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<strong>BdSt</strong>-<strong>INFO</strong>-<strong>Service</strong><br />

Französische Str. 9-12, 10117 Berlin<br />

Telefax: 030-25 93 96 25<br />

Steuertipp Nr. 41<br />

FAX: 089-6663-2360-41<br />

1. November 2013<br />

(4 Seiten)<br />

Antrag auf Ist-Besteuerung:<br />

Vorteile und Fallstricke<br />

Bei der Ist-Besteuerung entsteht die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen<br />

mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Entgelte vereinnahmt sind. Bei<br />

der Soll-Versteuerung erfolgt die Besteuerung nach vereinbarten Entgelten, also regelmäßig<br />

nach Leistungserbringung. Um dieser Vorfinanzierung der Umsatzsteuer zu<br />

entgehen, kann ein Antrag auf Ist-Versteuerung gestellt werden. Diesem Antrag hat<br />

das Finanzamt grundsätzlich stattzugeben. Auf eine stillschweigende Gestattung des<br />

Finanzamtes sollte man allerdings nicht vertrauen. Warum nicht, zeigt dieser Info-<br />

<strong>Service</strong> auf.<br />

1. Grundsatz der Soll-Besteuerung<br />

Grundsätzlich ist die Steuer nach vereinbarten Entgelten zu berechnen, d.h. die Steuer entsteht<br />

mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung<br />

ausgeführt worden ist. Die Besteuerung erfolgt somit unabhängig von der Vereinnahmung<br />

eines Entgelts. Abweichend hiervon erfolgt bei Anzahlungen, Abschlagszahlungen, Vorauszahlungen<br />

oder Vorschüssen die Besteuerung nach Vereinnahmung. Die Regelung zur<br />

Soll-Besteuerung kann für den Unternehmer Liquiditätsschwierigkeiten mit sich bringen.<br />

Erst dann, wenn feststeht, dass eine Forderung uneinbringlich geworden ist, kann der Unternehmer<br />

insoweit die Besteuerung rückgängig machen. Wesentlicher Nachteil der Soll-<br />

Besteuerung ist, dass ein Unternehmer die Umsatzsteuer für innerhalb eines Besteuerungszeitraums<br />

erbrachte steuerpflichtige Leistungen vorfinanzieren muss, soweit die Entgelte<br />

nicht bis zum zehnten Tag des Folgemonats vereinnahmt werden. Dies zwingt ihn<br />

letztlich zu einem zinsfreien Zwangskredit an den Staat.<br />

2. Ist-Besteuerung als Ausnahme<br />

Abweichend von der Soll-Besteuerung entsteht die Steuer bei der Ist-Besteuerung mit Ablauf<br />

des Voranmeldungszeitraums, in dem die Entgelte vereinnahmt worden sind. Dazu bedarf<br />

es eines Antrags sowie der Gestattung durch das Finanzamt.<br />

3. Vorsteuerabzug<br />

Für den Vorsteuerabzug gelten sowohl für die Soll- als auch für die Ist-Besteuerung die<br />

gleichen Bestimmungen: Bei Vorliegen einer ordnungsgemäßen Rechnung für die ausgeführte<br />

Leistung ist der Vorsteuerabzug unabhängig von einer Begleichung der Rechnung


zulässig. Ist eine Leistung noch nicht erbracht, ist der Vorsteuerabzug dann möglich, wenn<br />

eine Rechnung vorliegt und die Zahlung erfolgt ist.<br />

4. Vorteile der Ist-Besteuerung<br />

Während der Unternehmer bei der Soll-Besteuerung bereits mit der Umsatzsteuer belastet<br />

ist, wenn er für seine erbrachten Lieferungen und Leistungen selbst noch keine Zahlungen<br />

erhalten hat, verschafft die Ist-Besteuerung dem Unternehmer neben einem Zinsvorteil eine<br />

