P.T. MAGAZIN 05/2012
Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung
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Gesellschaft<br />
Frauen verdienen weniger… richtig so<br />
Eine heiße Diskussion im Netz über geschlechtsspezifische Bezahlung<br />
Hat er gut lachen, weil er mehr verdient als eine Frau in gleicher Position?<br />
Mit dieser Überschrift begann im Unternehmensnetzwerk<br />
XING im Juni <strong>2012</strong><br />
eine Diskussion, die nach wenigen Tagen<br />
fast 4.000 Mal aufgerufen wurde und<br />
zu mehr als 330 Beiträgen provozierte.<br />
Natürlich war die Überschrift ein „Reißer“<br />
mit dem Aufmerksamkeit erzeugt<br />
werden sollte. Der Initiator der Diskussion<br />
machte bereits in der Einführung<br />
seine Position klar, dass er sicher nicht<br />
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der Meinung ist, Frauen sollten gegenüber<br />
Männern bei gleicher Qualifikation,<br />
Erfahrung und Leistung schlechter<br />
bezahlt werden. Vielmehr ging es um<br />
die Frage, ob die Tatsache, dass Männer<br />
im Mittel ein höheres Einkommen erzielen,<br />
eine plausible und nachvollziehbare<br />
Begründung hat. Der Zustand also „richtig<br />
so“ ist. Die Diskussion wuchs mitunter<br />
schnell zu einem echten „Glaubenskrieg“<br />
mit klaren Fronten aus. Auch weit<br />
abschweifende Beiträge und Antworten<br />
darauf hatten nur noch ganz am Rande<br />
mit dem ursprünglichen Thema zu tun.<br />
Mehr Frauen als Männer in Teilzeit<br />
Mit Vorsicht sind, wie bei allen Statistiken,<br />
auch in diesem Fall die Annahmen<br />
und Prämissen zu beleuchten. Berücksichtigt<br />
eine Auswertung nämlich nicht<br />
den Aspekt der Arbeitszeit sondern nur<br />
die nominalen Einkommen, ist eine Verfälschung<br />
der Ergebnisse schon vorprogrammiert,<br />
alleine auf Grund der Tat sache,<br />
dass mehr Frauen als Männer in Teilzeit<br />
arbeiten. Davon unabhängig wurde festgestellt,<br />
dass rein formal in Deutschland<br />
eine unterschiedliche Bezahlung alleine<br />
wegen der Geschlechtszugehörigkeit<br />
gesetzlich verboten ist. Schon im Grundgesetz<br />
wird mit dem Artikel 3 die Grundlage<br />
für Gleichberechtigung von Mann<br />
und Frau gelegt und im Allgemeinen<br />
Gleichbehandlungsgesetz (AGG) speziell<br />
für die Arbeitswelt konkretisiert.<br />
Angebot und Nachfrage<br />
In eine ganz andere Richtung führte die<br />
These, dass häufig in eher schlechter<br />
bezahlten Berufen der Anteil an Frauen<br />
und in besser bezahlten Berufen der<br />
Anteil an Männern höher ist, es also<br />
mehr IT-Experten auf der einen Seite und<br />
mehr Frisörinnen auf der anderen gibt.<br />
Der Aspekt wurde nicht bestritten. Mehr<br />
oder weniger offen blieb aber die Frage,<br />
warum denn eigentlich „typischen Frauenberufe“<br />
schlechter bezahlt werden<br />
als „typische Männerberufe“? Entsteht<br />
ein Preis, auch der einer Arbeitsleistung,<br />
nicht einfach am Markt durch Angebot<br />
und Nachfrage? Also völlig unabhängig<br />
davon, welchen Geschlechtes überwiegend<br />
die „Lieferanten“ der Arbeitsleistung<br />
sind? Theoretisch schon…<br />
18 P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 5/<strong>2012</strong><br />
(Foto: Benjamin Thorn/pixelio.de)<br />
Konsequentes Verhandeln<br />
Mehrfach genannt wurde auch die<br />
Erfahrung, dass Männer im Mittel einfach<br />
härter und konsequenter für die<br />
monetären Rahmenbedienungen eines<br />
Arbeitsvertrags verhandeln als viele<br />
weibliche Kolleginnen. Mag es daran<br />
liegen, dass Frauen häufig bescheidener<br />
auftreten als Männer? Sie ihre eigenen<br />
Qualitäten eher etwas unterbewerten<br />
(oder nicht so stark übertreiben)? Oder<br />
darauf warten, dass ihre Arbeitsleistung<br />
von alleine erkannt und honoriert wird?<br />
Vielleicht liegt es auch daran, dass das<br />
Einkommen über den Versorgungsaspekt<br />
hinaus gerade bei Männern noch<br />
als wichtiges Statussymbol dient? Interessant<br />
war auch der Gedanke, dass<br />
wenn Frauen tatsächlich bei gleicher<br />
Qualifikation, Erfahrung und Leistung<br />
bereit wären für weniger Geld zu<br />
arbeiten, müsste ja jedes Unternehmen,<br />
welches im Wettbewerb steht, bemüht<br />
sein nur noch Frauen einzustellen.<br />
Geschlechtsspezifische Gründe<br />
Und doch scheint es noch den Dinosaurier<br />
unter den Personalverantwortlichen<br />
zu geben. So wurde aus Erfahrungen<br />
berichtet, in denen weibliche Bewerber<br />
hören mussten: „er zahle ihr vorab<br />
schon mal weniger als den Männern, …<br />
weil sie ja schließlich irgendwann mal<br />
Kinder kriegen‘".<br />
Ob nach solchen Aussagen, Frau<br />
ein Jobangebot annehmen sollte, steht<br />
auf einem anderen Blatt. Ebenso die<br />
Frage danach, mit welchen weiteren<br />
nicht geschlechtsspezifischen Gründen<br />
Arbeitgeber versuchen, die Bewerberinen<br />
in Einkommensverhandlungen zu<br />
„drücken“.<br />
Über den Autor<br />
n Michael Gawlik ist<br />
Leiter der Abteilung<br />
Service&Auftragsdisposition der<br />
Siemens Enterprise Communications<br />
GmbH & Co. KG<br />
5/<strong>2012</strong> P.T. <strong>MAGAZIN</strong> 19<br />
Kein Vorschlag zur Lösung<br />
Frauen verdienen weniger… richtig<br />
so… oder auch nicht? Einen Konsens<br />
oder geänderte Meinungen gab es am<br />
Ende der Diskussion nicht. Vielleicht<br />
war daran auch keiner wirklich interessiert,<br />
sondern nur an der gegenseitigen<br />
Bestätigung der eigenen (Vor)urteile.<br />
Bezeichnend ist allerdings, dass, sollte<br />
es tatsächlich ein Problem geben, kein<br />
einziger Vorschlag zur Lösung gemacht<br />
wurde. n<br />
Michael Gawlik<br />
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