservice<br />

begleitet“, ergänzt Simone Anders.<br />

Willi Bausch-Weis, der vor allem für die grünen<br />

Berufe im Berufsbildungs- und Integrationsservice<br />

zuständig ist, erklärte zuvor den Besuchern,<br />

was ein diagnostischer Eingangstest zur Überprüfung<br />

von motorischen Fähigkeiten beinhaltet.<br />

Diese Eingangsdiagnostik ist wichtig, damit<br />

das Bildungsprogramm individuell auf jeden BIS-<br />

Teilnehmer zugeschnitten werden kann.<br />

In Singhofen war Christa Schienmann für einen<br />

weiteren Teil der Besuchergruppe zuständig. Sie<br />

führte die VdK-Mitglieder beispielsweise durch<br />

die Metallwerkstatt und die Wäscherei. In der<br />

Ausgleichsgruppe verfielen die Besucher in einen<br />

regelrechten Kaufrausch. Begeistert deckten<br />

sie sich mit den wunderschönen, selbst hergestellten<br />

Wohnaccessoires oder Dekorationsartikeln<br />

ein. Ein Mittagessen im Casino der <strong>Stiftung</strong><br />

rundete den Ausflug der Weilburger ab.<br />

CDU-Landtagsabgeordneter<br />

Matthias Lammert (vorne links)<br />

zeigte den Teilnehmern der Fortbildung<br />

den Plenarsaal des<br />

rheinland-pfälzischen Landtags.<br />

Dabei konnte jeder auch die<br />

Situation der Redner am Rednerpult<br />

nachempfinden.<br />

von Melanie Willuweit<br />

Im Rahmen des Fortbildungsprogramms<br />

für Werkstattbeschäftigte<br />

2012 gab es das Angebot „Politische<br />

Bildung – Warum gehen wir wählen?“.<br />

Nach einem Vorbereitungstag über<br />

aktuelle politische Themen im Berufsbildungs-<br />

und Integrationsservice äußerten<br />

die sieben Seminarteilnehmer<br />

den Wunsch, sich anzuschauen, „wo<br />

Politik für unser Bundesland gemacht<br />

wird.“<br />

Besuch im Landtag<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Werkstattbeschäftigte nutzen Fortbildungsprogramm<br />

der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> zur politischen Bildung<br />

Der Landtagsabgeordnete der CDU,<br />

Matthias Lammert, hatte eigens dazu<br />

in den Landtag eingeladen. Zusammen<br />

mit Bernd Feix, dem Leiter Arbeit, unter<br />

dessen Federführung die Fortbildungseinheit<br />

stand und mit der Bildungskoordinatorin<br />

Melanie Willuweit reiste die<br />

Gruppe nach Mainz.<br />

Neben Informationen zur Geschichte<br />

des Landtags wurde auch der Alltag<br />

der Abgeordneten vorgestellt. In der<br />

anschließenden Gesprächsrunde nahm<br />

sich Matthias Lammert sehr viel Zeit. Er<br />

erzählte Spannendes aus der Politik,<br />

beantwortete beispielsweise Fragen<br />

zur Eurokrise oder zur Nürburgring-Affäre.<br />

Außerdem war die Lohngestaltung<br />

von Werkstattbeschäftigten ein<br />

Thema.<br />

Nach dem gemeinsamen Mittagessen<br />

mit Lammert rundete ein Besuch<br />

im Sender des Zweiten Deutschen<br />

Fernsehens den eindrucksvollen Tag<br />

ab. Hier erfuhren die Teilnehmer auch<br />

am Beispiel der Heute-Sendung, wie<br />

die Politik ins Fernsehen kommt. <br />

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2012 | Ausgabe 23<br />

31


Das singende springende Löweneckerchen<br />

Die Eurythmiegruppe Falado Mundo war zu Gast in <strong>Scheuern</strong> und tanzte<br />

ein Märchen der Gebrüder Grimm.<br />

Drachenbootregatta auf der Lahn<br />

Die Mannschaft der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> gewann den Preis der Herzen.<br />

Eurythmie bedeutet, dass Bewegung<br />

und Sprache sichtbar werden. Es war<br />

faszinierend zu beobachten, welche<br />

heilsame Wirkung Eurythmie als Medium<br />

auch für kleine und große Menschen<br />

mit und ohne Behinderung hat.<br />

lauschen konnte, sah. Die anmutige<br />

Bewegung der Künstler, der Tanz mit<br />

den bunten, fließenden Gewändern<br />

und Kostümen, dazu die spannende Erzählung<br />

des Sprechers auf der Bühne<br />

und die dramatische Orgelmusik gefiel<br />

allen. Auch die Kindergartenkinder der<br />

benachbarten Einrichtung staunten<br />

sehr. <br />

von Beate Kretschmann<br />

Ein getanztes Märchen sieht man<br />

nicht alle Tage. Die Eurythmie-<br />

Hochschule aus Witten-Annen<br />

führte mit ihrer Abschlussklasse die<br />

Geschichte von dem singenden, springenden<br />

Löweneckerchen, einer Lerche,<br />

auf. Im Märchen wünscht sich die<br />

jüngste Tochter eines Mannes, dass er<br />

ihr diese Lerche als Geschenk von seiner<br />

Reise mitbringe. Als der Vater den<br />

Vogel findet, trifft er auf einen Löwen,<br />

der zunächst für diese Gabe sein Leben<br />

und später das seiner Tochter fordert.<br />

Im Märchen gilt es viele Abenteuer zu<br />

bestehen bis am Ende eine glückliche<br />

Heimkehr gelingt.<br />

Die Aufführung zog alle in ihren<br />

Bann. Waren zu Beginn der Vorstellung<br />

noch viele unruhig, so wurden sie von<br />

Minute zu Minute stiller. Wer nicht sehen<br />

konnte, lauschte und wer nicht<br />

Ein musikalischer Eintopf<br />

Unter dem Motto „Nassau singt und klingt“<br />

fand am 8. September 2012 ein dekanatsübergreifender<br />

Tag der Kirchenmusik statt.<br />

Der Chor der Ev. Kirchengemeinde der <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Scheuern</strong> unter Leitung von Gisela<br />

