Panoramafahrt zum Aussichtspunkt - Technikgeschichte der ETH ...
Panoramafahrt zum Aussichtspunkt - Technikgeschichte der ETH ...
Panoramafahrt zum Aussichtspunkt - Technikgeschichte der ETH ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
wicklers <strong>der</strong> «kletternden<br />
Lokomotive» mit neuartigem<br />
Zahnradantrieb. Niklaus Riggenbach<br />
(1817-1899), gelernter Mecha-niker,<br />
Lokomotivbauer, Chef <strong>der</strong> Maschinenwerkstätte<br />
<strong>der</strong> Schweizerischen<br />
Cen-tralbahn in Olten, wurde von <strong>der</strong><br />
neueren Schweizer Verkehrsgeschichte<br />
bereits poin-tierend als zwiespältige<br />
Unternehmerfi-gur charakterisiert:<br />
Seiner risikofreudigen, am<br />
amerikanischen Technik- und Finanzierungsstil<br />
orientierten<br />
Innovationslust stand sein<br />
antiliberales Welt- und Gesellschaftsbild<br />
gegenüber. «Die<br />
demokrati-schen Revolutionen etwa,<br />
die 1848 <strong>zum</strong> heutigen Schweizer<br />
Bundesstaat führten, nahm er mit<br />
Kopfschütteln zur Kenntnis. Die<br />
Parolen <strong>der</strong> liberalen Bewegung – Freiheit<br />
und Gleichheit - taxierte er als zerstörerische<br />
Rebellion gegen die<br />
göttliche Ordnung.» 3<br />
Die Vitznau-Rigi-Bahn, die schon<br />
am Tag ihrer Einweihung als<br />
Leittechnik eines industrialisierten<br />
Aussichtstourismus ge-feiert wurde,<br />
betrachtete <strong>der</strong> Bergbahn-pionier<br />
eher als ein ingenieurtechnisches<br />
Gesellenstück denn als<br />
standardsetzen-des Meisterwerk. 4 Die<br />
Idee, die Rigi, <strong>der</strong>en Gipfelpanorama<br />
wie<strong>der</strong>holt zur «man-nigfaltigsten,<br />
reichsten und schönsten Rundsicht<br />
des schweizerischen Alpenge-birges» 5<br />
erkoren wurde, mit einer Berg-bahn<br />
zu erschliessen, nahm Riggenbach<br />
nicht für sich in Anspruch. Vielmehr<br />
habe ein nicht genauer datierter<br />
Oltner Besuch des Schweizerischen<br />
Generalkonsuls in Washington, John<br />
Hitz, seinen «mehr theoretischen<br />
Studien und Plänen» end-lich zu<br />
einem «praktischen Ziel» verhol-ten:<br />
«(...) und als ich nun auch ihm, wie<br />
allen Besuchern meines Büreaus, die<br />
Berg-bahnmodelle vorwies, rief er aus<br />
», schreibt Riggenbach in<br />
seinen 1887 erschienenen<br />
«Erinnerungen eines alten<br />
Mechanikers». 6<br />
Dem Ingenieur ging es bei <strong>der</strong><br />
Entwicklung<br />
von<br />
Zahnradbahnmodellen nicht<br />
zuvor<strong>der</strong>st um eine technische Erleichterung<br />
<strong>der</strong> Rigifahrt. Seine<br />
Visionen, die er hauptsächlich von<br />
theoretischen Interessen gespeist sah,<br />
galten ganz an<strong>der</strong>en Dimensionen:<br />
1868, ein Jahr vor <strong>der</strong> Einreichung des<br />
Konzessionsgesuchs für die Rigibahn,<br />
veröffentlichte Riggenbach zusammen<br />
mit dem Aarauer Ingenieur Olivier<br />
Zschokke einen «Entwurf für die<br />
Überschienung <strong>der</strong> Alpen mit<br />
Zahnradbetrieb». 7<br />
Der<br />
Projektentwurf schlägt zur<br />
Verbilligung <strong>der</strong> Gotthardbahn eine<br />
Streckenführung<br />
mit<br />
Zahnradabschnitten vor. Diese Low-<br />
Tech-Variante, die in Fach-kreisen<br />
mehr belächelt als diskutiert wur-de,<br />
hätte zwar einen geringeren Materialund<br />
Finanzaufwand bedeutet, hätte<br />
aber auch wesentlich längere<br />
Fahrzeiten zur Folge gehabt.<br />
Noch im Alter von siebzig Jahren,<br />
in seinen rückblickend verfassten<br />
«Erinne-rungen», lässt Riggenbach es<br />
sich nicht nehmen zu bedauern, dass<br />
«bei <strong>der</strong> Gott-hardbahn die<br />
Erfahrungen <strong>der</strong> Rigi nicht<br />
verwerthet» wurden. 8 Gemessen am<br />
Gross-projekt<br />
einer<br />
Alpenüberschienung<br />
mit<br />
Zahnradbetrieb bildete die Vitznau-<br />
Rigi-Bahn, für welche die<br />
Unternehmer Nik-laus Riggenbach,<br />
Olivier Zschokke und Adolf Näff 1869<br />
die Baubewilligung erhiel-ten, nur das<br />
Teilchen eines Rä<strong>der</strong>werks." das<br />
Beweisstück nämlich, dass sich eine<br />
Zahnradanlage nicht nur in kürzester<br />
Zeit erstellen liess, son<strong>der</strong>n dass sie<br />
zudem eine funktionstüchtige,<br />
betriebssichere und kostengünstige<br />
technische Lösung darstellt. 9<br />
28