Handwerk und Gewerbe in Obersdorf

Auch die Bäcker standen in ihrer „Gerechtigkeit". Im Jahr 1601 bekamen sie ihr „Schutzpatent" und
ihre „Ordnung".
Sieben Krämer, auch „Fragner" oder „Fratschler" geheißen, sind mit „Kramergerechtsame" in den
älteren Urkunden genannt. 1750 Simon Scherkl im Kramersattlerhäusl (Mitterndorf 2, Haslebner),
1790 Maria Waßner(in) im Moser‐Kramerhäusl (Mitterndorf 5, Köstler), 1780 Bildhauer Johann
Fortschegger im Schnablhaus (Mitterndorf 14, Pliem), das nach ihm noch über hundert Jahre lang das
Bildhauerhaus hieß.
Martin Preisegger, 1773, der Kramer‐Martl (Mitterndorf 107), und Matthias Scheikl, 1767 im
Schneidergütl (Thörl 7), besaßen auch die „Schneidergerechtigkeit". In Neuhofen 26, in der
sogenannten Soldatenkeusch'n, war 1790 Joseph Klee vulgo Kramer im Laden. Im Steyrergütl
(Mitterndorf 104, Hirzmann) wurde im Jahr 1900 von Josef Hasleber eine Gemischtwarenhandlung
eingerichtet.
Dem Sandelweber (Obersdorf 6, abgetragen), um 1850 Jakob Schupfer, war auch die
„Krämergerechtigkeit" eingetragen. Noch einige Hausnamen weisen auf den Krämer hin. In der
Urkunde ist zwar keine „Gerechtsame" zum Namen gesetzt, aber vielleicht bimmelte das Glöcklein an
der Tür auch den Kramer‐Söfferl (Mitterndorf 53), den Krämer‐Paul im Zenzengut (Mitterndorf 98,
Konsum), Simon Köberl, den Kramer‐Simerl (Mitterndorf 109), und den Kramer‐Gydi (Thörl 21) in den
Laden. Bei der Brandtnerin (Mitterndorf 127) konnte man um das Jahr 1912 herum neben
Flaschenbier auch für einen Kreuzer die „Katz im Sack" oder farbig gestreiftes Zuckerwerk kaufen.
Jahrmärkte wurden in Mitterndorf am dritten Montag nach Ostern, am Montag nach St. Margaretha
(Kirchenpatronin) und am Montag nach Simoni (28. Oktober) der Viehmarkt abgehalten.
Es waren meistens Hinterberger Fuhrleute und Säumer bei den Wagen und Saumtieren, die mit den
in Stroh gehüllten Salzstöcken her von Aussee über den Radling und tageweit in die steirischen und
kärntnerischen Täler zogen, zurück mit Getreide und anderen Lebensmitteln, auch mit Wein. Der
Saum war eine Last, die ein Pferd tragen konnte, etwa bis zu eineinhalb Zentner. Der Wein wurde in
kleinen, flachen Fässchen, den „Lagein", befördert, die beiderseits am Saumsattel hingen. Immer
schlossen sich mehrere Säumer zu einem Saumzug zusammen. Der längste Saumzug, der am 7.
August 1579 von Judenburg aus über die Sölker Scharte unterwegs war, umfaßte 41 Saum Korn, die
auf Rechnung der Säumer Valentin Strimitzer, Thomas Hueber und Peter Stangl aus Hinterberg
gingen. Auch Michael Fächer, Wirt in Mitterndorf, ist im Mautbuch zu Judenburg eingetragen.
Säumer waren gewiss 1764 Josef Renner (Zauchen 20) und 1778 Franz Renner (Obersdorf 47). Der
Hausname Samer kündet davon. Vielleicht gehörte auch der Samerschneider (Mitterndorf 94) neben
seiner Stubenarbeit dazu? Der Saumweg führte am Adelssitz Grubegg vorbei durch den Pass Stein,
über den Mitterberg ins Ennstal. Der Überlieferung nach waren Säumer von Mitterndorf aus auch
durch das Salzatal aufwärts über die Schneckenalm zu den Sudpfannen nach Altaussee unterwegs.
Die Hinterberger Salzfuhrleute konnten das Niederlagsrecht der Städte und Märkte, so auch das der
Rottenmanner, überfahren, wenn ihr Aufbruch oder ihr Ziel Aussee war. Ein beliebtes Ziel ihrer
Fahrten mag das Kloster Reun (Rein bei Graz) gewesen sein. Hatten sie dort ihr Gut abgeladen,
verfrachteten sie gewiss auch Säume und Wagen mit Klosterwein, dem „Marktwein", weil er aus der
Mittel‐ oder Untersteiermark herkam, heimzu. Anzunehmen ist, dass ein solcher Fuhrmann 1750
Martin Führwein, Ranner in Neuhofen, 1771 Lorenz Pürcher vulgo Führ(n)wein (Zauchen 29) war.