Schönrock war mit von der Partie und präsentierte<br />

eine Auswahl seines geistlichen<br />

und weltlichen Repertoires beim öffentlichen<br />

Singen auf dem Nassauer Amtsplatz.<br />

Für die auswendig dargebotene, mehrstimmige<br />

Sangesleistung „ohne Netz und<br />

doppelten Boden“ ernteten die Sänger viel<br />

Applaus. Chormitglied Christa Schienmann<br />

erklärte, dass ein „Quodlibet, also ein musikalischer<br />

Eintopf“ folge. Weiterhin animierte<br />

der Chor das Publikum humorvoll<br />

zum Mitmachen mit altbekannten Kettenliedern.<br />

Volle Kraft voraus! Die „Lahnrakete“<br />

der <strong>Stiftung</strong> schießt über das Wasser<br />

und der Paukenschlag hallt im Lahntal.<br />

von Beate Kretschmann<br />

Mehr als 1.000 Gäste kamen<br />

zum Sportfest ans Lahnufer.<br />

Fünfzehn Drachenboote gingen<br />

an den Start. Gepaddelt wurde gegen<br />

die Strömung zwischen der Kaltbachmündung<br />

und Kettenbrücke. In<br />

der „Lahnrakete“ saß die Mannschaft<br />

der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong>. Bewohner, Mitarbeiter<br />

und Angehörige von Mitarbeitern<br />

traten im sportlichen Wettkampf<br />

an. Sie landeten mit der integrativen<br />

Mannschaft auf Platz 9 und gewannen<br />

den Preis der Herzen. Das Drachenbootrennen<br />

wurde vom Nassauer Kanu-Club<br />

zum 5. Mal ausgerichtet. <br />

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33


Das Spukschloss<br />

Die Laienschauspieler vom Funkenflugtheater begeistern das Publikum in<br />

der Nassauer Stadthalle mit ihrem selbst inszenierten Stück der Geisterstunde.<br />

von Beate Kretschmann<br />

Die Geschichte: Eine Gruppe junger Leute<br />

lebt auf der Burg Nassau. Diese soll nun<br />

verkauft werden. Ein windiger Makler,<br />

alias Hans-Georg Klein, preist einem interessierten<br />

Ehepaar, gespielt von Lore Arnold und Mark<br />

Solomeyer, die Burg Nassau als Schloss an.<br />

Doch die jungen Leute wissen sich zu helfen.<br />

Schließlich möchten sie sich nicht vertreiben lassen.<br />

Sie werden die potenziellen Käufer vergraulen.<br />

Wie? Sie kramen eine Truhe mit Spukutensilien<br />

vom Dachboden. Um Mitternacht kommen<br />

die Geister und reißen das Ehepaar aus<br />

dem Schlaf. Am nächsten Morgen eilen die verschreckten<br />

Käufer von dannen und die jungen<br />

Leute können wieder nach Lust und Laune feiern.<br />

Alle Schauspieler vom Funkenflugtheater<br />

spielten so meisterhaft und witzig , dass sie die<br />

kleinen und großen Zuschauer herzhaft zum Lachen<br />

brachten.<br />

In die Herstellung schaurig-schöner Requisiten<br />

investierten sie viele Stunden. Ein Spinnennetz<br />

umwobenes Tor war der Aufgang zum vermeintlichen<br />

Schloss und der Blick auf die übergroße<br />

Uhr machte jedem klar, gleich geht der<br />

Spuk los, der allen ein Happy-End bescherte. <br />

Schatten: kharlamova_lv - Fotolia.com<br />

Auf der Bühne standen viele Geister: Walter Moll, Dieter Österreich, Helga Krause, Anne-Kathrin<br />

Roos und Horst Mischel. Auch gut in ihren Rollen waren neben dem kaufwilligen Ehepaar und dem<br />

Makler: Der Nachrichten-Überbringer Christian Döllken, die spinnenweben-jagende Haushälterin<br />

Monika Heppner, die Burgmaus Fabio Nelde und die Geschichten-Erzählerin Christa Schienmann.<br />

Regie führte Stefanie Legde. Die Gruppe wurde auf der Bühne von Maria Metzger begleitet.<br />

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2012 | Ausgabe 23<br />

35


„Die freundliche Polizistin“ wechselt<br />

nach Ludwigshafen<br />

Betreuerrat<br />

Neuigkeiten aus der Arbeit<br />

Hartmut Staudt, Leiter<br />

der Kriminaldirektion<br />

Ludwigshafen (2. v. l.)<br />

freut sich über das Bild.<br />

Zusammen mit seinem<br />

Team, Solveig Grund,<br />

Klaus Martin und Dieter<br />

Nickol, begrüßt er „Die<br />

freundliche Polizistin“,<br />

die ihm künftig bei der<br />

Arbeit in seinem Büro<br />

über die Schulter<br />

schauen wird.<br />

Foto: Kriminalpolizei Rhein-<br />

Kunst aus <strong>Scheuern</strong> findet im Polizeipräsidium Rheinpfalz Freunde.<br />

