Download als PDF - Agrarforschung Schweiz
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Agrar<br />
forschung<br />
schweiz<br />
S e p t e m b e r 2 0 1 0 | H e f t 9<br />
Agroscope | BLW | SHL | AGRIDEA | ETH Zürich<br />
Nutztiere Siliermittel und aerobe Stabilität – Testergebnisse 2009 Seite 308<br />
Agrarwirtschaft Einstellungen zu Hochleistungs- und Vollweidestrategie Seite 326<br />
Pflanzenbau Quarantänenematoden im <strong>Schweiz</strong>er Gemüsebau Seite 340
Die Qualität von Silagen spielt bei der Fütterung von Kühen<br />
eine wichtige Rolle. Die Forschungsanstalt Agroscope<br />
Liebefeld-Posieux ALP testet auf Anfrage die neuen Siliermittel<br />
zur Verbesserung der Milchsäuregärung oder der<br />
aeroben Stabilität von Gras- und Maissilagen.<br />
(Foto: Olivier Bloch, ALP)<br />
Impressum<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> / Recherche Agronomique Suisse ist die<br />
Zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope<br />
und ihren Partnern. Die Zeitschrift erscheint auf Deutsch und<br />
Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung,<br />
Industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und<br />
eidgenös sische Ämter und weitere Fachinteressierte.<br />
Herausgeberin<br />
Agroscope<br />
Partner<br />
b Agroscope (Forschungsanstalten Agroscope Changins-Wädenswil<br />
ACW; Agroscope Liebefeld-Posieux ALP und <strong>Schweiz</strong>erisches<br />
Nationalgestüt SNG; Agroscope Reckenholz-Tänikon ART)<br />
b Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bern<br />
b <strong>Schweiz</strong>erische Hochschule für Landwirtschaft SHL, Zollikofen<br />
b Beratungszentralen AGRIDEA, Lindau und Lausanne<br />
b Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich,<br />
Departement Agrar- und Lebensmittelwissenschaften<br />
Redaktion<br />
Andrea Leuenberger-Minger, <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> / Recherche Agronomique<br />
Suisse, Forschungs anstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP,<br />
Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21,<br />
Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch<br />
Judith Auer, <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> / Recherche Agronomique<br />
Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, Postfach<br />
1012, 1260 Nyon 1, E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch<br />
Redaktionsteam<br />
Vorsitz: Jean-Philippe Mayor (Direktor ACW), Eliane Rohrer (ACW), Gerhard<br />
Mangold (ALP und SNG), Etel Keller-Doroszlai (ART),<br />
Karin Bovigny-Ackermann (BLW), Beat Huber-Eicher (SHL),<br />
Philippe Droz (AGRIDEA), Jörg Beck (ETH Zürich).<br />
Abonnement<br />
Preise<br />
Zeitschrift: CHF 61.–* (Ausland + CHF 20.– Portokosten),<br />
inkl. MWSt. und Versandkosten, Online: CHF 61.–*<br />
*reduzierter Tarif siehe: www.agrarforschungschweiz.ch oder<br />
info@agrarforschungschweiz.ch<br />
Adresse<br />
Nicole Boschung, <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> / Recherche Agronomique<br />
Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP,<br />
Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21,<br />
Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch<br />
Internet<br />
www.agrarforschungschweiz.ch<br />
www.rechercheagronomiquesuisse.ch<br />
ISSN infos<br />
ISSN 1663-7852 (Print)<br />
ISSN 1663-7909 (Internet)<br />
Schlüsseltitel: <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong><br />
Abgekürzter Schlüsseltitel: Agrarforsch. <strong>Schweiz</strong><br />
© Copyright Agroscope. Nachdruck von Artikeln gestattet,<br />
bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an<br />
die Redaktion.<br />
Inhalt<br />
September 2010 | Heft 9<br />
307 Editorial<br />
Nutztiere<br />
308 Siliermittel und aerobe Stabilität –<br />
Testergebnisse 2009<br />
Ueli Wyss<br />
Nutztiere<br />
314 Stabilität von Silagen für Pferde bei<br />
der Verfütterung<br />
Ueli Wyss, Regina Klein, Kathrin Mund, Ruedi<br />
von Niederhäusern, Brigitte Strickler und<br />
Brigitta Wichert<br />
Umwelt<br />
320 Agrarmeteorologische Bedingungen im<br />
<strong>Schweiz</strong>er Mittelland von 1864 bis 2050<br />
Pierluigi Calanca und Annelie Holzkämper<br />
Agrarwirtschaft<br />
326 Einstellungen zu Hochleistungs- und<br />
Vollweidestrategie<br />
Ivo Baur, Martin Dobricki und Markus Lips<br />
Pflanzenbau<br />
334 Bastard-Raigras und Wiesenfuchsschwanz:<br />
Sortenversuche 2007 bis 2009<br />
Rainer Frick, Eric Mosimann, Daniel Suter und<br />
Hans-Ueli Hirschi<br />
Pflanzenbau<br />
340 Quarantänenematoden im <strong>Schweiz</strong>er<br />
Gemüsebau<br />
Reinhard Eder, Irma Roth, Catherine Terrettaz<br />
und Sebastian Kiewnick<br />
Kurzbericht<br />
346 Phoma der Sonnenblume: Kann nach<br />
Temperaturschwellen behandelt werden?<br />
Peter Frei<br />
350 Porträt<br />
351 Aktuell<br />
355 Veranstaltungen<br />
Berner Fachhochschule<br />
Haute école spécialisée bernoise<br />
<strong>Schweiz</strong>erische Hochschule<br />
für Landwirtschaft SHL<br />
Haute école suisse d’agronomie HESA
Editorial<br />
Agrarwissenschaften, wichtiger<br />
denn je an der ETH<br />
Liebe Leserin, lieber Leser<br />
Bernard Lehmann,<br />
Vorsteher des Departements Agrarund<br />
Lebensmittelwissenschaften,<br />
ETH Zürich<br />
Die Überraschung war gross, <strong>als</strong> die Schulleitung der ETH im Frühjahr bekannt<br />
gab, dass es das Departement Agrar- und Lebensmittelwissenschaften in dieser<br />
Form ab 2012 nicht mehr geben und ein Departement «Gesundheitswissenschaften<br />
und Technologie» geschaffen wird. In der eigentlichen<br />
Agrarszene war man teilweise auch empört. Die Situation war für die Professorenschaft<br />
alles andere <strong>als</strong> einfach. Auch wenn die Trennung mitten in der<br />
Wertschöpfungskette für Nahrungsmittel aus der Innensicht kaum Sinn<br />
macht, muss man zugestehen, dass aus übergeordneten Motiven die neue<br />
Konstellation durchaus Sinn machen kann, beziehungsweise Sinn macht.<br />
Das World Food System, das wir <strong>als</strong> strategische Stossrichtung und Systembezug<br />
für unser Departement ins Leben gerufen haben, wurde durch die<br />
Schulleitung <strong>als</strong> einer der Prioritäten der ETH Zürich anerkannt und soll in<br />
Zukunft in der Form eines Kompetenzzentrums vor allem die Agrarwissenschaften<br />
und die Lebensmittelwissenschaften verbinden. Das Kompetenzzentrum<br />
wird sich mit aktuellen und zukünftigen Herausforderungen befassen<br />
und zusammen mit der Forschung der neuen Departemente innovative Lösungen<br />
– in Verbindung mit der Lehre und der Mitarbeit der Studierenden – ausarbeiten.<br />
Das neu zu bildende Departement «Gesundheitswissenschaften und Technologie»<br />
wird die Lebensmittelwissenschaften und andere Disziplinen beheimaten,<br />
wie die Bewegungswissenschaften oder die Neurowissenschaften.<br />
Damit wird auch ersichtlich, wie wichtig die adäquate Versorgung des Menschen<br />
mit Nahrungsmitteln für die Gesundheit ist.<br />
Im neuen Departement, das das bisherige Department Umweltwissenschaften<br />
und die Agrarwissenschaften zusammenführt, wird die nachhaltige<br />
Nutzung der natürlichen Ressourcen für die Nahrungsmittelproduktion eine<br />
Schlüsselrolle spielen. Die Agrarwissenschaftsprofessuren werden dabei durch<br />
mehrere Professuren ergänzt, die sich mit der langfristigen Nachhaltigkeit<br />
der Nutzung der Agrar-Ökosysteme befassen. In diesem Sinne ist es eine wirkliche<br />
Stärkung der Agrarwissenschaften, indem eine intensivere Zusammenarbeit<br />
in Forschung und Lehre – ohne Departementsgrenzen – ermöglicht<br />
wird. Langfristig kann eine produzierende Landwirtschaft nur eine ökologische<br />
Landwirtschaft sein, der es gelingt, gleichzeitig eine Intensivierung und<br />
eine bessere Schonung der Ressourcen umzusetzen.<br />
Diese Erkenntnisse zur Frage «how to achieve a sustainable intensification»<br />
werden in den Studiengang Agrarwissenschaften auf Bachelor- wie auf<br />
Masterstufe einfliessen und damit die künftigen Agronominnen und Agronomen<br />
auf die Herausforderungen einer massiv steigenden Nahrungsmittelnachfrage<br />
und dem Bedürfnis, die genutzten Ressourcen für die künftigen<br />
Generationen zu bewahren, vorbereiten. In diesem Sinne, ist der Entscheid<br />
der Schulleitung der ETH zu begrüssen.<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 307, 2010<br />
307
N u t z t i e r e<br />
Siliermittel und aerobe Stabilität –<br />
Testergebnisse 2009<br />
Ueli Wyss, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, 1725 Posieux<br />
Auskünfte: Ueli Wyss, E-Mail: ueli.wyss@alp.admin.ch, Tel. +41 26 407 72 14<br />
Foto: ALP<br />
Silomais gilt <strong>als</strong> leicht silierbar. Probleme treten bei den Maissilagen vor allem durch Nachgärungen bei der Entnahme auf.<br />
E i n l e i t u n g<br />
M a t e r i a l u n d M e t h o d e n<br />
Silomais gilt <strong>als</strong> leicht silierbar. Probleme treten bei den<br />
Maissilagen vor allem bei der Entnahme durch die starke<br />
Anfälligkeit für Nachgärungen auf. Eine ungenügende<br />
Verdichtung und vor allem zu geringe Entnahmemengen<br />
bei der Verfütterung sind die Hauptgründe für das<br />
Auftreten von Nachgärungen. Durch den gezielten Einsatz<br />
von Siliermitteln kann die aerobe Stabilität der Silagen<br />
verbessert werden. Inwieweit die beiden Produkte<br />
Fireguard und Sil-EM für diesen Anwendungsbereich<br />
wirksam sind, wurde in Versuchen mit Silomais im Herbst<br />
2009 untersucht.<br />
Silomais der Sorte Amadeo wurde am 8. (1. Erntetermin)<br />
und am 25. September 2009 (2. Erntetermin) mit einem<br />
durchschnittlichen TS-Gehalt von 31,9 und 40,3 % einsiliert.<br />
Die Maispflanzen wurden auf dem Feld von Hand<br />
geschnitten und anschliessend mit einem Probenhäcksler<br />
zerkleinert (theoretische Häcksellänge 5 mm). Pro Erntetermin<br />
und Variante wurden jeweils fünf Laborsilos zu<br />
1,5 l Inhalt gefüllt.<br />
Die Gehaltswerte der Maispflanzen beim Einsilieren<br />
sind aus Tabelle 1 ersichtlich. Die anhand des TS-Gehaltes<br />
und des Verhältnisses Zucker/Pufferkapazität berech-<br />
308 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 308–313, 2010
Siliermittel und aerobe Stabilität – Testergebnisse 2009 | Nutztiere<br />
neten Vergärbarkeitskoeffizienten ergaben Werte von<br />
55 und 69. Bei Werten über 45 gilt das Siliergut <strong>als</strong> leicht<br />
silierbar (Kaiser und Weiss 2007).<br />
Als Negativkontrolle diente eine Variante «Ohne<br />
Zusatz» und <strong>als</strong> Positivkontrolle eine Variante mit Luprosil.<br />
Geprüft wurden die beiden Produkte Fireguard und<br />
Sil-EM. Das Produkt Fireguard wurde bereits 2005 und<br />
2008 geprüft (Wyss 2006; Wyss 2009). Die genauen Dosierungen<br />
der eingesetzten Siliermittel sind in Tabelle 2 dargestellt.<br />
Beim 2. Erntetermin wurden beim Produkt<br />
Fireguard zusätzlich noch die beiden Dosierungen von<br />
30 und 60 g pro 100 kg Futter getestet. Beim Produkt<br />
Fireguard handelt es sich um ein Kombiprodukt. Neben<br />
Kaliumsorbat und Natriumbenzoat sind in diesem Produkt<br />
auch homofermentative Milchsäurebakterien enthalten.<br />
Das Produkt Sil-EM besteht aus effektiven Mikroorganismen.<br />
Gemäss der Deklaration beträgt der<br />
Keimbesatz an Milchsäurebakterien beim Produkt Fireguard<br />
2,5 × 10 8 koloniebildende Einheiten (KBE) pro g<br />
Siliermittel. Eine Überprüfung der Keimzahl bei beiden<br />
Ernteterminen ergab Werte von 3,9 × 10 6 und 5,5 × 10 5<br />
KBE/g. Im Produkt Sil-EM sind laut Deklaration 1,4 × 10 8<br />
KBE/g enthalten. Hier ergab die Überprüfung Werte von<br />
1,9 × 10 8 und 2,0 × 10 8 KBE/g. <br />
Zusammenfassung<br />
Die Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-<br />
Posieux ALP hat die beiden Siliermittel<br />
Fireguard und Sil-EM zur Verbesserung der<br />
aeroben Stabilität bei Maissilagen geprüft.<br />
Zusätzlich wurde neben einer Negativkontrolle<br />
ohne Zusatz auch eine Positivkontrolle<br />
mit Luprosil mitberücksichtigt. Die Versuche<br />
wurden mit Silomais der Sorte Amadeo mit<br />
Trockensubstanz(TS)-Gehalten von 32 und<br />
40 % in Laborsilos zu 1,5 Liter Inhalt durchgeführt.<br />
Die Silierdauer betrug 56 Tage.<br />
Mit Ausnahme der mit Sil-EM behandelten<br />
Silagen zeigten alle Silagen eine sehr gute<br />
Gärqualität und dementsprechend hohe<br />
DLG-Punktzahlen. Der Einsatz von Sil-EM<br />
führte zu erhöhten Essigsäuregehalten und<br />
höheren Verlusten, jedoch zu einer Verbesserung<br />
der aeroben Stabilität. Beim Siliermittel<br />
Fireguard ist die Dosierung für die Wirksamkeit<br />
zur Verbesserung der aeroben Stabilität<br />
entscheidend. Die beiden Produkte Fireguard<br />
und Sil-EM wurden nun definitiv für die<br />
Verbesserung der aeroben Stabilität bewilligt.<br />
Tab. 1 | Gehaltswerte des Silomaises beim Einsilieren<br />
1. Erntetermin 2. Erntetermin<br />
Trockensubstanz % 31,9 40,3<br />
Rohasche g/kg TS 44 32<br />
Rohprotein g/kg TS 74 74<br />
Rohfaser g/kg TS 195 158<br />
ADF g/kg TS 216 190<br />
NDF g/kg TS 421 338<br />
Zucker g/kg TS 86 84<br />
Nitrat g/kg TS 0,7 0,1<br />
Pufferkapazität g/kg TS 28 23<br />
Vergärbarkeitskoeffizient 55 69<br />
NEL MJ/kg TS 6,3 6,6<br />
APDE g/kg TS 68 71<br />
APDN g/kg TS 47 47<br />
Tab. 2 | Die Prüfverfahren und die Dosierungen der eingesetzten Siliermittel<br />
(Dosierung für 100 kg Futter)<br />
1. Erntetermin 2. Erntetermin<br />
Ohne Zusatz (Negativkontrolle) – –<br />
Luprosil (Positivkontrolle) 500 g 600 g<br />
Fireguard 15 g (200 g) 15 g (200 g)<br />
Sil-EM 250 g (250 g) 250 g (250 g)<br />
ADF: Lignozellulose<br />
NDF: Zellwände<br />
NEL: Netto-Energie Laktation<br />
APDE: Absorbierbares Protein im Darm, das auf Grund der verfügbaren Energiemenge<br />
aufgebaut werden kann.<br />
APDN: Absorbierbares Protein im Darm, das auf Grund des abgebauten Rohproteins<br />
aufgebaut werden kann.<br />
Angaben in Klammern = Wasserzusatz<br />
Foto: ALP<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 308–313, 2010<br />
309
Nutztiere | Siliermittel und aerobe Stabilität – Testergebnisse 2009<br />
Zur Bestimmung der Säuerungsgeschwindigkeit wurde<br />
bereits drei Tage nach dem Einsilieren ein Silo pro Variante<br />
geöffnet und der pH-Wert analysiert. Die restlichen<br />
Silos wurden nach acht Wochen Silierdauer geöffnet.<br />
Eine Woche vor der Entnahme wurden die Silagen während<br />
24 Stunden einem Luftstress unterzogen, dabei<br />
wurden die Löcher (oben und unten im Glas) geöffnet.<br />
Für die Analysen wurden drei Silos pro Variante berücksichtigt.<br />
Die aerobe Stabilität wurde anhand von Temperaturmessungen<br />
ermittelt. Alle 30 Minuten wurde die Temperatur<br />
gemessen und registriert. Diese Erhebung dauerte<br />
mindestens acht Tage. Als aerob stabil wurden die Silagen<br />
angesehen, solange die Temperatur in der Silage die<br />
Lokaltemperatur nicht um mehr <strong>als</strong> 1°C übertraf.<br />
R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n<br />
Gehaltswerte der Silagen<br />
Die Gehaltswerte der Silagen, aufgeteilt nach Erntetermin<br />
und Variante, sind aus Tabelle 3 ersichtlich. Die<br />
grössten Unterschiede wies der Zuckergehalt auf, der je<br />
nach Variante mehr oder weniger stark abgebaut wurde.<br />
Weitere Unterschiede konnten bei den Faserbestandteilen<br />
festgestellt werden, was wiederum auf den unterschiedlichen<br />
Zuckerabbau zurückzuführen ist. Die unterschiedlichen<br />
Faserbestandteile wirkten sich entsprechend<br />
auf die NEL-Gehalte aus. Hier wies die Positivkontrolle<br />
bei beiden Ernteterminen die höchsten Werte auf.<br />
Tab. 3 | Gehaltswerte und Nährwerte der Maissilagen<br />
Variante Erntetermin Rohasche Rohprotein Rohfaser ADF NDF Zucker NEL APDE APDN<br />
g/kg TS g/kg TS g/kg TS g/kg TS g/kg TS g/kg TS MJ/kg TS g/kg TS g/kg TS<br />
Ohne Zusatz 1 47 75 198 225 370 51 6,2 63 47<br />
Luprosil 1 41 74 169 196 327 57 6,5 65 46<br />
Fireguard 1 43 77 178 211 359 15 6,4 65 48<br />
Sil-EM 1 45 78 178 210 360 7 6,4 65 48<br />
Ohne Zusatz 2 35 77 180 201 390 14 6,5 67 48<br />
Luprosil 2 31 74 158 180 347 48 6,6 68 46<br />
Fireguard 2 33 75 163 191 336 25 6,6 67 47<br />
Sil-EM 2 37 75 190 222 386 6 6,4 65 47<br />
Tab.4 | Gärparameter der Maissilagen<br />
Variante<br />
TS<br />
Erntetermin<br />
pH-<br />
Wert<br />
Tag 3<br />
pH-<br />
Wert<br />
Ethanol<br />
fl. S./<br />
Ges.<br />
S.<br />
NH 3<br />
-N<br />
/Ges.<br />
N<br />
% g/kg TS g/kg TS g/kg TS g/kg TS g/kg TS % % %<br />
Milchsäure<br />
Essigsäure<br />
Propionsäure<br />
Buttersäure<br />
Gärgasverlust<br />
Ohne Zusatz 1 30,6 4,7 4,2 48 7 0 0 7 14 5,0 1,5 100<br />
Luprosil 1 32,1 4,8 3,9 49 5 17 0 2 31 2,6 0,8 100<br />
Fireguard 1 31,5 4,7 4,0 51 24 0 1 7 32 4,3 2,4 100<br />
Sil-EM 1 30,4 4,5 4,4 10 52 9 1 11 87 5,8 4,3 63<br />
Ohne Zusatz 2 38,4 4,7 4 56 8 0 1 15 14 4,5 2,7 100<br />
Luprosil 2 39,8 4,8 3,9 49 6 15 0 1 29 2,7 0,7 100<br />
Fireguard 2 37,6 4,6 3,9 60 8 0 0 8 12 4,4 1,8 100<br />
Sil-EM 2 36,3 4,6 4,5 7 41 2 0 33 86 6,5 5,5 81<br />
DLG<br />
Punkte<br />
fl. S./Ges. S.: Anteil der flüchtigen Säuren an den Gesamtsäuren<br />
NH 3<br />
-N/Ges. N: Ammoniakstickstoffanteil am Gesamtstickstoff<br />
310 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 308–313, 2010
Siliermittel und aerobe Stabilität – Testergebnisse 2009 | Nutztiere<br />
Gärparameter der Silagen<br />
Die verschiedenen Gärparameter sind aus Tabelle 4 ersichtlich.<br />
Bei allen Silagen sank der pH-Wert innerhalb der ersten<br />
drei Tage nicht tief ab. Nach einer zweimonatigen<br />
Silierdauer wiesen die meisten Silagen hingegen tiefe pH-<br />
Werte auf. Die Ausnahme bildeten die Silagen, die mit<br />
dem Siliermittel Sil-EM behandelt wurden. Verantwortlich<br />
dafür war die geringe Milchsäure- und starke Essigsäurebildung.<br />
Zudem zeigte sich, dass bei diesem Produkt bei<br />
der feuchteren Silage mehr Essigsäure gebildet wurde. Da<br />
sich hohe Essigsäuregehalte negativ auf den Futterverzehr<br />
auswirken, sollte dieses Siliermittel nicht bei Futter mit TS-<br />
Gehalten unter 30 % TS eingesetzt werden.<br />
In allen Silagen konnten keine beziehungsweise nur<br />
geringe Spuren von Buttersäure nachgewiesen werden.<br />
Propionsäure wies vor allem die Variante auf, die mit<br />
Luprosil behandelt wurde. Die höchsten Ethanolgehalte<br />
wiesen die beiden mit Sil-EM behandelten Silagen auf.<br />
Der Ammoniakstickstoffanteil am Gesamtstickstoff war<br />
bei allen Silagen tiefer <strong>als</strong> 10 %. Die tiefsten Werte wies<br />
jeweils die Positivkontrolle auf. Die Gärgasverluste<br />
waren bei den meisten Varianten relativ gering. Die Ausnahme<br />
bildete die mit Sil-EM behandelte Silage. Die<br />
starke Essigsäurebildung führte zu einer Verdoppelung<br />
der Verluste. Beurteilt nach dem DLG-Bewertungsschlüssel<br />
(DLG 2006) erreichten die Silagen ohne Zusatz, die<br />
mit Luprosil und die mit Fireguard behandelten Silagen<br />
bei beiden Ernteterminen die Maximalpunktzahl auf.<br />
Mit 63 und 81 DLG-Punkten wurden die mit Sil-EM<br />
behandelten Silagen <strong>als</strong> verbesserungsbedürftig beziehungsweise<br />
gut eingestuft.<br />
Tab. 5 | Aerobe Stabilität der Maissilagen<br />
Variante<br />
Erntetermin<br />
Aerobe<br />
Stabilität<br />
Anzahl<br />
Stunden<br />
Max.<br />
Temperaturdifferenz<br />
°C<br />
pH-Wert<br />
Ende<br />
Nachgärtest<br />
Ohne Zusatz 1 33 7,2 7,3<br />
Luprosil 1 60 5,5 4,3<br />
Fireguard 1 203 1,8 4,6<br />
Sil-EM 1 216* 0,2 4,4<br />
Ohne Zusatz 2 22 14,1 7,9<br />
Luprosil 2 192* 0,6 5,2<br />
Fireguard 2 21 10,8 7,7<br />
Sil-EM 2 192* 0,3 4,5<br />
* Test nach 216 bzw. 192 Stunden abgebrochen<br />
Foto: ALP<br />
Abb. 1 | Hefepilze sind hauptverantwortlich für die Nachgärungen in Silagen.<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 308–313, 2010<br />
311
Nutztiere | Siliermittel und aerobe Stabilität – Testergebnisse 2009<br />
Aerobe Stabilität<br />
Bei den Silagen des ersten Erntetermins erwärmte sich<br />
die Negativkontrolle sehr schnell und der pH-Wert stieg<br />
stark an (Tab. 5). Die Positivkontrolle vermochte die<br />
Erwärmung um einen Tag zu verbessern. Der Verderb<br />
war hier nicht so stark, das Futter war nicht verschimmelt<br />
und der pH-Wert war noch tief. Eine gute Wirkung<br />
zeigten bei diesem Futter die beiden Siliermittel Fireguard<br />
und Sil-EM.<br />
Bei den Silagen des zweiten Erntetermins zeigten die<br />
beiden Produkte Luprosil und Sil-EM eine sehr gute<br />
Wirksamkeit. Die Silagen erwärmten sich nicht während<br />
den 192 Stunden, wo die Temperatur verfolgt wurde.<br />
Hingegen erwärmten sich hier die Negativkontrolle<br />
sowie die mit Fireguard behandelte Silage sehr rasch<br />
und der pH-Wert stieg stark an. Dies ist vor allem auf die<br />
Aktivität der Hefen zurückzuführen (Abb. 1). Die zusätzlichen<br />
Untersuchungen bezüglich der höheren Dosierungen<br />
mit dem Siliermittel Fireguard zeigten, dass die<br />
Dosierung bei der Vorbeugung der Nachgärungen eine<br />
wichtige Rolle spielt. Erst die Dosierung von 60 g vermochte<br />
die aerobe Stabilität von 21 auf 61 Stunden zu<br />
verbessern, wobei die Temperatur bei der höchsten<br />
Dosierung weniger stark anstieg (Abb. 2).<br />
S c h l u s s f o l g e r u n g e n<br />
••<br />
Die Gärqualität war bei den meisten Silagen sehr gut.<br />
••<br />
Der Einsatz des Siliermittels Sil-EM führte zu erhöhten<br />
Essigsäuregehalten, höheren Verlusten und tieferen<br />
DLG-Punktzahlen.<br />
••<br />
Mit dem Siliermittel Sil-EM konnte die aerobe Stabilität<br />
der Silagen verbessert werden.<br />
••<br />
Das Siliermittel Fireguard zeigte beim Silomais mit<br />
32 % TS eine gute Wirksamkeit. Beim Silomais mit<br />
40 % TS reichte die vorgeschlagene Dosierung nicht<br />
aus. Erst mit einer Erhöhung der Dosierung konnte<br />
die aerobe Stabilität der Silagen verbessert werden.<br />
••<br />
Die beiden Siliermittel Fireguard (Anpassung der Dosierung)<br />
und Sil-EM (nicht unter TS-Gehalt von 30 %<br />
einsetzen) wurden mit Auflagen bewilligt.<br />
n<br />
12,0<br />
10,0<br />
Temperaturdifferenz ºC<br />
8,0<br />
6,0<br />
4,0<br />
2,0<br />
Temperaturdifferenz,<br />
0,0<br />
°C<br />
-2,0<br />
0 24 48 72 96 120 144 168 192<br />
Dauer, Stunden<br />
Dosierung 15 g Dosierung 30 g Dosierung 60 g<br />
Abb. 2 | Einfluss der Dosierung des Siliermittels Fireguard auf die Temperaturentwicklung<br />
nach der Silagenentnahme.<br />
312<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 308–313, 2010
Siliermittel und aerobe Stabilität – Testergebnisse 2009 | Nutztiere<br />
Coadiuvanti per insilati e stabilità<br />
Silage additives and aerobic stability:<br />
Riassunto<br />
aerobica - risultati dei test 2009<br />
La Stazione di ricerca Liebefeld-Posieux<br />
ALP ha testato l'efficacia dei coadiuvanti<br />
per l'insilamento Fireguard e<br />
Sil-EM per il miglioramento della<br />
Summary<br />
test results 2009<br />
Agroscope Liebefeld-Posieux Research<br />
Station ALP investigated the efficacy<br />
of the silage additives Fireguard and<br />
Sil-EM for the improvement of aerobic<br />
stabilità aerobica in insilati di mais.<br />
stability in maize silages. Beside a<br />
Oltre a un controllo negativo senza<br />
negative control without additives, a<br />
additivi è stato preso in considerazione<br />
positive control with Luprosil was <strong>als</strong>o<br />
un controllo positivo con Luprosil. I<br />
tested. The tri<strong>als</strong> were conducted with<br />
test sono stati eseguiti su insilato di<br />
maize of the variety Amadeo, har-<br />
mais della varietà Amadeo con tenori<br />
vested at 32 % and 40 % dry matter<br />
in sostanza secca compresi tra il 32 e<br />
content and ensiled in 1.5-litre labora-<br />
il 40 per cento in silos di laboratorio<br />
tory scale silos. The storage period<br />
da 1,5 litri. L'insilamento è durato<br />
lasted 56 days.<br />
56 giorni.<br />
Except for the silages treated with<br />
Fatti salvi quelli trattati con Sil-EM,<br />
Sil-EM, all the others showed good<br />
tutti gli insilati hanno dimostrato<br />
fermentation quality and therefore<br />
un'ottima qualità fermentativa,<br />
high DLG points. The application of<br />
ottenendo un elevato punteggio DLG.<br />
Sil-EM increased the acetic acid<br />
L'impiego di Sil-EM ha determinato un<br />
contents and the losses, but improved<br />
aumento dei tenori in acido acetico e<br />
the aerobic stability. For the silage<br />
delle perdite, ma anche un migliora-<br />
additive Fireguard, the right dosage<br />
mento della stabilità aerobica. Per<br />
is important to improve the aerobic<br />
quanto riguarda il coadiuvante per<br />
stability. Based on these results, both<br />