Verbesserung seiner Liquidität, da er die Umsatzsteuer erst dann abführen muss, wenn er<br />

diese auch erhalten hat. Nicht nur für den Existenzgründer stellt diese Regelung eine Schonung<br />

seiner finanziellen Ressourcen dar. Der nicht buchführungspflichtige Unternehmer,<br />

der seinen Gewinn durch eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt, wird durch die<br />

Ist-Besteuerung von zusätzlichen Aufzeichnungen zur Ermittlung der vereinbarten Entgelte<br />

entlastet.<br />

5. Voraussetzungen für die Anwendung der Ist-Besteuerung<br />

Die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten setzt einen Antrag des Unternehmers voraus,<br />

den grundsätzlich das Finanzamt zu genehmigen hat, sofern<br />

‣ der Gesamtumsatz des Unternehmers im vorangegangenen Jahr nicht mehr als 500.000<br />

Euro betragen hat<br />

oder<br />

‣ der Unternehmer von der Verpflichtung, Bücher zu führen und aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen<br />

regelmäßig Abschlüsse zu machen, befreit ist<br />

oder<br />

‣ der Unternehmer Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs ausführt.<br />

Nicht hiervon erfasst ist die freiberufliche Tätigkeit, die in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft<br />

betrieben wird.<br />

6. Antrag auf Ist-Besteuerung<br />

Für die Anwendung der Ist-Besteuerung ist ein Antrag erforderlich. Dieser kann formlos erfolgen,<br />

wird aber in der Regel im Zusammenhang mit der Abgabe des Fragebogens zur<br />

steuerlichen Erfassung gestellt.<br />

Ein Unternehmer kann den Antrag auf Ist-Besteuerung auch konkludent stellen, indem er<br />

die Voranmeldung auf Basis der tatsächlichen Einnahmen erstellt und einreicht. Allerdings<br />

muss in der Voranmeldung erkennbar sein, dass die Umsätze auf Basis von Ist-Einnahmen<br />

erklärt wurden. Der Antrag auf Gestattung der Ist-Besteuerung ist an keine Frist gebunden<br />

und kann jederzeit gestellt werden.<br />

7. Gestattung<br />

Das Finanzamt hat nach pflichtgemäßem Ermessen die Besteuerung nach vereinnahmten<br />

Entgelten durch formlosen Verwaltungsakt zu gestatten. Wegen des Prinzips der Abschnittsbesteuerung<br />

erstreckt sich die Genehmigung stets auf das volle Kalenderjahr.


Die Gestattung kann durch schlüssiges Handeln des Finanzamtes erfolgen, setzt aber voraus,<br />

dass das Finanzamt eine nach außen hin eindeutig erkennbare Entscheidung trifft. Es<br />

liegt keine Gestattung vor, wenn das Finanzamt keine oder keine nach außen hin erkennbare<br />

Entscheidung getroffen hat.<br />

Tipp: Die Gestattung zur Ist-Besteuerung sollte sich der steuerliche Berater bzw. der Unternehmer<br />

möglichst frühzeitig, nach Möglichkeit im Rahmen der Unternehmensanmeldung,<br />

schriftlich bestätigen lassen. Steuerberater sollten bestehende Mandate sukzessive auf eine<br />

schriftliche Bestätigung hin überprüfen, und falls erforderlich, sollte eine schriftliche Gestattung<br />

beim Finanzamt angefordert werden.<br />

8. Ablehnung des Antrags<br />

Auch bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen ist eine Ablehnung des Antrags<br />

möglich, wenn die Ist-Besteuerung zu einer Gefährdung des Steueranspruchs oder zu einer<br />

Erschwerung bei der Prüfung der Umsätze führen würde. Eine Gefährdung des Steueraufkommens<br />

kann bei Familienangehörigen oder verbundenen Unternehmen angenommen<br />

werden, wenn ein Unternehmen von dem anderen beherrscht wird, welches in Liquiditätsschwierigkeiten<br />

steckt. Eine Gefährdung des Steueranspruchs kann auch bei verbundenen<br />

Unternehmen angenommen werden, denen gleichbleibende Interessen gegenüberstehen.<br />