von Karlheinz Knöll<br />

Wahl eines neuen Stellvertreters<br />

Anfang November wurde Lothar Werner als<br />

neuer stellvertretender Vorsitzender des Betreuerrates<br />

gewählt. Damit löst er die bisherige<br />

stellvertretende Vorsitzende Dagmar Obarowski<br />

ab. Dr. Elisabeth Schmitt ist als Vorsitzende<br />

weiterhin im Amt.<br />

Schulung für Betreuerinnen und<br />

Betreuer<br />

Für gerichtlich bestellte Betreuer, die noch nie<br />

an einem Grundkurs für Betreuer teilgenommen<br />

haben, bietet der Betreuerrat in Zusammenarbeit<br />

mit dem Betreuungsverein des DRK<br />

Bad Ems und der AWO Rhein-Lahn am 13. April<br />

2013 einen solchen Grundkurs an.<br />

Themen werden sein:<br />

• Einführung in das Betreuungsrecht<br />

• Vermögenssorge<br />

• Haftungsfragen<br />

• Gesundheitssorge und<br />

Aufenthaltsbestimmungsrecht<br />

• kognitive Erkrankungen.<br />

pfalz, Ludwigshafen.<br />

Es wäre zunächst nötig, einen Interessentenkreis<br />

zu finden, um dabei festzulegen, ob wir im<br />

wöchentlichen Rhythmus an fünf Abenden für<br />

jeweils 1,5 Stunden zusammenkommen oder ob<br />

von Beate Kretschmann<br />

Das Bild von Horst Schröter, „Die freundliche<br />

Polizistin“, hat nun seinen Platz in<br />

der Kriminaldirektion in Ludwigshafen<br />

gefunden.<br />

Ein Jahr lang musste Kriminaldirektor Hartmut<br />

Staudt auf die neue Kollegin, „Die freundliche<br />

Polizistin“, warten. So lange war das Bild mit einer<br />

Wanderausstellung des Landes Rheinland-<br />

Pfalz unterwegs. Das Bild hatte Horst Schröter für<br />

den Kalender des Landesamtes für Soziales, Jugend<br />

und Versorgung „Behinderte Menschen<br />

malen“ im Jahr 2011 gemalt.<br />

Im November 2012 wurden in Mainz erneut<br />

Preisträger aus der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> geehrt.<br />

Unter ihnen war Inge Dietz, deren Bild für den<br />

Monat März 2013 ausgewählt wurde und den<br />

schönen Titel trägt „Freundschaft wird mit dem<br />

Herzen geschlossen.“ <br />

Lothar Werner<br />

Wer macht mit im Besucherkreis?<br />

Der Betreuerrat beschäftigt sich mit dem Projekt<br />

„Besucherkreis“. Der Betreuerrat möchte<br />

mit dem Besucherkreis Bewohner ansprechen,<br />

die gerne Besuch empfangen, aber keinen Besuch<br />

erhalten.<br />

Um diesen Besucherkreis ins Leben zu rufen,<br />

sucht der Betreuerrat Helfer. Wenn Sie sich angesprochen<br />

fühlen, dann wenden Sie sich bitte<br />

an den Betreuerrat.<br />

wir das im Block (ggf. samstags) machen wollen.<br />

Als Tagungsort kommen Nassau oder Bad Ems<br />

in Frage.<br />

Eine Einladung geht allen angemeldeten Teilnehmern<br />

rechtzeitig zu. <br />

Info<br />

Interessiert?<br />

Bitte wenden Sie sich an Betreuerrat<br />

Karlheinz Knöll<br />

T. 02621 4770<br />

M. 0171 40 43 721<br />

karlheinzknoell@hotmail.de<br />

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37


„Ich hab im Knabenhaus angefangen.“<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> ehrt langjährige Mitarbeiter und gratuliert zum Berufsabschluss.<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> investiert in Zukunft<br />