l'insilamento Fireguard, il giusto<br />
products Fireguard and Sil-EM are<br />
dosaggio riveste un importante ruolo<br />
definitively authorized for the<br />
per il miglioramento della stabilità<br />
improvement of aerobic stability.<br />
aerobica. I due prodotti Fireguard e<br />
Sil-EM sono stati autorizzati in via<br />
Key words: aerobic stability, fermen-<br />
definitiva per il miglioramento della<br />
tation quality, maize silage, silage<br />
stabilità aerobica.<br />
additives.<br />
Literatur<br />
▪▪<br />
DLG 2006. Grobfutterbewertung. Teil B – DLG-Schlüssel zur Beurteilung<br />
der Gärqualität von Grünfuttersilagen auf Basis der chemischen Untersuchung.<br />
DLG-Information (2).<br />
▪▪<br />
Kaiser E. & Weiss K., 2007. Nitratgehalt im Grünfutter – Bedeutung für<br />
Gärqualität und Siliertechnische Massnahmen. Übersichten zur Tierernährung<br />
35 (1), 13 – 30.<br />
▪▪<br />
Wyss U., 2006. Siliermittel und aerobe Stabilität - Testergebnisse 2005.<br />
<strong>Agrarforschung</strong> 13 (8), 348 – 352.<br />
▪▪<br />
Wyss U., 2009. Siliermittel und aerobe Stabilität: Testergebnisse 2008.<br />
<strong>Agrarforschung</strong> 16 (8), 320 – 324.<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 308–313, 2010<br />
313
N u t z t i e r e<br />
Stabilität von Silagen für Pferde<br />
bei der Verfütterung<br />
Ueli Wyss 1 , Regina Klein 2 , Kathrin Mund 2 , Ruedi von Niederhäusern 3 , Brigitte Strickler 3 und Brigitta Wichert 4<br />
1<br />
Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, 1725 Posieux<br />
2<br />
<strong>Schweiz</strong>erische Hochschule für Landwirtschaft SHL, Zollikofen, 3052 Zollikofen<br />
3<br />
<strong>Schweiz</strong>erisches Nationalgestüt SNG, Avenches, 1580 Avenches<br />
4<br />
Institut für Tierernährung, Vetsuisse Fakultät, Universität Zürich, 8092 Zürich<br />
Auskünfte: Ueli Wyss, E-Mail: ueli.wyss@alp.admin.ch, Tel. +41 26 407 72 14<br />
Auch Silagen eignen sich für die Pferdefütterung.<br />
E i n l e i t u n g<br />
In der Pferdefütterung werden <strong>als</strong> Alternative zu Heu<br />
seit einigen Jahren vermehrt Silagen eingesetzt. Vor<br />
allem für Pferde, die an einer Stauballergie oder anderen<br />
chronischen Atemwegserkrankungen leiden, sind<br />
Silagen ein geeignetes Futtermittel (Müller 2007). Die<br />
Pferdhaltenden bevorzugen vor allem trockene Silagen,<br />
die über 60 % Trockensubstanz (TS) aufweisen. Solche<br />
Silagen werden auch <strong>als</strong> Haylage oder Heulage bezeichnet.<br />
Bei trockenen Silagen findet eine weniger intensive<br />
Milchsäuregärung und entsprechend eine weniger<br />
starke pH-Wert-Absenkung statt. Dadurch steigt das<br />
Risiko für Nacherwärmungen beziehungsweise Nachgärungen<br />
und Schimmelbefall bei der Entnahme (DLG<br />
2003). Eine gute Verdichtung des Futters beim Pressen<br />
sowie ein luftdichter Abschluss sind hier entscheidende<br />
Faktoren für eine gute Silagequalität.<br />
Foto: ALP<br />
Vor der Verfütterung werden die Silagen von den Pferdhaltenden<br />
oft aufgeschüttelt gelagert. Bei der Milchviehhaltung,<br />
wo in der Regel Silagen mit TS-Gehalten<br />
zwischen 30 und 50 % eingesetzt werden, wird empfohlen,<br />
die Anschnittfläche im Silo nicht aufzulockern (Thaysen<br />
2004; Pahlow 2007). Bei aufgelockerten Silagen<br />
kann die Luft weiter in die Silagen eindringen und<br />
dadurch die unerwünschten Nachgärungen verursachen.<br />
Zur Vorbeugung von Nachgärungen werden bereits<br />
beim Einsilieren Siliermittel eingesetzt.<br />
Im Rahmen von zwei Semesterarbeiten der <strong>Schweiz</strong>erischen<br />
Hochschule für Landwirtschaft untersuchten<br />
Klein (2009) und Mund (2009), wie sich der TS-Gehalt<br />
oder der Einsatz eines Siliermittels auf die Stabilität der<br />
Silagen bei der Verfütterung auswirken.<br />
M a t e r i a l u n d M e t h o d e n<br />
Die Versuche wurden im <strong>Schweiz</strong>erischen Nationalgestüt<br />
in Avenches durchgeführt. Dazu wurden Silagen aus<br />
Quaderballen verwendet. Futter eines Reinbestandes<br />
mit italienischem Raigras der Sorte Gemini, das anfangs<br />
Juni 2008 geschnitten wurde, diente <strong>als</strong> Ausgangsmaterial.<br />
Es wurden Ballen mit und ohne Siliermittel hergestellt.<br />
Bei den behandelten Ballen wurde das Siliermittel<br />
Lupro-Grain beim Pressen mit drei Sprühdüsen auf<br />
das Futter gesprüht. Für die Untersuchungen wurden<br />
Ballen mit 1,0 und 1,5 l Siliermittel pro Balle berücksichtigt.<br />
Pro Tonne Futter entspricht dies einer Dosierung<br />
von 2,3 und 3,5 Litern. Die Empfehlung für das Siliermittel<br />
Lupro-Grain beträgt 5 l pro Tonne. Die Quaderballen<br />
wurden mit zwölf Lagen Folien umwickelt und wiesen<br />
ein durchschnittliches Gewicht von 430 kg auf. Die Ballen<br />
wurden im Freien gelagert.<br />
Nach der Entnahme wurden in zwei Durchgängen im<br />
April und Mai 2009 einerseits der Einfluss des TS-Gehaltes<br />
und andererseits der Einfluss eines Siliermitteleinsatzes<br />
(Lupro-Grain) mit den Dosierungen 1,0 und 1,5 l pro<br />
314 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 314–319, 2010
Stabilität von Silagen für Pferde bei der Verfütterung | Nutztiere<br />
Balle auf die Haltbarkeit der Haylageballen untersucht.<br />
Dabei wurden die Ballen in einem Raum bei einer durchschnittlichen<br />
Temperatur von 16 (1. Umgang) beziehungsweise<br />
18 ° C (2. Umgang) gelagert. Jeweils ein Teil<br />
des Futters einer Balle wurde aufgeschüttelt und der<br />
Rest kompakt gelagert (Abb.1).<br />
An den Tagen 0 (Öffnung der Ballen), 3, 7 und 14<br />
wurden in den Ballen beziehungsweise im aufgeschüttelten<br />
Futter die Temperaturen gemessen sowie eine Sinnenprüfung<br />
(Kamphues et al. 2004) gemacht. Zudem<br />
wurden Proben gezogen und im Labor die TS-Gehalte,<br />
pH-Werte, Gärsäuren, Rohnährstoffe sowie die Hefen,<br />
Schimmelpilze und aeroben mesophilen Bakterien<br />
bestimmt. Beim Beproben wurde nur sichtbar unverschimmeltes<br />
Futters entnommen, da verschimmeltes Futter<br />
nicht an Pferde verfüttert werden sollte.<br />
R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n<br />
Temperaturmessungen<br />
Durch die Tätigkeit der Mikroorganismen unter Lufteinfluss<br />
nimmt die Temperatur im Futter zu und es kommt<br />
zu Nachgärungen. Bei den Silagen mit den zwei unterschiedlichen<br />
TS-Gehalten (50% und 60 % TS) nahm die<br />
Temperatur kontinuierlich zu. Jedoch erst nach 7 beziehungsweise<br />
14 Tagen nach der Öffnung der Ballen konnten<br />
– im Vergleich zur Raumtemperatur – erhöhte Temperaturen<br />
gemessen werden (Abb. 2). Dabei waren die<br />
Temperaturanstiege beim trockeneren und zudem kompakt<br />
gelagerten Futter höher <strong>als</strong> beim feuchteren Futter.<br />
Beim aufgeschüttelten Futter kann einerseits die Luft<br />
besser in das Futter eindringen und so die Aktivität der<br />
Mikroorganismen begünstigen. Andererseits kann die<br />
Wärme durch die Luftzirkulation besser entweichen. <br />
Zusammenfassung<br />
In der Pferdefütterung werden <strong>als</strong> Alternative<br />
zu Heu seit einigen Jahren vermehrt<br />
Silagen mit hohen TS-Gehalten, so genannte<br />
Haylage, eingesetzt.<br />
Bei der Verfütterung gibt es jedoch noch<br />
Fragen zur Haltbarkeit und den Lagerungsbedingungen.<br />
Im Rahmen von zwei Semesterarbeiten<br />
wurde untersucht, wie sich der<br />
TS-Gehalt respektive der Einsatz eines<br />
Siliermittels auf die Haltbarkeit der Silagen<br />
bei der Verfütterung auswirken. Dazu wurde<br />
ein Teil der Quaderballensilage nach dem<br />
Öffnen aufgeschüttelt und der restliche<br />
Teil der Balle jeweils kompakt gelagert.<br />
Die Ergebnisse haben gezeigt, dass der<br />
TS-Gehalt des Futters die Intensität der<br />
Gärung und die pH-Wert-Absenkung stark<br />
beeinflusst.<br />
Ein guter Indikator zur Bestimmung des<br />
Verderbs stellt die Messung der Temperaturen<br />
dar. Silagen mit TS-Gehalten über 60 %,<br />
die nach dem Öffnen der Ballen aufgeschüttelt<br />
werden, trocknen während der Lagerung<br />
unter Lufteinfluss stärker ab <strong>als</strong> kompakt<br />
gelagerte Ballen. Dadurch entwickeln sich<br />
die Schimmelpilze weniger stark. Durch den<br />
Siliermitteleinsatz konnte der Verderb<br />
teilweise länger verhindert werden.<br />
Es wird empfohlen, die geöffneten Ballen<br />
innerhalb einer Woche zu verfüttern. Bei<br />
Futter mit TS-Gehalten über 60 % bringt das<br />
Aufschütteln des Futters eine Verbesserung.<br />
Bei feuchterem Futter ist eine kompakte<br />
Lagerung der Ballen von Vorteil.<br />
Foto: ALP<br />
Abb. 1 | Nach der Öffnung der Ballen wurde während der 14-tägigen Erhebungsperiode ein Teil des Futters aufgeschüttelt und der Rest<br />
kompakt gelagert.<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 314–319, 2010<br />
315
Nutztiere | Stabilität von Silagen für Pferde bei der Verfütterung<br />
Temperatur, ˚C<br />
40<br />
35<br />
TS-Gehalt: 50 % TS-Gehalt: 60 %<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
Temperatur, 5 °C<br />
0<br />
0 3 7 14 0 3 7 14<br />
Tag nach Öffnung der Ballen<br />
aufgeschüttelt kompakt<br />
Foto: ALP<br />
Temperatur, ˚C<br />
40<br />
35<br />
Ohne Zusatz Dosierung 1 Dosierung 2<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
Temperatur, 5 °C<br />
0<br />
0 3 7 14 0 3 7 14 0 3 7 14<br />
Tag nach Öffnung der Ballen<br />
aufgeschüttelt kompakt<br />
Abb. 2 | Einfluss des TS-Gehaltes beziehungsweise des Einsatzes eines Siliermittels auf die Temperaturen in den Silagen.<br />
Beim Futter, welches mit dem Siliermittel behandelt und<br />
vor der Verfütterung aufgeschüttelt wurde, konnte kein<br />
Temperaturanstieg festgestellt werden. Hingegen vermochten<br />
auch die zwei unterschiedlichen Dosierungen<br />
des eingesetzten Siliermittels beim kompakt gelagerten<br />
Futter den Temperaturanstieg nicht zu verhindern<br />
(Abb. 2).<br />
Die Messungen zeigen, dass die Temperatur einen<br />
guten und einfach zu bestimmenden Indikator darstellt,<br />
der die Tätigkeit der Mikroorganismen anzeigt (Abb. 3).<br />
TS-Gehalte und Gärparameter<br />
Durch das Aufschütteln trocknet das Futter insbesondere<br />
an der Oberfläche ab. Dadurch wird den unerwünschten<br />
Mikroorganismen das Wasser, welches sie für<br />
ihre Entwicklung brauchen, entzogen. Beim Abtrocknungsprozess<br />
spielen einerseits der TS-Gehalt und andererseits<br />
die Lagerungsart eine Rolle. Wie die Ergebnisse<br />
zeigen, bleibt beim feuchteren Futter, ob kompakt oder<br />
aufgeschüttelt gelagert, der TS-Gehalt mehr oder weniger<br />
konstant (Abb. 4). Beim Futter mit über 60 % TS<br />
nahm der TS-Gehalt im aufgeschüttelten Futter kontinuierlich<br />
zu. Im Weiteren beeinflusst auch der mikrobielle<br />
Verderb den TS-Gehalt. Wenn sich die Hefen stark vermehren,<br />
werden die Nährsubstrate zu Kohlendioxyd<br />
und Wasser veratmet und der TS-Gehalt des Futters<br />
nimmt zu (Pahlow 2007).<br />
Beim feuchteren Futter wurde mehr Milch- und<br />
Essigsäure gebildet <strong>als</strong> beim trockeneren Futter (Abb. 4).<br />
Dies wirkte sich auch auf die pH-Werte aus. Diese betrugen<br />
im Futter mit 50 % TS 4,6 und mit 60 % TS 5,6.<br />
Dass die Balle mit der höheren Siliermitteldosierung<br />
(3,5 l/t) etwas mehr Milch- und Essigsäure <strong>als</strong> die übrigen<br />
Ballen aufwiesen, dürfte auch auf die Unterschiede beim<br />
TS-Gehalt zwischen den Ballen zurückzuführen sein.<br />
Diese Ergebnisse decken sich mit Untersuchungen von<br />
Wyss (2000), in denen gezeigt wurde, dass der TS-Gehalt<br />
des Futters die Intensität der Gärung beeinflusst.<br />
Während der 14-tägigen Untersuchungsperiode konnten<br />
keine systematischen Veränderungen der Gärsäuren<br />
festgestellt werden. Anders sah es beim Ethanolgehalt<br />
aus. Einerseits wiesen hier die Ballen mit den höheren<br />
TS-Gehalten höhere Werte auf. Andererseits nahm der<br />
Ethanolgehalt im aufgeschüttelten Futter während den<br />
14 Tagen stark ab, was auf die Verflüchtigung des Ethanols<br />
zurückzuführen ist (Abb. 4). Ein leichter Alkoholgeruch<br />
konnte bereits beim Öffnen der Ballen festgestellt<br />
werden. Im Weiteren führte der Einsatz des Siliermittels<br />
bei beiden Dosierungen zu einer verminderten Ethanolbildung.<br />
In allen Ballen konnten nur Spuren von Buttersäure<br />
festgestellt werden. Alle Werte betrugen weniger <strong>als</strong> 2 g<br />
pro kg TS. Bei der Sinnenprüfung konnten diese geringen<br />
Werte an Buttersäure nicht festgestellt werden.<br />
Die mit dem Siliermittel behandelten Ballen wiesen<br />
beim Öffnen der Ballen bei der Dosierung 1 1,1 g und<br />
bei der Dosierung 2 1,8 g Propionsäure pro kg TS auf.<br />
Bei den unbehandelten Ballen konnte keine Propionsäure<br />
nachgewiesen werden.<br />
Abb. 3 | Die Temperaturmessungen sind ein guter und einfach zu bestimmender<br />
Indikator zur Feststellung des Verderbs.<br />
Foto: ALP<br />
316 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 314–319, 2010
Stabilität von Silagen für Pferde bei der Verfütterung | Nutztiere<br />
Mikrobiologische Qualität<br />
Die Hefen gelten <strong>als</strong> die Hauptverursacher der Nachgärungen;<br />
sie sind vor allem für die Erwärmungen nach<br />
der Entnahme unter Lufteinfluss verantwortlich (Wagner<br />
et al. 2007). Der analysierte Hefekeimbesatz lag in<br />
den Ballen mit den unterschiedlichen TS-Gehalten sowie<br />
auch in den mit Siliermittel behandelten Ballen bei der<br />
Entnahme unter der kritischen Grenze von 100000 koloniebildenden<br />
Einheiten (KBE) pro g Futter (Abb. 5). Wird<br />
diese Grenze überschritten, setzt nach Pahlow (2007) der<br />
Verderb ein und der pH-Wert steigt an. Sowohl im kompakt<br />
wie auch im aufgeschüttelten Futter wurde teilweise<br />
bereits am Tag 7, und vor allem am Tag 14, ein<br />
höherer Hefekeimbesatz im Vergleich zum Tag 0 festgestellt.<br />
Unterschiede ergaben sich auch bei den zwei<br />
Dosierungen des Siliermittels. Die tiefere Dosierung<br />
(2,3 l/t) vermochte die Entwicklung der Hefen bei beiden<br />
Lagerungsarten nicht zu stoppen. Bei der höheren Dosierung<br />
(3,5 l/t) konnte die Vermehrung der Hefen während<br />
sieben Tagen verhindert werden. Es stellt sich die<br />
Frage, wie sich eine noch höhere Dosierung des Siliermittels<br />
ausgewirkt hätte.<br />
Unter Sauerstoffzutritt können sich auch die Schimmelpilze<br />
gut entwickeln. Insbesondere bei den kompakt<br />
gelagerten Ballen, wo die Silofolie nicht entfernt wurde,<br />
kam es unter der Folie zu einer Kondenswasserbildung<br />
und zu einer Bildung von Schimmelpilznestern. Da bei<br />
den Probenahmen jedoch nur sichtbar unverschimmeltes<br />
Material entnommen wurde, war der Keimbesatz an<br />
Schimmelpilzen recht tief. Die Orientierungswerte für<br />
<br />
TS-Gehalt, %<br />
Milchsäure, g/kg TS<br />
Essigsäure, g/kg TS<br />
Ethanol, g/kg TS<br />
TS-Gehalt: 50 % TS-Gehalt: 60 %<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
TS-Gehalt, 20 %<br />
10<br />
0<br />
0 3 7 14 0 3 7 14<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
TS-Gehalt: 50 % TS-Gehalt: 60 %<br />
0 3 7 14 0 3 7 14<br />
TS-Gehalt: 50 % TS-Gehalt: 60 %<br />
0 3 7 14 0 3 7 14<br />
0 3 7 14 0 3 7 14<br />
Tag nach Öffnung der Ballen<br />
aufgeschüttelt kompakt<br />
Ethanol, g/kg TS<br />
TS-Gehalt: 50 % TS-Gehalt: 60 %<br />
Ethanol, g/kg TS Essigsäure, g/kg TS<br />
Milchsäure, g/kg TS<br />
TS-Gehalt, %<br />
Ohne Zusatz Dosierung 1 Dosierung 2<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
TS-Gehalt, 20 %<br />
10<br />
0<br />
0 3 7 14 0 3 7 14 0 3 7 14<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Ohne Zusatz Dosierung 1 Dosierung 2<br />
Foto: ALP<br />
0 3 7 14 0 3 7 14 0 3 7 14<br />
Ohne Zusatz Dosierung 1 Dosierung 2<br />
0 3 7 14 0 3 7 14 0 3 7 14<br />
0 3 7 14 0 3 7 14 0 3 7 14<br />
Tag nach Öffnung der Ballen<br />
aufgeschüttelt kompakt<br />
Ethanol, g/kg TS<br />
Ohne Zusatz Dosierung 1 Dosierung 2<br />
Abb. 4 | TS-Gehalte, Milchsäure-, Essigsäure- und Ethanolgehalte in den Silagen mit den unterschiedlichen TS-Gehalten beziehungsweise<br />
mit oder ohne Siliermitteleinsatz.<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 314–319, 2010<br />
317
Nutztiere | Stabilität von Silagen für Pferde bei der Verfütterung<br />
Hefen, KBE/g<br />
10 000 000<br />
1 000 000<br />
TS-Gehalt: 50 % TS-Gehalt: 60 %<br />
100 000<br />
10 000<br />
1000<br />
100<br />
Hefen, 10 KBE/g<br />
1<br />
0 3 7 14 0 3 7 14<br />
Hefen, KBE/g<br />
10 000 000<br />
Ohne Zusatz Dosierung 1 Dosierung 2<br />
1 000 000<br />
100 000<br />
10 000<br />
1000<br />
100<br />
Hefen, 10KBE/g<br />
1<br />
0 3 7 14 0 3 7 14 0 3 7 14<br />
Schimmel, KBE/g<br />
10 000 000<br />
1 000 000<br />
100 000<br />
10 000<br />
1000<br />
100<br />
10<br />
1<br />
TS-Gehalt: 50 % TS-Gehalt: 60 %<br />
0 3 7 14 0 3 7 14<br />
Schimmel, KBE/g<br />
10 000 000<br />
1 000 000<br />
100 000<br />
10 000<br />
1000<br />
100<br />
10<br />
1<br />
Ohne Zusatz Dosierung 1 Dosierung 2<br />
0 3 7 14 0 3 7 14 0 3 7 14<br />
Schimmel, KBE/g<br />
TS-Gehalt: 50 % TS-Gehalt: 60 %<br />
100 000 000<br />
10 000 000<br />
1 000 000<br />
100 000<br />
10 000<br />
1000<br />
100<br />
10<br />
1<br />
0 3 7 14 0 3 7 14<br />
Bakterien, KBE/g<br />
Bakterien Bakterien, in den KBE/g Silagen.<br />
Tag nach Öffnung der Ballen<br />
aufgeschüttelt kompakt<br />
Schimmel,<br />
Ohne<br />
KBE/g<br />
Zusatz Dosierung 1 Dosierung 2<br />
100 000 000<br />
10 000 000<br />
1 000 000<br />
100 000<br />
10 000<br />
1000<br />
100<br />
10<br />
1<br />
0 3 7 14 0 3 7 14 0 3 7 14<br />
Bakterien, KBE/g<br />
Tag nach Öffnung der Ballen<br />
aufgeschüttelt kompakt<br />
Abb. 5 | Einfluss des TS-Gehaltes beziehungsweise der Einsatz eines Siliermittels auf die Hefen, Schimmelpilze und aerob mesophilen<br />
Bakterien, KBE/g<br />
eine gute Qualität von 5000 Schimmelpilzen pro g Futter<br />
(Wagner et al. 2007) wurden nur in wenigen Fällen überschritten<br />
(Abb. 5). Dass die höchsten Werte jeweils im<br />
kompakt gelagerten Futter gefunden wurden, könnte<br />
ein Hinweis sein, dass die Abtrocknung des Futters die<br />
Lebensbedingungen für die Schimmelpilze eingeschränkt<br />
hat.<br />
Die aerob mesophilen Bakterien lagen in den Silagen<br />
mit 50 beziehungsweise 60 % TS mit einer Ausnahme<br />
alle unter der Grenze von 1 Million KBE pro g, welche<br />
nach Wagner et al. (2007) <strong>als</strong> gute Qualität eingestuft<br />
wird. Zwischen den beiden Lagerungsarten konnten hier<br />
keine Unterschiede festgestellt werden (Abb. 5). Durch<br />
den Zusatz des Siliermittels nahmen die aerob mesophilen<br />
Bakterien während der 14-tägigen Lagerung nur in<br />
den zwei Proben zu, welche auch erhöhte Schimmelpilze<br />
aufwiesen.<br />
S c h l u s s f o l g e r u n g e n<br />
••<br />
Temperaturmessungen sind ein guter Parameter für<br />
den Hinweis auf Verderb.<br />
••<br />
Die Gärung ist bei trockenerem Futter weniger intensiv<br />
und der pH-Wert wird weniger stark abgesenkt.<br />
••<br />
Bei den Ballen soll die Folie nach dem Öffnen ganz<br />
entfernt werden, da es unter der Folie zu einer Kondenswasserbildung<br />
kommen kann, was die Entwicklung<br />
der Schimmelpilze fördert.<br />
••<br />
Bei Futter mit hohen TS-Gehalten (über 60 %) ist ein<br />
Aufschütteln nach dem Öffnen der Ballen positiv zu<br />
werten. Das Futter trocknet stärker ab und ist dadurch<br />
weniger anfällig für Schimmelbildung.<br />
••<br />
Futter mit TS-Gehalten um 50 % TS ist eher kompakt<br />
zu lagern<br />
••<br />
Die Untersuchungen haben gezeigt, dass der Verderb<br />
oft ab dem Tag 7 beginnt. Deshalb sollten geöffnete<br />
Ballen innerhalb einer Woche verfüttert werden.<br />
••<br />
Durch den Siliermitteleinsatz konnte der Verderb teilweise<br />
länger verhindert werden. Die empfohlene Dosierung<br />
muss jedoch eingehalten werden. <br />
n<br />
318<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 314–319, 2010
Stabilität von Silagen für Pferde bei der Verfütterung | Nutztiere<br />
Stabilità degli insilati per cavalli durante il<br />
Stability of silages for horses during<br />
Riassunto<br />
foraggiamento<br />
Da alcuni anni, per il foraggiamento dei<br />
cavalli, in alternativa al fieno viene usato<br />
sempre più di frequente insilato ad<br />
elevato tenore in SS, il cosiddetto fieno-<br />
Summary<br />
feeding<br />
Since some years, hay in horse diets has<br />
been partly replaced by silage with high<br />
dry matter contents, <strong>als</strong>o known as<br />
haylage. There remain still some<br />
silo.<br />
questions concerning the stability of<br />
Tuttavia restano ancora aperte alcune<br />
haylage as well as the conditions during<br />
domande relative alla stabilità e alle<br />
storage. In this context, the influence of<br />
condizioni di stoccaggio. Nell'ambito di<br />
dry matter (DM)-content and the<br />
due prove sono stati analizzati gli effetti<br />
addition of silage additives on the<br />
del tenore in Sostanza secca (SS) e<br />
stability during the feed-out was<br />
dell'impiego di un agente per l'insila-<br />
investigated in two tests. In this study a<br />
mento sulla stabilità degli insilati durante<br />
part of the forage of a big bale was<br />
il foraggiamento. A tal fine una parte<br />
aerated after opening the bale while the<br />
dell'insilato in balle quadrate è stata<br />
remaining part was compactly stored.<br />
aerata dopo la sua apertura e il rimanente<br />
The results showed that the DM- content<br />
della è stato conservato nella sua forma<br />
of the silages does influence the<br />
compatto.<br />
intensity of the fermentation and the<br />
Dai risultati è emerso che il tenore in<br />
reduction of the pH-value. The measure-<br />
SS del foraggio incide fortemente sull'-<br />
ment of the temperature is a good<br />
intensità di fermentazione e sulla diminu-<br />
indicator for the deterioration of the<br />
zione del valore pH.<br />
silage. Silages with DM-contents over<br />
Un valido indicatore per determinare il<br />
60 %, which are aerated after opening<br />
deterioramento dell’insilato è la misura-<br />
of the bales, dry better during the<br />
zione della temperatura. Gli insilati con<br />
feed-out period than compactly stored<br />
tenore in SS superiore al 60 per cento,<br />
forage and thereby moulds develop less.<br />
arieggiati dopo l'apertura delle balle ,<br />
The application of a silage additive<br />
essiccano meglio durante lo stoccaggio<br />
partly prevented the silages from a rapid<br />
rispetto a quelli compatti con un conse-<br />
deterioration.<br />
guente minore sviluppo di muffe. L'im-<br />
It is recommended to feed the opened<br />
piego di coadiuvanti ha permesso, in<br />
bales within one week. The aeration of<br />
parte, di ritardare il deterioramento. Si<br />
forage with DM-contents higher than<br />
raccomanda di consumare il foraggio delle<br />
60 % leads to an improvement of its<br />
balle aperte nel giro di una settimana.<br />
quality. On the other hand, it is the<br />
L’ arieggiamento del foraggio con un<br />
compact storage which improves the<br />
tenore in SS superiore al 60 per cento<br />
quality in forages with lower DM-<br />
migliore porta a un miglioramento della<br />
contents.<br />
sua qualità. D’altro canto uno stoccaggio<br />
compatto aumenta la qualità dei foraggi<br />
Key words: silage, haylage, horses,<br />
con un minore tenore in SS.<br />
feeding.<br />
Literatur<br />
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Arbeitskreises Futter und Fütterung. Arbeiten der DLG/Band 198. 95 S.<br />
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Verlag M. und H. Schaper, Alfeld-Hannover.<br />
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Uppsala, 57 S.<br />
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<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 314–319, 2010<br />
319
U m w e l t<br />
Agrarmeteorologische Bedingungen im<br />
<strong>Schweiz</strong>er Mittelland von 1864 bis 2050<br />
Pierluigi Calanca und Annelie Holzkämper, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8046 Zürich<br />
Auskünfte: Pierluigi Calanca, E-Mail: pierluigi.calanca@art.admin.ch, Tel.+41 44 377 75 12<br />
Foto: Gabriela Brändle, ART<br />
Die Pflanzenproduktion wird auch in Zukunft vom Klima abhängig bleiben.<br />
E i n l e i t u n g<br />
Die <strong>Schweiz</strong>er Landwirtschaft profitiert heute von relativ<br />
günstigen klimatischen Bedingungen. Nennenswerte<br />
Produktionsverluste auf nationaler Ebene, wie zum Beispiel<br />
<strong>als</strong> Folge der Dürren von 1947, 1949, 1976 (Pfister<br />
1999) und zum Teil auch 2003 (Keller und Fuhrer 2004),<br />
sind selten. Auf regionaler Ebene können witterungsbedingte<br />
