OhO-anzeiger - St. Galler Tagblatt
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Leute Engagement<br />
der Lage ist, den öV zu nutzen.<br />
Auch hier habe ich mit der Gesuchstellerin<br />
lange telefoniert.<br />
Gibt es ein Problem, das immer<br />
wieder auftritt?<br />
Zahnarztrechnungen und Musikstunden<br />
für Kinder – diese Themen<br />
kommen immer wieder vor.<br />
Auch um Unterstützung für Skilager<br />
wird oft nachgesucht sowie<br />
um die Miete einer Ausrüstung<br />
für diese Zeit. Hier sagen wir häufig<br />
ja, wobei wir nicht immer die<br />
gesamte Summe bewilligen. Bei<br />
Zahnarztrechnungen übernehmen<br />
wir in der Regel die Hälfte<br />
des Sozialtarifs. Besonders gern<br />
unterstützen wir Gesuche von<br />
Menschen, die um jeden Preis<br />
versuchen, ohne Sozialhilfe über<br />
die Runden zu kommen. Geschieht<br />
in solchen Fällen etwas<br />
Unvorhergesehenes wie eine<br />
Zahnarztbehandlung, dann<br />
reicht das Geld gar nicht mehr<br />
zum Leben.<br />
Gibt es einen Fall, der Sie besonders<br />
berührte?<br />
Davon gibt es viele. Speziell war<br />
zum Beispiel der Antrag einer Familie<br />
für ein Zugbillett. Die Eltern<br />
Ein Mann arbeitet selbständig<br />
als Maler und hat einen kleinen<br />
Verdienst. Doch er ist gesundheitlich<br />
angeschlagen und oft<br />
bettlägrig. Nun ist er bei der IV<br />
angemeldet, aber die Anspruchsprüfung<br />
dauert noch. Seine<br />
Frau arbeitet Teilzeit, verdient<br />
rund 1900 Franken, zwei Kinder<br />
leben noch zuhause. Ein erwachsener<br />
Sohn steuerte sein gutes,<br />
regelmässiges Einkommen zum<br />
Haushalt bei, doch er verstarb<br />
urplötzlich vor wenigen Monaten.<br />
Hier sprechen wir einen<br />
Überbrückungsbeitrag, bis die<br />
IV-Abklärung fertig ist.<br />
•<br />
Eine ältere Frau mit IV-Rente und<br />
Ergänzungsleistungen betreut<br />
ihre oft kranke Enkelin, um die<br />
sich ihre Mutter nicht kümmert.<br />
Beispiele aus dem <strong>OhO</strong>-Alltag<br />
(geschildert von Marianne Kleiner)<br />
Die Tochter meldet sich nie und<br />
holt auch die Sozialhilfe der Gemeinde<br />
für ihr Kind nicht ab, wodurch<br />
der Grossmutter, die ebenfalls<br />
mit sehr wenig Geld leben<br />
muss, die Mittel fehlen. Auch<br />
hier helfen wir durch <strong>OhO</strong>. Grosseltern<br />
wollen ihren Enkeln oft<br />
helfen, geraten aber dann selber<br />
in finanzielle Schwierigkeiten.<br />
•<br />
Manchmal stehen mir auch die<br />
Haare zu Berge. Beim Gesuch einer<br />
Frau etwa, die fünf Kinder<br />
hat, alle kurz nacheinander geboren,<br />
das Jüngste noch kein<br />
Jahr alt und nun haben sich die<br />
Eheleute getrennt. Das empfinde<br />
ich als verantwortungslos.<br />
Man kann doch nicht ein Kind<br />
nach dem anderen auf die Welt<br />
stellen und dann vom <strong>St</strong>aat verlangen,<br />
er solle sich darum kümmern.<br />
Solche Verhaltensweisen<br />
stören mich, auch aufgrund meiner<br />
liberalen Einstellung. Ich bin<br />
der Meinung, ein Mensch sollte<br />
zuerst selber versuchen für sich<br />
und seine Handlungen einzustehen.<br />
Es gibt Leute, die tragen<br />
schon etwas wenig dazu bei, damit<br />
sie selber über die Runden<br />
kommen. Als Psychologin und<br />
Psychotherapeutin, verstehe ich<br />
zwar vieles, kann aber nicht alles<br />
entschuldigen.<br />
•<br />
Eine 79jährige mittellose Frau<br />
lebt im Altersheim. Die Heimleitung<br />
bittet nun um einen Beitrag<br />
an die jährliche gemeinsame Ferienwoche<br />
der Bewohner. Diesem<br />
Gesuch haben wir entsprochen.<br />
möchten mit den vier Kindern zu<br />
den Grosseltern nach Zermatt<br />
fahren, um einige Tage Winterferien<br />
zu machen. Doch für die<br />
Zug reise haben sie kein Geld. Oft<br />
können wir mit relativ kleinen<br />
Beträgen Gutes bewirken.<br />
Mit 65 erlebt die ehemalige<br />
Ausserrhoder<br />
Finanzdirektorin und<br />
Nationalrätin Marianne<br />
Kleiner etwas ganz<br />
Neues: Sie kann als<br />
Mitglied verschiedener<br />
<strong>St</strong>iftungen viel Geld<br />
ausgeben.<br />
www.<strong>anzeiger</strong>.biz 16. Januar 2013 Nr. 3<br />
Sie selber leben in wirtschaftlich<br />
guten Verhältnissen. Was geht<br />
Ihnen beim Lesen dieser Hilferufe<br />
durch den Kopf?<br />
Es gibt mir schon zu denken. Die<br />
Arbeit bei <strong>OhO</strong> öffnet uns Beiräten<br />
die Augen für die unsichtbaren<br />
Facetten von Armut. Wir haben<br />
in der Schweiz ein solides,<br />
tragendes Sozialnetz, niemand<br />
muss in völliger Armut leben.<br />
Aber es gibt Menschen, die mit<br />
extrem wenig Geld auskommen<br />
müssen – ich weiss nicht, wie sie<br />
das schaffen. Da tut es mir schon<br />
weh, wenn die Bahnfahrt zu den<br />
Grosseltern vom Bodensee nach<br />
Zermatt bereits das Budget<br />
sprengt. Für viele von uns gilt<br />
doch: Wüssten wir, dass Bekannte<br />
oder Nachbarn ein solches Problem<br />
haben, würden wir sofort<br />
helfen – aber wir wissen es nicht.<br />
Diese Verbindungsfunktion übernimmt<br />
<strong>OhO</strong>. ➔<br />
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