junger Menschen<br />

2012 ist ein starkes Ausbildungsjahr<br />

von Antje Koch-Gellermann<br />

So viele Auszubildende gab es in<br />

der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> noch nie.<br />

Im August 2012 starteten 23 junge<br />

Menschen in ihre berufliche Zukunft.<br />

Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> nimmt<br />

ihre Verantwortung als größter Arbeitgeber<br />

im Rhein-Lahn-Kreis auch hier<br />

wahr. Sie nimmt Ausbildung und Qua-<br />

23 junge Leute freuen sich auf den<br />

Berufsstart und wurden an ihrem<br />

ersten Arbeitstag von Direktor<br />

Eckhard Bahlmann begrüßt.<br />

lifizierung von jungen Menschen sehr<br />

ernst und ermöglicht ihnen in den unterschiedlichsten<br />

Berufsbildern eine<br />

qualifizierte Ausbildung.<br />

Insgesamt gibt es derzeit 42 Auszubildende,<br />

38 im Berufsfeld Heilerziehungspflege,<br />

zwei als Erzieher, einen<br />

als Anlagenmechaniker für Sanitär,<br />

Heizung und Klimatechnik sowie einen<br />

im Bereich Informationstechnologie.<br />

Darüber hinaus werden im Rahmen<br />

des Freiwilligen Diakonischen Jahres<br />

(FSJ) und des Bundesfreiwilligendienstes<br />

drei junge Menschen an die Arbeit<br />

mit behinderten Menschen herange-<br />

führt. Alle werden in ihren jeweiligen<br />

Arbeitsbereichen, den Wohngruppen,<br />

der Tagesförderstätte, den Werkstätten,<br />

der Haustechnischen Werkstatt<br />

oder der Verwaltung von geschulten<br />

Praxisanleitern begleitet. Regelmäßige<br />

Reflexionsgespräche mit den Praxisanleitern,<br />

Ausbildungskonferenzen oder<br />

Treffen zu Arbeitsgruppen sind ebenso<br />

Bestandteil der Vollzeit- oder berufsbegleitenden<br />

Ausbildung wie auch die<br />

Teilnahme an internen Workshops zu<br />

ausbildungsrelevanten Themen oder<br />

die Praxisphasen in den verschiedenen<br />

Arbeitsbereichen der <strong>Stiftung</strong>.<br />

von Manuela Nörtershäuser<br />

Eberhard Thill, einer der beiden<br />

Mitarbeiter der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong>,<br />

die Pfarrer und Direktor Eckhard<br />

Bahlmann für ihre nunmehr 40-<br />

jährige Dienstzeit in der <strong>Stiftung</strong> ehrte,<br />

beschreibt den Beginn seiner Arbeitszeit<br />

so: „Ich habe im Knabenhaus , so<br />

hieß das Alte Haus ja damals noch, angefangen.“<br />

Dann gibt er am Rande der<br />

kleinen Feierstunde einen kleinen<br />

Überblick über die Stationen, an denen<br />

er sich im Laufe seines Berufslebens<br />

eingebracht hat. Für Birgit Klaiber, Leiterin<br />

Wohnen, ist das Anlass, sich nicht<br />

nur bei Eberhard Thill, sondern auch<br />

bei allen anderen im Dienste der Stif-<br />

tung Stehenden zu bedanken für ihr<br />

ganz unterschiedliches Wirken an den<br />

verschiedenen Arbeitsstellen. Insgesamt<br />

spachen Bahlmann und Klaiber<br />

ihren Dank an 17 Jubilare aus, die zehn,<br />

zwanzig, dreizig oder gar vierzig Jahre<br />

Dienst am Mitmenschen geleistet haben.<br />

Gleichzeitig beglückwünschten<br />

sie auch zehn ehemalige Azubis, die<br />

ihre Berufsausbildung gerade erfolgreich<br />

abgeschlossen haben.<br />

Allen gab Bahlmann Psalm 95 mit<br />

auf den Weg: „Dinge zu tun, die Freude<br />

machen, auch im Berufsleben, das<br />

ist etwas, was uns zum Gotteslob anregen<br />

sollte. Gleichzeitig dürfen wir nicht<br />

vergessen, dass es genauso wichtig ist,<br />

unseren Mitmenschen liebevoll zu begegnen.“<br />

Er wünsche daher allen ein<br />

offenes Ohr, die Sorgen anderer wahrzunehmen<br />

und niemanden allein zu<br />

lassen, und gleichzeitig den Mut zu haben,<br />

die eigenen Probleme im Austausch<br />

mit anderen lösen zu können.<br />

Auch das zeichne eine gute Dienstgemeinschaft<br />

aus. Birgit Klaiber betonte<br />

im Anschluss mit Blick auf Vergangenheit<br />

und Zukunft ebenfalls, wie wichtig<br />

Austausch im Arbeitsleben ist, „damit<br />

wir den Menschen hier ein gutes Leben<br />

ermöglichen.“<br />

Norbert Hartmann, Vorsitzender der<br />

Mitarbeitervertretung und Antje Koch-<br />

Gellermann, Leiterin des Personalwesens,<br />

schlossen sich den Gratulationen<br />

an. <br />

Illu: Frog 974 - Fotolia.com<br />

38 2012 | Ausgabe 23 2012 | Ausgabe 23<br />

39


Mitarbeiterjubiläen<br />

Jubiläen der Mitarbeitenden der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong><br />

Wir gratulieren zum 10-jährigen Jubiläum<br />

Werkstattjubiläen<br />

Jubiläen der Beschäftigten der Werkstätten der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong><br />