Schäden jedoch relevant sein.<br />
Ob dies auch in der Zukunft der Fall sein wird, steht<br />
im Brennpunkt internationaler (Eitzinger et al. 2009) und<br />
nationaler Forschungsaktivitäten. Allgemeine Überlegungen<br />
zu möglichen Auswirkungen einer Temperaturerhöhung<br />
und einer Abnahme der Sommerniederschläge<br />
auf die <strong>Schweiz</strong>er Landwirtschaft wurden im Bericht<br />
«Klimaänderung und die <strong>Schweiz</strong> 2050» (OcCC/ProClim<br />
2007) diskutiert. Calanca (2007) hat die langfristigen<br />
Folgen der Klimaänderung auf die Intensität von Sommerdürren<br />
untersucht. Hinweise auf die Relevanz der<br />
Sommertrockenheit im Zusammenhang mit der Bewässerungsbedarf<br />
von Acker- und Grasland wurden weiter von<br />
Fuhrer und Jasper (2009) formuliert.<br />
Vielen dieser Untersuchungen lagen die gleichen Klimaszenarien<br />
zu Grunde. Sie stellen eine Synthese der Resultate<br />
des Europäischen Forschungsprojektes PRUDENCE<br />
dar (Christensen und Christensen 2007).<br />
In der Zwischenzeit wurden im Rahmen des EU-Projektes<br />
ENSEMBLES (Hewitt 2005; siehe auch http://<br />
ensembleseu.metoffice.com/) neuere Klimaszenarien für<br />
Europa vorbereitet. Im Unterschied zu PRUDENCE,<br />
wurde in ENSEMBLES zum ersten Mal die Entwicklung<br />
des Klimas von 1950 bis 2050, beziehungsweise von 1950<br />
bis 2100 fortlaufend berechnet. Die Ergebnisse von<br />
ENSEMBLES werden zurzeit von einer Expertengruppe<br />
ausgewertet mit dem Ziel, die Szenarien in OcCC/Pro-<br />
Clim (2007) zu aktualisieren.<br />
Auch wenn zu diesem Zeitpunkt keine präzisen Aussagen<br />
möglich sind, sollen hier ein paar Einblicke in die<br />
Welt von ENSEMBLES gegeben werden, begleitet von<br />
Überlegungen zu den möglichen Konsequenzen, welche<br />
die darin skizzierten Tendenzen für die agrarmeteorologischen<br />
Bedingungen im Acker- und Futterbau haben<br />
könnten. Um die Szenarien in eine breitere Perspektive<br />
zu setzen, wird die Entwicklung des Klimas in den ver-<br />
320 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 320–325, 2010
Agrarmeteorologische Bedingungen im <strong>Schweiz</strong>er Mittelland von 1864 bis 2050 | Umwelt<br />
gangenen 150 Jahren betrachtet. Dafür kommen homogenisierte<br />
Datenreihen für die monatsmittlere Temperatur<br />
und die Monatssumme der Niederschläge zur<br />
Betrachtung, die auf der Internetseite des Bundesamtes<br />
für Meteorologie und Klimatologie (Meteo<strong>Schweiz</strong>) zur<br />
Verfügung gestellt werden (http://www.meteoschweiz.<br />
admin.ch/web/de/klima/klima_heute/homogene_reihen.<br />
html).<br />
Kulturpflanzen und ihre Ansprüche an das Klima<br />
Optimale Witterungsbedingungen während der gesamten<br />
Vegetationszeit sind eine Voraussetzung für eine<br />
hohe Pflanzenproduktivität. Wann die Bedingungen<br />
optimal sind und wann mit witterungsbedingten Risiken<br />
zu rechnen ist, hängt nicht allein vom Klima sondern<br />
auch von den klimatischen Ansprüchen der Ackerkulturen<br />
ab (Lang und Müller 1999). Diese ändern sich je nach<br />
Sorte und Entwicklungsstadium: vegeta tives Wachstum,<br />
Blühen, Bildung und Füllung der Körner.<br />
Für viele Kulturpflanzen liegen optimale Temperaturen<br />
im Bereich 25 bis 30 °C, während sich bei höheren<br />
Temperaturen die Ertragsbildung einschränkt (Hess<br />
1991). In unseren Breiten ist dies jedoch selten der Fall.<br />
Deshalb haben Minimaltemperaturen im Allgemeinen<br />
eine weitaus grössere Bedeutung. Zudem können Frostschäden<br />
zu erheblichen Ertragsminderungen bis hin zu<br />
totalen Ernteausfällen führen.<br />
Ein optimales Pflanzenwachstum ist im Weiteren von<br />
einer ausreichenden Wasserversorgung abhängig. Durch<br />
Transpiration geht deren Pflanzen ständig Wasser verloren<br />
und muss über das Wurzelsystem neu aufgenommen<br />
werden. Ist zu wenig Wasser im Boden verfügbar, kann<br />
es zu Trockenstress kommen. Als Reaktion werden die<br />
Spaltöffnungen geschlossen. Dies minimiert die Wasserverluste,<br />
führt aber zu einer Änderung des Metabolismus,<br />
einer Einschränkung der CO 2<br />
-Aufnahme und, bei<br />
anhaltender Trockenheit, zu Ertrags- und Qualitätseinbussen.<br />
Niederschläge können neben ihrer positiven<br />
Auswirkung auf die Wasserversorgung aber auch direkt<br />
oder indirekt negative Auswirkungen haben, zum Beispiel<br />
in Form von Hagelschäden, Erosion, Überstauung<br />
oder Begünstigung von Pilzbefall bei häufiger Blattbefeuchtung.<br />
Agrarmeteorologische Indizes<br />
Eine Möglichkeit, die Beziehungen zwischen Klima<br />
und landwirtschaftlichen Systeme zu charakterisieren,<br />
bieten agrarmeteorologische Indizes (Eitzinger et al.<br />
2008). Diese beschreiben die Effekte verschiedener klimatischer<br />
Aspekte auf das Wachstum von Kulturpflanzen.<br />
Die phänologische Entwicklung, die Auswirkungen<br />
von Trockenheit, Nässe, Hitze und Kälte, aber auch<br />
Zusammenfassung<br />
Die agrarmeteorologischen Bedingungen für<br />
Acker- und Futterbau werden sich im Zuge des<br />
Klimawandels auch in der <strong>Schweiz</strong> ändern. Das<br />
kann zu einer Verbesserung der Produktion,<br />
aber auch zur Zunahme witterungsbedingter<br />
Risiken führen. Agrar meteorologische Indizes<br />
können helfen, das Zusammenspiel zwischen<br />
Klima und Kulturpflanzen besser zu verstehen.<br />
Sie können damit die Grundlage liefern, für die<br />
Entwicklung von Anpassungsstrategien.<br />
Hier wurden zwei wichtige Aspekte der<br />
landwirtschaftlichen Pflanzenproduktion<br />
untersucht, nämlich die Dauer der Vegetationszeit<br />
und das Trockenheitsrisiko. Als Basis für die<br />
Auswertung dienten homogenisierte Datenreihen<br />
von Temperatur und Niederschlag über<br />
dem Zeitraum 1864 bis 2009 einerseits, und die<br />
neusten Klimaszenarien aus dem Europäischen<br />
Forschungsprojekt ENSEMBLES anderseits.<br />
Bezüglich der Vegetationsperiode sind die<br />
Ergebnisse konsistent mit den Resultaten<br />
früherer Studien, mit einer Vegetationsperiode<br />
im Jahr 2050 rund 40 Tage länger <strong>als</strong> um 1970<br />
im Mittelland. Was das Trockenheitsrisiko<br />
anbelangt, zeigen unsere Berechnungen ein<br />
etwas weniger dramatisches Bild <strong>als</strong> bisher<br />
angenommen. Dies ist hauptsächlich darauf<br />
zurückzuführen, dass die ENSEMBLES-Szenarien<br />
für die erste Hälfte des 21. Jahrhunderts im<br />
Mittel nur eine geringe Tendenz zu einer<br />
Abnahme der Sommerniederschläge zeigen.<br />
Allerdings sind auch die neuen Szenarien in<br />
diesem Punkt mit grossen Unsicherheiten<br />
behaftet.<br />
das Auftreten von Krankheiten und die Ausbreitung<br />
von Schädlingen sind Beispiele von Prozessen, die auf<br />
diese Weise erfasst werden können.<br />
Die zeitliche Dimension des Wachstums wird üblicherweise<br />
auf der Basis der laufenden Temperatursumme<br />
(Engl. Growing Degree Days) dargestellt. Für<br />
viele Kulturpflanzen liegen zuverlässige Angaben vor<br />
(z. B. Lang und Müller 1999), die eine relativ genaue<br />
Datierung von Entwicklungsstadien erlauben. Bezüglich<br />
des Futterbaus werden oft die Anzahl Tage bestimmt, an<br />
denen die mittlere Tagestemperatur 5 °C überschreitet.<br />
Um Kälte-Einflüsse ebenfalls abzubilden, wird in manchen<br />
Studien zusätzlich ein Minimalwert für die Tagesminimumstemperatur<br />
von –2 °C festgelegt.<br />
<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 320–325, 2010<br />
321
Umwelt | Agrarmeteorologische Bedingungen im <strong>Schweiz</strong>er Mittelland von 1864 bis 2050<br />
Abb. 1 | Auswirkung einer Temperaturerhöhung<br />
um 2 °C auf die Entwicklung von<br />
Kartoffeln und das Risiko von hitzebedingtem<br />
Einstellen der Knollenfüllung am<br />
Standort Reckenholz. Dabei wurde die Annahme<br />
getroffen, dass keine Anpassung<br />
des Saattermins vorgenommen wird. In<br />
der unteren Hälfte der Abbildung sind<br />
wichtige phänologische Stadien aufgetragen:<br />
Saat; Aufgang (Aufg); Knollenbildung<br />
(KnBl); Blüte(Blüh); Auffüllung (Auff); Reife.<br />
Diese wurden auf Grund von Schwellenwerten<br />
der laufenden Temperatursumme<br />
bestimmt. Die obere Hälfte ist eine graphische<br />
Darstellung der Wahrscheinlichkeit,<br />
dass die tagesmaximale Temperatur 30 °C<br />
übersteigt. Schwarz: Resultate einer Auswertung<br />
der täglichen Meteorologie im<br />
Zeitraum 1981–2009. Rot: Resultate für<br />
eine Zunahme der Temperatur um 2 °C, wie<br />
sie von den Klimaszenarien des ENSEMB-<br />
LES-Projekts für 2050 skizziert wird.<br />
Für Hitze können unterschiedliche Schwellenwerte<br />
gebraucht werden. Sommertage sind zum Beispiel Tage,<br />
an denen die maximale Tagestemperatur über 25 °C<br />
steigt, während für tropische beziehungsweise Hitzetage<br />
der Schwellenwert bei 30 respektive 35 °C liegt.<br />
Frost lässt sich auf Grund der Tagesminimumtemperatur<br />
erfassen.<br />
Im Zusammenhang mit Trockenheit ist die Auswahl<br />
an agrarmeteorologischen Indizes breit. Dies lässt sich<br />
damit erklären, dass die Entstehung von Trockenheit<br />
und trockenheitsbedingtem Stress ein relativ komplexes<br />
Phänomen ist. Meteorologisch gesehen ist Trockenheit<br />
primär eine Folge des Ausbleibens von signifikanten Niederschlägen.<br />
Schwankungen im Wasserangebot werden<br />
aber vom Boden zum grossen Teil gepuffert, vor allem<br />
wenn der Wurzelraum im Kontakt mit dem Grundwasser<br />
steht. Zudem haben Pflanzen mit tiefgehenden Wurzelsystemen<br />
die Möglichkeit, Wasser aus tiefer liegenden<br />
Bodenschichten zu nutzen, und können somit niederschlagsarme<br />
Perioden besser überstehen.<br />
Demzufolge kann Trockenheit je nach Standpunkt<br />
der Betrachtung mit Hilfe von reinen Niederschlagindikatoren<br />
untersucht werden, wie zum Beispiel mit dem<br />
von McKee et al. (1993) eingeführten standardisierten<br />
Niederschlagsindex (Engl. Standardized Precipitation<br />
Index oder SPI), oder mit Hilfe von Indizes, welcher die<br />
Wasserbilanz des Bodens und den Wasserverbrauch<br />
durch die Pflanze abbilden, wie dem Dürre-Index von<br />
Palmer (1965; Engl. Palmer Drought Severity Index oder<br />
PDSI), die relative Evapotranspiration (Fuhrer und Jasper<br />
2009) oder die durchschnittliche Wasserverfügbarkeit im<br />
Wurzelraum (Milly 1993; siehe auch Keller und Fuhrer<br />
2004). Von Bedeutung ist bei vielen Anwendungen nicht<br />
nur die Intensität der Trockenheit sondern auch deren<br />
Dauer. Deswegen wird häufig auch die Länge von Trockenheitsphasen<br />
<strong>als</strong> Index verwendet.<br />
Agrarmeteorologische Indizes können sowohl für die<br />
gesamte Vegetationszeit <strong>als</strong> auch für bestimmte Entwicklungsphasen<br />
berechnet werden. Letztere Berechnung<br />
hat den Vorteil, dass beispielsweise eine durch<br />
höhere Temperaturen hervorgerufene Verschiebung der<br />
Phänologie berücksichtigt werden kann. Wie in Abbildung<br />
1 am Beispiel der Entwicklung von Kartoffeln schematisch<br />
dargestellt, ist diese Option bei der Risikobeurteilung<br />
von Vorteil, da sie zu genaueren Angaben führt.<br />
R e s u l t a t e<br />
Entwicklung der Phänologie<br />
Erste Auswertungen der ENSEMBLES-Szenarien zeigen,<br />
dass im Alpenraum die Temperatur bis 2050 um rund 2° C<br />
zunehmen könnte. Für den Sommerniederschlag sind,<br />
anders <strong>als</strong> in den Szenarien des OcCC/ProClim (2007), bis zu<br />
diesem Zeitpunkt keine klaren negativen Tendenzen auszumachen.<br />
Was bedeuten diese Zahlen für die agrarmeteorologischen<br />
Bedingungen im Acker- und Futterbau? Es sei<br />
zunächst die Phänologie betrachtet. Die Dauer der Vegetationszeit<br />
von Wiesen und Weiden und deren Entwicklung<br />
im Zeitraum 1864 bis 2050 ist in Abbildung 2 dar gestellt.<br />
In dieser Abbildung deutlich zu erkennen ist die Tendenz<br />
zu einer Verlängerung der Vegetationszeit, die vor allem<br />
nach 1960 einsetzt. Klar festzustellen sind aber auch die<br />
kurz- und mittelfristigen Schwankungen. So lagen um<br />
322 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 320–325, 2010
Agrarmeteorologische Bedingungen im <strong>Schweiz</strong>er Mittelland von 1864 bis 2050 | Umwelt<br />
1860 die Werte in günstigen Jahren schon auf einem<br />
ähnlichen Niveau wie um 1940, während die Jahre zwischen<br />
1890 und 1910 <strong>als</strong> überdurchschnittlich kalt und<br />
für den Futterbau ungünstig erscheinen. Die jährliche<br />
Variabilität war zwischen 1900 und 1930 deutlich geringer<br />
<strong>als</strong> in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und<br />
wiederum ab 1940.<br />
Gemäss Ergebnisse des ENSEMBLES-Projekts, setzt<br />
sich die ab 1980 beobachtete Tendenz bis 2050 fort. Die<br />
Länge der Vegetationszeit wird 2050 im Durchschnitt<br />
250 Tage betragen, das heisst rund 40 Tage mehr <strong>als</strong><br />
1970. Dies würde bei produktiven Wiesen grob einem<br />
zusätzlichen Schnitt pro Jahr entsprechen.<br />
Entwicklung der Trockenheit<br />
Für die Darstellung der Trockenheit dient hier der SPI.<br />
Wie in McKee et al. (1993) erklärt, stellt das SPI eine Standardisierung<br />
des kumulierten Niederschlags über einen<br />
Zeitraum dar, der je nach Fragestellung drei bis 24 Monate<br />
betragen kann. Hier wurde eine Integrationszeit von<br />
sechs Monaten gewählt und die Niederschlagssumme für<br />
April bis September betrachtet, denn diese ist repräsentativ<br />
für lang anhaltende Trockenheitsphasen, die zu<br />
Ertragseinbussen führen können. Als Referenzperiode<br />
für die Standardisierung traf die Wahl auf die Jahre 1981<br />
bis 2009. Negative Werte des SPI deuten auf Trockenheit<br />
hin, bei Werten kleiner <strong>als</strong> –1,5 sogar auf schwere Dürre.<br />
Die Daten in Abbildung 3 zeigen deutlich, dass in der<br />
Vergangenheit die kumulierten Niederschlagsmengen in<br />
den Monaten April bis September zeitlich stark variierten.<br />
Von der Trockenheit besonders betroffen waren die<br />
1860er, die 1890er sowie die 1940er Jahre. Die schwerste<br />
Dürre traf die <strong>Schweiz</strong>er Landwirtschaft im Jahr 1947<br />
(Pfister 1999). Grosse Verluste gab es aber auch im Sommer<br />
2003 (Keller und Fuhrer 2004). Der wesentliche<br />
Unterschied zwischen den beiden Ereignissen liegt darin,<br />
dass 1947 die Phase negativer Niederschlagsanomalien<br />
bereits im vorhergehenden Winter anfing und Ende<br />
Sommer den Höhenpunkt erreichte. Im Jahr 2003 waren<br />
vor allem die Monate April, Juni und August von Trockenheit<br />
betroffen. Integriert über die ganze Zeit zwischen<br />
April und September führte das zu einer deutlich<br />
kleineren Anomalie <strong>als</strong> 1947.<br />
Bezüglich der zukünftigen Entwicklung von Trockenheit<br />
ist bis 2050 keine signifikante negative Tendenz im<br />
Niederschlagsregime zu erkennen. Der Unsicherheitsbereich<br />
ist aber in etwa so breit wie der Bereich der jährlichen<br />
Variabilität im heutigen Klima. Das könnte so interpretiert<br />
werden, dass Ereignisse, wie zum Beispiel 2003<br />
der Trockenheit, auch in der nahen Zukunft immer wieder<br />
vorkommen können.<br />
D i s k u s s i o n<br />
Eine quantitative Erfassung der agrarmeteorologischen<br />
Bedingungen im Acker- und Futterbau ist vor dem Hintergrund<br />
eines sich stets ändernden Klimas nötig, um Risiken<br />
rechtzeitig zu erkennen und Anpassungsstra tegien zu entwickeln.<br />
Eine Analyse mit Hilfe von agrarmeteorologischen<br />
Indizes hat den Vorteil, dass sie erstens ohne komplizierte<br />
Modellrechnungen durchgeführt werden kann und zweitens<br />
leicht interpretierbare Resultate liefert. Die unterschiedliche<br />
Bedeutung klimatischer Aspekte in Abhängigkeit<br />
der phänologischen Entwicklung einer Pflanze kann<br />
berücksichtigt werden, indem man agrarmeteorologischen<br />
Indizes gezielt für kritische Entwicklungsphasen berechnet.<br />
<br />
Abb. 2 | Dauer der Vegetationszeit bei Wiesen und Weiden am Standort Bern, im Zeitraum 1864 bis 2050. Schwarz: historische Rekonstruktion<br />
auf der Basis homogenisierter Temperaturdaten von Meteo<strong>Schweiz</strong>. Die dünne Linie zeigt die Jahreswerte an, während die dicke Linie die mittelfristigen<br />
Tendenzen wiedergibt. Blau: Entwicklung bis 2050, wie sie aufgrund von 15 ENSEMBLES-Szenarien berechnet wurde. In diesem Fall<br />
stellt die dicke Linie die wahrscheinlichste Entwicklung dar, während die dünnen Linien den Unsicherheitsbereich abgrenzen.<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 320–325, 2010<br />
323
Umwelt | Agrarmeteorologische Bedingungen im <strong>Schweiz</strong>er Mittelland von 1864 bis 2050<br />
Abb. 3 | Ähnlich wie Abbildung 2, aber bezüglich der Entwicklung des SPI an der Beobachtungsstation Bern im Zeitraum 1864 bis 2050. Es<br />
handelt sich hier um die Werte des 6-monatigen SPI für September, welche die Anomalien des kumulierten Niederschlags in den Monaten<br />
April bis September wiedergeben. Wie im Text erklärt, deuten negative Werte des SPI auf Trockenheit hin. Bei Werten unter –1,5 kann von<br />
anhaltender Dürre ausgegangen werden. Die zwei Pfeile kennzeichnen die Jahre 1947 und 2003.<br />
In dieser Arbeit wurde die Entwicklung der agrarmeteorologischen<br />
Bedingungen im <strong>Schweiz</strong>er Mittelland mit<br />
Hilfe zweier derartigen Indizes für die Jahre zwischen<br />
1864 und 2050 skizziert. Dabei dienten historische Wetterbeobachtungen<br />
und Klimaszenarien <strong>als</strong> Datengrundlage,<br />
wobei es sich bei Letzteren um die Ergebnisse des<br />
EU-Forschungsprojekts ENSEMBLES handelt.<br />
Bezüglich Temperatur waren unsere Aussagen konsistent<br />
mit den Schlussfolgerungen aus früheren Arbeiten.<br />
Bezüglich Sommertrockenheit gab es aber merkliche<br />
Diskrepanzen, die im Rahmen weiterer Arbeiten zu<br />
erklären sind. In diesem Kontext ist zum Beispiel zu<br />
beachten, dass in PRUDENCE explizite Simulationen mit<br />
regionalen Klimamodellen nur für den Zeitraum 2071<br />
bis 2100 durchgeführt wurden, und dass für den Bericht<br />
OcCC/ProClim (2007) diese Resultate mit einem statistischen<br />
Verfahren auf die Jahre 2030, 2050 und 2070 skaliert<br />
wurden. Es gilt nun, die dafür getroffenen Annahmen<br />
auf der Basis des heutigen Wissens zu überprüfen.<br />
Die weitere Auseinandersetzung mit den Resultaten<br />
von ENSEMBLES wird zeigen, inwiefern und ab welchem<br />
Zeitpunkt ein zunehmender Wassereinsatz zur<br />
Bewässerung nötig sein wird (Fuhrer und Jasper 2009).<br />
S c h l u s s f o l g e r u n g e n u n d<br />
A u s b l i c k<br />
Die Beurteilung der Szenarien aus der Sicht der <strong>Schweiz</strong>er<br />
Landwirtschaft wird ART auch in den kommenden<br />
Jahren beschäftigen. Ein wichtiges Ziel wird es sein, die<br />
Analyse des Zusammenspiels zwischen Witterung und<br />
Pflanzenwachstum in Richtlinien für die Praxis umzusetzen.<br />
Konkret geht es um die Aktualisierung der Klimaeignungskarte<br />
(http://www.agri-gis.admin.ch/index.php),<br />
die aus einer Bewertung der Klimaeignung für die Landwirtschaft<br />
in der <strong>Schweiz</strong> von Jeanneret und Vautier<br />
(1977) entstand.<br />
Die bis heute verwendete Klimaeignungskarte basiert<br />
auf klimatischen Daten aus dem Zeitraum 1901 bis 1960.<br />
Abbildungen 2 und 3 zeigen jedoch, dass sich das Klima<br />
seitdem verändert hat. Eine Aktualisierung der Klimaeignungsbewertung<br />
mit neuen Daten wäre schon aus diesem<br />
Grund angezeigt.<br />
Allerdings ist die von Jeanneret und Vautier entwickelte<br />
Methode nur teilweise reproduzierbar. Deshalb soll auch<br />
die Bewertungsmethodik neu ausgelegt werden. Dies<br />
wird von ART zurzeit im Rahmen der Nationalen Forschungsschwerpunkt<br />
Klima gemacht (http://www.nccrclimate.unibe.ch).<br />
Im Kern wird die neue Methodik auf eine expertenbasierte<br />
Bewertung kulturarten-spezifischer Klimaeignungen<br />
zurückgreifen. Die Quantifizierung der<br />
Klimasensitivitäten wird dabei auf der Basis agrarmeteorologischer<br />
Indizes vorgenommen, die für kritische<br />
Phäno logiephasen berechnet werden. Die neue Methodik<br />
wird leicht nachvollziehbar und modifizierbar sein,<br />
so dass die Berechnung der Klimaeignung jederzeit<br />
aktualisiert und erweitert werden kann und den Entwicklungen<br />
in der Züchtung von neuen Sorten Rechnung<br />
trägt. Auch wird eine Bewertung der Klimaeignung<br />
für verschiedene Klimaszenarien möglich sein. n<br />
324 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 320–325, 2010
Agrarmeteorologische Bedingungen im <strong>Schweiz</strong>er Mittelland von 1864 bis 2050 | Umwelt<br />
Condizioni agrometeorologiche sull'Alti-<br />
Agrometeorological conditions on the<br />
Riassunto<br />
piano svizzero dal 1864 al 2050<br />
I cambiamenti climatici si ripercuoteranno<br />
anche in Svizzera sulle le condizioni agrometeorologiche<br />
per la campicoltura e la<br />
foraggicoltura. Ciò potrà comportare un<br />
Summary<br />
Swiss Plateau from 1864 to 2050<br />
Climate change will affect the agrometeorological<br />
conditions for crop and forage farming<br />
<strong>als</strong>o in Switzerland. This can improve agricultural<br />
production but <strong>als</strong>o increase weather-<br />
miglioramento della produzione, ma anche<br />
related risks. In this context, agrometeorological<br />
un aumento dei rischi legati alle intemperie.<br />
indices can help to better understand the<br />
L’esame degli indici agrometeorologici può<br />
interactions between crops and climate and thus<br />
aiutare a meglio comprendere l'interazione<br />
serve as a basis for the development of adapta-<br />
tra clima e colture, nonché a creare le basi<br />
tion strategies. This study investigates two<br />
per lo sviluppo di strategie di adattamento.<br />
important aspects of crop production, namely<br />
In questo ambito sono stati analizzati due<br />
the length of vegetation period and drought<br />
aspetti importanti della produzione vege-<br />
risks. Our investigation relies on homogenized<br />
tale, cioè la durata del periodo di vegeta-<br />
data series for temperature and precipitation<br />
zione e il rischio di siccità, basandosi su dati<br />
spanning the period 1864 – 2009 and the latest<br />
meteorologici per gli anni 1864-2009 e sui<br />
climate scenarios from the European research<br />
più recenti scenari climatici emersi dal<br />
project ENSEMBLES. Concerning the length of<br />
progetto europeo di ricerca ENSEMBLES.<br />
vegetation period, our results are consistent<br />
Riguardo al periodo di vegetazione sull’Alti-<br />
with the findings of earlier studies. For the<br />
piano, i risultati si sono rivelati coerenti con<br />
Plateau, they suggest by 2050 an extension of<br />
quelli di studi precedenti, indicando per il<br />
about 40 days relative to the reference in the<br />
2050 un prolungamento di circa 40 giorni<br />
1970s. Regarding drought risks the picture is less<br />
rispetto al 1970. Riguardo al rischio di siccità<br />
dramatic than previously assumed. This can be<br />
il quadro emerso è meno drammatico di<br />
explained by the fact that for the first half of<br />
quanto prospettato finora, poichè negli<br />
the 21st century the ENSEMBLES scenarios show<br />
scenari ENSEMBLES la tendenza al calo delle<br />
on average only a small tendency toward<br />
precipitazioni estiva è minima nella prima<br />
reduced summer precipitation. On this aspect,<br />
metà del XXI secolo. A questo proposito<br />
however, even the new scenarios are fraught<br />
rimangono però notevoli incertezze.<br />
with uncertainty.<br />
Key words: climate change, agrometeorological<br />
indices, growing season's length, drought risk.<br />
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<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 320–325, 2010<br />
325
A g r a r w i r t s c h a f t<br />
Einstellungen zu Hochleistungs- und<br />
Vollweidestrategie<br />
Ivo Baur 1 , Martin Dobricki 2 und Markus Lips 2<br />
1<br />
Universität Zürich, Geographisches Institut, Social and Industrial Ecology<br />
2<br />
Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, CH-8046 Zürich<br />
Auskünfte: Martin Dobricki, E-Mail: martin.dobricki@art.admin.ch, Tel. +41 52 368 31 46<br />
Foto: Iris Pulfer<br />
E i n l e i t u n g<br />
Am Berufsbildungszentrum Natur und Ernährung (BBZN)<br />
in Hohenrain im Kanton Luzern wird derzeit ein Systemvergleich<br />
zwischen Vollweide- und Hochleistungs-Strategie<br />
bei Milchvieh durchgeführt. Die vorliegende Studie<br />
ist ein Teilprojekt und verfolgt das Ziel, die Motive und<br />
Einstellungen von Milchproduzentinnen und -produzenten<br />
in Bezug auf die beiden Fütterungs strategien zu<br />
