Implantierbare Hörgeräte - HNO-Klinik an der Uniklinik Köln
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im Vergleich zu elektromagnetischen Systemen<br />
mit weniger Energie auskommen<br />
[1, 2, 5, 8]. Ein weiterer Vorteil piezoelektrischer<br />
W<strong>an</strong>dler liegt darin, dass sie im<br />
Vergleich zu elektromagnetischen W<strong>an</strong>dlern<br />
Hochfrequenzsignale besser wie<strong>der</strong>geben<br />
können. Nachteilig ist die Steifheit<br />
piezoelektrischer W<strong>an</strong>dler, die ihre Verwendung<br />
zwischen fixierten und mobilen<br />
Strukturen des Mittelohrs problematisch<br />
macht: Wird das Hörgerät ausgeschaltet,<br />
führen sie so zu einer zusätzlichen<br />
Versteifung <strong>der</strong> Kette und verringern<br />
die Vibrationsfähigkeit des Mittelohrs<br />
[2, 9]. Piezoelektrische W<strong>an</strong><strong>der</strong> haben<br />
zudem den Nachteil, dass sie größer<br />
sind als elektromagnetische W<strong>an</strong>dler [2].<br />
Beim vollständig impl<strong>an</strong>tierbaren Hörsystem<br />
Esteem® werden zwei piezoelektrische<br />
W<strong>an</strong>dler eingesetzt, zum einen ein<br />
Sensor zur Aufnahme <strong>der</strong> Schwingungen<br />
des Ambosskörpers und zum <strong>an</strong><strong>der</strong>en ein<br />
Aktuator, <strong>der</strong> den Stapes bewegt. Im Vergleich<br />
hierzu kommen die mittelohrgekoppelten<br />
Hörsysteme mit elektromagnetischem<br />
W<strong>an</strong>dler, Carina® und Vibr<strong>an</strong>t<br />
Soundbridge®, mit deutlich weniger Platz<br />
aus (. Abb. 1, 2, 3).<br />
Nicht zuletzt die unterschiedlichen<br />
Vor- und Nachteile <strong>der</strong> beiden W<strong>an</strong>dlersysteme<br />
haben zur Entwicklung vieler<br />
verschiedener Systeme impl<strong>an</strong>tierbarer<br />
<strong>Hörgeräte</strong> geführt [2, 10].<br />
Indikationsspektrum<br />
Der audiologische Indikationsbereich<br />
für impl<strong>an</strong>tierbare <strong>Hörgeräte</strong> wird von<br />
den jeweiligen Herstellern im Bereich<br />
<strong>der</strong> mittel- bis hochgradigen Schwerhörigkeiten<br />
<strong>an</strong>gegeben und ist für die verschiedenen<br />
Systeme grundsätzlich ähnlich,<br />
jedoch nicht vollkommen identisch<br />
(. Abb. 4; [1]. Sowohl zu den konventionellen<br />
<strong>Hörgeräte</strong>n als auch zu Cochleaimpl<strong>an</strong>taten<br />
gibt es hinsichtlich des audiologischen<br />
Indikationsspektrums Überlappungen.<br />
So erlaubt die neue Technologie<br />
<strong>der</strong> Hybrid-Cochleaimpl<strong>an</strong>tate mit ihrer<br />
elektroakustischen Stimulation heutzutage<br />
die Versorgung von Patienten mit Resthörigkeit<br />
[11]. Auf <strong>der</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>en Seite hat<br />
sich die Leistung konventioneller <strong>Hörgeräte</strong><br />
nicht zuletzt aufgrund <strong>der</strong> neuen digitalen<br />
Signalverarbeitung in den letzten<br />
Jahren stetig verbessert. In <strong>der</strong> Folge ist<br />
das audiologische Indikationsspektrum<br />
für Mittelohrimpl<strong>an</strong>tate erheblich eingeschränkt<br />
[12].<br />
Heutzutage werden impl<strong>an</strong>tierbarer<br />
<strong>Hörgeräte</strong> daher vorwiegend aus medizinischen<br />
o<strong>der</strong> kosmetischen und weniger<br />
aus rein audiologischen Gründen eingesetzt.<br />
An<strong>der</strong>s ausgedrückt: Besteht eine<br />
Schwerhörigkeit mit Indikation zur konventionellen<br />
<strong>Hörgeräte</strong>versorgung und<br />
ist aus medizinischen und/o<strong>der</strong> audiologischen<br />
Gründen die Versorgung mit<br />
<strong>Hörgeräte</strong>n konventioneller Bauart nicht<br />
erfolgreich o<strong>der</strong> nicht möglich, so k<strong>an</strong>n<br />
ein impl<strong>an</strong>tierbares Hörgerät eine sinnvolle<br />
Option darstellen. <strong>Impl<strong>an</strong>tierbare</strong><br />
<strong>Hörgeräte</strong> können indiziert sein bei Fehlbildungen<br />
des Ohrs, Unverträglichkeit<br />
von Fremdkörpern im Gehörg<strong>an</strong>g o<strong>der</strong><br />
etwa <strong>der</strong> chronischen Otitis externa bzw.<br />
bei Gehörg<strong>an</strong>gsekzem.<br />
Kontraindikationen betreffen die <strong>an</strong><br />
Taubheit grenzende Schwerhörigkeit,<br />
schwere psychiatrische und/o<strong>der</strong> psychosomatische<br />
Erkr<strong>an</strong>kungen, schwere<br />
Allgemeinerkr<strong>an</strong>kungen mit Gefahr von<br />
Wundheilungsstörungen und eine schnell<br />