Wir gratulieren zum 10-jährigen Jubiläum<br />

Waldemar Bock<br />

Wäscherei<br />

Michael Apel<br />

Montage und Verpackung<br />

Andrea Bruk<br />

Tagesförderstätte<br />

Artur Bidlingmeier<br />

Facility-Management<br />

Heike Gemmer<br />

Schloss Laurenburg<br />

Mareile Erdmann<br />

Montage und Verpackung<br />

Elke Isselbächer<br />

Gastronomie<br />

Florian Görgens<br />

Garten- und Landschaftsbau<br />

Heike Kaffai<br />

Am Schimmerich<br />

Dietrich Heydorn<br />

Montage und Verpackung<br />

Axel Kaiser<br />

Garten- und Landschaftsbau<br />

Angela Sara Justi<br />

Garten- und Landschaftsbau<br />

Sabrina Kortheuer<br />

Horny-Haus<br />

Reiner Johannes Lippert<br />

Montage und Verpackung<br />

Christina Kull<br />

Integra-Rehagruppe<br />

Bernhard-Wilhelm Morgenschweis<br />

Montage und Verpackung<br />

Karin Lehmler<br />

Wäscherei<br />

Marco Oberle<br />

Garten- und Landschaftsbau<br />

Arschaluis Melikian<br />

Gastronomie<br />

Guido Ries<br />

Montage und Verpackung<br />

Madeleine Müller<br />

Haus Rosengarten<br />

Friedrich Walter<br />

Montage und Verpackung<br />

Olga Raab<br />

Albert-Schweitzer-Haus/Ernst-Runkel-Haus<br />

Corinna Wartha<br />

Wäscherei<br />

Erhardt Reichelt<br />

Haus am Wald/Werner-Stöhr-Haus<br />

Reimund Rudolf Würz<br />

Montage und Verpackung<br />

Sabine Schaedel<br />

Schloss Laurenburg<br />

Galina Zeiger<br />

Wäscherei<br />

Wir gratulieren zum 20-jährigen Jubiläum<br />

Jörg Bremser<br />

Werkstätten<br />

Rita Gromig<br />

Haus Rosengarten<br />

Ute Metz<br />

Horny-Haus<br />

Maria Metzger<br />

Tagesförderstätte<br />

Friedhelm Müller<br />

Facility-Management<br />

Herbert Müller<br />

Metallverarbeitung<br />

Brigitte Wagner<br />

Haus Rosengarten<br />

Wir gratulieren zum 30-jährigen Jubiläum<br />

Christa Bach<br />

Alternative Wohnformen<br />

Heinz-Otto Günther<br />

Horny-Haus<br />

Anke Panny<br />

Wäscherei<br />

Volker Rheinbay<br />

Haus Lahnberg/Carl-Ninck-Haus<br />

Wir gratulieren zum 40-jährigen Jubiläum<br />

Werner Bingel<br />

Facility-Management<br />

Eberhard Thill<br />

Horny-Haus<br />

Wir gratulieren zum 20-jährigen Jubiläum<br />

Sylvia Beyer<br />

Montage und Verpackung<br />

Ernst Ludwig Dürkes<br />

Garten- und Landschaftsbau<br />

Wir begrüßen<br />

neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

Wolfgang Abt Horny-Haus 01. Oktober 2012<br />

Yvonne Apitz-Bimboes Betreutes Wohnen 01. August 2012<br />

Steffen Bauer Am Schimmerich 01. August 2012<br />

Laura Behnke Horny-Haus 22. Oktober 2012<br />

Jennifer Behnke Werner-Stöhr-Haus/Haus am Wald 01. August 2012<br />

Cathrin Boller CAP-Markt 15. September 2012<br />

Jörg Brennhöfer Am Schimmerich 15. November 2012<br />

Marie-Therese Demeco CAP-Markt 01. August 2012<br />

Benjamin Demke Wäscherei 01. September 2012<br />

Jacqueline Ewertz Tagesförderstätte 01. August 2012<br />

Arja Freienstein Haus Rosengarten 01. November 2012<br />

Monique Friedrich Haus am Bach 01. August 2012<br />

Michele Gebhardt Altes Haus 01. August 2012<br />

Simone Gerlach CAP-Markt 01. August 2012<br />

Sabrina Göltzer Haus Lahnberg/Carl-Ninck-Haus 01. August 2012<br />

Tai Görner Tagesförderstätte 01. August 2012<br />

Andrea Güth Wäscherei 15. November 2012<br />

Petra Haisch Altes Haus 01. September 2012<br />

Tobias Haustein Haus am Bach/Altes Haus 01. November 2012<br />

Maren Herdemertens Kleinwohngruppen/Wohnschule 01. August 2012<br />

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41


neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

Lieselotte Hillenbrand Wäscherei 01. Oktober 2012<br />

Felix Hoeren Berufsbildungs- und Integrationsservice 01. August 2012<br />

René Kleer Haus Rosengarten 01. August 2012<br />

Danita Köhler Schlösschen/Weißes Haus 01. August 2012<br />

Nico König Schlösschen/Weißes Haus 01. August 2012<br />

Hannelore Kremzow Wäscherei 01. Oktober 2012<br />

Sonja Kreuzberger CAP-Markt 29. August 2012<br />

Anna-Lena Labonte Haus am Bach/Altes Haus 06. August 2012<br />

Josua Manstein Horny-Haus 01. August 2012<br />

Janine Mohr Tagesförderstätte 01. August 2012<br />

Jürgen Müller Wichernhaus 01. November 2012<br />

Alexandra Naujoks Am Schimmerich 01. November 2012<br />

Sven Pawletta CAP-Markt 15. August 2012<br />

Julia Petrowsky Ernst-Runkel-Haus/Albert-Schweitzer-Haus 01. August 2012<br />

Laura Pörtner Schloss Laurenburg 01. August 2012<br />

Claudia Pötzl Wäscherei 01. August 2012<br />

Nadine Pradella Schloss Laurenburg 15. September 2012<br />

Anna Pyrek Haus Rosengarten 01. August 2012<br />