erfassen.<br />
Die Strategie «Vollweide» besteht darin, den Weideanteil<br />
zu maximieren. Kraftfutter wird allenfalls zu Beginn<br />
der Laktationsphase eingesetzt. Bei der «Hochleistungsstrategie»<br />
ist eine Beschreibung weit schwieriger,<br />
da eine grosse Heterogenität besteht. Als gemeinsamen<br />
Nenner kann das Ziel einer grossen Produktionsmenge<br />
Milch pro Kuh beziehungsweise pro Stallplatz<br />
bezeichnet werden. Die Fütterung erfolgt typischerweise<br />
mittels Mischrationen, die aus Grund- und Kraftfutter<br />
besteht.<br />
326 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 326–333, 2010
Einstellungen zu Hochleistungs- und Vollweidestrategie | Agrarwirtschaft<br />
M e t h o d e<br />
Fokusgruppengespräche<br />
Für beide Strategien wurde je ein Fokusgruppengespräch<br />
organisiert und nach der Transkription mit dem<br />
Methodenset der Grounded Theory ausgewertet. Die<br />
Grounded Theory ist eine Methode zur systematischen<br />
Auswertung von qualitativen Daten (z. B. Interviewtranskripten).<br />
Dabei werden die Daten, in diesem Fall die<br />
Aussagen der Fokusgruppenmitglieder, kodiert und<br />
kategorisiert. Das Kodieren und Kategorisieren der<br />
Daten dient später der Entwicklung von Kategorienetzen,<br />
wobei deren bindende Beziehungen systematisch<br />
erarbeitet und überprüft werden (Strübing 2008).<br />
Beide Fokusgruppen waren ausschliesslich mit Vertretern<br />
jeweils einer Fütterungs strategie besetzt. Einerseits<br />
die «Hochleistungsstrategie» (10 Teilnehmer am<br />
3.2.2009) und anderseits die «Vollweidestrategie» (7 Teilnehmer<br />
am 4.2.2009). Hauptinhalt der Gespräche waren<br />
die Motive und Einstellungen der Teilnehmenden zu den<br />
beiden Fütterungsstrategien.<br />
Entsprechend der obengenannten Beschreibung der<br />
Strategien schätzte sich die Hochleistungs-Gruppe <strong>als</strong><br />
heterogen ein, während bei der Vollweidegruppe eine<br />
grössere Homogenität beobachtet werden konnte.<br />
Bezogen auf die Verbreitung der beiden Strategien gibt<br />
es grosse Unterschiede. Eine repräsentative Umfrage bei<br />
Ostschweizer Verkehrsmilchbetrieben ergab, dass im Talgebiet,<br />
zu dem die Region Hohenrain zählt, nur ein Prozent<br />
die Weide <strong>als</strong> Sommerfütterungssystem anwenden<br />
(Gazzarin et al. 2008).<br />
Zusammenfassung<br />
Zwei Fokusgruppengespräche mit Milchproduzentinnen<br />
und -produzenten über<br />
ihre Motive und Einstellungen zu den beiden<br />
Fütterungsstrategien «Hochleistung» und<br />
«Vollweide» wurden mit dem qualitativen<br />
Verfahren der «Grounded Theory» ausgewertet.<br />
Die Studie soll die Faktoren bestimmen,<br />
welche Betriebsleitende bei der Wahl<br />
ihrer Fütterungsstrategie leiten. Obwohl eine<br />
Verallgemeinerung der Resultate nicht<br />
zulässig ist, gibt die Analyse Einblick in<br />
Strategien, Motive und Einstellungen der<br />
einbezogenen Betriebs leitenden. Sowohl auf<br />
Ebene der (Betriebs-)Strategien, <strong>als</strong> auch bei<br />
den Zielen und Werten zeigen sich erhebliche<br />
Unterschiede. Die beiden Fütterungsstrategien<br />
stehen stellvertretend für zwei grundsätzlich<br />
unterschiedliche Produktionsphilosophien,<br />
wobei gemäss der Auffassung der<br />
befragten Landwirte einerseits die produzierte<br />
Milchmenge (Hochleistung) und<br />
andererseits eine ökoeffiziente Produktion<br />
(Vollweide) im Zentrum stehen. Während sich<br />
die Hochleistungsgruppe <strong>als</strong> moderne<br />
Unternehmer verstehen und sich der marktorientierten<br />
Milchproduktion verpflichten,<br />
spielt für die Vollweidegruppe die Ökologie<br />
und das Gemeinwohl eine wichtigere Rolle.<br />
Entscheidungsmodell<br />
Um die genannten Einstellungen der beiden Fokusgruppengespräche<br />
zu strukturieren, werden drei Ebenen<br />
(Werte, Ziele und Strategien) unterschieden, die zusammen<br />
den Entscheidungsprozess abbilden. Werte bestimmen,<br />
welche grundlegenden Ziele individuen langfristig<br />
verfolgen und dienen <strong>als</strong> Referenz, wenn es darum geht,<br />
Handlungsoptionen zu beurteilen. Wertvorstellungen<br />
werden durch das soziale Umfeld vermittelt, wobei die<br />
Normen eine zentrale Rolle spielen. Aus den Werten leiten<br />
sich konkrete Ziele ab. Die Strategie wird schliesslich<br />
benötigt, um Ziele zu erreichen. Die gewählte Fütterungs-<br />
beziehungsweise Betriebsstrategie resultiert aus<br />
dem Resultat des Entscheidungsprozesses. In Abbildung<br />
1 ist das Entscheidungsmodell schematisch dargestellt.<br />
Die drei Ebenen werden mittels vergleichendem<br />
Kodieren kon kre tisiert.<br />
Die nachfolgende Beschreibung der drei Ebenen<br />
erfolgt in der Reihenfolge Strategie, Ziele und schliesslich<br />
Werte. Während die Strategien genau definiert wer- <br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 326–333, 2010<br />
327
Agrarwirtschaft | Einstellungen zu Hochleistungs- und Vollweidestrategie<br />
den können, ist dies bei den Zielen und insbesondere<br />
den Werten wesentlich schwieriger, da sie <strong>als</strong> latente<br />
Grössen nur beschränkt fassbar sind.<br />
Abb. 1 | Entscheidungsmodell.<br />
Fütterungs- und Betriebsstrategie<br />
Die qualitative Analyse ergibt für beide Gruppen, dass<br />
die Betriebsstruktur, insbesondere die Flächenverfügbarkeit<br />
und die Arrondierung, zentrale Determinanten sind,<br />
an die sie ihre Fütterungsstrategie anpassen müssen. In<br />
einem zweiten Schritt erklären beide Gruppen die Fütterungsstrategie<br />
<strong>als</strong> Resultat ihrer Betriebsstrategie. Die<br />
Betriebsstrategie ist ein ökonomisches Handlungskonzept,<br />
dass nach Aussage der befragten Betriebsleiter auf<br />
ungefähr zehn Jahre ausgelegt ist. Die Betriebsstrategie<br />
wird von beiden Gruppen <strong>als</strong> Anpassung an aktuelle und<br />
antizipierte Markt- und agrarpolitische Entwicklungen<br />
verstanden.<br />
Die Fütterungsstrategie ist für die Gruppe «Hochleistung»<br />
wesentlich durch die Flächenausstattung gegeben.<br />
Bedingt durch die Knappheit und die Lage der Weideflächen<br />
ist für viele Betriebsleiter der Gruppe<br />
«Hochleistung» die Vollweide von vornherein ausgeschlossen.<br />
Neben den betriebsstrukturellen Determinanten<br />
wie Flächenverfügbarkeit und Arrondierung<br />
er klären sie ihren Futterplan <strong>als</strong> Anpassung an Bodenbeschaffenheit<br />
und Hangneigung. Die Betriebsstruktur<br />
wird <strong>als</strong> zentrale Handlungsrestriktion beschrieben.<br />
Insofern erscheint ihnen die Heterogenität der Futterpläne<br />
<strong>als</strong> logische Konsequenz der optimalen Nutzung<br />
unterschiedlicher Betriebsstrukturen. Die Fütterungsstrategie<br />
ist darauf ausgerichtet, unter gegebener Faktorausstattung,<br />
die optimale Menge Milch zu produzieren.<br />
Obwohl ein hoher betrieblicher Output wichtig ist,<br />
streben sie nicht die maximale Milchleistung an. Dem<br />
sich in ihrer Wahrnehmung zunehmend verschlechternden<br />
Markt- und Politikumfeld – mit sinkenden Milchpreisen<br />
und steigenden Gebäude- und Futterkosten –<br />
wollen die meisten mit einer Mengenausdehnung<br />
begegnen. Die Mengenausdehnung wird dabei vor<br />
allem über die Herdengrösse angestrebt, anstatt über<br />
die Milchleistung pro Kuh.<br />
Die Vollweidegruppe hingegen sieht sich in der Wahl<br />
der Fütterungsstrategie weniger von der Flächenausstattung<br />
eingeschränkt. Für sie ist eine emissionsarme und<br />
energetisch effiziente Produktion mehr eine Frage des<br />
Willens, <strong>als</strong> der Flächenausstattung. Eine umweltgerechte<br />
Produktion ist für sie das wichtigste Motiv bei der<br />
Wahl der Betriebsstrategie. Die tiefe Kostenstruktur fällt<br />
lediglich <strong>als</strong> ökonomisches Nebenprodukt der ökologischen<br />
Betriebsführung an. Trotzdem ist die Kostenminimierung<br />
eine zentrale Maxime, die im Ziel der nachhaltigen<br />
Betriebsführung gründet. Daneben ist die<br />
Kostenminimierung aber auch eine Anpassung an das<br />
polit-ökonomische Umfeld. Ähnlich wie die Hochleistungsgruppe,<br />
sieht sich die Vollweidegruppe hierbei mit<br />
ungünstigen Marktentwicklungen konfrontiert. Die sinkenden<br />
Produzentenpreise und der damit verbundene<br />
Abfluss der Wertschöpfung, betrachten sie <strong>als</strong> strukturelles<br />
Ungleichgewicht. Mit tiefen Maschinen- und Futterkosten,<br />
und der damit einhergehenden geringeren<br />
Milchleistung, entgegnet man der Marktmacht von<br />
zuliefernden und abnehmenden Firmen. Obwohl das<br />
Marktumfeld in beiden Gruppen gleich wahrgenommen<br />
wird, unterscheiden sich die Anpassungsstrategien<br />
grundsätzlich: Die Hochleistungsgruppe versucht über<br />
die Mengenausdehnung und dem gezielten Beschaffen<br />
von Inputs wie Maschinen oder Futtermittel sinkenden<br />
Erlösen entgegen zu wirken, während die Vollweide vor<br />
allem kostenseitig minimiert.<br />
R e s u l t a t e<br />
Ziele<br />
Bei den Zielen sind die Aspekte Ökonomie, Ökologie,<br />
Tierwohl und Arbeitsbelastung relevant.<br />
Ziele bezüglich Ökonomie und Ökologie<br />
Die ökonomischen Motive stehen für die Hochleistungsgruppe<br />
deutlich im Vordergrund. Der Wille zur Optimierung<br />
ist gekoppelt an die Affinität zur hohen Produktionsmenge.<br />
Die Milchmenge pro Arbeitsstunde und die<br />
Lebensleistung der Kuh sind für sie die Indikatoren einer<br />
erfolgreichen Betriebsführung. Die Maximierung der<br />
Milchmenge pro Arbeitsstunde, wird über die Automatisierung<br />
angestrebt. Die Milchleistung pro Fläche ist des-<br />
328 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 326–333, 2010
Einstellungen zu Hochleistungs- und Vollweidestrategie | Agrarwirtschaft<br />
halb zentral, weil die befragten Betriebsleiter eine<br />
moderne Betriebsausstattung im Bereich Futterbau<br />
anstreben, um aus der verfügbaren (Ackerbau-)Fläche<br />
den maximalen Ertrag an Futter zu generieren. Neben<br />
hoher Flächenproduktivität ermöglicht die Modernisierung<br />
der Ställe auch eine höhere Lebensleistung der<br />
Kuh. Diese ist zudem von Bedeutung, weil sie auf den<br />
verantwortungsvollen Umgang mit den Tieren hinweist.<br />
Eine über die Anforderungen des ÖLN hinausgehende<br />
ökologische Effizienz der Betriebsführung scheint hingegen<br />
kaum entscheidungs relevant, zumindest wurde sie<br />
nicht explizit angesprochen.<br />
Im Gegensatz dazu erklärt die Vollweidegruppe<br />
systematische Kostenminimierung mit dem Ziel ökoeffizienter<br />
Produktion. Nährstoffaufwand pro Kilogramm<br />
Milch, die Energiekosten pro Kilogramm Milch und insgesamt<br />
eine möglichst emissionsarme Produktion sind<br />
für sie die Leistungskriterien. Das Bestreben Energieund<br />
Futterkosten einzusparen, ist in der Auffassung der<br />
Vollweidegruppe im Sinne einer verantwortungsvollen<br />
Produktion zu verstehen. Mit der Maximierung des Weideanteils<br />
soll der Nährstoffverlust minimiert werden.<br />
Die tiefe Kostenstruktur ist damit die ökonomische Folge<br />
ökologischer Motive.<br />
grössere Kontrolle über die Ressourcen. Abhängigkeiten<br />
von Wetter und von saisonalen Einflüssen werden möglichst<br />
reduziert, was eher erlaubt die Freizeit zu planen.<br />
Die moderne Infrastruktur im Stall reduziert zudem die<br />
körperliche Belastung. Standardisierung und Automatisierung<br />
des Produktionsprozesses haben weiter den Vorteil,<br />
dass die Arbeit eher einer Stellvertretung anvertraut<br />
werden kann.<br />
Im Gegensatz dazu geniesst der Weidestratege die<br />
Saisonalität seines Systems. Sein Arbeitsjahr ist an den<br />
natürlichen Reproduktionszyklus der Tiere gebunden.<br />
Das saisonale Abkalben und die damit verbundene<br />
Melkpause erlauben eine temporäre Reduktion der<br />
Arbeitsbelastung. Die Melkpausen bringen Freiraum<br />
für die Familie und Entlastung für die Betriebsleitung.<br />
Für die Familie ist die Abkalbphase eine besonders<br />
spannende Zeit und weckt bei den Kindern das Interesse<br />
an der Landwirtschaft. Gemäss den Aussagen der<br />
Vollweidegruppe bevorzugen sie entsprechend einen<br />
abwechslungsreichen Arbeitsprozess, in Harmonie mit<br />
der Umwelt und den natürlichen Ressourcen. Während<br />
die Hochleistungsgruppe gemäss eigener Auffassung,<br />
eher die Kontrolle der Umwelt und der Ressourcen<br />
anstrebt.<br />
Ziele bezüglich Tierwohl<br />
Das Tierwohl ist beiden Gruppen ein wichtiges Anliegen.<br />
Die Gruppe Hochleistung erklärt ihre Vorliebe für<br />
moderne Produktionsmittel auch mit der Verantwortung<br />
für das Tier. Kraftfuttereinsatz und moderne futterbauliche<br />
Methoden garantieren, dass die Tiere jederzeit<br />
vollkommen ausgefüttert sind. Die Fütterung gilt <strong>als</strong><br />
wichtigste Voraussetzung für die Fruchtbarkeit und<br />
Lebensdauer der Kühe. Die Tiere profitieren aber auch<br />
von moderner Infrastruktur im und um den Stall: Lüftungen,<br />
Platzverhältnisse und Bürsten dienen dem Kuhkomfort<br />
und sollen sich positiv auf die Lebensleistung auswirken.<br />
Auch der Vollweidegruppe ist das Tierwohl ein wichtiges<br />
Anliegen. Gefördert wird es jedoch nicht durch<br />
moderne Infrastruktur, sondern durch Weidehaltung.<br />
Diese umfasst kurze Stallphasen, ausreichende Bewegung,<br />
Fütterung mit maximalem Weideanteil und saisonales<br />
Abkalben. Besonders die Stallhaltung bei Sommerhitze<br />
möchten die Vollweidebauern ihren Kühen nicht<br />
zumuten. Zudem sehen sie die Stallhaltung mit dem Problem<br />
der Überfütterung und einer unnatürlichen Milchleistung<br />
der Kuh verbunden.<br />
Ziele bezüglich Arbeitsbelastung<br />
Stallhaltung ermöglicht der Hochleistungsgruppe den<br />
Arbeitsprozess präziser zu planen und damit auch eine<br />
Werte<br />
Die Wertvorstellungen können zumindest teilweise<br />
über das Selbst- und Fremdbild erschlossen werden.<br />
Was für ein Typ Betriebsleiterin oder Betriebsleiter man<br />
sein möchte, hat einen bedeutenden Einfluss auf die<br />
Wahl der Fütterungsstrategie. Das Selbstbild entsteht<br />
nicht zuletzt durch eine klare Abgrenzung von anderen<br />
(Fütterungs-)Strategien.<br />
Selbst- und Fremdbild<br />
Die Vertreter der Strategie «Hochleistung» haben das<br />
Selbstverständnis eines modernen Unternehmers. Ihre<br />
Bestimmung sehen sie in der marktorientierten Produktion<br />
und weniger im Beitrag an die multifunktionale<br />
Landwirtschaft. Einzig zugunsten des Kuhkomforts<br />
darf das Prinzip der ökonomischen Rationalität vernachlässigt<br />
werden. Von Züchtern und dem Vollweidesystem<br />
grenzt man sich deutlich ab. Bei «Züchtern» und<br />
«Liebhabern» wird die wirtschaftliche Orientierung in<br />
Frage gestellt: Ihr Ziel sei primär das erfolgreiche<br />
Abschneiden an Viehschauen. Ziele und Motive (Zuchterfolg<br />
und Prestige) sind kaum konform mit dem Rationalitätsprinzip<br />
und dem Produktionsauftrag des Milchproduzenten.<br />
Andererseits, grenzt man sich von der<br />
Vollweide ab. Obwohl man der Vollweidegruppe zugesteht,<br />
dass auch sie wirtschaftlich denkt, werden folgende<br />
Punkte kritisch betrachtet:<br />
<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 326–333, 2010<br />
329
Agrarwirtschaft | Einstellungen zu Hochleistungs- und Vollweidestrategie<br />
(I) Die Vollweide ist nicht auf eine hohe Milchleistung<br />
ausgerichtet, womit sie ihren eigentlichen Auftrag,<br />
die Milchproduktion halbherzig wahrnimmt.<br />
(II) Die Vollweide kann keine vollwertige Fütterung<br />
garantieren, was nicht konform ist mit einer auf<br />
das Tierwohl ausgerichteten Betriebsstrategie.<br />
(III) Die Entscheidung für die Vollweide ist motiviert<br />
durch die Aussicht auf eine geringere Arbeits-<br />
belastung.<br />
Die Vollweidepraktiker selber, verstehen sich <strong>als</strong> Gruppe<br />
nachhaltig handelnder Produzenten. Aufgrund der<br />
überschaubaren Anzahl der Vollweidebetriebe und ihrer<br />
eher zurückhaltenden Rolle bei der Beschaffung von<br />
Inputs sehen sie sich in die Aussenseiterrolle versetzt,<br />
obwohl sie in ihrer Betriebsstrategie die bestmögliche<br />
Lösung für das Gemeinwohl und für eine multifunktionale<br />
Landwirtschaft erkennen. Insofern betrachtet die<br />
Vollweidegruppe die kapitalintensive Milchproduktion<br />
entsprechend kritisch. Diese ist ihrer Meinung nach,<br />
bedingt durch Übermechanisierung und intensive Fütterung,<br />
ökologisch ineffizient. Wobei sie weiterhin der<br />
Auffassung ist, dass die ökologische Ineffizienz folgende<br />
zwei Ursachen hat: (I) Das Streben nach Prestige ist der<br />
Grund für überdimensionierte Maschinenparks; (II) von<br />
Marketing und Beratung der vorgelagerten Industrie<br />
wird die Hochleistungsstrategie <strong>als</strong> einziger Weg vermittelt.<br />
Tab. 1 | Hypothetische Werteorientierung der beiden Gruppen<br />
Strategien im<br />
Umgang mit…<br />
Eigen- und<br />
Gemeinnutzen<br />
Unsicherheiten<br />
Erwartungshaltungen<br />
Hochleistung<br />
Erfolgsorientierung<br />
Kontrolle/ Sicherheit<br />
Konformität/<br />
Anpassung<br />
Vollweide<br />
Gemeinwohl-<br />
Orientierung<br />
Vertrauen/<br />
Laissez faire<br />
Selbstbestimmung/<br />
Reflektion<br />
Hinweis: Die Zuteilung der hier aufgeführten Wertorientierungen zu den beiden<br />
Gruppen, wie auch der Zusammenhang dieser Wertorientierungen mit den<br />
jeweiligen Strategien, ist rein hypothetisch.<br />
Wertorientierung der beiden Gruppen<br />
Ausgehend von der Annahme, dass die Gruppenidentität<br />
auf verschiedenen Werten basiert, kann anhand der<br />
beiden Gespräche auf die Werte geschlossen werden.<br />
Dabei erfolgt für beide Gruppen eine Beschränkung auf<br />
jeweils drei Werte, wobei es sich nicht um quantifizierte<br />
Befunde, sondern lediglich um prüfenswerte Hypothesen<br />
handelt. Damit sollen mögliche Unterschiede im<br />
Wertgefüge zwischen der Hochleistungs- und der Vollweidegruppe<br />
dargestellt werden. Jeweils zwei der<br />
Werte bilden zusammen ein (Gegensatz-)Paar. Während<br />
bei der Voll weide strategie die Werte «Gemeinwohl-Orientierung»,<br />
«Vertrauen/ Laissez faire» und «Selbstbestimmung»<br />
im Vordergrund stehen, sind es bei der<br />
Hoch leistungsstrategie die Werte «Erfolgsorientierung»,<br />
«Kontrolle/Sicherheit» sowie «Konformität/Anpassung»<br />
(Tab. 1).<br />
Die Vollweidebauern schätzen ihren Beitrag zum<br />
Gemeinwohl deutlich höher ein. Sie reflektieren ihre<br />
Futterstrategie stark im Hinblick auf externe Effekte. Mit<br />
dem Verzicht auf intensiven Kraftfuttereinsatz, halten<br />
sie die sozialen und ökologischen Folgekosten (Emissionen<br />
durch Transport von Futtermitteln, Einsatz von<br />
Ackerflächen für die Futterproduktion und Nährstoffverluste<br />
durch Futterbau) tief. Zudem vermitteln ihre Kühe,<br />
die auf der Weide sind, im Gegensatz zu denen im Stall,<br />
der Öffentlichkeit ein positives Bild der Landwirtschaft.<br />
Die Hochleistungsgruppe hingegen betont ihren Beitrag<br />
zum Gemeinwohl kaum. Für sie steht die Marktleistung<br />
des eigenen Betriebs im Vordergrund, was auf die<br />
Erfolgsorientierung hindeutet.<br />
Aus dem Gespräch ging hervor, dass die Hochleistungsgruppe<br />
die Stallhaltung bevorzugt, weil sie eine<br />
grössere Kontrolle der Ressourcen und Umweltfaktoren<br />
erlaubt und die Planbarkeit des Arbeitsprozesses erhöht.<br />
Die Vorliebe für die Mechanisierung und strukturierte<br />
Arbeitsprozesse sind Indizien, die auf Kontrollbedürfnisse<br />
hinweisen – zumindest was die Beziehung zu den<br />
Produktionsmitteln angeht. Der Vorrat an Futtermitteln<br />
gibt ihnen zudem die Sicherheit, dass die Fütterung<br />
jederzeit gewährleistet ist.<br />
Im Gegensatz dazu stellt die Vollweide sicherlich eine<br />
Strategie dar, um weniger in die Natur zu intervenieren.<br />
Vielmehr passen diese Betriebsleiter ihre Produktion<br />
nach Möglichkeit den natürlichen Begebenheiten an.<br />
Zumindest schildern sie die Vollweide <strong>als</strong> Strategie, die<br />
im Einklang mit der Natur steht. Ihre Beziehung zur<br />
(natürlichen) Umwelt kann somit mit Vertrauen beziehungsweise<br />
«Laissez faire» umschrieben werden.<br />
Die Bereitschaft für normkonformes Verhalten<br />
(Übereinstimmung mit den gängigen Erwartungen)<br />
dürfte in der Hochleistungsgruppe stärker ausgeprägt<br />
sein. Geht man davon aus, dass das Ideal unter Milchproduzenten<br />
eine hohe produzierte Menge und eine<br />
moderne Betriebsstruktur umfasst, ist die Hochleistungsstrategie<br />
gut geeignet, um diesen Ansprüchen zu entsprechen.<br />
Umgekehrt kann die Hypothese aufgestellt<br />
werden, dass möglicherweise die Selbstbestimmung respektive<br />
Unabhängigkeit für die Vollweidegruppe wichti-<br />
330 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 326–333, 2010
Einstellungen zu Hochleistungs- und Vollweidestrategie | Agrarwirtschaft<br />
Foto: Iris Pulfer<br />
Stallfütterung.<br />
ger ist. Sie scheut sich nicht, eine «unkonventionelle»<br />
Betriebsstrategie zu verfolgen, die ihrer Aussage nach<br />
weniger prestige trächtig ist und zudem eine grössere<br />
Distanz zur vor- und nachgelagerten Industrie beinhaltet.<br />
Dies lässt vermuten, dass die Bereitschaft für<br />
nicht-normkonformes Verhalten bei Betriebsleiterinnen<br />
und -leitern grösser ist, welche die Vollweidestrategie<br />
verfolgen.<br />
Weitere Ergebnisse<br />
In beiden Gesprächen wurde deutlich, dass sich die<br />
Milchproduzentinnen und -produzenten mit beachtlichen<br />
Unsicherheiten konfrontiert sehen. Die bedeutendsten<br />
Unsicherheitsfaktoren sind die Milchpreisentwicklung<br />
und Veränderungen im Direktzahlungssystem.<br />
Die Strategieentscheidungen werden auch durch das<br />
Kasten 1 | Systemvergleich Milchproduktion Hohenrain<br />
Projektpartner: Berufsbildungszentrum Natur und<br />
Ernährung (BBZN) Hohenrain/Schüpfheim, Forschungsanstalt<br />
Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Arbeitsgemeinschaft<br />
zur Förderung des Futterbaus (AGFF),<br />
Landwirtschaft + Wald des Kantons Luzern (lawa),<br />
Profi-Lait, <strong>Schweiz</strong>er Milchproduzenten (SMP),<br />
<strong>Schweiz</strong>erische Hochschule für Landwirtschaft (SHL)<br />
Zollikofen, Zentr<strong>als</strong>chweizer Milchproduzenten (ZMP),<br />
Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART<br />
Weitere Informationen:<br />
www.beruf.lu.ch/bbzn_lw_pv_milchprojekt_hohenrain.htm<br />
<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 326–333, 2010<br />
331
Agrarwirtschaft | Einstellungen zu Hochleistungs- und Vollweidestrategie<br />
Umfeld beeinflusst. Besonders die Vollweidegruppe hat<br />
sich zu den Normen im bäuerlichen Umfeld geäussert.<br />
Kritisch reflektiert wurde vor allem die Rolle der vorgelagerten<br />
Industrie, die stets den Eindruck vermittelt, die<br />
Hochleistungsstrategie sei der einzige richtige Weg.<br />
Zudem sieht sich die Vollweidegruppe nicht nur aufgrund<br />
ihrer geringeren Zahl <strong>als</strong> Minderheit, sondern<br />
auch weil sie weniger in moderne Produktionsmittel<br />
investiert, die in vielen Fällen auch aus Prestigegründen<br />
angeschafft würden.<br />
S c h l u s s f o l g e r u n g e n u n d<br />
A u s b l i c k<br />
Zwei Fokusgruppengespräche zu den Einstellungen von<br />
Milchproduzentinnen und -produzenten zu den beiden<br />
Fütterungsstrategien «Hochleistung» und «Vollweide»<br />
wurden mit der Grounded Theory ausgewertet. Die Auswertung<br />
zeigt auf, dass auf allen drei Ebenen, Strategien,<br />
Ziele und Werte, erhebliche Unterschiede bestehen.<br />
Es handelt sich um zwei komplett unterschiedliche<br />
Produktions philosophien, wobei einerseits die produzierte<br />
Milchmenge (Hochleistung) und andererseits eine<br />
ökoeffiziente Produktion (Vollweide) im Zentrum stehen.<br />
Beiden Gruppen ist gemein, dass verschiedene Ziele<br />
gleichzeitig anvisiert werden: Neben ökonomischen und<br />
ökologischen Kriterien sind das Tierwohl und eine<br />
annehmbare Arbeitsbelastung von Bedeutung bei der<br />
Festlegung der Fütterungsstrategie, was die Komplexität<br />
der Betriebsführung eindrücklich widerspiegelt. Insofern<br />
kann man nur von einem beschränkten ökonomischen<br />
Maximierungsverhalten sprechen, das heisst, die<br />
Milchproduzentinnen und -produzenten entscheiden<br />
sich nicht zwingend für die wirtschaftlich interessanteste<br />
Fütterungsstrategie. Vielmehr geht es darum, die<br />
Fütterungsstrategie zu finden, die den eigenen Präferenzen<br />
für Gewinn, Milchmenge, Umwelt- und Tierschutz<br />
am besten entspricht. Entsprechend besteht eine<br />
Übereinstimmung mit der Rational Choice Theorie,<br />
gemäss derer Interessen, Präferenzen, Motive und<br />
