LUZERN Schneevergnügen wie Schlitteln und Skifahren kamen um die Jahrhun<strong>der</strong>twende in Mode und animierten die Berg-hotellerie und die Bergbahnen zur Unterhaltung eines ganzjährigen Betriebs. Die Vitznau-Rigi-Bahn nahm 1907 erstmals den Winterbetrieb auf: Rigibahn-Plakat für die Saison 1913/14. 29
VORGESPURTES EXPERIMENTIERFELD Bereits 1.857, beim Versuchsbetrieb <strong>der</strong> Centralbahn durch den Hauensteintun-nel, habe er beobachtet, wie die natürliche Adhäsion schon bei geringen Steigungen versage, erinnert sich Riggenbach an die Anfänge seiner Bergbahnstudien. «Um diesem Uebelstande abzuhelfen, sann ich auf allerlei Mittel und kam dabei auf den Gedanken, dass eine Abhilfe nur mittelst einer Zahnstange, die in ein Zahnrad eingreife, zu erlangen sei.» 10 Die Verwendung von Zahnstangen und Zahnrä<strong>der</strong>n, die Riggenbach rückblickend zu einer glücklichen Eingebung stilisiert, stellt allerdings keine gänzlich neue Stossrich-tung im Eisenbahnbau dar. Vielmehr wurden die «Dampfwagen» und «Dampfrosse» aus <strong>der</strong> Frühzeit des Eisenbahnbaus in mangeln<strong>der</strong> Kenntnis <strong>der</strong> Adhäsionswirkung schon einmal mit Zahnrä<strong>der</strong>n ausgerüstet. 11 Die Lokomotivenkonstruktion emanzipierte sich in <strong>der</strong> Folge von dem im Flachland unnötigen Zubehör, die Überwindung von Steigungen blieb jedoch eine viel diskutierte Problemzone bei <strong>der</strong> Anlage und Ausbreitung von Schienennetzen. Geländeerhebungen, Hügel und Berge wurden bis ins späte 19. Jahrhun<strong>der</strong>t entwe<strong>der</strong> mittels ausweichen<strong>der</strong> Streckenführung umfahren, mit dem Bau von Rampen abgeflacht, mit Tunnels durchstochen o<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Einbindung von zusätzlichen Zugkräften - Pferden o<strong>der</strong> stationären Dampfmaschinen - zu überwinden versucht. Die Bemühungen, Lokomotiven selbständig <strong>zum</strong> Klettern zu bringen, erprobt etwa auf einer 1840 errichteten Zahnstangenrampe <strong>der</strong> Bahn zwischen den amerikanischen Städten Madison und Indianapolis, scheiterten meist an <strong>der</strong> hohen Störungsanfälligkeit früher Zahnradanlagen. 12 Umso phantasievoller wurde nach alternativen Konstruktionsprinzipien geforscht: In Europa gab beispielsweise die Sü<strong>der</strong>weiterung <strong>der</strong> österreichischen Staatsbahnen und <strong>der</strong> dabei zu überwindende Semmeringpass in den 1840er-Jahren Anlass zu Bergbahnentwürfen mit horizontal eingreifenden Hilfsrä<strong>der</strong>n. 13 Und <strong>der</strong> Schweizer Bundesrat schrieb 1859 eine internationale Ideenkonkurrenz aus, um Forschungen und Entwicklungen im Bereich des Bergbahnbaus zu motivieren. Zwanzig Projekte gingen ein, vorgeschlagen wurden verschiedenste Antriebssysteme, von einer Traktion mit Luftballons über eine Verstärkung <strong>der</strong> Adhäsionskraft mittels Potenzierung <strong>der</strong> Triebrä<strong>der</strong> bis hin zu verschiedenen Systemen mit Zahnrä<strong>der</strong>n und Zahnstangen. 14 Niklaus Riggenbach, <strong>der</strong> für seine Zahnstangen und Zahnradlokomotiven nach dem «System Riggenbach» in den Jahren 1863 und 1865 das französische und nordamerikanische Patent erwarb, arbeitete in einem bereits vorgespurten Experimentierfeld. In praktischer Hinsicht stellten insbeson<strong>der</strong>e die 1869 eröffnete Zahnradbahn auf den Mount Washington, aber auch die 1868 errichtete interimistische Schmalspurbahn über den französischen Mont Cenis wegweisende Leitplanken dar. 15 BÜNDNISPARTNER HOTELLERIE Ob Hauptziel o<strong>der</strong> überraschen<strong>der</strong> Nebeneffekt: Die Touristenbahn auf die Rigi erwies sich als durchschlagendes Erfolgskonzept. Als neuartiges Transportmittel nahm die Vitznau-Rigi-Bahn proto-