Annika Reinhard Haus Rosengarten 01. August 2012<br />

Juliane Schaab Altes Haus 01. November 2012<br />

Bianca Schneider CAP-Markt 01. August 2012<br />

Artur Schwenk Gastronomie 01. Oktober 2012<br />

Inge Siemens Horny-Haus 01. August 2012<br />

Diana Sklorz Haus am Bach/Altes Haus 15. September 2012<br />

Kai Wagner Am Schimmerich 01. August 2012<br />

Sybille Weber CAP-Markt 01. August 2012<br />

Barbara Wittkowski Am Schimmerich 01. November 2012<br />

Songül Yilmaz Horny-Haus 01. August 2012<br />

Oliver Zils CAP-Markt 01. August 2012<br />

Wir verabschieden<br />

uns von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />

Elke Bender Schloss Laurenburg 31. August 2012<br />

Ursula Bingel Haus Lahnberg/Carl-Ninck-Haus 31. Oktober 2012<br />

Werner Bingel Facility-Management 30. September 2012<br />

Sarah Echetabu Tagesförderstätte 31. Juli 2012<br />

Marita Fritsch Tagesförderstätte 31. Oktober 2012<br />

Tobias Herborn Wäscherei 31. August 2012<br />

Kerstin Herwig Haus am Bach/Altes Haus 30. September 2012<br />

Erika Keuper Wichernhaus 31. August 2012<br />

Annegret Kramb Haus am Wald/Werner-Stöhr-Haus 31. Oktober 2012<br />

Ursula Kraus Altes Haus 31. August 2012<br />

Gudrun Mäurer Wäscherei 31. Juli 2012<br />

Daniela May Haus Bodelschwingh 17. November 2012<br />

Simone Müller Gesundheitsdienst 30. September 2012<br />

wenn ich gestorben bin<br />

hat sie gewünscht<br />

feiert nicht mich und auch nicht den tod<br />

feiert den, der ein gott von lebendigen ist<br />

(aus: Kurt Marti, Leichenreden, Darmstadt, Neuwied 1969)<br />

von Andrea Beiner<br />

Das Leben ändert sich und zuweilen sehr<br />

schnell. Viele Menschen machen diese<br />

Erfahrung. Doch nicht nur das Leben,<br />

auch das Sterben scheint sich zu ändern.<br />

Im Umgang mit Tod und Trauer ist vieles im<br />

Umbruch: Die Bestattungskultur hat sich in den<br />

letzten Jahren rasant verändert. Die medizinische<br />

Technik hat sich weiterentwickelt und die<br />

Diskussionen um den Hirntod und die Organspende<br />

finden ein breites öffentliches Interesse.<br />

Wie sollen wir mit dem Tod umgehen und mit<br />

dem Sterben? Fast jeder Mensch ist irgendwann<br />

von dieser Frage auch ganz persönlich betroffen,<br />

entweder weil er über sein eigenes Altern<br />

und Sterben nachdenkt, weil er den Verlust von<br />

Familienmitgliedern oder Freunden zu bewältigen<br />

hat oder weil er Angehörige auf der letzten<br />

Strecke ihres Lebensweges begleitet.<br />

Gedenken unserer Verstorbenen<br />

Hans Karl Albert, Horny-Haus<br />

Viktoria Ursula Brum, Altes Haus<br />

Edith Margot Baltruschat, Schloss Laurenburg<br />

Hans-Dieter Eberling, Schloss Laurenburg<br />

Maria Helene Geib, Schloss Laurenburg<br />

Roland Werner Glowinkowski, Schloss Laurenburg<br />

Horst Günter Höfle, Schloss Laurenburg<br />

Erika Mathilde Lembach, Schloss Laurenburg<br />

Karl Russ, Pädagogischer Leiter i.R.<br />

Mechthilde Ursula Schleith, Schloss Laurenburg<br />

Michael Zerai, Altes Haus<br />

Als evangelische und katholische Kirche im<br />

Nassauer Land wollen wir uns in einer Reihe<br />

ganz unterschiedlicher Veranstaltungen den<br />

Fragen rund um Tod und Trauer annähern und<br />

zur persönlichen Auseinandersetzung und zum<br />

Gespräch anregen.<br />

Mit dabei ist auch die Evangelische Kirchengemeinde<br />

der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> und zwei Veranstaltungen<br />

finden im Versammlungsraum der<br />

<strong>Stiftung</strong> statt.<br />

Veranstaltungen<br />

Sterben im Film: Tod und Trauer in ausgewählten Filmen<br />

Sonntag, 20. Januar 2013<br />

um 17.00 Uhr:<br />

„Wer früher stirbt, ist länger tot“<br />

Sonntag, 10. November 2013<br />

um 17.00 Uhr: „Mein Bruder“<br />

Weitere Informationen:<br />

Pfarrerin Andrea Beiner<br />

T. 02604 951863<br />

a.beiner@t-online.de<br />

42 2012 | Ausgabe 23<br />

2012 | Ausgabe 23<br />

43


Aus dem Leben gerissen und umgebracht<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> hält mit jährlichem Gedenken am Tag vor<br />

dem Volkstrauertag die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus<br />

wach. Der Zeitzeuge Fritz Lau berichtet.<br />

Eckhard Bahlmann<br />

und Manuela Nörtershäuser<br />

gefordert hat, wieder in ihre Mitte nehmen<br />

und ihnen das Heimatrecht, das<br />

sie hier in <strong>Scheuern</strong> besaßen, wenigstens<br />

symbolisch zurück geben. In den Zeitzeuge Fritz Lau blickt auf ein be-<br />

Als vor nunmehr 13 Jahren das<br />

Mahnmal „Vergiss mich nicht Zitaten aus Briefen der Ermordeten wegtes Leben zurück. Im November<br />