Wünsche für die Wahl bestimmter Handlungsoptionen<br />
verantwortlich sind (Kunz 2004). Es wurde jedoch auch<br />
deutlich, dass die Entwicklung beim Milchpreis und bei<br />
den Direktzahlungen für die Betriebsleitenden bedeutende<br />
Unsicherheitsfaktoren darstellen, zumal Betriebsrespektive<br />
Fütterungsstrategien langfristig angelegt<br />
sind.<br />
Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit basieren auf<br />
lediglich zwei Gruppengesprächen. Sie sind entsprechend<br />
rein explorativer Natur und dürfen nicht verallgemeinert<br />
werden. Trotzdem vermag die Arbeit einen Einblick<br />
in die für die Entscheidungen relevanten Motive<br />
und Einstellungen der befragten Betriebsleiter vermitteln.<br />
Als nächster Schritt bietet sich die Überprüfung der<br />
gefundenen Hinweise auf Unterschiede in den Einstellungen<br />
und Motiven von Milchproduzentinnen und<br />
-produzenten mittels einer standardisierten repräsentativen<br />
Umfrage an. Ein wichtiger Aspekt dabei sind die<br />
Erwartungen aus dem sozialen Umfeld, mit denen sich<br />
die Milch pro duzenten konfrontiert sehen. Ebenso gilt es<br />
die Werthaltungen zu erfassen, was mit dem Ansatz von<br />
Schwartz (1994) möglich ist. Aufgrund der vorliegenden<br />
Resultate müsste die Hochleistungsgruppe stärkere<br />
Ausprägungen bei den Werten Tradition, Sicherheit und<br />
Macht aufweisen. In der Vollweidegruppe müssten<br />
Werte wie Wohlwollen, Selbstbestimmung und Gemeinwohlorientierung<br />
(Universalismus) eine grössere Ausprägung<br />
haben. Geht man davon aus, dass diese Werte wie<br />
Handlungsmotive wirken, könnte damit möglicherweise<br />
die unterschiedliche Vorgehensweise Milch zu produzieren<br />
und die damit einhergehenden Unterschiede in den<br />
Einstellungen und Meinungen erklärt werden. n<br />
332<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 326–333, 2010
Einstellungen zu Hochleistungs- und Vollweidestrategie | Agrarwirtschaft<br />
Due colloqui, condotti con gruppi di<br />
Attitudes to strategies of high-output<br />
Riassunto<br />
produttori lattieri sulle loro motivazioni<br />
e posizioni relative alle strategie<br />
di foraggiamento «alta prestazione» e<br />
«pascolo integrale», sono stati valutati<br />
in base alla procedura qualitativa della<br />
Summary<br />
and full-time grazing<br />
Two focus group discussions were<br />
conducted with milk producers about<br />
their motives and attitudes to both<br />
«high output» and«full-time grazing»<br />
«grounded theory». Lo studio mira a<br />
feeding strategies and analyzed<br />
determinare i fattori che dettano la<br />
through grounded theory qualitative<br />
scelta del capoazienda per quanto<br />
method. The study was designed to<br />
concerne la strategia di foraggia-<br />
determine the factors which guide<br />
mento. Sebbene non sia possibile<br />
farm managers in their choice of<br />
generalizzare i risultati, l'analisi<br />
feeding strategy. Although the analysis<br />
permette di farsi un'idea delle strate-<br />
gives an insight of the strategies,<br />
gie, motivazioni e posizioni degli<br />
motives and attitudes of the farm<br />
interessati. Emergono nette differenze<br />
managers involved, results cannot be<br />
a livello sia di strategie (aziendali) che<br />
generalized. Considerable differences<br />
di obiettivi e valori. Le due strategie di<br />
appeared at farm strategy level as well<br />
foraggiamento sono rappresentative<br />
as in aims and values. The two feeding<br />
di due filosofie di produzione fonda-<br />
strategies are representative of two<br />
mentalmente diverse, basate una (alta<br />
fundamentally different production<br />
prestazione) sul quantitativo di latte<br />
philosophies which, in the view of the<br />
prodotto e l'altra (pascolo integrale)<br />
farmers interviewed, focus on the<br />
su una produzione ecoefficiente. I<br />
quantity of milk produced (high<br />
produttori del gruppo orientato all'alta<br />
output) on the one hand, and ecologi-<br />
prestazione si vedono come imprendi-<br />
cally efficient production (full-time<br />
tori moderni e si impegnano per una<br />
grazing) on the other. Whereas the<br />
produzione lattiera indirizzata al<br />
high-output group sees itself as<br />
mercato, mentre i fautori del pascolo<br />
modern businessmen and is committed<br />
integrale danno maggior importanza<br />
to market-oriented milk production,<br />
all'ecologia e al benessere sociale.<br />
environment and common welfare are<br />
more important for the full-time<br />
grazing group.<br />
Key words: focus-group, decision<br />
making, attitudes, milk production.<br />
Literatur<br />
▪▪<br />
Gazzarin Ch., Bloch L., Schneitter O. & Lips M., 2008. Wie reagieren<br />
Verkehrsmilchbetriebe auf die aktuellen Herausforderungen? Eine repräsentative<br />
Umfrage in der Ostschweiz vor Aufhebung der Milchkontingentierung,<br />
ART-Bericht Nr. 698, Ettenhausen.<br />
▪▪<br />
Kunz V., 2004. Rational Choice. Campus, Frankfurt.<br />
▪▪<br />
Schwartz S. H., 1994. Are there universal aspects in the content and<br />
structure of values? Journal of Social Issues 50, 19 – 45.<br />
▪▪<br />
Strübing J., 2008. Grounded Theory: Zur sozialtheoretischen und epistemologischen<br />
Fundierung des Verfahrens der empirisch begründeten Theoriebildung.<br />
2. Auflage. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden.<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 326–333, 2010<br />
333
P f l a n z e n b a u<br />
Bastard-Raigras und Wiesenfuchsschwanz:<br />
Sortenversuche 2007 bis 2009<br />
Rainer Frick 1 , Eric Mosimann 1 , Daniel Suter 2 und Hans-Ueli Hirschi 2<br />
1<br />
Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon<br />
2<br />
Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8046 Zürich<br />
Auskünfte: Rainer Frick, E-Mail: rainer.frick@acw.admin.ch, Tel. +41 22 363 46 87<br />
Abb. 1 | Das Bastard-Raigras ist ein Kreuzungsprodukt und gleicht<br />
je nach Ausgangsmaterial mehr dem italienischen oder dem englischen<br />
Raigras.<br />
E i n l e i t u n g<br />
Die beiden Raigräser, Italienisches Raigras und Bastard-<br />
Raigras, sind schnellwüchsige, konkurrenzfähige und<br />
schmackhafte Futtergräser. In kurzdauernden Anlagen<br />
mit ein bis zwei Überwinterungen und bei zusagenden<br />
Standort- und Klimabedingungen liefern sie in Mischung<br />
mit geeigneten Rotkleesorten Höchsterträge zur Gewinnung<br />
von Grünfutter und Anwelksilage. Raigräser entwickeln<br />
sich im Frühjahr rasch und liefern schon Ende<br />
Foto: ACW<br />
April schnittreifes Futter. Um das Ertragsvermögen voll<br />
auszunützen, empfiehlt es sich, nicht vor Anfang Mai zu<br />
ernten. Auch der hohe Zuckergehalt der Raigräser<br />
erreicht seinen Höhepunkt erst kurz vor dem Ährenschieben.<br />
Das Bastard-Raigras (Lolium x hybridum Hausskn.) ist<br />
ein Kreuzungsprodukt zwischen dem Englischen und<br />
dem Italienischen Raigras. In der Züchtung von Futtergräsern<br />
versucht man dadurch, die positiven Eigenschaften<br />
dieser beiden Gräser zu kombinieren. Je nach Ausgangsmaterial<br />
gleichen die so erzeugten Sorten von<br />
Bastard-Raigras hinsichtlich Wuchstyp und Eigenschaften<br />
dem einen oder dem andern Elternteil. Verglichen<br />
mit dem Italienischen Raigras strebt man insbesondere<br />
eine bessere Bestockung sowie ein blattreiches, gut<br />
verdauliches Futter an.<br />
Wie das Italienische Raigras ist das Bastard-Raigras<br />
sehr empfindlich auf den Befall durch die Bakterienwelke<br />
und den Schneeschimmel, zwei Schaderreger,<br />
die an Raigräsern je nach Bedingungen grossen Schaden<br />
anrichten können. Allerdings bestehen in dieser Hinsicht,<br />
wie frühere Sortenversuche zeigen, beträchtliche Sortenunterschiede.<br />
Eine gute Resistenz gegen diese beiden<br />
Schadorganismen ist daher zur Erhaltung einer<br />
nachhaltigen Ertragskraft und Ausdauer ein wichtiges<br />
Zuchtziel. Im Temperaturbedürfnis ist das Bastard-Raigras<br />
etwas weniger anspruchsvoll <strong>als</strong> das Italienische<br />
Raigras.<br />
Der Wiesenfuchsschwanz (Alopecurus pratensis L.)<br />
findet in längerdauernden Mischungen für nicht-raigrasfähige,<br />
speziell auch schattige Lagen Verwendung. Er<br />
bevorzugt gut gedüngte Böden und erträgt feuchte<br />
oder wechselfeuchte Verhältnisse und kühlfeuchte Witterung<br />
ohne Probleme. Raue Winter und lange Schneebedeckung<br />
setzen ihm kaum zu. Sein Futterwert ist in<br />
jungem Zustand sehr gut (hohe Eiweissgehalte). Da der<br />
Frühlingsaufwuchs rasch verholzt, muss die erste Nutzung<br />
früh erfolgen. Der Wiesenfuchsschwanz ist sehr<br />
frühreif und kommt, verglichen mit den meisten Gräsern,<br />
rund einen Monat früher ins Rispenschieben.<br />
334 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 334–339, 2010
Bastard-Raigras und Wiesenfuchsschwanz: Sortenversuche 2007 bis 2009 | Pflanzenbau<br />
M a t e r i a l u n d M e t h o d e n<br />
In den Jahren 2007 bis 2009 prüften die beiden Forschungsanstalten<br />
ART und ACW in vergleichenden Sortenversuchen<br />
insgesamt 29 Sorten Bastard-Raigras und<br />
acht Sorten Wiesenfuchsschwanz auf ihre Anbaueignung<br />
unter schweizerischen Bedingungen. Dazu wurden<br />
an fünf verschiedenen Standorten Parzellenversuche mit<br />
Reinbeständen von Bastard-Raigras und Wiesenfuchsschwanz<br />
angelegt. Zur Abschätzung der Konkurrenzkraft<br />
der einzelnen Sorten säte man diese auch in einfachen<br />
Mischungen mit Rot- und Weissklee. Die<br />
Parzellengrösse betrug sowohl für die Reinsaaten <strong>als</strong><br />
auch die Gemenge 1,5 × 6 Meter. Neben der Grunddüngung<br />
erhielten die Reinsaaten zu jedem Aufwuchs 40 bis<br />
50 kg Reinstickstoff pro ha in Form von Ammonsalpeter.<br />
In den Gemengen reduzierte man die N-Düngung auf<br />
die Hälfte. Weitere Angaben zu den Standorten, zur<br />
Saat und zu den Anzahl Ernteerhebungen sind in<br />
Tabelle 1 zusammengestellt.<br />
An den Reinbeständen ermittelte man während der<br />
ganzen Versuchsdauer mittels Bonituren die Jugendentwicklung,<br />
die Güte des Bestandes (allgemeiner Eindruck,<br />
Bestandesdichte, Nachwuchs), die Resistenz gegen Blattkrankheiten<br />
und die Bakterienwelke, die Überwinterung<br />
und die Ausdauer. Beim Wiesenfuchsschwanz<br />
untersuchte man zusätzlich die Anbaueignung in höheren<br />
Lagen. Für die Bonituren verwendete man eine<br />
neunstufige Notenskala, wobei die Eins die beste und<br />
die Neun die schlechteste Note ist. Die mit dem Parzellenmähdrescher<br />
ermittelten TS-Erträge der einzelnen<br />
Schnitte wurden zu Jahreserträgen summiert, die<br />
<br />
Zusammenfassung<br />
Neunundzwanzig Sorten von Bastard-Raigras<br />
und acht Sorten von Wiesenfuchsschwanz<br />
wurden in den Jahren 2007 bis 2009 auf ihre<br />
Anbaueignung geprüft. Die Ansaaten<br />
erfolgten sowohl in Reinsaat <strong>als</strong> auch in<br />
Mischung mit Klee. Wir untersuchten<br />
folgende Eigenschaften: Ertrag, Jugendentwicklung,<br />
Bestandesgüte, Konkurrenzkraft,<br />
Ausdauer, Krankheitsresistenz, Verdaulichkeit<br />
sowie beim Wiesenfuchsschwanz die<br />
Anbaueignung für höhere Lagen. Beim<br />
Bastard-Raigras erzielten die vier Neuzüchtungen<br />
Palmata (LH 9925), Daboya (LH 9865),<br />
Ocadia (LH 0105) und LH 9905 überdurchschnittliche<br />
Ergebnisse. Vorläufig werden<br />
aber nur die ersten drei in die «Liste der<br />
empfohlenen Sorten der Futterpflanzen»<br />
aufgenommen, da LH 9905 die rechtlichen<br />
Vorgaben für die Handelbarkeit zurzeit noch<br />
nicht erfüllt. Die bereits empfohlene Sorte<br />
Delicial wird von der Liste gestrichen. Beim<br />
Wiesenfuchsschwanz ergeben sich aufgrund<br />
der Ergebnisse keine wesentlichen Aenderungen,<br />
da keine der geprüften Neuzüchtungen<br />
den für eine Empfehlung erforderlichen<br />
Indexwert erreichte. Die bekannte und seit<br />
über 20 Jahren empfohlene Sorte Vulpera<br />
wird wegen mangelnder Leistung aus der<br />
Liste der empfohlenen Sorten gestrichen.<br />
Tab. 1 | Orte und Daten der Sortenversuche mit Bastard-Raigras und Wiesenfuchsschwanz der Jahre 2007 – 2009<br />
Ort<br />
Höhe<br />
(m.ü.M)<br />
Sädatum<br />
Anzhal<br />
Wiederholungen<br />
Bastard-Raigras<br />
Anzahl gewogene<br />
Schnitte<br />
Anzahl<br />
Wiederholungen<br />
Wiesenfuchsschwanz<br />
Anzahl<br />
gewogene Schnitte<br />
Reinsaat 1) Mischung 2) 2008 2009 Reinsaat 3) Mischung 4) 2008 2009<br />
Changins (VD) 430 12.4.2007 4 * 2 4 2 1 * – – –<br />
Reckenholz (ZH) 440 12.4.2007 4 – 5 5 4 3 5 5<br />
Oensingen (SO) 460 11.4.2007 4 3 5 5 4 3 5 5<br />
Ellighausen (TG) 520 12.4.2007 4 – 5 5 4 – 5 5<br />
Goumoens (VD) 630 16.4.2007 – – – – 3 2 4 4<br />
La Frêtaz (VD) 1200 18.4.2007 3 3 – – 3 3 – –<br />
Maran (GR) 1850 23.5.2007 – – – – 3 – – –<br />
* Eine Wiederholung für die Bestimmung der Frühreife<br />
1)<br />
Reinsaat: 230 g/Are Bastard-Raigras (Sorte «Antilope» <strong>als</strong> Standard für die Saatmenge)<br />
2)<br />
Mischung: 200 g/Are Bastard-Raigras (Sorte «Antilope» <strong>als</strong> Standard für die Saatmenge) + 150 g/Are Rotklee «Temara»<br />
3)<br />
Reinsaat: 150 g/Are Wiesenfuchsschwanz (Sorte «Vulpera» <strong>als</strong> Standard für die Saatmenge)<br />
4)<br />
Mischung: 100 g/Are Wiesenfuchsschwanz (Sorte «Vulpera» <strong>als</strong> Standard für die Saatmenge)<br />
+ 10 g/Are Rotklee «Merviot» + 25 g/Are Weissklee «Seminole» + 15 g/Are Weissklee «Sonja»<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 334–339, 2010<br />
335
Pflanzenbau | Bastard-Raigras und Wiesenfuchsschwanz: Sortenversuche 2007 bis 2009<br />
Tab. 2 | Sortenversuche mit Bastard-Raigras: Herkunft, Frühreifeeinteilung und Klassierung der geprüften Sorten<br />
Nr. Sorte Typ 1) Ploidie Antragsteller<br />
Gesamtbeurteilung miteinbeziehen zu können, wurden<br />
diese mit demselben statistischen Verfahren wie beim<br />
Ertrag in Noten von 1 bis 9 umgerechnet. Zur Ermittlung<br />
der Konkurrenzkraft wurde der prozentuale Anteil am<br />
Gesamtertrag des Gemenges geschätzt und mit einer<br />
Formel berechnet. Die Frühreife ermittelte man anhand<br />
phänologischer Beobachtungen in Changins im zweiten<br />
und dritten Versuchsjahr.<br />
Zum Vergleich der verschiedenen Sorten errechnete man<br />
für jede geprüfte Sorte einen Index. Dieser ergibt sich aus<br />
der Gesamtheit der geprüften Merkmale. Beim Bastard-<br />
Frühreife-<br />
Index 2) Kategorie 3)<br />
1 Leonis IR/ER 4n DSP/ART, CH 52b 1<br />
2 Marmota ER 4n DSP/ART, CH 52b 1<br />
3 Dorcas IR/ER 4n DSP/ART, CH 53a 1<br />
4 Redunca IR 4n DSP/ART, CH 53a 1<br />
5 Enduro ER 4n R2n, FR 52b 1<br />
6 Antilope IR/ER 4n DSP/ART, CH 52b 1<br />
7 Ibex IR 4n DSP/ART, CH 53a 1<br />
8 Rusa IR/ER 4n DSP/ART, CH 52b 1<br />
9 Tirna IR/ER 4n DLF-Trifolium, DK 53b 1<br />
10 Delicial IR/ER 4n R2n, FR 52b 2/3<br />
11 Palmata (LH 9925) ER 4n DSP/ART, CH 52a 1<br />
12 Daboya (LH 9865) IR/ER 4n DSP/ART, CH 52b 1<br />
13 LH 9905 ER 4n DSP/ART, CH 52a 1*<br />
14 Ocadia (LH 0105) IR/ER 4n DSP/ART, CH 52a 1<br />
15 TRHP 223 IR/ER 4n R2n, FR 52a 3<br />
16 AberEcho (bAB 567) ER 4n Germinal Holdings, GB 53a 3<br />
17 Novial (TRHP 176) ER 4n R2n, FR 52b 3<br />
18 ADV LH 519 IR/ER 4n DLF-Trifolium, DK 53b 3<br />
19 ADV LH 518 IR/ER 4n DLF-Trifolium, DK 53a 3<br />
20 Saracen (DP 40 – 9711) ER 4n DLF Trifolium, DK 53b 4<br />
21 DP 40 – 9407 ER 4n Životice, CZ 53a 4<br />
22 DP 40 – 4565 ER 4n DLF-Trifolium, DK 53a 4<br />
23 Pletor IR/ER 2n Eraf, FR 53a 4<br />
24 DP 40 – 9703 ER 2n DLF-Trifolium, DK 53b 4<br />
25 Cador IR/ER 2n DLF-Trifolium, DK 53b 4<br />
26 Antal ER 2n Eraf, FR 53b 4<br />
27 LHF 021072 ER 4n EURO GRASS, DE 53b 4<br />
28 Gala IR 4n IHAR Bartążek, PL 53a 4<br />
29 Mega IR 4n IHAR Bartążek, PL 53b 4<br />
Fettschrift bei Sortenname = bisher empfohlene Sorten<br />
1)<br />
Typ: IR = Multiflorum-Typ, IR/ER = intermediärer Typ, ER = Perenne-Typ<br />
2)<br />
Frühreife-Index: Zeitpunkt des Blühbeginns. Die erste Ziffer bezeichnet den Monat, die zweite die Dekade (a = erste Hälfte, b = zweite Hälfte der Dekade).<br />
3)<br />
Kategorieeinteilung der Sorten aufgrund der Ergebnisse aus den Versuchen:<br />
1 = in der <strong>Schweiz</strong> empfohlene Sorte.<br />
1* = kann erst nach Erfüllen der für die Handelbarkeit in der <strong>Schweiz</strong> gesetzlich notwendigen Kriterien empfohlen werden (siehe Saat- und Pflanzgutverordung des EVD, SR 916.151.1)<br />
2/3 = Sorte ab 1. Januar 2013 nicht mehr empfohlen.<br />
3 = zeichnet sich weder durch gute noch durch schlechte Eigenschaften aus.<br />
4 = eignet sich nicht für den Anbau in der <strong>Schweiz</strong>.<br />
anschliessend mit einem statistischen Verfahren in<br />
Ertragsklassen umgerechnet wurden.<br />
Zur Ermittlung der verdaulichen organischen Substanz<br />
(VOS) wurden am Standort Reckenholz im ersten,<br />
zweiten und dritten Aufwuchs des zweiten Versuchsjahres<br />
Stichproben genommen, die nachher mittels Nahinfrarot-Reflexionsspektroskopie<br />
(NIRS, Norris et al. 1976)<br />
analysiert und in Gramm verdauliche organische Substanz<br />
pro Kilogramm Trockensubstanz angegeben wurden.<br />
Zur Eichung der NIRS diente die in-vitro-Methode<br />
nach Tilley und Terry (1963). Um die VOS-Werte in die<br />
336 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 334–339, 2010
Bastard-Raigras und Wiesenfuchsschwanz: Sortenversuche 2007 bis 2009 | Pflanzenbau<br />
Tab. 3 | Ergebnisse der Sortenversuche 2007 – 2009 mit Bastard-Raigras<br />
Nr. Sorte Ertrag 1)* Güte * Jugendentwicklung<br />
Konkurrenzkraft<br />
Resistenz/Toleranz gegen:<br />
* Ausdauer * Wintereinflüsse * Blattkrankheiten Bakterienwelke<br />
*<br />
1 Leonis 2,8 4,6 4,2 4,7 5,0 4,7 2,8 2,2 6,0 4,06<br />
2 Marmota 3,9 4,8 4,3 4,7 4,7 5,1 3,3 1,6 5,3 4,17<br />
3 Dorcas 4,8 4,4 3,6 4,3 5,1 4,9 3,0 2,3 4,7 4,18<br />
4 Redunca 4,5 4,5 3,4 4,7 5,3 4,4 3,3 2,3 5,3 4,21<br />
5 Enduro 4,4 4,8 4,7 4,8 5,1 5,6 3,2 1,8 3,3 4,29<br />
6 Antilope 4,8 4,5 3,7 4,4 5,5 4,7 3,3 2,2 5,3 4,30<br />
7 Ibex 3,8 4,6 3,4 4,4 5,5 4,9 3,4 2,4 7,3 4,35<br />
8 Rusa 3,4 4,5 4,4 5,3 5,0 5,3 3,5 2,1 6,3 4,35<br />
9 Tirna 5,5 4,7 3,7 4,8 5,0 5,2 3,4 2,8 3,7 4,45<br />
10 Delicial 5,1 5,2 4,2 5,7 5,1 6,1 3,3 2,5 4,0 4,72<br />
Mittel (Standard) 4,3 4,7 4,0 4,8 5,1 5,1 3,2 2,2 5,1 4,31<br />
11 Palmata (LH 9925) 3,8 4,0 3,4 4,6 4,3 5,0 2,8 1,4 7,0 3,95<br />
12 Daboya (LH 9865) 2,1 4,4 3,8 5,3 5,1 4,9 3,0 2,1 4,7 3,97<br />
13 LH 9905 4,0 4,1 4,0 5,0 4,4 4,9 3,3 1,5 4,7 3,99<br />
14 Ocadia (LH 0105) 3,5 4,4 3,9 4,7 4,7 5,4 3,1 1,5 5,0 4,03<br />
15 TRHP 223 3,5 4,8 4,0 5,3 5,2 5,4 2,9 2,4 4,0 4,29<br />
16 AberEcho (bAB 567) 4,6 5,0 3,9 4,6 5,9 5,4 5,0 2,3 2,7 4,47<br />
17 Novial (TRHP 176) 4,4 5,0 4,5 4,8 5,1 5,6 3,1 2,5 5,0 4,47<br />
18 ADV LH 519 5,9 4,9 3,8 5,5 5,9 5,3 3,6 2,0 4,7 4,72<br />
19 ADV LH 518 5,4 5,1 4,3 5,7 5,9 5,4 4,0 2,2 4,0 4,76<br />
20<br />
Saracen (DP<br />
40 – 9711)<br />
6,0 5,1 4,7 5,3 5,1 5,9 3,6 2,7 3,7 4,80<br />
21 DP 40 – 9407 6,1 5,1 4,5 5,0 5,4 5,7 4,5 2,6 5,0 4,95<br />
22 DP 40 – 4565 6,8 5,3 3,8 4,7 5,7 6,1 3,4 3,2 4,7 5,02<br />
23 Pletor 6,6 5,3 3,9 5,0 6,1 5,5 3,3 4,0 5,0 5,16<br />
24 DP 40 – 9703 7,4 5,2 4,6 5,3 5,9 6,4 4,8 2,3 5,0 5,29<br />
25 Cador 6,8 5,4 3,7 4,9 6,5 6,1 3,8 4,1 5,7 5,37<br />
26 Antal 6,5 5,5 3,6 5,7 6,2 6,1 3,4 3,9 6,0 5,37<br />
27 LHF 021072 7,1 5,8 4,1 6,4 6,5 5,9 3,0 4,8 2,7 5,52<br />
28 Gala 8,3 7,0 3,8 5,1 8,4 6,4 4,2 5,7 5,0 6,32<br />
29 Mega 8,0 7,0 3,9 5,6 8,2 6,3 4,0 6,3 5,7 6,42<br />
Fettschrift bei Sortenname = bisher empfohlene Sorten * Hauptmerkmal mit doppelter Gewichtung<br />
Notenskala: 1 = sehr hoch bzw. gut; 5 = mittel; 9 = sehr niedrig bzw. schlecht.<br />
1)<br />
Ertragsnoten von 4 Versuchsstandorten mit 4 bis 5 Erhebungen 2008 und 2 bis 5 Erhebungen 2009<br />
2)<br />
VOS = Verdauliche organische Substanz; Mittel von 3 Terminen im Jahre 2008 in Reckenholz<br />
VOS 2)<br />
Index<br />
Raigras werden dabei der Ertrag, die Güte, die Konkurrenzkraft,<br />
die Ausdauer, die Winterhärte und die Resistenz<br />
gegen die Bakterienwelke doppelt gewichtet. Beim<br />
Wiesenfuchsschwanz zählen der Ertrag, die Güte, die<br />
Resistenz gegen Blattkrankheiten und die Verdaulichkeit<br />
doppelt. Eine neue Sorte kann empfohlen werden, wenn<br />
ihr Index den Mittelwert der mitgeprüften Standardsorten<br />
um mindestens 0,2 Indexpunkte unterschreitet. Eine<br />
bis anhin empfohlene Sorte wird aus der Liste der empfohlenen<br />
Sorten von Futterpflanzen gestrichen, wenn ihr<br />
Gesamtindex denjenigen des Standards um mehr <strong>als</strong> 0,2<br />
Punkte übertrifft. Weiter wird eine Sorte nicht empfohlen,<br />
wenn sie in einem wichtigen Merkmal den Mittelwert<br />
des Standards um mehr <strong>als</strong> 1,5 Punkte überschreitet.<br />
R e s u l t a t e<br />
Bastard-Raigras: drei neue Sorten empfohlen<br />
In Tabelle 2 sind die 29 geprüften Sorten von Bastard-<br />
Raigras mit ihrer Kategorieneinteilung und den Angaben<br />
zu Wuchstyp, Ploidiestufe und Frühreife aufgelistet.<br />
Die Sorten 1 bis 10 sind die bereits empfohlenen, die Sorten<br />
11 bis 29 die neu geprüften Sorten. Aufgrund der<br />
Ergebnisse (Tab. 3) können drei Neuzüchtungen empfohlen<br />
werden: Palmata (LH 9925), Daboya (LH 9865)<br />
und Ocadia (LH 0105). Auch die Sorte LH 9905 genügt<br />
den agronomischen Ansprüchen für die Aufnahme in<br />
die Liste der empfohlenen Futterpflanzen. Da sie aber<br />
die rechtlichen Vorgaben der Saat- und Pflanzgutverord-<br />
<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 334–339, 2010<br />
337
Pflanzenbau | Bastard-Raigras und Wiesenfuchsschwanz: Sortenversuche 2007 bis 2009<br />
Tab. 4 | Sortenversuche mit Wiesenfuchsschwanz: Herkunft,<br />
Frühreifeeinteilung und Klassierung der geprüften Sorten<br />
Frühreife-<br />
Nr. Sorte Antragsteller<br />
Kategorie<br />
Index 2)<br />
1)<br />
1 Alopex DSP/ART, CH 42b 1<br />
2 Alko SZ-Steinach, DE 42b 1<br />
3 Vulpera DSP, CH 42b 2/3 *<br />
4 Alpha SZ-Steinach, DE 42b 3<br />
5 Zuberska OSEVA Pro, CZ 42a 3<br />
6 Vulpina Životice, CZ 42a 3<br />
7 Gufi HBLFA, AT 43a 3<br />
8 AP 0305 DSP/ART, CH 43b 4<br />
Fettschrift bei Sortennamen = bisher empfohlene Sorten<br />
1)<br />
Frühreife-Index: Zeitpunkt des Blühbeginns. Die erste Ziffer bezeichnet den Monat,<br />
die zweite die Dekade (a = erste Hälfte, b = zweite Hälfte der Dekade).<br />
2)<br />
Kategorieeinteilung der Sorten aufgrund der Ergebnisse aus den Versuchen:<br />
1 = in der <strong>Schweiz</strong> empfohlene Sorte.<br />
2/3 * = Sorte voraussichtlich ab 1. Januar 2013 nicht mehr empfohlen; abhängig<br />
von einer Lagebeurteilung im Herbst 2011 betreffend der Saatgutverfügbarkeit<br />
von Alopecurus pratensis.<br />
3 = zeichnet sich weder durch gute noch durch schlechte Eigenschaften aus.<br />
4 = eignet sich nicht für den Anbau in der <strong>Schweiz</strong>.<br />
Bezug auf die Konkurrenzkraft erreichten die beiden<br />
Sorten Daboya (LH 9865) und LH 9905 nicht das Niveau<br />
der anderen Neuempfehlungen. Leider waren die VOS-<br />
Werte der Sorte Palmata (LH 9925) nur wenig besser <strong>als</strong><br />
jene der Standardsorte Ibex. Die bis anhin empfohlene<br />
Sorte Delicial, die mit Ausnahme der Verdaulichkeit in<br />
fast allen Kriterien schlechter war <strong>als</strong> der Sortendurchschnitt,<br />
wird aufgrund des erzielten Indexes in die Kategorie<br />
2/3 versetzt. Sie darf somit nur noch bis Ende 2012<br />
<strong>als</strong> empfohlene Sorte gehandelt werden.<br />
Keine neuen Sorten beim Wiesenfuchsschwanz<br />
Beim Wiesenfuchsschwanz, bei dem fünf der acht<br />
geprüften Sorten Neuzüchtungen waren, resultierte bei<br />
keiner neuen Sorten ein Index, der für eine Empfehlung<br />
notwendig wäre (Tab. 4 und 5). Auch wenn die Sorten<br />
bei einigen Kriterien ansatzweise gute Ergebnisse lieferten,<br />
konnten sie sich in der Gesamtheit der geprüften<br />
Eigenschaften gegenüber den Standardsorten nicht<br />
durchsetzen. Die seit über 20 Jahren empfohlene Sorte<br />
nung des EVD für die Inverkehrbringung noch nicht<br />
erfüllt, kann sie erst nach Abschluss der Registerprüfung<br />
dem Handel freigegeben werden.<br />
Jede der neu empfohlenen Sorten erzielte einen tieferen<br />
Index <strong>als</strong> die beste der bereits empfohlenen Sorten, was<br />
auf einen hohen Zuchtfortschritt dieser vier Neuzüchtungen<br />
schliessen lässt. Daboya (LH 9865) erreichte die<br />
deutlich höchsten Erträge aller geprüften Sorten.<br />
Palmata (LH 9925) und LH 9905 zeichneten sich durch<br />
eine sehr gute Ausdauer und Güte aus. Zusammen mit<br />
der Sorte Ocadia (LH 0105) zeigten sie ausserdem eine<br />
sehr gute Resistenz gegenüber der Bakterienwelke. In<br />
Abb. 2 | Der Wiesenfuchsschwanz ist sehr frühreif und sollte deshalb<br />