fortschreitende Hörmin<strong>der</strong>ung [4]. Auch<br />
wenn moment<strong>an</strong> die Indikationen für ein<br />
impl<strong>an</strong>tierbares Hörsystem nahezu ausschließlich<br />
nichtaudiologischer Natur<br />
sind, so unterliegt die Leistung <strong>der</strong> verschiedenen<br />
impl<strong>an</strong>tierbaren und nichtimpl<strong>an</strong>tierbaren<br />
Hörsysteme in Verbindung<br />
mit verschiedenen Operationsverfahren<br />
jedoch großen Verän<strong>der</strong>ungen und für<br />
einzelne Systeme dürften sich die audiologischen<br />
Indikationsspektra in <strong>der</strong> Zukunft<br />
erheblich ausweiten [1, 7, 12].<br />
Historie<br />
Bevor die ersten impl<strong>an</strong>tierbaren Hörsysteme<br />
im Menschen eingesetzt wurden,<br />
bedurfte es einiger Grundlagenforschung<br />
und Vorarbeiten (u. a. [31, 32, 33, 34]), wodurch<br />
wichtige Erkenntnisse für die spätere<br />
Entwicklung von impl<strong>an</strong>tierbaren <strong>Hörgeräte</strong>n<br />
gewonnen wurden [1]. Das erste<br />
in Serie hergestellte teilimpl<strong>an</strong>tierbare<br />
Hörsystem stellte das 1977 entwickelte<br />
BAHA („bone <strong>an</strong>chored hearing aid“,<br />
Fa. Cochlear Limited, Australien, bis zum<br />
Jahr 2005 Entific Medical Systems, Schweden)<br />
dar. Das BAHA wird tr<strong>an</strong>skut<strong>an</strong> <strong>an</strong><br />
eine zuvor operativ im Schädelknochen<br />
Zusammenfassung · Abstract<br />
<strong>HNO</strong> 2011 · 59:980–987<br />
DOI 10.1007/s00106-011-2402-0<br />
© Springer-Verlag 2011<br />
J.C. Luers · D. Beutner · K.-B. Hüttenbrink<br />
<strong>Impl<strong>an</strong>tierbare</strong> <strong>Hörgeräte</strong><br />
Zusammenfassung<br />
<strong>Impl<strong>an</strong>tierbare</strong> <strong>Hörgeräte</strong> im engeren Sinne<br />
sind technische Systeme, die ein akustisches<br />
Signal nach entsprechen<strong>der</strong> Verarbeitung<br />
durch direkte mech<strong>an</strong>ische Stimulation<br />
<strong>der</strong> Ossikelkette o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Cochlea bereitstellen.<br />
Gegenüber konventionellen <strong>Hörgeräte</strong>n<br />
weisen sie Vorteile bezüglich des Tragekomforts<br />
und <strong>der</strong> generellen Akzept<strong>an</strong>z auf.<br />
Da bis heute allerdings keine überzeugenden<br />
audiologischen Vorteile vorliegen, sind die Indikationen<br />
zur Verwendung impl<strong>an</strong>tierbarer<br />
Hörsysteme moment<strong>an</strong> vorr<strong>an</strong>gig medizinischer<br />
Natur. In Deutschl<strong>an</strong>d sind heutzutage<br />
die Systeme Vibr<strong>an</strong>t Soundbridge®, Carina®<br />
und Esteem® verfügbar. Die Leistung <strong>der</strong><br />
verschiedenen impl<strong>an</strong>tierbaren und nichtimpl<strong>an</strong>tierbaren<br />
Hörsysteme in Verbindung mit<br />
verschiedenen Operationsverfahren unterliegt<br />
aktuell großen Verän<strong>der</strong>ungen, sodass zukünftig<br />
auch rein audiologische Indikationen<br />
möglich sein könnten.<br />
Schlüsselwörter<br />
<strong>Hörgeräte</strong> · Mittelohrimpl<strong>an</strong>tat · Mittelohr ·<br />
Innenohr · Schwerhörigkeit<br />
Impl<strong>an</strong>table hearing aids<br />
Abstract<br />
Strictly speaking, impl<strong>an</strong>table hearing aids<br />
are technical systems that process audiological<br />
signals <strong>an</strong>d convey these by direct mech<strong>an</strong>ical<br />
stimulation of the ossicular chain or<br />
cochlea. They have certain benefits over conventional<br />
hearing aids in terms of wearing<br />
comfort <strong>an</strong>d general accept<strong>an</strong>ce. As current<br />
studies lack convincing audiological results,<br />
the indications for impl<strong>an</strong>table hearing aids<br />
are primarily of medical or cosmetic nature.<br />
To date, three systems are available in Germ<strong>an</strong>y:<br />
Vibr<strong>an</strong>t Soundbridge®, Carina®, <strong>an</strong>d Esteem®.<br />
Because the perform<strong>an</strong>ce of the different<br />
impl<strong>an</strong>table <strong>an</strong>d nonimpl<strong>an</strong>table hearing<br />
systems together with various surgical<br />
procedures are currently un<strong>der</strong>going major<br />
ch<strong>an</strong>ges, audiological indications may also<br />
develop in the future.<br />
Keywords<br />
Hearing aids · Middle ear impl<strong>an</strong>t · Middle<br />
ear · Inner ear · Hearing loss<br />
<strong>HNO</strong> 10 · 2011 |<br />
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