und komm“ im Hof der <strong>Stiftung</strong><br />

und ihrer ausführlichen Dokumentation<br />

2012 wagte er trotz seines hohen Alters<br />

<strong>Scheuern</strong> der Öffentlichkeit vor-<br />

gestellt wurde, erklärte Direktor Eckhard<br />

Bahlmann das Denkmal mit den<br />

Worten: „Wir wollen den Opfern ein<br />

Stück Heimatrecht zurück geben.“ Mit<br />

der Erinnerungsstätte, die der Aschaffenburger<br />

Künstler Christian Rudolph<br />

geschaffen hat, möchte die <strong>Stiftung</strong><br />

die über 1500 Opfer, die das nationalsozialistische<br />

Regime allein in <strong>Scheuern</strong><br />

zum Mahnmal wird deutlich, wie<br />

unvorhergesehen die Menschen aus<br />

ihren Bahnen gerissen wurden und wie<br />

menschenverachtend man mit ihnen<br />

umging.<br />

Da ist beispielsweise die damals<br />

81-jährige Bewohnerin Philippine O.<br />

Sie war bis ins hohe Alter hinein rüstig,<br />

hat immer gern getanzt, auch zur Freude<br />

der anderen Bewohnerinnen. Bis<br />

noch einen Umzug nach Laurenburg.<br />

Dieses Foto<br />

von Fritz Lau<br />

stammt aus<br />

dem Jahr 1947.<br />

1931, da war sie fast 72, schälte sie Kartoffeln,<br />

putzte Gemüse für das Mittagessen.<br />

Als sie das nicht mehr konnte,<br />

weil die Augen nachließen, machte<br />

sich Philippine anderweitig in der<br />

Hauswirtschaft nützlich. Sie wurde gebraucht.<br />

Ganz besonders von F., eine<br />

junger Bewohnerin, für die sie Verantwortung<br />

übernimmt. Sie hilft ihr beim<br />

Ankleiden, wird für sie zum Sprachrohr,<br />

weil F. sich nicht verständigen kann.<br />

1934 notieren ihre Betreuer: „Philippi-<br />

ne O. besorgt mit großer Freundlichkeit<br />

den ganz tief stehenden Pflegling<br />

F.“ Am 23.2.1941 werden Philippines<br />

Gemüt und ihre gesundheitliche Verfassung<br />

vor dem Hintergrund ihrer inzwischen<br />

81 Jahre wie folgt beschrieben:<br />

„O. geht nicht mehr von der Abteilung<br />

fort, sie sieht sehr schlecht. Im<br />

ganzen ist sie noch recht munter,<br />

macht gern einmal einen Spaß, freut<br />

sich, wenn die anderen darüber lachen.“<br />

Der letzte Eintrag in ihrer Akte<br />

lautet dann „O. wird auf Anordnung<br />

des Reichsverteidigungskommissars in<br />

eine andere Anstalt verlegt.“ Hinter<br />

diesen harmlos klingenden Worten<br />

verbirgt sich ihre Vergasung vermutlich<br />

in Hadamar im Rahmen der sogenannten<br />

„Aktion T 4“.<br />

Wie Philippine O. starben fast 1500<br />

Menschen, die in <strong>Scheuern</strong> wohnten<br />

oder die hier in der Zeit der sogenannten<br />

Zwischenanstalt lebten, in der Tötungsmaschinerie<br />

der Nationalsozialisten.<br />

Fritz Lau hätte beinahe das gleiche<br />

Schicksal geteilt. Der damals junge<br />

Mann von 18 Jahren ist in letzter Minute<br />

entkommen. Der heute 89-Jährige<br />

erinnert sich noch an die NS-Zeit: „Da<br />

haben sie Hitler gewählt. Der hat gesagt,<br />

es gäbe zu viele Schwache, die<br />

müssten weg. Dann hat er Soldaten<br />

und Helfer gesucht und dann ging’s<br />

los. Ich war nicht in einem Bus. Ich<br />

musste auf einen Lastwagen mit Plane.<br />

Aber da stimmte was nicht, hab ich mir<br />

gedacht. Da hab ich mir ein Messer in<br />

den Stiefel gesteckt. Der Fahrer ist ganz<br />

langsam gefahren, da sind wir abgehauen<br />

in den Wald. Eine Wildsau hat<br />

mich angeknurrt.“ (Die Zitate von Fritz<br />

Lau sind sinngemäß wiedergegeben.)<br />

Später wurde Fritz Lau wieder nach<br />

<strong>Scheuern</strong> zurück gebracht und vor die<br />

Wahl gestellt: „Sie sagten, wenn ich<br />

nicht arbeite, werde ich umgebracht.<br />

Dann arbeitete ich bei einem Bauern,<br />

Kühe und Schweine füttern, auf dem<br />

Feld helfen. Nur sonntags hatte ich frei.<br />

Ich war ja vorher schon mal faul, aber<br />

wenn ich jetzt nicht hätte arbeiten<br />

wollen, hätten sie mich wieder mitgenommen<br />

und umgebracht.“ Erst viel<br />

später, so sagt er, hätten Außenstehende<br />

begriffen, was es mit den Bussen auf<br />

sich hatte, dass an den vielen Gerüchten<br />

über die Ermordungen, die sich in<br />

der ganzen Region herumsprachen, etwas<br />

dran war: „Da haben mir die Leute<br />

geglaubt, dass das wahr ist.“<br />

Die <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> möchte die<br />

Augen nicht vor dieser Wahrheit ver-<br />

schließen. Nicht nur mit den jährlichen<br />

Gedenkstunden am Samstag vor dem<br />

Volkstrauertag gedenkt die <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Scheuern</strong> der vielen Menschen, die<br />

nicht so viel Glück hatten, wie Fritz Lau.<br />

Neben der Gedenkfeier erinnern das<br />

Mahnmal im Hof des Standorts Nassau,<br />

ein Gedenkstein mit den Namen der<br />

Opfer aus <strong>Scheuern</strong> auf dem örtlichen<br />

Friedhof und eine Stolperschwelle in<br />

der Zufahrt zur <strong>Stiftung</strong> an die grausamen<br />

Ermordungen. Zurzeit lassen sich<br />

die Hintergründe der Greueltaten in einer<br />

Ausstellung im Erdgeschoss des<br />

Verwaltungsgebäudes nachlesen.<br />

In der Gedenkveranstaltung am 17.<br />

November 2012 führte Pfarrer und Direktor<br />

Eckhard Bahlmann seine Gedan-<br />

Hausspruch am Torbogen des<br />

Alten Hauses.<br />

ken zu <strong>Scheuern</strong>s dunkelstem Kapitel<br />

aus: „‘Gott, der Herr ist Sonne und<br />

Schild‘ – dieses Bibelwort steht gut lesbar<br />

seit 1927 über dem Alten Haus der<br />

<strong>Stiftung</strong>. ‘Gott, der Herr ist Sonne und<br />

Schild‘. Auch als vor 70 Jahren immer<br />

wieder graue Busse kamen, standen<br />

diese Worte als Hausspruch an gleicher<br />

Stelle. 1500 Menschen stiegen neben<br />

ihnen in die Busse ein, oder wurden getragen,<br />

und es begann sozusagen ihre<br />

44 2012 | Ausgabe 23 2012 | Ausgabe 23<br />

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schieht unter den Worten der Heiligen<br />

Schrift himmelschreiendes Unrecht<br />

auch in einer Einrichtung der Inneren<br />

Mission. Auch 1941 war Euthanasie<br />

eine Straftat. Es fehlten allerdings damals<br />

die Ankläger.<br />

Was kann unser alljährliches Reden<br />

und Gedenken an dieser Stelle daran<br />

nun nachträglich ändern? Eigentlich<br />

nur eines. Dass wir offen das geschehene<br />

Unrecht beim Namen nennen und<br />

Gott und die Opfer um Verzeihung bitten.<br />

Die Bitte um Vergebung sollte<br />

dann aber auch Konsequenzen haben<br />

für unsere Gegenwart und für die Zukunft.<br />

Und die Bitte um Vergebung<br />

sollte uns zu einem klaren Bekenntnis<br />

für das Lebensrecht aller Menschen<br />

führen, so wie es zum Beispiel die UNletzte<br />

Reise ohne Wiederkehr – meist Konvention zur Inklusion zum Ziel hat.<br />

nach Hadamar. Fast 1500 Menschen Das schreckliche Geschehen vor 70<br />

kamen nicht zurück.<br />

Jahren macht eindringlich deutlich, wie<br />

„Gott, der Herr ist Sonne und Schild“. lebenswichtig und bedeutsam der Satz<br />