im Frühjahr zeitig genutzt werden.<br />
Foto: ART<br />
Tab. 5 | Ergebnisse der Sortenversuche 2007 – 2009 mit Wiesenfuchsschwanz<br />
Nr. Sorte Ertrag 1)* Güte * Jugendentwicklung<br />
Konkurrenzkraft<br />
Ausdauer<br />
Resistenz<br />
Anbaueignung für<br />
gegen Blattkrankheiten<br />
VOS 2)* höhere Lagen<br />
*<br />
1 Alopex 4,9 3,0 3,6 2,7 2,5 2,8 4,3 3,3 3,50<br />
2 Alko 4,6 3,4 3,8 3,2 3,1 3,1 4,7 3,4 3,75<br />
3 Vulpera 5,6 3,1 3,6 2,5 2,9 3,6 6,3 3,6 4,16<br />
Mittel (Standard) 5,0 3,1 3,6 2,8 2,8 3,2 5,1 3,4 3,80<br />
4 Alpha 5,0 3,9 4,5 3,3 3,3 2,5 4,0 3,3 3,77<br />
5 Zuberska 4,6 3,8 4,3 3,2 3,6 2,7 4,7 3,6 3,86<br />
6 Vulpina 4,1 3,4 3,5 3,1 3,1 4,2 5,0 3,3 3,87<br />
7 Gufi 6,3 3,5 3,2 3,3 2,8 3,5 4,0 4,0 3,98<br />
8 AP 0305 5,3 3,1 4,0 2,8 2,9 3,3 7,3 3,8 4,29<br />
Index<br />
Foto: G. Brändle, ART<br />
Fettschrift bei Sortenname = bisher empfohlene Sorten * Hauptmerkmal mit doppelter Gewichtung<br />
Notenskala: 1 = sehr hoch bzw. gut; 5 = mittel; 9 = sehr niedrig bzw. schlecht<br />
1)<br />
Ertragsnoten von 4 Versuchsstandorten mit 4 bis 5 Erhebungen 2008 und 2009.<br />
2)<br />
VOS = Verdauliche organische Substanz; Mittel von 3 Terminen im Jahre 2008 in Reckenholz<br />
338<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 334–339, 2010
Bastard-Raigras und Wiesenfuchsschwanz: Sortenversuche 2007 bis 2009 | Pflanzenbau<br />
Vulpera erreichte den für eine weitere Empfehlung<br />
erforderlichen Index nicht mehr und wird demzufolge in<br />
die Kategorie 2/3 versetzt. Sie kann nur noch bis Ende<br />
2012 <strong>als</strong> empfohlene Sorte verkauft werden. Allerdings<br />
ist das Sortenangebot beim Wiesenfuchsschwanz ziemlich<br />
dünn. Da sich die <strong>als</strong> Nachfolgerin von Vulpera<br />
gezüchtete Sorte Alopex noch im Aufbau befindet und<br />
deshalb noch zu wenig Saatgut dieser neuen Sorte vorhanden<br />
ist, wird Vulpera möglicherweise länger <strong>als</strong> bis<br />
Ende 2012 <strong>als</strong> empfohlene Sorte beibehalten. Ein diesbezüglicher<br />
Entscheid wird im Herbst 2011 gefällt werden.<br />
n<br />
Loglio ibrido e coda di volpe comune:<br />
Varietal tests of hybrid ryegrass and<br />
Riassunto<br />
prove varietali dal 2007 al 2009<br />
Dal 2007 al 2009 è stato esaminato il<br />
valore agronomico e colturale di<br />
ventinove varietà di loglio ibrido e otto<br />
varietà di coda di volpe comune. Le<br />
Summary<br />
meadow foxtail (2007– 2009)<br />
From 2007 through 2009 the Agroscope<br />
Reckenholz-Tänikon ART and Agroscope<br />
Changins-Wädenswil ACW research<br />
stations tested in total 29 varieties of<br />
semine sono state realizzate in colture<br />
hybrid ryegrass and 8 varieties of<br />
pura e in associazione con del trifoglio.<br />
meadow foxtail in comparative variety<br />
Sono state prese in considerazione le<br />
tri<strong>als</strong> at five locations. All varieties were<br />
seguenti caratteristiche: resa in materia<br />
grown in pure stands and in mixture<br />
secca, rapidità di copertura del suolo,<br />
with clover. The parameters assessed<br />
aspetto generale, forza di concorrenza,<br />
were forage yield, juvenile develop-<br />
persistenza, resistenza alle malattie, e<br />
ment, vigour, competitive ability,<br />
digeribilità della materia organica.<br />
persistence, resistance to diseases and<br />
Inoltre per la coda di volpe comune è<br />
digestibility of organic matter, as well<br />
stata valutata l’idoneità alla coltiva-<br />
as adaptation to higher altitudes for<br />
zione in altitudine. Per il loglio ibrido<br />
meadow foxtail. Four new breeds of<br />
le quattro nuove varietà Palmata<br />
hybrid ryegrass attained extraordinary<br />
(LH 9925), Daboya (LH 9865), Ocadia<br />
results in comparison to the standard:<br />
(LH 0105) e LH 9905 hanno ottenuto<br />
Palmata (LH 9925), Daboya (LH 9865),<br />
risultati superiori alla media. Solo le<br />
Ocadia (LH 0105) and LH 9905. For the<br />
prime tre sono iscritte nella lista delle<br />
moment, only the three former will be<br />
varietà foraggere consigliate, in<br />
added to the «List of recommended<br />
quanto LH 9905 al momento non<br />
Varieties of Forage Plants», because LH<br />
soddisfa i presupposti giuridici per la<br />
9905 is not eligible for trade in Switzer-<br />
commercializzazione. La vecchia<br />
land yet. The formerly recommended<br />
varietà Delicial, iscritta nella lista, sarà<br />
variety Delicial will be crossed off the<br />
stralciata. I risultati ottenuti dalle<br />
list. Concerning meadow foxtail, there<br />
varietà di coda di volpe non permet-<br />
was no change as none of the new<br />
tono la loro iscrizione nel catalogo<br />
varieties tested reached the index-value<br />
ufficiale. L’unica modifica riguarda la<br />
required for recommendation. The<br />
nota varietà Vulpera che ha ottenuto<br />
formerly recommended variety Vulpera<br />
risultati insufficienti e, dopo essere<br />
will be removed from the list.<br />
stata presente per 20 anni nella lista<br />
delle varietà consigliate, sarà stralciata.<br />
Key words: Lolium hybridum, Alopecurus<br />
pratensis, hybrid ryegrass, meadow<br />
foxtail, variety testing, yield, disease<br />
resistance.<br />
Literatur<br />
▪▪<br />
Dietl W., Lehmann J. & Jorquera M., 1998. Wiesengräser. Landwirtschaftliche<br />
Lehrmittelzentrale LmZ, Zollikofen,191 S.<br />
▪▪<br />
Suter D., Hirschi H.U., Briner H.U., Frick. R., Jeangros B. & Bertossa M.,<br />
2008a. Liste der empfohlenen Sorten von Futterpflanzen 2009 – 2010.<br />
<strong>Agrarforschung</strong> 15 (10), I–VIII.<br />
▪▪<br />
Suter D., Rosenberg E., Frick R. & Mosimann E., 2008b. Standardmischungen<br />
für den Futterbau: Revision 2009–2012. <strong>Agrarforschung</strong> 15 (10), 1–12.<br />
▪▪<br />
Norris K.H., Barnes R.F., Moore J.E. & Shenk J.S., 1976. Predicting forage quality<br />
by infrared reflectance spectroscopy. Journal of Animal Science 43, 889–897.<br />
▪▪<br />
Tilley J. & Terry R., 1963. A two stage technique for the in vitro digestion<br />
of forage crops. Journal of the British Grassland Society 18, 104–111.<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 334–339, 2010<br />
339
P f l a n z e n b a u<br />
Quarantänenematoden im <strong>Schweiz</strong>er Gemüsebau<br />
Reinhard Eder 1 , Irma Roth 1 , Catherine Terrettaz 2 und Sebastian Kiewnick 1<br />
1<br />
Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 8820 Wädenswil<br />
2<br />
Département des finances, de l’agriculture et des affaires extérieures, Service de l’agriculture, 1951 Châteauneuf<br />
Auskünfte: Reinhard Eder, E-Mail:reinhard.eder@acw.admin.ch, Tel. +41 44 783 63 37<br />
Foto: ACW<br />
Salatwurzel mit Befall durch den Wurzelgallennematoden Meloidogyne fallax.<br />
E i n l e i t u n g<br />
Wurzelgallennematoden (Meloidogyne spp.) sind<br />
bedeutende Schädlinge im <strong>Schweiz</strong>er Gemüsebau, die<br />
jährlich grosse Schäden und damit verbunden Ertragsverluste<br />
verursachen können. Am häufigsten tritt in der<br />
<strong>Schweiz</strong> der Nördliche Wurzelgallennematode Meloidogyne<br />
hapla auf. Diese Art findet man sowohl im Freiland<br />
<strong>als</strong> auch im geschützten Anbau. Dagegen kommen die<br />
ursprünglich aus den Tropen und Subtropen stammenden<br />
Arten M. incognita, M. arenaria und M. javanica nur<br />
in Gewächshäusern bzw. beheizten Tunnels vor. Bei Routineuntersuchungen<br />
im Jahr 2002 wurde erstm<strong>als</strong> der<br />
Quarantänenematode Meloidogyne chitwoodi in einer<br />
Probe aus einem Gewächshaus im Kanton Wallis nachgewiesen.<br />
Aufgrund dieses Erstfundes wurden in den Jahren<br />
2002 bis 2006 intensive Surveys im befallenen sowie<br />
in benachbarten Betrieben durchgeführt. Es zeigte sich,<br />
340 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 340–345, 2010
Quarantänenematoden im <strong>Schweiz</strong>er Gemüsebau | Pflanzenbau<br />
dass einige Betriebe Befall mit einer weiteren nah verwandten<br />
Quarantänenematodenart M. fallax aufwiesen.<br />
Das Auftreten der Quarantänenematoden beschränkte<br />
sich jedoch auf einige wenige Betriebe in der Region<br />
von Saillon. Um eine weitere Verbreitung der Nematoden<br />
zu verhindern, wurden Eindämmungsmassnahmen<br />
vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) sowie dem<br />
kantonalen Pflanzenschutzdienst angeordnet. Agroscope<br />
Changins-Wädenswil ACW führte in den Jahren<br />
2007 bis 2008 weitere Surveys durch und wies nach, dass<br />
diese Massnahmen eine weitere Ausbreitung der Quarantänenematoden<br />
verhindert haben. Während dieses<br />
Zeitraums wurde jeweils nur noch eine Art, M. fallax, in<br />
den befallenen Betrieben nachgewiesen (Eder et al.<br />
2009).<br />
Zur Klärung, ob die Art M. chitwoodi tatsächlich<br />
noch in <strong>Schweiz</strong>er Gewächshäusern vorhanden ist, wurden<br />
die in der Vergangenheit <strong>als</strong> befallen eingestuften<br />
Flächen im Herbst 2009 und Frühjahr 2010 in einem<br />
intensiven Survey noch einmal eingehend untersucht.<br />
Was sind Nematoden?<br />
Nematoden sind meist kleine, weisse bis farblose, fadenförmige<br />
Tiere. Sie bevorzugen feuchte Medien und können<br />
im Erdboden, im Süss- und Salzwasser, aber auch in<br />
Pflanzen, Tieren und im Menschen gefunden werden.<br />
Nematoden gehören zu den artenreichsten Stämmen<br />
des Tierreichs. Bisher sind über 20 000 verschiedene<br />
Nematodenarten beschrieben. Neben kleinen, kaum<br />
0,2 mm langen Fadenwurmarten gibt es auch solche, die<br />
<strong>als</strong> Parasiten von Warmblütern mehrere Meter lang werden<br />
können (Decker 1969).<br />
In 100 ml Ackerboden oder Gartenerde können<br />
einige Tausend Fadenwürmer enthalten sein. Die Zusammensetzung<br />
der Arten variiert je nach Umweltbedingungen,<br />
Klima- und Bodenfaktoren sowie Bewirtschaftung.<br />
Die Ernährungsweise der Nematoden unterscheidet<br />
sich ebenfalls: Neben Fadenwürmern, die sich von Bakterien<br />
oder Pilzen ernähren, gibt es auch solche, die sich<br />
räuberisch von anderen Fadenwürmern ernähren. Für<br />
die Landwirtschaft stellen pflanzenparasitäre Nematoden<br />
die wichtigste Gruppe dar. Sie schädigen Kulturpflanzen<br />
direkt oder indirekt und können sowohl im<br />
geschützten Anbau <strong>als</strong> auch im Freiland vorkommen.<br />
Diese Nematoden stechen mit einem Mundstachel Wurzelzellen<br />
an und ernähren sich von deren Zellinhalt.<br />
Manche Arten dringen aber auch in Stängel, Blätter oder<br />
Blütenanlagen ein und ernähren sich dort von den Pflanzensäften.<br />
Einige Nematoden übertragen auch Viren<br />
und schädigen die Pflanzen dadurch indirekt. Bei Befall<br />
reichen die verursachten Schäden von geringen Ertragsreduktionen<br />
bis zu einem Totalverlust.<br />
<br />
Zusammenfassung<br />
Wurzelgallennematoden (Meloidogyne spp.)<br />
sind die wichtigste Gruppe pflanzenparasitärer<br />
Nematoden in der <strong>Schweiz</strong>. Sie verursachen<br />
grosse Probleme im Gemüsebau. Am<br />
häufigsten tritt in der <strong>Schweiz</strong> der nördliche<br />
Wurzelgallennematode Meloidogyne hapla<br />
auf. Dagegen kommen die ursprünglich<br />
aus den Tropen und Subtropen stammenden<br />
Arten M. incognita, M. arenaria und M<br />
javanica nur im geschützten Anbau vor. Bei<br />
in den Jahren 2002 bis 2006 durchgeführten<br />
Surveys wurden die Quarantänenematoden<br />
Meloidogyne chitwoodi und M. fallax in<br />
einigen wenigen <strong>Schweiz</strong>er Gewächs häusern<br />
und Betrieben gefunden. Eine weitere<br />
Verbreitung wurde aufgrund der verordneten<br />
Eindämmungsmassnahmen erfolgreich<br />
verhindert. In den Jahren 2006 bis 2008<br />
konnte in Proben aus befallenen Gewächshäusern<br />
und beheizten Folien tunnels nur<br />
noch M. fallax nachgewiesen werden. Ein<br />
intensiver Survey 2009 und 2010 bestätigte<br />
die Abwesenheit von M. chitwoodi. Die Art<br />
M. fallax konnte wieder in Gewächshäusern<br />
und beheizten Folientunnels gefunden<br />
werden. Unbeheizte Folientunnel und<br />
Freilandflächen, die an befallene Gewächshäuser<br />
angrenzen, waren frei von Quarantänenematoden.<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 340–345, 2010<br />
341
Pflanzenbau | Quarantänenematoden im <strong>Schweiz</strong>er Gemüsebau<br />
Abb. 1 | Salatwurzeln mit unterschiedlich starkem Befall durch den<br />
Wurzelgallennematoden M. fallax. Links: ohne Befall; Mitte: mässiger<br />
Befall; rechts: starker Befall.<br />
Wurzelgallennematoden – Biologie und Schaden<br />
Wurzelgallennematoden sind obligate Wurzelparasiten,<br />
die <strong>als</strong> Eier in Pflanzenresten und im Boden längere Zeit<br />
überdauern können. Die Nematodenlarven schlüpfen im<br />
Frühjahr und dringen in die Wurzeln der Wirtspflanze<br />
ein. Dort entwickeln sie sich zu adulten Weibchen, die<br />
kugelrund anschwellen und die Bildung der typischen<br />
Wurzelgallen bewirken (Abb.1). Jedes dieser Nematodenweibchen<br />
kann bis zu 500 neue Eier produzieren, aus<br />
denen erneut Larven schlüpfen. Diese dringen wiederum<br />
in die Wurzeln ein und verursachen eine weitere<br />
Schädigung. Je nach Temperatur sind drei bis sechs<br />
Generationen pro Jahr möglich. Die Quarantänenematoden<br />
M. chitwoodi und M. fallax gelten in Europa <strong>als</strong><br />
besonders gefährlich für landwirtschaftliche Kulturpflanzen,<br />
da sie sich durch ihr breites Wirtspflanzenspektrum<br />
(400 – 500 Arten) schnell ausbreiten und etablieren<br />
können und somit eine Kontrolle kaum möglich<br />
ist. Sie können bei fast allen Gemüsearten Schäden verursachen.<br />
Betroffen sind vor allem Tomaten, Gurken,<br />
Karotten, Sellerie, Schwarzwurzeln, Salat und Erbsen.<br />
Ausserdem sind Zuckerrüben, Erdbeeren, Zierpflanzen,<br />
Getreide, Mais, Kartoffeln und die Graswirtschaft<br />
gefährdet. Aus diesen Gründen ist das Auftreten dieser<br />
Nematoden in der <strong>Schweiz</strong> nach der Pflanzenschutzverordnung<br />
(SR 916.20) meldepflichtig, und es müssen<br />
Bekämpfungs- respektive Eindämmungsmassnahmen<br />
durchgeführt werden.<br />
M. chitwoodi nachgewiesen. Aufgrund dieses Erstfundes<br />
wurden in den Jahren 2002 bis 2006 intensive Surveys im<br />
befallenen sowie in benachbarten Betrieben durchgeführt.<br />
Es zeigte sich, dass einige Betriebe Befall mit einer<br />
weiteren nah verwandten Quarantänenematodenart M.<br />
fallax aufwiesen (Tab. 1). Das Auftreten der Quarantänenematoden<br />
beschränkte sich jedoch auf einige wenige<br />
Betriebe in der Region von Saillon (Abb. 2).<br />
Die Pflanzenschutzverordnung (SR 916.20) schreibt beim<br />
Auftreten von Quarantäneorganismen in Artikel 29 eine<br />
Tilgung der Primärherde vor. Dazu müssen die verantwortlichen<br />
Stellen geeignete Massnahmen zur Tilgung<br />
der Herde durchführen (siehe Kasten). Doch das ist bei<br />
einem Befall mit Wurzelgallennematoden schwierig.<br />
Alle diese Massnahmen waren jedoch nicht geeignet,<br />
um die bestehenden Herde von Quarantänenematoden<br />
in den befallenen Betrieben zu tilgen (Grunder et al.<br />
2007).<br />
Aufgrund der Ergebnisse der intensiven Surveys<br />
erfolgte die Einschleppung der beiden Nematodenarten<br />
wahrscheinlich mit verseuchtem Pflanzenmaterial und<br />
die weitere Verbreitung über Traktoren und Geräte mit<br />
anhaftender Erde. Diese Maschinen und Geräte wurden<br />
zum Teil zwischen den Betrieben ausgetauscht und so<br />
die Quarantänenematoden weiter verbreitet. Um eine<br />
weitere Verbreitung der Nematoden zu verhindern,<br />
wurden vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) sowie<br />
dem kantonalen Pflanzenschutzdienst Eindämmungsmassnahmen<br />
angeordnet (siehe Kasten).<br />
R e s u l t a t e<br />
Surveys 2002 – 2006 und Massnahmen<br />
Im Jahr 2002 wurde von ACW eine Untersuchung zur Verbreitung<br />
von Wurzelgallennematoden in der <strong>Schweiz</strong><br />
durchgeführt. Dabei wurden nicht nur die bereits<br />
bekannten Arten M. incognita, M. arenaria, M. javanica<br />
und M. hapla, sondern in einer Probe aus einem Gewächshaus<br />
im Wallis auch erstm<strong>als</strong> der Quarantänenematode<br />
Abb. 2 | Verbreitung von Wurzelgallennematoden (WGN) in der<br />
<strong>Schweiz</strong>.<br />
Nördlicher WGN: M. hapla<br />
Tropische WGN: M. incognita, M. javanica, M. arenaria<br />
Quarantäne-WGN: M. chitwoodi und M. fallax<br />
342 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 340–345, 2010
Quarantänenematoden im <strong>Schweiz</strong>er Gemüsebau | Pflanzenbau<br />
Surveys 2007 und 2008<br />
Die in den Jahren 2007 und 2008 durchgeführten Untersuchungen<br />
sollten klären, ob die verordneten Massnahmen<br />
zur Verhinderung einer weiteren Ausbreitung der<br />
Quarantänenematoden erfolgreich waren. Zu diesem<br />
Zweck wurden die befallenen Betriebe und die umliegenden<br />
Freilandflächen intensiv untersucht. Es zeigte<br />
sich, dass sich in Gewächshäusern und beheizten Tunnels<br />
die Quarantäneart M. fallax etabliert hatte. Die Art<br />
M. chitwoodi konnte in diesen Untersuchungen jedoch<br />
nicht mehr nachgewiesen werden. In Proben aus unbeheizten<br />
Folientunnels konnten keine Quarantänenematoden<br />
nachgewiesen werden. In keiner der untersuchten<br />
Proben aus den umliegenden Freilandflächen wurden<br />
Quarantänenematoden nachgewiesen. Diese Ergebnisse<br />
zeigen, dass die angeordneten Eindämmungsmassnahmen<br />
eine weitere Ausbreitung der Quarantänenematoden<br />
verhindert haben.<br />
Surveys 2009 und 2010<br />
Die Surveys 2007 und 2008 hatten bereits gezeigt, dass<br />
auch bei intensiver Suche die Art M. chitwoodi nicht<br />
mehr nachzuweisen war. Daher wurden im Herbst 2009<br />
und Frühjahr 2010 alle in der Vergangenheit <strong>als</strong> mit<br />
M. chitwoodi befallen eingestuften Flächen erneut intensiv<br />
untersucht. Wie auch in den Jahren zuvor zeigte sich,<br />
dass alle Freilandflächen und ungeheizten Folientunnels<br />
frei von den Quarantänenematoden M. chitwoodi und<br />
M. fallax waren. Meloidogyne fallax hat man weiterhin<br />
<br />
Tab. 1 | Ergebnisse der Surveys zum Auftreten der Quarantänenematoden<br />
Meloidogyne chitwoodi und M. fallax in der <strong>Schweiz</strong> in<br />
den Jahren 2002 bis 2010<br />
Jahr<br />
Anzahl untersuchter<br />
Gewächshäuser<br />
und beheizter<br />
Folientunnel<br />
Anzahl befallener Gewächshäuser<br />
und beheizter Folientunnel<br />
M. chitwoodi M. fallax Summe<br />
2002 57 1 0 1<br />
2003 3 1 2 3<br />
2004 56 0 15 15<br />
2005 29 5 9 9<br />
2006 2 0 2 2<br />
2007 18 0 12 12<br />
2008 18 0 9 9<br />
2009 22 0 18 18<br />
2010 4 0 4 4<br />
2003 bis 2006 wurden die Untersuchungen durch externe Labors durchgeführt.<br />
2002 und 2007 bis 2010 hat ACW die Untersuchungen gemacht.<br />
Kasten 1 | Massnahmen zur Tilgung und Eindämmung von Befallsherden<br />
Tilgung<br />
Zur Tilgung von Befallsherden durch chemische<br />
Bekämpfung steht Basamid-Granulat (Dazomet) zur<br />
Verfügung. Dieses Mittel darf allerdings nicht in<br />
biologisch wirtschaftenden Betrieben eingesetzt<br />
werden. Eine andere Möglichkeit ist das Aushungern<br />
der Nematoden durch eine Schwarzbrache, das heisst<br />
die befallene Fläche muss über einen längeren Zeitraum<br />
frei von allen Pflanzen sein (Unkrautregulierung). Eine<br />
weitere Bekämpfungs möglichkeit ist die Bodendämpfung,<br />
dabei werden die Schädlinge durch Hitze vernichtet.<br />
Dieses Verfahren ist jedoch mit hohen Kosten<br />
verbunden und wirkt wenig in die Tiefe. Zusätzlich<br />
wurden verschiedene Methoden zur biologischen<br />
Bodenentseuchung getestet.<br />
Eindämmung<br />
Um eine weitere Ausbreitung von Quarantänenematoden<br />
aus den betroffenen Betrieben zu verhindern,<br />
dürfen dort nur Personen arbeiten, die über den<br />
Nematodenbefall informiert sind. Arbeiten in Gewächshäusern<br />
mit Quarantänenematoden müssen stets zum<br />
Ende einer Arbeitsperiode durchgeführt werden. Die<br />
Arbeitsschuhe werden beim Ausgang durch Bürsten<br />
und mit einem Desinfektionsmittel gereinigt. Alle<br />
Geräte, Maschinen und Traktoren werden bereits im<br />
Gewächshaus grob von Erde und Pflanzenresten befreit<br />
und anschliessend an einem geeigneten Waschplatz<br />
gründlich gereinigt. Maschinen und Traktoren von<br />
anderen Betrieben müssen jeweils vor und nach einem<br />
Einsatz gereinigt werden.<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 340–345, 2010<br />
343
Pflanzenbau | Quarantänenematoden im <strong>Schweiz</strong>er Gemüsebau<br />
nur in Gewächshäusern oder beheizten Tunnels gefunden.<br />
Des Weiteren konnte erneut bestätigt werden, dass<br />
M. chitwoodi auf keiner der untersuchten Flächen<br />
(Gewächshaus, Tunnel oder Freiland) nachweisbar war.<br />
D i s k u s s i o n<br />
Quarantänenematoden wie die Wurzelgallennematoden<br />
M. chitwoodi und M. fallax stellen Produzenten und<br />
Pflanzenschutzdienste oft vor grosse Probleme. Durch<br />
ihr breites Wirtspflanzenspektrum und ihre hohen Vermehrungsraten<br />
können grosse Schäden bei landwirtschaftlichen<br />
Kulturen entstehen. Die Tatsache, dass Wurzelgallennematoden<br />
nur durch Bodenanalysen erfasst<br />
werden können und Schäden an Wurzeln von Wirtspflanzen<br />
anfänglich oft übersehen werden, erschwert<br />
Tilgungs- und Überwachungsmassnahmen. Um einen<br />
Überblick über die Situation in der <strong>Schweiz</strong> zu erhalten,<br />
wurden seit 2002 auf mehr <strong>als</strong> hundert Betrieben rund<br />
zweihundert Flächen untersucht. In diesen Untersuchungen<br />
konnte festgestellt werden, dass sich M. fallax in<br />
den betroffenen Betrieben etabliert hat. Von den im<br />
Jahr 2009 untersuchten 22 Flächen in Gewächshäusern<br />
und beheizten Folientunnels waren 18 mit M. fallax<br />
befallen.<br />
Wie bereits in den Jahren 2007 und 2008 festgestellt<br />
wurde, konnte auch im Jahr 2009 M. chitwoodi nicht<br />
mehr nachgewiesen werden. Eine erneute Beprobung<br />
im Frühjahr 2010 bestätigte die Abwesenheit von M.<br />
chitwoodi. Die Art M. fallax konnte jedoch wie erwartet<br />
nachgewiesen werden.<br />
In sämtlichen in den Jahren 2002 bis 2008 untersuchten<br />
Freilandflächen sowie unbeheizten Folientunnels<br />
konnten M. chitwoodi oder M. fallax nie nachgewiesen<br />
werden. Die Wirksamkeit der Eindämmungsmassnahmen<br />
hat ACW bei den neuesten Untersuchungen aus<br />
den Jahren 2009 und 2010 bestätigt. Dort konnten ebenfalls<br />
keine Quarantänenematoden in Freilandflächen<br />
oder unbeheizten Folientunnels nachgewiesen werden.<br />
Es stellt sich nun die Frage, warum in den Jahren 2002 bis<br />
2006 einige wenige Flächen <strong>als</strong> mit M. chitwoodi befallen<br />
eingestuft wurden. Die Arten M. chitwoodi und<br />
M. fallax, die ursprünglich <strong>als</strong> nur eine Art beschrieben<br />
worden waren, sind sehr nahe verwandt und daher<br />
anhand von morphologischen Merkmalen nur schwer zu<br />
unterscheiden. Daher konnte es leicht zu Verwechslungen<br />
kommen, besonders wenn in manchen der untersuchten<br />
Flächen einige tausend Tiere je Probe bestimmt<br />
werden mussten. In den letzten Jahren wurden jedoch<br />
die Methoden zur Diagnostik von Nematoden weiterentwickelt.<br />
Neben den klassischen morphologischen<br />
Methoden stehen heutzutage auch molekularbiologische<br />
Methoden zur Verfügung, die eine genauere Unterscheidung<br />
der Arten ermöglichen. Moderne, molekularbiologische<br />
Methoden werden zukünftig verstärkt von<br />
ACW zur Diagnostik von pflanzenparasitären Nematoden<br />
eingesetzt. So wird weiterhin sichergestellt, dass die<br />
in der <strong>Schweiz</strong> örtlich etablierten Quarantänenematoden<br />
sich nicht weiter ausbreiten können und die Einschleppung<br />
von neuen Quarantänearten verhindert<br />
wird. Am Beispiel der Quarantänenematoden Meloidogyne<br />
chitwoodi und M. fallax zeigte sich, dass genaue<br />
Untersuchungen bei Verdacht auf Befall mit Quarantänenematoden<br />
unabdingbar sind, um Schäden für die<br />
<strong>Schweiz</strong>er Landwirtschaft abzuwenden. Dies gelingt<br />
jedoch nur, wenn alle beteiligten Stellen: Produzenten,<br />
kantonale Berater, das Bundesamt für Landwirtschaft<br />
und ACW auch in Zukunft weiterhin so erfolgreich<br />
zusammenarbeiten.<br />
n<br />
344<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 340–345, 2010
Quarantänenematoden im <strong>Schweiz</strong>er Gemüsebau | Pflanzenbau<br />
Nematodi di quarantena nell’orticol-<br />
Quarantine nematodes in Swiss<br />
Riassunto<br />
tura svizzera<br />
I nematodi galligeni (Meloidogyne<br />
spp.) sono il gruppo più importante di<br />
nematodi parassiti delle piante in<br />
Svizzera. Ogni anno arrecano grossi<br />
Summary<br />