9. Nachträglicher Antrag<br />

Versteuert ein Unternehmer ohne förmliche Gestattung nach vereinnahmten Entgelten, hat<br />

das Finanzamt einen nachträglichen Antrag anzuregen. Dabei können in der Genehmigung<br />

auch Besteuerungszeiträume einbezogen werden, die dem Kalenderjahr der Antragstellung<br />

vorangehen, soweit die betreffenden Steuerfestsetzungen noch nicht durchgeführt wurden<br />

oder noch nicht formell bestandskräftig sind.<br />

Stellt demgegenüber der Unternehmer nachträglich einen Antrag auf Gestattung der Ist-<br />

Besteuerung für vorangegangene Jahre, in denen er seine Umsätze der Soll-Besteuerung<br />

unterworfen hat, kann dieser abgelehnt werden, da die beabsichtigte Vereinfachung der<br />

Besteuerung für den Unternehmer bei einer nachträglichen Bewilligungserteilung nicht mehr<br />

erreicht werden kann.<br />

10. Widerruf<br />

Die Gestattung bleibt wirksam, solange sie nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig<br />

aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist. Der Widerruf ist nur<br />

für die Zukunft möglich. Für die Vergangenheit ist eine Rücknahme nur zulässig, wenn der<br />

Unternehmer die Gestattung auf unlautere Weise erlangt hat oder er von einer sachlich unzuständigen<br />

Behörde erlassen worden ist.<br />

Die Genehmigung der Ist-Besteuerung ist entsprechend dem Widerrufsvorbehalt in der Genehmigungsverfügung<br />

zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen (siehe 5.) nicht mehr vorliegen.<br />

Bei Einhaltung der Voraussetzungen können Genehmigungen widerrufen werden,<br />

wenn durch eine (weitere) Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten der Steueranspruch<br />

gefährdet ist.


Achtung: Die Genehmigung der Ist-Besteuerung erlischt auch ohne förmlichen Widerruf,<br />

wenn die Voraussetzungen (siehe 5.) nicht mehr vorliegen.<br />

11. Wechsel zwischen Ist- und Soll-Besteuerung<br />

Der Wechsel von der Ist- zur Soll-Besteuerung führt im Regelfall zu einer wirtschaftlichen<br />

Belastung des Unternehmers. Ein rückwirkender Wechsel von der Besteuerung nach vereinnahmten<br />

Entgelten zur Besteuerung nach vereinbarten Entgelten ist bis zur formellen<br />

Bestandskraft der jeweiligen Jahressteuerfestsetzung zulässig. Nach Eintritt der formellen<br />

Bestandskraft ist kein rückwirkender Wechsel der Besteuerungsart zulässig. Bei einem<br />

Wechsel der Art der Steuerberechnung dürfen Umsätze nicht doppelt erfasst werden oder<br />

unversteuert bleiben.<br />

Dem Unternehmer steht es grundsätzlich frei, von der Gestattung der Ist-Besteuerung keinen<br />

Gebrauch zu machen und ohne Weiteres zur Soll-Besteuerung zurückzukehren. Auch<br />

ein rückwirkender Verzicht auf die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten erfordert<br />

weder einen Antrag noch eine Erlaubnis des Finanzamtes.<br />

Quelle: Neue Wirtschaftsbriefe „Fallstricke beim Antrag auf Gestattung der Ist-Besteuerung“ von Dr. Jörg<br />

Gössler, NWB 37/2013 S. 2926 ff.<br />

Unser Info-<strong>Service</strong> erhebt keinen Anspruch auf eine vollständige Darstellung und ersetzt keine<br />

Rechtsberatung im Einzelfall. Die Angaben erfolgen ohne Haftung und rechtliche Gewähr.<br />

Weitere Steuertipps unter FAX-Nr. 089-6663-2360-00 (<strong>BdSt</strong>-Info-<strong>Service</strong>) & im Mitgliederbereich<br />

von www.steuerzahler.de

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