Was mögen die, die lesen konnten, in der <strong>Stiftung</strong>ssatzung ist, der den <strong>Stiftung</strong>szweck<br />

beschreibt, dass die Stif-<br />

beim Lesen gedacht haben: Keine<br />

Angst? Alles wird gut? Gott beschützt tung <strong>Scheuern</strong> ihre Arbeit im Geist des<br />

uns? Eine groteske Situation, allein Evangeliums tut. Dieser Geist des Evangeliums<br />

ist eindeutig, jedem beim Versuch der Vorstellung. Da ge-<br />

Menschen<br />

Termine 2013<br />

Fastnacht, Stadthalle Nassau 26.01.2013<br />

Jahresfest 16.06.2013<br />

<strong>Stiftung</strong>sfest 09.10.2013<br />

Gedenken der Opfer der Euthanasie 16.11.2013<br />

Adventsfeier 01.12.2013<br />

zugewandt. Unter dem Geist des Evangeliums<br />

gibt es weder Herrenmenschen<br />

mit Sonderrechten und auch kein<br />

lebensunwertes Leben, das rechtlos<br />

wäre. Der Geist des Evangeliums, der<br />

von der Liebe Gottes spricht, die allen<br />

Menschen gilt, stellt sicher, dass nicht<br />

die einen sich über die anderen stellen.“<br />

Die Geschichte der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong><br />

zeigt einen furchtbaren Irrtum auf.<br />

Im Jahr 1937 glaubte man bestehende<br />

finanzielle Engpässe lösen zu können,<br />

in dem man mit der NS-Verwaltung ein<br />

Abkommen traf, in dessen Folge die<br />

Anstalt ihre Eigenständigkeit verlor<br />

und staatliche Stellen das Sagen übernahmen.<br />

Damals fragte man sich bei<br />

der Inneren Mission, inwieweit die Anstalt<br />

<strong>Scheuern</strong> überhaupt noch eine<br />

christliche Einrichtung sei.<br />

Es dauerte lange bis man auch in<br />

<strong>Scheuern</strong> über diese Themen frei sprechen<br />

konnte. Damit sich so etwas<br />

Schreckliches nicht wiederholt, hat die<br />

heutige <strong>Stiftung</strong> seit über einem Jahr<br />

in ihren Leitlinien festgeschrieben:<br />

„Zwischen 1941 und 1945 wurde die<br />

damalige Anstalt <strong>Scheuern</strong> zu einer<br />

‚Zwischenanstalt‘ im Rahmen der NS-<br />

Euthanasie. Die Schuld aus dieser Zeit<br />

ist unvergessen und Verpflichtung, uns<br />

für das nicht verhandelbare Lebensrecht<br />

eines jeden Menschen einzusetzen.<br />

Denn wir sind eine christliche Gemeinschaft<br />

mit lebendigen Formen des<br />

Glaubens und der Nächstenliebe. Aus<br />

dem Glauben schöpfen wir Hoffnung<br />

und Tatkraft, die uns auch in Krisen<br />

handeln lässt. ... Unser Selbstverständnis<br />

ist geprägt von der Liebe Gottes zu<br />

allen Menschen, so wie es Jesus Christus<br />

gelebt und verkündigt hat. ... Mit<br />

dieser Haltung arbeiten wir mit an einer<br />

menschengerechten Gesellschaft,<br />

die niemanden ausgrenzt.“<br />

Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt,<br />

und die Herrlichkeit des HERRN geht auf über dir!<br />

wünschen wir allen Bewohnerinnen und Bewohnern,<br />

Mitarbeitenden, gesetzlichen Betreuern und Angehörigen,<br />

Behörden, Institutionen und Geschäftspartnern.<br />

Zugleich bedanken wir uns sehr herzlich für alle geleistete<br />

Arbeit und die vielfältige Unterstützung. Auch<br />

im nächsten Jahr werden wir zuversichtlich an unserem<br />

großen Ziel weiterarbeiten, damit Menschen mit<br />

und ohne Behinderung miteinander respektiert und<br />

würdevoll in Gemeinschaft leben können.<br />

Wir wünschen Ihnen ein friedvolles<br />

und gesundes neues Jahr.<br />

Jes 60,1<br />

Frohe und gesegnete Weihnachten<br />

Erich Czeschlik, Vorstandsvorsitzender<br />

Pfarrer Eckhard Bahlmann, Direktor<br />

Birgit Klaiber, Leiterin Wohnen<br />

Bernd Feix, Leiter Arbeit<br />

Norbert Hartmann, Vorsitzender der Mitarbeitervertretung<br />

Pfarrerin Andrea Beiner, Ev. Kirchengemeinde<br />

und Vorsitzende des Förder- und Freundeskreises<br />

der <strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong> e. V.<br />

Christa Schienmann, Vorsitzende des Bewohnerrates<br />

Mark Solomeyer, Vorsitzender des Werkstattrates<br />

Dr. Elisabeth Schmitt, Vorsitzende des Betreuerrates<br />

Nassau, im Dezember 2012<br />

46 2012 | Ausgabe 23<br />

2012 | Ausgabe 23<br />

47


Jahreslosung 2013<br />

Wir haben hier keine bleibende Stadt,<br />

sondern die zukünftige suchen wir.<br />

Hebr 13,14<br />

Impressum:<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Scheuern</strong><br />

Am Burgberg 16<br />

56377 Nassau<br />

www.stiftung-scheuern.de<br />

Herausgeber:<br />

Eckhard Bahlmann,<br />

Pfarrer und Direktor (V.i.S.d.P.)<br />

Druckauflage: 3.400<br />

23. Ausgabe, Copyright 2012

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