vegetable growing<br />
Root-knot nematodes (Meloidogyne<br />
spp.) are the most important group of<br />
plant-parasitic nematodes in Switzerland<br />
causing significant problems in<br />
problemi nelle regioni orticole. La<br />
vegetable production areas. The most<br />
specie più frequente in Svizzera è il<br />
common root-knot nematode species is<br />
nematodo galligeno Meloidogyne<br />
Meloidogyne hapla, followed by the<br />
hapla, mentre le specie tropicali e<br />
tropical and subtropical species M.<br />
subtropicali M. incognita, M. javanica e<br />
incognita, M. arenaria and M. javanica,<br />
M. arenaria, sono state riscontrate solo<br />
which are found in greenhouses only.<br />
in serra. Durante i monitoraggi<br />
In surveys conducted in the years 2002<br />
condotti nel periodo fra il 2002 e il<br />
to 2006, the quarantine nematodes M.<br />
2006 si è evidenziata la presenza dei<br />
chitwoodi and M. fallax were found in<br />
nematodi di quarantena M. chitwoodi<br />
greenhouses in Switzerland. However,<br />
e M. fallax in alcune serre e aziende<br />
they were confined to a few green-<br />
svizzere. Le misure fitosanitarie<br />
houses only and have not yet spread<br />
prescritte hanno impedito un ulteriore<br />
further confirming that the phytosani-<br />
diffusione dei parassiti. Tra il 2006 e il<br />
tary measures were successfully<br />
2008 solo M. fallax è stato riscontrato<br />
implemented. From 2006 to 2008, only<br />
nei campioni provenienti da serre e da<br />
M. fallax could be identified in samples<br />
tunnel riscaldati nei quali i nematodi di<br />
from infested greenhouses and heated<br />
quarantena erano stati precedente-<br />
plastic tunnels. An intensive survey<br />
mente riscontrati. Il monitoraggio<br />
conducted in 2009 and 2010 confirmed<br />
intensivo condotto nel 2009 e 2010 ha<br />
the absence of M. chitwoodi. The<br />
confermato l’assenza di M. chitwoodi e<br />
species M. fallax was still present in<br />
la sola presenza di M. fallax. Tunnel<br />
greenhouses and heated tunnels, but<br />
non riscaldati e campi adiacenti alle<br />
unheated plastic tunnels or open fields<br />
serre infestate sono risultati liberi da<br />
adjacent to the infested greenhouse<br />
nematodi di quarantena.<br />
proved to be free of quarantine<br />
nematodes.<br />
Key words: nematodes, quarantine,<br />
root-knot, Meloidogyne chitwoodi,<br />
Meloidogyne fallax, survey, plant<br />
protection.<br />
Literatur<br />
▪▪<br />
Decker H., 1969. Phytonematologie. VEB Deutscher Landwirtschaftsverlag,<br />
Berlin. 526 S.<br />
▪▪<br />
Eder R., Roth I., Frey J. E., Oggenfuss M. & Kiewnick S., 2009. Quarantine<br />
nematodes in Switzerland – current situation. J. of Plant Diseases and<br />
Protection 116 (4), 189 – 191.<br />
▪▪<br />
Grunder J., Daniel O. & Kiewnick S., 2007. Neue Nematodenarten bedrohen<br />
die <strong>Schweiz</strong>er Kulturen. Der Gemüsebau / Le Maraîcher (3), 19 – 21.<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 340–345, 2010<br />
345
K u r z b e r i c h t<br />
Phoma der Sonnenblume: Kann nach Temperaturschwellen<br />
behandelt werden?<br />
Peter Frei, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon<br />
Auskünfte: Peter Frei, E-Mail: peter.frei@acw.admin.ch, Tel. +41 22 363 43 77<br />
Abb. 1 | Phoma macdonaldii: stark befallene Sonnenblumen- Stängel<br />
im Feld.<br />
Durch die lange Infektionsperiode des Pilzes und der<br />
limitierten Zeitspanne des Fungizid-Einsatzes waren<br />
die Behandlungen gegen Phoma in der Sonnenblume<br />
bis heute selten rentabel. Ein neuer Ansatz liegt in<br />
der Anwendung von Temperaturschwellen zur Bestimmung<br />
der Periode des Erscheinens der Ascosporen.<br />
Ein Modell konnte in den letzten Jahren bestätigt<br />
werden.<br />
Foto: ACW<br />
Seit Sonnenblumen in der <strong>Schweiz</strong> angebaut wurden,<br />
konnte auch der Pilz Phoma macdonaldii (Hauptfruchtform:<br />
Leptoshaeria lindquistii) gefunden werden. Die<br />
Symptome dieser Krankheit sind dunkelbraune bis<br />
schwarze Flecken unter den Blattachseln, die nicht selten<br />
den ganzen Stängel umgeben (Abb. 1). Die befallenen<br />
Blattstiele und somit auch die Blätter sterben schnell ab,<br />
wobei die assimilierende Blattfläche drastisch reduziert<br />
und die Kerne somit schlecht gefüllt werden. Nicht selten<br />
sterben die Pflanzen infolge des Phomabefalls vorzeitig<br />
ab. Phoma kann aber auch mit Phomopsis verwechselt<br />
werden, dessen Symptome eher braune Flecken sind. Der<br />
Hauptunterschied ist aber, dass mit Phomopsis befallene<br />
Stängel sehr leicht an der Befallsstelle brechen, was Lagerung<br />
zur Folge hat. Dies ist bei Phoma nicht der Fall. Seit<br />
2003 sind auch Fungizide zur Bekämpfung dieser Krankheit<br />
bewilligt. Doch trotz des Fungizideinsatzes konnte<br />
der Pilz nicht sehr effizient bekämpft werden und erhebliche<br />
Erntezunahmen sind eher selten zu beobachten.<br />
Die wissenschaftliche Literatur zu diesem Thema ist sehr<br />
bescheiden und nur wenige Artikel aus den Fünfziger-<br />
Jahren stehen zur Verfügung. Bis anhin war nur bekannt,<br />
dass der Pilz auf den Ernterückständen überwintert und<br />
im Frühjahr die neuen Kulturen mit Ascosporen befällt.<br />
Wann genau dies der Fall ist, war bis anhin aber nicht<br />
bekannt. Es wurde daher angenommen, dass der Sporenflug<br />
und damit auch die Infektionen vor allem im Sternstadium<br />
(BBCH51) stattfinden. Der Fungizideinsatz ist bis<br />
heute in diesem Stadium empfohlen. Es ist auch der<br />
letzte Moment um Pestizide aus zubringen ohne dass die<br />
Kultur Schaden nimmt. Später sind die Sonnenblumen zu<br />
hoch um mit konventionellen Spritzbalken zu arbeiten.<br />
Aus diesen Gründen wurden an der Forschungsanstalt<br />
Agroscope Changins Wädenswil (ACW) Untersuchungen<br />
durchgeführt um die Biologie und Epidemiologie des<br />
Pathogen besser zu kennen.<br />
M e t h o d e n<br />
In Sonnenblumenfeldern wurden nach der Ernte befallene<br />
Stängel diverser Sorten gesammelt. Diese wurden<br />
dann im Freien unter natürlichen Bedingungen gelagert.<br />
346 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 346–349, 2010
Phoma der Sonnenblume: Kann nach Temperaturschwellen behandelt werden? | Kurzbericht<br />
Abb. 2 | Leptosphaeria lindquisti (Phoma macdonaldii) Bildung der<br />
Ascien und Ascosporen im Perithezium (April 2006).<br />
Foto: ACW<br />
Beobachtung des Sporenfluges<br />
Durch mikroskopische Beobachtungen während des<br />
Winters war es möglich die Bildung der Fruchtkörper zu<br />
verfolgen (Abb. 2). Ab Mitte Februar beginnt der Pilz<br />
mit der Bildung der Fruchtkörper und je nach Wetterbedingungen<br />
sind die Ascosporen ab Ende März bis<br />
anfangs Mai reif und werden freigesetzt. Dank der nun<br />
fünfjährigen Erfahrungen konnte eine genaue Temperatursumme<br />
für den ersten Sporenflug ermittelt werden.<br />
Schwellenwert: Summe aller mittlerer Tagestemperaturen<br />
über 9°C zwischen dem 1. Oktober des<br />
Erntejahres bis zur ersten beobachteten Ascospore<br />
(Tab. 1). Anfangs werden nur wenige, später aber massiv<br />
Sporen freigesetzt (Abb. 3). Eine weitere Temperatursumme<br />
ab dem ersten Auftreten, die dem Hauptausstoss<br />
der Sporen entspricht, konnte gefunden<br />
werden. Dieser ist aber nicht, wie bis anhin angenommen,<br />
im Sternstadium der Sonnenblume, sondern<br />
erfolgt einige Tage (Wochen) früher. Zurzeit stehen nur<br />
Resultate für das Genferseegebiet zu Verfügung. 2010<br />
wurden noch zwei weitere Regionen (Gros de Vaud und<br />
Bern) in die Studie aufgenommen um die Resultate<br />
breiter abzustützen. Die Stängel dieser Standorte wurden<br />
nur mikroskopisch untersucht, Sporenfallen konnten<br />
nicht installiert werden. Die Beobachtungen der<br />
Perithezien-Bildung zeigte, dass die für Changins (Nyon)<br />
etablierte Temperatursumme auch für Goumoens-la-<br />
Ville und Zollikofen (Rütti) gültig ist.<br />
Durch lichtmikroskopische Beobachtungen konnte die<br />
Entwicklung der Perithezien (Hauptfruchtform) während<br />
des ganzen Winters und Frühjahrs verfolgt werden. Zur<br />
mikroskopischen Beobachtung müssen Stängelstücke mit<br />
einer Rasierklinge sehr fein geschnitten und mit Baumwollblau<br />
angefärbt werden. Eine Sporenfalle wurde in<br />
der Nähe der Stängeldepots installiert. Der Ventilator<br />
dieser Sporenfalle wird durch Solarzellen mit Strom versorgt.<br />
Die Sporen bleiben durch statische Elektrizität auf<br />
dem feinen Plastikstreifen hängen, der auf einer Trommel<br />
montiert ist. Diese Trommel bewegt sich pro Woche<br />
einmal um die eigene Achse. Die so gewonnenen Tagesabschnitte<br />
werden hälftig, nach einer Färbung unter<br />
dem Mikroskop beobachtet und die anhaftenden Ascosporen<br />
ausgezählt. Gleichzeitig wurde auch eine molekulare<br />
Methode für den Nachweis des Pathogens bei ACW<br />
entwickelt und der zweite Teil wurde mit dieser Methode<br />
auf Phoma-DNA untersucht. Die erhaltenen Werte,<br />
Anzahl gefundener Sporen und positive PCR-Reaktionen<br />
werden dann mit den Wetterdaten (http://www.agrometeo.ch)<br />
verglichen. Dies erlaubt es, die optimalen Bedingungen<br />
für den Sporenflug zu finden.<br />
Nachweis des Pilzes in den Pflanzen<br />
Gleichzeitig zur Beobachtung des Sporenfluges wurde in<br />
den vergangenen Jahren die Entwicklung des Pilzes im<br />
Pflanzengewebe untersucht. Der Pilz ist in seiner latenten<br />
Phase, das heisst in der Zeit bis zum sichtbar werden<br />
der Symptome, mit traditionellen Methoden nicht zu<br />
isolieren. Aus diesem Grund wurden wöchentlich, zwischen<br />
dem Zweiblattstadium bis zum Ende der Blüte,<br />
20 bis 30 unbehandelte Pflanzen auf dem Versuchsfeld<br />
gesammelt und molekularbiologisch untersucht. Da die<br />
Infektionen von den Blattachseln ausgehen, wurden<br />
diese einzeln aufbereitet und mit spezifischen und sensiblen<br />
Primern auf P. macdonaldii getestet. Diese<br />
Methode erlaubt die Entwicklung des Pilzes in der<br />
Pflanze zu verfolgen (Tab. 2). Es konnte festgestellt werden,<br />
dass schon sehr früh, ab dem Vierblattstadium, die<br />
ersten Keimblätter (55%) und Blattachseln des ersten<br />
Blattpaares (40%) befallen waren. Im Sternstadium<br />
konnten schon folgende Infektionen der Blattachseln<br />
gefunden werden: zweites Blattpaar 75 %, drittes Blattpaar<br />
75 % und das vierte Blattpaar 70 %, die Keimblätter<br />
waren zu diesem Zeitpunkt schon abgestorben und wurden<br />
nicht mehr untersucht.<br />
<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 346–349, 2010<br />
347
Kurzbericht | Phoma der Sonnenblume: Kann nach Temperaturschwellen behandelt werden?<br />
Foto: ACW<br />
Abb. 3 | Ascosporen von Leptosphaeria lindquisti (Phoma macdonaldii)<br />
auf Plastikstreifen aus der Sporenfalle.<br />
Fungizidversuche im Freiland<br />
Während drei Jahren wurden an der Forschungsanstalt<br />
ACW-Changins auch Fungizidversuche mit der anfälligen<br />
Sorte «Sanluca» im Freiland durchgeführt. Die Befallskontrollen<br />
erfolgten immer gegen Ende der Vegetationsperiode<br />
(BBCH 83) und auch Ertragserhebungen wurden<br />
gemacht.<br />
In den Jahren 2007 wurde mit dem Fungizid «Tenor»<br />
(Difenoconazole + Carbendazim), 2008 mit «Priori Top»<br />
(Difenoconazole + Azoxystrobin) im Sternstadium der<br />
Kultur eine Behandlung durchgeführt. 2009 wurde zum<br />
ersten Mal die oben erwähnte Temperatursumme von<br />
450°C (1. Spore bis Hauptflug) für die erste Fungizidbe-<br />
handlung angewendet. Zur Kontrolle neben unbehandelt,<br />
wurde eine Variante zum herkömmlichen Zeitpunkt<br />
im Sternstadium (Temperatursumme: 700°C) gespritzt.<br />
Zu beiden Zeitpunkten wurde das Fungizid «Priori Top»<br />
1,0 l/ha verwendet. Es lagen vierzehn Tage zwischen den<br />
beiden Behandlungen.<br />
In den ersten beiden Versuchsjahren konnte kein<br />
Ertragsunterschied zur unbehandelten Kontrolle gefunden<br />
werden. Die Befallskontrollen zeigten aber eine<br />
deutliche Tendenz zu weniger starken Infektionen, vor<br />
allem waren viel weniger Pflanzen total befallen und<br />
somit frühreif. Der Effekt war dadurch eher kosmetisch<br />
<strong>als</strong> rentabel.<br />
Tab. 1 | Temperatursummen Nyon von 2006 bis 2010 und Datum der ersten beobachteten Ascosporen (Periode 1.10.Erntejahr / 1. Ascospore)<br />
Jahr<br />
Temperatur-<br />
Summe (°C)<br />
Summe °C<br />
positiv<br />
Basis<br />
8 °C<br />
(°C)<br />
Basis<br />
9 °C<br />
(°C)<br />
Basis<br />
10 °C<br />
(°C)<br />
Niederschläge<br />
Summe (mm)<br />
Datum<br />
1. Ascospore<br />
beobachtet<br />
2005 /2006 918,60 1013,10 205,20 154,40 109,80 382,30 25.4.06<br />
2006 /2007 1255,10 1279,80 223,30 157,40 101,80 514,40 30.3.07<br />
2007 /2008 1273,80 1306,30 215,00 162,10 119,50 491,10 8.5.08<br />
2008 /2009 1074,50 1124,30 225,10 161,70 116,50 383,70 26.4.09<br />
2009 /2010 1097,80 1176,60 218,30 157,50 113,00 583,40 24.4.10<br />
348 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 346–349, 2010
Phoma der Sonnenblume: Kann nach Temperaturschwellen behandelt werden? | Kurzbericht<br />
Tab. 2 | Phoma macdonaldii : Verfolgung des Infektionsverlaufes in Sonnenblumen mittels PCR-Test. Nach Datum der Muster (Nyon p.18 2009)<br />
Keimblätter<br />
% positiv<br />
% positive Blattpaare<br />
Datum N * = 1 2 3 4 5 6 7 8<br />
05.05.09 30 40 33<br />
13.05. 09 20 55 40 60<br />
19.05. 09 20 35 40 35<br />
27.05. 09 20 70 85 65<br />
03.06. 09 20 75 70 55<br />
10.06. 09 20 75 70 70<br />
17.06. 09 20 100 65 65 60<br />
24.06. 09 20 35 35 40<br />
01.07. 09 20 65 50 65<br />
08.07. 09 20 50 40 15<br />
15.07. 09 20 65 90 50<br />
12.08. 09 20 60 65 45<br />
N * : Anzahl untersuchter Pflanzen<br />
Im Versuchsjahr 2009 konnten aber deutliche Unterschiede<br />
zwischen der unbehandelten Kontrolle und den<br />
beiden Behandlungen beobachtet werden (+ 9 % Ertrag<br />
gegenüber unbehandelt). Wobei aber keine Differenz<br />
zwischen den zwei Behandlungszeitpunkten gefunden<br />
wurde. Dies wurde sowohl in der Befallsstärke <strong>als</strong> auch<br />
im Ertrag beobachtet. Eine Erklärung für diese Tatsache<br />
könnte die ungewöhnliche Wetterlage im Genferseegebiet<br />
sein. Es war in der Zeit zwischen den zwei Behandlungszeitpunkten<br />
sehr trocken und somit sind auch<br />
keine Ascosporen ausgeschleudert worden. Die ersten<br />
Niederschläge konnten erst vier Tage vor der zweiten<br />
Behandlung registriert werden, was zu einem erneuten<br />
massiven Sporenflug führte. Die Persistenz des Fungizides<br />
scheint gut zu sein, denn es wirkte auch noch nach<br />
rund zwei Wochen ohne Niederschläge wie das frisch<br />
gespritzte Produkt. Dieser Versuch wird 2010 in Changins<br />
auf der gleichen Sonnenblumen-Sorte wiederholt.<br />
Der Ansatz nach Temperaturschwellen zu behandeln ist<br />
gültig, doch muss dieses Modell in den nächsten Jahren<br />
unter anderen Wetterbedingungen und Versuchen in<br />
weiteren Regionen abgestützt werden.<br />
n<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 346–349, 2010<br />
349
P o r t r ä t<br />
Steven Bacon: Arbeitsplatz Flughafen<br />
Die Fallen von Steven Bacon sind bunt, verschiedenförmig<br />
und strömen kaum wahrnehmbare Duftstoffe<br />
aus, so genannte Pheromone. Sie locken Insekten der<br />
ganzen Welt an. Steven Bacon stellt die Fallen für ein<br />
vom Bundesamt für Umwelt BAFU finanziertes Projekt<br />
auf. Denn werden im Frachtflughafen Zürich Kloten<br />
oder beim Gemüsegrossisten im Kanton Bern täglich<br />
hunderte von Kisten mit Importware geöffnet und kontrolliert,<br />
schlüpfen, kriechen und fliegen möglicherweise<br />
Insekten aller Kontinente heraus. Zu den häufigsten<br />
Arten gehören Fruchtfliegen, Miniermotten, Schildläuse<br />
und Thrispe. Nicht nur in der <strong>Schweiz</strong> sondern auf allen<br />
Warenumschlagsplätzen der Welt können mit den Frachten<br />
täglich unbemerkt fremde Pflanzen und Tiere verschleppt<br />
werden. Setzen sie sich in der Fremde fest und<br />
breiten sich aus, nennt man sie invasive Arten. Im Normalfall<br />
hindern natürliche Barrieren eine Migration von<br />
Kontinent zu Kontinent, von Klimazone zu Klimazone.<br />
In der globalisierten Welt gelten auch hier neue Gesetze.<br />
Ursache ist der globale Handel.<br />
In Zürich Kloten landen Insekten aus der ganzen Welt in den Fallen<br />
des Entomologen Steven Bacon (ART).<br />
Früherkennung könnte wirtschaftlichen Schaden begrenzen<br />
«Deshalb prüfen wir mit Insektenfallen, welche Arten<br />
hauptsächlich hier ankommen und wie man sie am besten<br />
fängt.» Diese Befunde vergleicht der Entomologe<br />
Steven Bacon mit einer Datenbank über Schadinsekten<br />
an europäischen Flughäfen. Ähnliche Fallen werden<br />
deshalb auch unter französischer und italienischer<br />
Aegide an den Flughäfen Mailand, Venedig und Paris<br />
aufgestellt. Diese werden von Alain Roques an der INRA<br />
in Orleans koordiniert.<br />
«Uns interessiert, ob in den aufgestellten Fallen auch<br />
tatsächlich jene Insektenarten gefangen werden, die bisher<br />
<strong>als</strong> bedrohlich für die hiesige Natur und die landwirtschaftlichen<br />
Kulturen ein geschätzt wurden. Es könnte<br />
sein, dass sich wegen des Klimawandels und neuer Lieferdestinationen<br />
neue Arthropoden-Arten in der<br />
<strong>Schweiz</strong> und Europa ausbreiten, meint Steven Bacon.<br />
«Ziel dieser Arbeit ist ein Monitoring System, das die Einschleppung<br />
fremder Arthropoden überwacht, denn die<br />
Konkurrenz durch exotische Arten führt manchmal zur<br />
Verdrängung von einheimischen Arten. Das bekannteste<br />
Beispiel ist der Asiatische Marienkäfer, der sich massiv<br />
ausbreitet und europäische Glückskäfer zusehends verdrängt.»<br />
Manchmal ist auch der wirtschaftliche Schaden<br />
einer invasiven Insektenart gross.<br />
Unter der Leitung von Alex Aebi untersucht Steven<br />
Bacon an ART die Risiken der Ansiedelung exotischer<br />
Insektenarten. Er will mit seiner Doktorarbeit aber auch<br />
in Erfahrung bringen, welches die Haupteintragspfade<br />
sind. «Vielleicht führen unsere Untersuchungen zu<br />
neuen Ideen, wie man invasive Arthropoden fernhalten<br />
kann. Ungünstig ist zum Beispiel, wenn in den Tropen<br />
die Frachtflugzeuge nachts im Scheinwerferlicht beladen<br />
werden. Das kommt für die Insekten einem Gratisticket<br />
nach Europa gleich. Oft schlüpfen die Tiere erst<br />
nach einigen Tagen aus den Früchten. Mit besseren<br />
Kenntnissen könnte man die Kosten für wirtschaftliche<br />
Schäden und indirekt auch für den Insektizideinsatz senken,<br />
erklärt der in Leicester aufgewachsene Brite. «Ausserdem<br />
möchte ich den Einfluss des Klimawandels auf<br />
die Ansiedelung invasiver Arten in Europa modellieren.»<br />
Doch woher die Kenntnisse für dieses Unterfangen:<br />
«Hier sind mir die beruflichen Erfahrungen im Investment<br />
Banking von Vorteil. Ich bin ursprünglich Mathematiker<br />
und arbeitete im Bereich Finanzmodellierung.<br />
Dann suchte ich einen Ausweg aus dem städtisch<br />
geprägten Umfeld und hängte noch ein Studium mit<br />
mehr Outdoor-Aspekt an, jenes der Insektenkunde.»<br />
«Für dieses Projekt passen die beiden Berufe von Steven<br />
perfekt zusammenpassen: Modellierung und Insektenkunde»,<br />
strahlt auch der Projektleiter Alex Aebi.<br />
Etel Keller-Doroszlai, Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-<br />
Tänikon ART, 8356 Ettenhausen<br />
350<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 350, 2010
A k t u e l l<br />
Aktuell<br />
Die europäische <strong>Agrarforschung</strong> ist nicht<br />
ausreichend<br />
Europa hat in der Vergangenheit Investitionen in die<br />
<strong>Agrarforschung</strong> sträflich vernachlässigt und damit auf<br />
Produktivitätsfortschritte verzichtet. Prof. Harald von<br />
Witzke zeigte anlässlich eines parlamentarischen Abends,<br />
dass die EU über die vergangenen Jahre hinweg durch<br />
vermehrte Importe von Grundnahrungsmitteln aus Drittländern<br />
dort beträchtliche Ackerflächen in Beschlag<br />
genommen hat. Durch Ertragssteigerungen hätte man<br />
zumindest auf einen Teil dieser «virtuellen» Landimporte<br />
verzichten können. Von Witzke plädierte für die Schaffung<br />
eines freundlicheren Forschungsumfelds in Europa.<br />
<strong>Agrarforschung</strong> sei aus gesellschaftlicher Sicht so gewinnbringend<br />
wie wenige andere Investitionen. «Je mehr wir<br />
auf einem Hektar Boden produzieren können, desto besser»,<br />
mahnte von Witzke. Die Importlücke der armen Länder<br />
für Nahrungsmittel könne nur geschlossen werden,<br />
wenn die reichen Staaten ihre Produktion ausbauten und<br />
mehr exportierten. Dabei werde der Klimawandel die<br />
Herausforderungen für die Landwirtschaft insgesamt<br />
noch verschärfen. Natürlich seien gentechnisch veränderte<br />
Organismen (GVO) ein Teil der Lösung, aber man müsse<br />
auch andere Aspekte berücksichtigen.<br />
AGRA-EUROPE 20/10, 17. Mai 2010<br />
Europäische Agrar- und Ernährungsforschung<br />
soll besser koordiniert werden<br />
Die EU-Mitgliedstaaten sollen nach der EU-Forschungskommissarin<br />
Máire Geoghegan-Quinn ihre Forschung<br />
sowohl im Themenkomplex Landwirtschaft, Klimawandel<br />
und Ernährungssicherung <strong>als</strong> auch hinsichtlich der<br />
Vorbeugung ernährungsbedingter Krankheiten besser<br />
koordinieren. Die nationalen Regierungen sollen<br />
gemeinsame Konzepte entwickeln, welchen Beitrag sie<br />
mit einer engeren Forschungszusammenarbeit auf EU-<br />
Ebene zur Bewältigung der künftigen Herausforderungen<br />
leisten können. Dazu soll jeweils eine gemeinsame<br />
Strategie mit mittel- und langfristigen Zielen, Prioritäten<br />
und Zeitplänen entwickelt werden. Die Mitgliedstaaten<br />
werden aufgefordert, sowohl für den Bereich «Landwirtschaft,<br />
Ernährungssicherheit und Klimawandel» <strong>als</strong><br />
auch für das Schlagwort «Gesunde Ernährung» gemeinsame<br />
Verwaltungsstrukturen einzurichten. Darüber hinaus<br />
sollen gemeinsame Regeln und Verfahren für die<br />
Zusammenarbeit festgelegt und die Umsetzung der strategischen<br />
Forschungspläne überwacht werden. Die<br />
Durchführung der Pläne soll gemeinsam, aber auch über<br />
die nationalen Forschungsprogramme oder andere nationale<br />
Aktivitäten erfolgen. Die Kommission will die<br />
Arbeit der EU-Länder mit Initiativen unterstützen.<br />
Am 28. April 2010 veröffentlichte die Kommission eine<br />
Empfehlung, mit der die gemeinsame Programmplanungsinitiative<br />
zum Thema «Landwirtschaft, Ernährungssicherheit<br />
und Klimawandel» mit Beteiligung 20 europäischer<br />
Länder lanciert wurde. In der Empfehlung verpflichtete sich<br />
die Kommission ferner, durch die Unterstützung des Sekretariats<br />
und des wissenschaftlichen Beirats einen Finanzbeitrag<br />
von etwa 2 Millionen Euro zur Initiative zu leisten.<br />
Die gemeinsame Initiative soll die bereits bestehenden<br />
Bemühungen auf EU-Ebene ergänzen. Über ihr Forschungsrahmenprogramm<br />
hat die Europäische Kommission in den<br />
letzten fünf Jahren rund 300 Millionen Euro für gemeinsame<br />
Projekte in den unter die Initiative fallenden Be -<br />
reichen zur Verfügung gestellt. Daneben werden durch<br />
zwölf ERA-NET-Massnahmen nationale europäische Forschungsprogramme<br />
in denselben Bereichen vernetzt<br />
(s. http://netwatch.jrc.ec.europa.eu/nw/).<br />
Der Klimawandel ist eine der grössten Herausforderungen<br />
für die Landwirtschaft, die vor der Aufgabe steht, eine<br />
bis 2050 auf 9 Milliarden ansteigende Weltbevölkerung zu<br />
ernähren. Die Nachfrage nach Nahrungsmitteln dürfte bis<br />
2030 um 50 Prozent zunehmen, bei einer gleichzeitig stark<br />
steigenden Nachfrage nach Biomasse für andere Zwecke <strong>als</strong><br />
die Ernährung (z. B. Biokraftstoffen).<br />
Die Landwirtschaft wird nicht nur mit höheren Temperaturen,<br />
Wassermangel und unvorhersehbaren klimatischen<br />
Bedingungen fertig werden müssen, sondern auch Wege<br />
finden, die Emissionen zu verringern, die etwa 14 Prozent<br />
der globalen Treibhausgasemissionen ausmachen.<br />
Zum Thema «Gesunde Ernährung» merkt die Kommission<br />
an, dass die Gesundheit der Bürger und Bürgerinnen<br />
für das Wachstum und den Wohlstand in der Union ausschlaggebend<br />
sei. In den vergangenen drei Jahrzehnten sei<br />
das Ausmass von Übergewicht und Fettleibigkeit in der EU-<br />
Bevölkerung drastisch gestiegen, insbesondere bei Kindern.<br />
Von einer gemeinsamen Planung der Forschungsprogramme<br />
im Bereich Nahrungsmittel und Gesundheit verspricht<br />
sich die Behörde einen Beitrag zur Schaffung eines<br />
funktionstüchtigen Europäischen Forschungsraums für die<br />
Vorbeugung ernährungsbedingter Krankheiten. Gleichzeitig<br />
werde dadurch die internationale Wettbewerbsfähigkeit<br />
der EU-Forschung gestärkt.<br />
Urs Gantner, Bundesamt für Landwirtschaft BLW<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 351–355, 2010<br />
351
Aktuell<br />
MN e ud e i ePn um bilt itk ea itl iu o ng e n<br />
www.agroscope.ch<br />
ART-Bericht 722<br />
26.04.2010 / ACW<br />
Integrierter und biologischer Anbau<br />
Wegen im Vergleich sauberer Luft Gemüse anders düngen<br />
Dank Luftreinhalte-Verordnung hat der Ausstoss von<br />
Schwefel in die Atmosphäre seit den 1980er Jahren um<br />
mehr <strong>als</strong> 80 % abgenommen. Parallel dazu ist auch die<br />
Schwefel-Menge zurückgegangen, die via Niederschläge in<br />
landwirtschaftlich Urs Zihlmann, Werner Jossi, genutzte Flächen gelangt. Experten der<br />
Hans-Rudolf Oberholzer, Gregor<br />
Forschungsanstalt Albisser Vögeli, Thomas Nemecek, Agroscope Changins-Wädenswil ACW<br />
Gunst, Jürg Hiltbrunner, Marcel<br />
fanden van der Heijden, heraus, Peter Weiss- dass viele Gemüsekulturen an Schwefel-<br />
ART<br />
Mangel leiden, wenn ihnen dieser essentielle Pflanzennährstoff<br />
Ruedi Tschachtli, nicht Berufsbildungs-<br />
gezielt bei der Düngung verabreicht wird.<br />
Andreas Nussbaumer, Landwirtschaftsbetrieb<br />
Burgrain,<br />
22.04.2010 Alberswil / ART<br />
Ziel des 1991 begonnenen praxisnahen war im Acker- und Futterbau eine Qualitätsproduktion<br />
auch bei extensivem oder<br />
Anbausystemversuchs Burgrain war es,<br />
Immer Impressum weniger Biodiversität<br />
die Auswirkungen eines reduzierten Nährstoffeinsatzes<br />
und eines extensiven Pflan-<br />
Futtergetreide gab es Jahre mit schlechter<br />
biologischem Anbau möglich; einzig beim<br />
Herausgeber:<br />
Im Rahmen<br />
Forschungsanstalt Agroscope<br />
eines grossen zenschutzes im Ackerbau Forschungsprojekts durch Quantifi-<br />
Kornausbildung. Die haben hohe Bodenqualität über<br />
Tänikon, CH-8356 Ettenhausen, und auch die Wirtschaftlichkeit der drei der Bewirtschaftenden ermöglichten gute<br />
80 Wissenschaftlerinnen Redaktion: Etel Keller, ART unterschiedlich intensiven und Anbausysteme Fachexperten Extenso- und sehr gezeigt: gute Bio-Erträge. Beim Die<br />
Die ART-Berichte/Rapports ART gemischtwirtschaftlichen Betriebs Burgrain<br />
<strong>Schweiz</strong> in Alberswil LU in ist drei Streifen nach zu je wie bis zu 40 vor Prozent bedroht. in einzelnen Jahren. Das<br />
IPintensiv die grössten Ertragsein bus sen –<br />
Biodiversität erscheinen in rund 20 Nummern in der Mit<br />
erreicht.<br />
Resultate aus dem Anbausystemversuch Burgrain 1991 bis 2008<br />
März 2010<br />
Autorinnen und Autoren<br />
Caroline Scherrer, Heinz Krebs,<br />
Walter Richner, Ernst Brack, Lucie<br />
kopf, David Dubois, Fritz Oehl,<br />
urs.zihlmann@art.admin.ch<br />
zentrum Natur und Ernährung<br />
BBZN, Schüpfheim<br />
Reckenholz-Tänikon ART<br />
pro Jahr. Jahresabonnement<br />
Fr. 60.–. Bestellung von Abonne-<br />
sechsjährigen Acker-Kunstwiese-Frucht-<br />
Bio und den höheren Bio-Produzenten-<br />
Ziel, bis 2010 den Verlust zu stoppen, wurde klar nicht<br />
ments und Einzelnummern:<br />
ART, Bibliothek, 8356 Ettenhausen<br />
T +41 (0)52 368 31 31<br />
F +41 (0)52 365 11 90<br />
doku@art.admin.ch<br />
<strong>Download</strong>s: www.agroscope.ch<br />
Abb. 1: Vergleichsversuche mit verschiedenen Anbausystemen, wie am Standort Burgrain<br />
von 1991 bis 2008 durchgeführt, eignen sich sehr gut für die Aus- und Weiterbildung von<br />
Bäuerinnen und Bauern (Foto: Urs Zihlmann, ART).<br />
zieren der Ertrags- und Umweltleistungen<br />
zu prüfen. Dazu wurden die Parzellen des<br />
0,65 ha unterteilt und innerhalb einer<br />
folge <strong>als</strong> IPintensiv (ortsübliche Bewirtschaftungsintensität,<br />
2,3 DGVE/ha, ÖLN)<br />
und IPextensiv (reduzierter Pflanzenschutz-<br />
und N-Düngereinsatz, Extenso- An -<br />
bau, ÖLN) sowie biologisch (1,7 DGVE/ha,<br />
gemäss Richtlinien des biologisch-organischen<br />
Landbaus) bewirtschaftet. Unter<br />
am Versuchsstandort und das Können<br />
Futtergetreide und Raps gab es gegenüber<br />
den gegenwärtigen Bundesbeiträgen für<br />
preisen war der Bio-Ackerbau aber dem<br />
intensiven <strong>als</strong> auch dem extensiven IP-<br />
Anbau bezüglich erzielter Deckungsbeiträge<br />
deutlich überlegen. Allerdings war<br />
der Arbeitsaufwand für Bio höher, vor<br />
allem für die Blackenbekämpfung in den<br />
Kunstwiesen. Dieser Aufwand konnte<br />
ISSN 1661-7568<br />
Beachtung pflanzenbaulicher Grundsätze durch die Ansaat der Bio-Kunstwiesen<br />
15.04.2010 / ACW<br />
Nachhaltiger Obstbau für Bulgarien<br />
Den Obstbau in Bulgarien auf eine nachhaltige Produktionsweise<br />
umstellen – dazu beigetragen haben Insektenspezialisten<br />
der Forschungsanstalt Agroscope Changins-<br />
Wädenswil Integrierter ACW. und Im biologischer Zentrum stand Anbau der Apfelwickler, der in<br />
Bulgarien im Vergleich wegen eines intensiven Insektizid-Einsatzes weitgehend<br />
Resultate gegen aus dem herkömmliche Anbausystemversuch Pflanzenschutz Burgrain mittel 1991 resistent<br />
bis 2008 geworden war. Mit innovativen, umweltfreundlichen<br />
Bekämpfungsstrategien er-zielten ACW-Fachleute und bulgarische<br />
Wissenschaftler 722 darauf gemeinsam Erfolge. So<br />
ART-Bericht<br />
Ziel konnte des die 1991 Menge begonnenen an Insektiziden praxisnahen mass geblich Anbausystemversuchs<br />
und die Entstehung Burgrain war neuer es, Resistenzen die Auswirkungen verhindert eines werden. redu-<br />
reduziert<br />
zierten Der <strong>Schweiz</strong>erische Nährstoffeinsatzes Nationalfonds und eines hat das extensiven Projekt Pflanzenschutzes<br />
im Ackerbau durch Quantifizieren der<br />
finanziert.<br />
Ertrags- und Umweltleistungen und auch die Wirtschaftlichkeit<br />
der / drei ART unterschiedlich intensiven Anbausys-<br />
12.04.2010<br />
Tiefere teme zu landwirtschaftliche prüfen. Dazu wurden Einkommen die Parzellen des 2009 gemischtwirtschaftlichen<br />
Trends für das Betriebs Jahr 2009 Burgrain zeigen in ein Alberswil tieferes LU landwirt-<br />
in drei<br />
Erste<br />
Streifen schaftliches zu Einkommen je 0,65 ha <strong>als</strong> unterteilt im Vorjahr. und Gemäss innerhalb den einer provisorischen<br />
sechsjährigen Ergebnissen Acker-Kunstwiese-Fruchtfolge beträgt das Einkommen pro <strong>als</strong> IPintensiv<br />
(ortsübliche 800 Franken Bewirtschaftungs gegenüber 64 100 intensität, im Jahr zuvor. 2,3 DGVE/ha, Tiefere<br />
Betrieb<br />
61<br />
ÖLN) Produzentenpreise und IPextensiv insbesondere reduzierter bei Pflanzenschutz- der Milch können und<br />
durch N-Düngereinsatz, höhere Direktzahlungen Extenso-Anbau, und ÖLN) gute sowie Erträge biologisch nur teilweise<br />
DGVE/ha, aufgefangen gemäss werden. Richtlinien Der Arbeitsverdienst des biologisch-organi-<br />
je Famili-<br />
(1,7<br />
enarbeitskraft schen Landbaus) und bewirtschaftet. Jahr bleibt mit Unter 42 000 Beachtung Franken auf pflanzenbaulichejahresniveau.<br />
Grundsätze war im Acker- und<br />
Vor-<br />
Futterbau<br />
eine Qualitätsproduktion auch bei extensivem oder biologischem<br />
Anbau / ACWmöglich; einzig beim Futtergetreide<br />
06.04.2010<br />
Jede gab es Masche Jahre mit zählt schlechter – Qualitätsstandards Kornausbildung. fürDie hohe<br />
Schutznetze Bodenqualität gegen am Versuchsstandort Insekten und das Können der<br />
Schutznetze Bewirtschaftenden bewahren ermöglichten landwirtschaftliche gute Extenso- Kulturen und sehr vor<br />
gefrässigen gute Bio-Erträge. Insekten, Beim aber Futtergetreide auch Menschen und Raps in Malaria- gab es<br />
Gebieten gegenüber vor IPintensiv krankheitsübertragenden die grössten Ertragseinbussen Mücken. Die – Wirkung<br />
40 dieser Prozent Netze in einzelnen kann durch Jahren. eine Mit Imprägnierung den gegenwärti-<br />
mit<br />
bis<br />
zu<br />
Insektiziden gen Bundesbeiträgen gesteigert für werden, Bio und ohne den dass höheren Rückstände Bio-Pro-<br />
auf<br />
Nahrungsmittel duzentenpreisen gelangen war der oder Bio-Ackerbau Menschen damit aber dem in Kontakt intensiven<br />
<strong>als</strong> Pflanzenschutzchemie-Experten auch dem extensiven IPAnbau der Forschungs-<br />
bezüglich<br />
kommen.<br />
anstalt erzielter Agroscope Deckungsbeiträge Changins-Wädenswil deutlich ACW überlegen. arbeiten Allerdings<br />
war der Arbeitsaufwand Organisationen für und Bio Firmen höher, an vor der allem<br />
mit<br />
internationalen Entwicklung<br />
für die Blackenbekämpfung von Qualitätsstandards in den für Kunstwiesen. solche Netze – Dieser etwa<br />
Aufwand Waschfestigkeit, konnte Insektizidgehalt durch die Ansaat und der Maschengrösse.<br />
Bio-Kunstwiesen<br />
mittels Direktsaat stark reduziert werden. Dank der<br />
30.03.2010 guten Erträge / SNG war auch die Ökobilanz des Bio- und<br />
Equigarde Extenso- Ackerbaus ® -Abgänger besser 2009 <strong>als</strong> in feiern IP intensiv. ihren Wegen ähnlicher<br />
Bearbeitungsintensitäten und Hofdüngereinsät-<br />
Abschluss<br />
zen Die Equigarde in allen Systemen ® -Schüler 2009 waren haben keine Anfang Unterschiede März 2010 in der am<br />
<strong>Schweiz</strong>erischen Bodenqualität nachzuweisen. Nationalgestüt SNG Es ist ihren anzumerken, Abschluss gefei-<br />
dass<br />
ert. die Eröffnet vorliegende wurde Betrachtung der Anlass mit einzelner einer Bilanz Anbausysteme des Kurses<br />
und nicht der die Information gesamtbetriebliche zur neuen Situation obligatorischen berücksichtigt. Ausbildung<br />
Bei einem für Pferdehalter Entscheid gemäss für oder Tierschutzverordnung. gegen ein bestimmtes Nach<br />
Anbausystem einer Vorstellung müssen des <strong>Schweiz</strong>erischen unter anderem Verbandes Faktoren der Pferdehalter<br />
Strukturkosten (SVPH) (z. erfolgte B. Fixkosten die Vergabe für Maschinen, der Diplome, Gebäude-<br />
Beschei-<br />
wie<br />
nigungen kosten), Produktionsrichtlinien und Plaketten. im Bereich Tierhaltung<br />
und Spezialkulturen, verfügbare Arbeitskräfte, individuelle<br />
Neigungen ebenfalls in Betracht gezogen werden.<br />
352 <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 351–355, 2010
Aktuell<br />
ART-Bericht 723<br />
Laufflächen im Liegeboxenlaufstall: Ein Vergleich<br />
verschiedener Bodenarten im Hinblick auf<br />
die Klauengesundheit und das Tierverhalten<br />
März 2010<br />
Autorinnen und Autoren<br />
Helge Christiane Haufe,<br />
Katharina Friedli, Beat Wechsler,<br />
Bundesamt für Veterinärwesen,<br />
Zentrum für tiergerechte Haltung:<br />
Wiederkäuer und Schweine, ART<br />
Beat Steiner, ART<br />
katharina.friedli@art.admin.ch<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
Forschungsanstalt Agroscope<br />
Reckenholz-Tänikon ART<br />
Tänikon, CH-8356 Ettenhausen,<br />
Redaktion: Etel Keller, ART<br />
Die ART-Berichte/Rapports ART<br />
erscheinen in rund 20 Nummern<br />
pro Jahr. Jahresabonnement<br />
Fr. 60.–. Bestellung von Abonnements<br />
und Einzelnummern:<br />
ART, Bibliothek, 8356 Ettenhausen<br />
T +41 (0)52 368 31 31<br />
F +41 (0)52 365 11 90<br />
doku@art.admin.ch<br />
<strong>Download</strong>s: www.agroscope.ch<br />
ISSN 1661-7568<br />
Abb. 1: Der Boden im Laufbereich ist ein wichtiger Bestandteil des Haltungssystems.<br />
Für Laufflächen in Liegeboxenlaufställen<br />
von Milchkühen sind harte Bodenarten<br />
wie Betonboden oder Gussasphaltboden<br />
üblich. Seit einigen Jahren werden jedoch<br />
für solche Laufflächen zunehmend Böden<br />
mit Gummibelag propagiert, um positive<br />
Effekte bezüglich Tierverhalten und Klauengesundheit<br />
zu erzielen. Ziel der vorliegenden<br />
Untersuchung war es, die Auswirkungen<br />
der drei Bodentypen Gussasphalt,<br />
Betonspaltenboden und planbefestigter<br />
Boden mit Gummibelag auf das Verhalten,<br />
die Klauengesundheit und verschiedene<br />
Klaueneigenschaften hin zu beurteilen.<br />
Ausserdem war von Interesse, inwieweit<br />
Weidegang die Klauengesundheit der<br />
Milchkühe beeinflusst. Dafür wurden Kühe<br />
auf 36 Landwirtschaftsbetrieben untersucht,<br />
wobei in je zwölf Ställen die gleiche<br />
Bodenart vorhanden war. Die Hälfte der<br />
Betriebe gewährte ihren Tieren im Sommer<br />
Weidegang. Die Klauengesundheit<br />
wurde an je 10 Tieren zu 3 Klauenpflegeterminen<br />
erhoben. Dabei wurde das Vorkommen<br />
von Blutungen im Klauensohlenhorn,<br />
Klauensohlengeschwüren, Rissen in<br />
der weissen Linie, Ballenhornfäule und<br />
Dermatitis digitalis (Mortellaro) erfasst.<br />
Auf Gummibelag machten die Milchkühe<br />
die längsten Schritte, was auf eine gute<br />
Trittsicherheit schliessen lässt. Am kürzesten<br />
waren die Schritte auf Betonspaltenboden.<br />
Das Vorkommen von Blutungen im<br />
Klauensohlenhorn, Klauensohlengeschwüren<br />
und Dermatitis digitalis unterschied<br />
sich nicht auf den untersuchten Böden.<br />
Risse in der weissen Linie und in der Wand<br />
waren bei den auf Gussasphaltboden<br />
Laufflächen im Liegeboxenlaufstall: Ein Vergleichverschiedener<br />
Bodenarten im Hinblick<br />
auf die Klauengesundheit und das Tierverhalten<br />
ART-Bericht 723<br />
Für Laufflächen in Liegeboxenlaufställen von Milchkühen<br />
sind harte Bodenarten wie Betonboden oder Gussasphaltboden<br />
üblich. Seit einigen Jahren werden jedoch<br />
für solche Laufflächen zunehmend Böden mit Gummibelag<br />
propagiert, um positive Effekte bezüglich Tierverhalten<br />
und Klauengesundheit zu erzielen. Ziel der vorliegenden<br />
Untersuchung war es, die Auswirkungen der<br />
drei Bodentypen Gussasphalt, Betonspaltenboden und<br />
planbefestigter Boden mit Gummibelag auf das Verhalten,<br />
die Klauengesundheit und verschiedene Klaueneigenschaften<br />
hin zu beurteilen. Ausserdem war von Interesse,<br />
inwieweit Weidegang die Klauengesundheit der<br />
Milchkühe beeinflusst. Dafür wurden Kühe auf 36 Landwirtschaftsbetrieben<br />
untersucht, wobei in je zwölf Ställen<br />
die gleiche Bodenart vorhanden war. Die Hälfte der<br />
Betriebe gewährte ihren Tieren im Sommer Weidegang.<br />
Die Klauengesundheit wurde an je zehn Tieren zu drei<br />
Klauenpflegeterminen erhoben. Dabei wurde das Vorkommen<br />
von Blutungen im Klauensohlenhorn, Klauensohlengeschwüren,<br />
Rissen in der weissen Linie, Ballenhornfäule<br />
und Dermatitis digitalis (Mortellaro) erfasst.<br />
Auf Gummibelag machten die Milchkühedie längsten<br />
Schritte, was auf eine gute Trittsicherheit schliessen lässt.<br />
Am kürzesten waren die Schritte auf Betonspaltenboden.<br />
Das Vorkommen von Blutungen im Klauensohlenhorn,<br />
Klauensohlengeschwüren und Dermatitis digitalis<br />
unterschied sich nicht auf den untersuchten Böden.<br />
Risse in der weissen Linie und in der Wand waren bei<br />
den auf Gussasphaltboden gehaltenen Tieren etwas<br />
weniger häufig zu finden. Ballenhornfäule trat auf<br />
Betonspaltenboden seltener auf. Bei Betrieben mit Weidegang<br />
trat Dermatitis digitalis bei weniger Tieren auf.<br />
Mit Blick auf das Tierverhalten ist planbefestigtem<br />
Boden mit Gummibelag der Vorzug zu geben. Bezüglich<br />
der Klauengesundheit zeigte sich jedoch keine der drei<br />
untersuchten Bodenarten einer anderen deutlich überlegen.<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 351–355, 2010<br />
353
Aktuell<br />
M e d i e n m i t t e i l u n g e n<br />
www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen<br />
30.08.2010/ACW<br />
Spinat richtig düngen – gesundheitlich wichtige<br />
Inhaltsstoffe fördern<br />
Wenn das Gemüse auf dem Feld zu wenig Schwefel<br />
erhält, sieht es blass aus. Fachleute der Forschungsanstalt<br />
Agroscope Changins-Wädenswil ACW konnten darüber<br />
hinaus für Spinat jetzt zeigen, dass bei Schwefelmangel<br />
weniger der gesundheitlich wichtigen Pflanzeninhaltsstoffe<br />
Lutein und beta-Karotin gebildet werden. Diese<br />
Stoffe helfen mit, Augenkrankheiten vorzubeugen.<br />
27.08.2010/ART<br />
Bernerin wird Miss Brache<br />
Buntbrachen und Rotationsbrachen sind speziell angesäte<br />
Felder, die voller Blumen sind. Sie fördern die Artenvielfalt<br />
von Pflanzen und Tieren. Heute ist die schönste<br />
von ihnen gekürt worden.<br />
24.08.2010/ACW<br />
Die Rebe kann uns Gutes tun, indem sie ihre Feinde<br />
ausschaltet<br />
Die Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil<br />
ACW hat neue Rebsorten gezüchtet, die gegenüber F<strong>als</strong>chem<br />
Mehltau, Echtem Mehltau und Traubenfäule resistent<br />
sind. Damit kann der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln<br />
deutlich gesenkt werden. Diese Rebsorten verteidigen<br />
sich auf natürliche Weise, indem sie Substanzen produzieren,<br />
welche die erwähnten Schadpilze abwehren. Diese<br />
Substanzen finden sich im Wein wieder und gelten <strong>als</strong><br />
gesund für Menschen. Sie sollen Herz-Kreislauf-Krankheiten<br />
und Krebs vorbeugen helfen.<br />
06.07.2010/ACW<br />
Auf Pflanzen <strong>als</strong> Souvenir verzichten<br />
Wäre das nicht etwas für den Garten? Urlauber nehmen<br />
schnell einmal lebende Pflanzen oder Stecklinge aus den<br />
Ferien mit nach Hause, ohne weiter darüber nachzudenken.<br />
Dabei gelten für viele Arten Beschränkungen oder gar<br />
Einfuhrverbote, da so Pflanzenkrankheiten in die <strong>Schweiz</strong><br />
gelangen könnten. Daher empfehlen Fachleute des Pflanzenschutzinspektorats<br />
der Forschungsanstalt Agroscope<br />
Changins-Wädenswil ACW: Auf Pflanzen <strong>als</strong> Souvenir verzichten.<br />
05.07.2010/ ACW<br />
Ambrosia blüht bald – jetzt ausreissen!<br />
Ambrosia kann im Garten, am Strassenrand oder auf Feld<br />
und Flur wachsen. Bald wird diese nordamerikanische<br />
Pflanze in der <strong>Schweiz</strong> Pollen bilden, die Allergien auslösen<br />
können. Um Ambrosia in die Schranken zu weisen, rufen<br />
Fachleute der Forschungsanstalt Agroscope Changins-<br />
Wädenswil ACW im Rahmen ihrer Bekämpfungsstrategie<br />
dazu auf, diese gebietsfremde Pflanze auszureissen.<br />
22.07.2010/ART<br />
Solothurner Wiese liefert Daten für Studie zum Klimawandel<br />
Natürliche und landwirtschaftliche Ökosysteme können zu<br />
einer Verstärkung des Klimawandels beitragen. Denn je<br />
wärmer es wird, desto mehr CO 2<br />
stossen sie aus und verstärken<br />
so den Treibhauseffekt. Doch jetzt zeigt eine Studie,<br />
dass der CO 2<br />
Ausstoss von Wäldern und Wiesen auf der<br />
ganzen Erde eher verhalten auf steigende Temperaturen<br />
reagiert.<br />
354<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 351–355, 2010
Aktuell<br />
NI ne tue e r nI en t lei nr nk es<br />
t l i n k s<br />
V e r a n s t a l t u n g e n<br />
Agrometeo: Risikoprognosen und<br />
-verwaltung für die Landwirtschaft<br />
www.agrometeo.ch<br />
Die von Agroscope betriebene Internetplattform<br />
www.agrometeo.ch liefert Risikoprognosen für die<br />
Landwirtschaft. Sie fasst<br />
lokale meteorologische und<br />
klimatische Messungen zusammen und stellt ausserdem<br />
hilfreiche Informationen zur Handhabung von Pflanzenschutzproblemen<br />
im Acker- Obst- und Weinbau bereit.<br />
September 2010<br />
16.09.2010<br />
Agrarökonomie Informationstagung<br />
Agroscope Reckenholz-Tänikon ART<br />
Tänikon, Ettenhausen<br />
16. – 19.09.2010<br />
Equus helveticus 16. – 19. September / Familientage<br />
im <strong>Schweiz</strong>erischen Nationalgestüt,<br />
17. – 19. September 2010<br />
<strong>Schweiz</strong>erisches Nationalgestüt SNG<br />
Avenches<br />
Oktober 2010<br />
V o r s c h a u<br />
Oktober 2010 / Heft 10<br />
1.10.2010<br />
ALP-Tagung 2010<br />
Agroscope Liebefeld-Posieux ALP + Agridea Lindau<br />
Posieux<br />
November 2010<br />
Weibchen der Natterkopf-Mauerbiene<br />
(Hoplitis adunca) am Pollensammeln<br />
auf Natterkopf (Echium<br />
vulgare). Wildbienen haben<br />
<strong>als</strong> unverzichtbare Bestäuber von<br />
Wild- und Kulturpflanzen einen<br />
hohen ökologischen und ökonomischen<br />
Nutzen. Rund die Hälfte<br />
der 600 Wildbienenarten der<br />
<strong>Schweiz</strong> ist jedoch gefährdet.<br />
••<br />
Kurze Flugdistanzen zwischen Nist- und Nahrungshabitaten<br />
fördern eine reiche Wildbienenfauna,<br />
A. Zurbuchen et al. ETH Zürich<br />
••<br />
Aquatische Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln,<br />
K. Knauer et al. BLW<br />
••<br />
Verbesserung der Stickstoffeffizienz von Gülle<br />
durch Aufbereitung, C. Bosshard et al. ART<br />
••<br />
Fettgehalt und Fettsäurezusammensetzung von<br />
konserviertem Raufutter, Y. Arrigo ALP<br />
••<br />
Einfluss von Rinderausscheidungen auf die Auswaschungsbedingten<br />
Verluste unter einem Gräserrasen,<br />
J. Troxler et al. ACW<br />
••<br />
News von den Agroscope Forschungsprogrammen,<br />
U. Bütikofer und M. Lobsiger ALP; A. Crole-Rees<br />
ACW und C. Flury ART<br />
••<br />
Liste der empfohlenen Sorten von Futterpflanzen<br />
2011-2012, Suter, H. U. Hirschi ART und R. Frick,<br />
M. Bertossa ACW<br />
24.11.2010<br />
Ökobilanzen in der Landwirtschaft, ein Wegweiser<br />
zur Nachhaltigkeit - Abschlusstagung Projekt ZA-ÖB<br />
Agroscope Reckenholz-Tänikon ART<br />
Reckenholz<br />
25. – 29.11.2010<br />
Agroscope an der AGRAMA<br />
Forschungsanstalten Agroscope ACW, ALP und ART<br />
Bern<br />
Dezember 2010<br />
2.12.2010<br />
Bioforschungs-Infotag<br />
Agroscope Reckenholz-Tänikon ART<br />
Yverdon<br />
9.12.2010<br />
Bioforschungs-Infotag<br />
Agroscope Reckenholz-Tänikon ART<br />
Arenenberg<br />
9.12.2010<br />
Aktuelles aus der Aromaforschung<br />
Agroscope Liebefeld-Posieux ALP<br />
Liebefeld<br />
Informationen:<br />
www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> 1 (9): 351–355, 2010<br />
355
AGrAr<br />
ForSchUNG<br />
<strong>Schweiz</strong><br />
recherche<br />
AGroNomiqUe<br />
SUiSSe<br />
Aktuelle Forschungsergebnisse<br />
für Beratung und Praxis:<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> publiziert 10-mal<br />
im Jahr Forschungsergebnisse über<br />
Pflanzenbau, Nutztiere, Agrarwirtschaft,<br />
Landtechnik, Lebensmittel, Umwelt und<br />
Gesellschaft.<br />
<strong>Agrarforschung</strong> ist auch online verfügbar<br />
unter: www.agrarforschungschweiz.ch<br />
NEU<br />
Bestellen Sie jetzt Ihre Gratisausgabe!<br />
<strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong> / Recherche<br />
Agronomique Suisse ist die zeitschrift<br />
der landwirtschaft lichen Forschung von<br />
Agroscope und ihren Partnern. Partner der<br />
zeitschrift sind das Bundesamt für Landwirtschaft,<br />
die <strong>Schweiz</strong>erische hochschule für<br />
Landwirtschaft ShL, die Beratungszentralen<br />
AGriDeA, die eidgenössische Technische<br />
hochschule eTh zürich, Departement Agrarund<br />
Lebensmittelwissenschaften und Agroscope,<br />
die gleichzeitig herausgeberin der<br />
zeitschrift ist.<br />
Name/Firma<br />
Vorname<br />
Strasse/Nr<br />
PLZ/Ort<br />
Beruf<br />
E-Mail<br />
Datum<br />
Unterschrift<br />
Die zeitschrift erscheint auf Deutsch und<br />
Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen<br />
aus Forschung, industrie, Lehre, Beratung<br />
und Politik, an kantonale und eidgenössische<br />
Ämter und an weitere Fachinteressierte.<br />
Talon einsenden an:<br />
Redaktion <strong>Agrarforschung</strong> <strong>Schweiz</strong>, Forschungsanstalt Agroscope<br />
Liebefeld-Posieux ALP, Postfach 64, 1725 Posieux<br />
Tel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00<br />
E-Mail: info@agrarforschungschweiz.ch | www.agrarforschungschweiz.ch<br />
Freitag, 1. Oktober 2010<br />
ALP-Tagung 2010<br />
Erinnerung<br />
Themen:<br />
• Energieumsatz von weidenden Kühen<br />
• Streptococcus uberis – ein neuer Problemkeim in der Milchproduktion?<br />
• Einfluss von Silage oder Feuchtheu auf Futterqualität, Futteraufnahme,<br />
Milchleistung und Käsequalität<br />
• Aktuelles zur Schaf- und Ziegenmilchproduktion in der <strong>Schweiz</strong><br />
• Verabreichung von Antibiotika zur Vorbeugung von Pneumonie<br />
bei Mastkälbern beim Einstallen<br />
• Auswirkungen von Mykotoxinen auf das Rind. Eine aktuelle<br />
Literaturübersicht<br />
• Monitoring zur Zartheit von Rindfleisch in der <strong>Schweiz</strong>:<br />
Erste Erhebung<br />
• Eignung verschiedener Mutterkuhtypen für unterschiedliche<br />
Produktionssysteme der Mutterkuhhaltung<br />
Ort:<br />
ALP, Konferenzsaal, Tioleyre 4, 1725 Posieux<br />
Anmeldung:<br />
umgehend an AGRIDEA, Kurse, 8315 Lindau, www.agridea.ch<br />
www.agroscope.ch<br />
ENTWICKLUNG<br />
DER LANDWIRTSCHAFT UND<br />
DES LÄNDLICHEN RAUMS<br />
<strong>Schweiz</strong>erische Eidgenossenschaft<br />
Confédération suisse<br />
Confederazione Svizzera<br />
Confederaziun svizra<br />
ALP gehört zur Einheit ALP-Haras<br />
Eidgenössisches<br />
Volkswirtschaftsdepartement EVD<br />
Forschungsanstalt<br />
Agroscope Liebefeld-Posieux ALP