Auf der Suche nach den kleinsten Dingen - Theoretische Physik 1 ...
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<strong>Auf</strong> <strong>der</strong> <strong>Suche</strong> <strong>nach</strong> <strong>den</strong> <strong>kleinsten</strong> <strong>Dingen</strong> -<br />
Die Entdeckung <strong>der</strong> Elementarteilchen<br />
Öffentlicher Abendvortrag<br />
von Siegmund Brandt<br />
Fachbereich <strong>Physik</strong> <strong>der</strong> Universität Siegen<br />
20. Juni 2000<br />
1
Historische Vorbemerkungen<br />
Naturbeschreibung und Naturerkenntnis<br />
war und ist ein wichtiges Ziel <strong>der</strong> Menschen in allen Kulturen<br />
Objekte <strong>der</strong> Naturbeschreibung<br />
! handgreifliche Größe: Menschen, Tiere, Pflanzen, Mineralien ...<br />
! ganz große: Sternhimmel, d.h. Astronomie<br />
! ganz kleine: <strong>Auf</strong>bau <strong>der</strong> Materie, d.h. Elementarteilchenphysik<br />
2
Vorstellungen im klassischen Griechenland<br />
Astronomie (<strong>nach</strong> Anaximan<strong>der</strong>)<br />
Die Planeten (zu <strong>den</strong>en auch Sonne und Mond gezählt wur<strong>den</strong>) und die Fixsterne sind auf<br />
Kugeln aus durchsichtiger Materie angebracht, in <strong>der</strong>en Mitte sich die Erde befindet. Die<br />
Durchmesser <strong>der</strong> Kugeln verhalten sich zueinan<strong>der</strong> wie die Tonhöhen in musikalischen<br />
Harmonien,<br />
z.B. 1 : 2 : 3 : 4 : 8 : 9 : 27 (Platon)<br />
Materie (<strong>nach</strong> Demokrit)<br />
! Es gibt nur wenige Grundsubstanzen (Elemente).<br />
! Die Materieformen sind entwe<strong>der</strong> die reinen Elemente o<strong>der</strong> Mischungen aus Elementen.<br />
! Die Elemente sind Erde, Wasser, Feuer, Luft.<br />
! Die Elemente bestehen aus Atomen, <strong>kleinsten</strong> unteilbaren Bausteinen.<br />
! Die Atome <strong>der</strong> 4 Elemente haben die Formen <strong>der</strong> 4 einfachsten Körper <strong>der</strong><br />
Geometrie: Kugel, Würfel, Tetrae<strong>der</strong>, Oktae<strong>der</strong>.<br />
! Sie sind durch Häkchen miteinan<strong>der</strong> verbun<strong>den</strong>.<br />
Bei<strong>den</strong> Bil<strong>der</strong>n (dem vom Sternhimmel und dem von <strong>der</strong> Materie) ist gemeinsam:<br />
Versuch <strong>der</strong> Beschreibung durch mathematische Symmetrien.<br />
Sie wer<strong>den</strong> aber nicht aus <strong>der</strong> Beobachtung des Naturobjekts abgelesen, son<strong>der</strong>n aus an<strong>der</strong>en<br />
Quellen (Musik, Geometrie) entnommen. Damit bleiben diese Vorstellungen 3<br />
reine Spekulationen.
Beginn <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Naturwissenschaft<br />
im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t, ist gekennzeichnet durch<br />
● sorgfältig geplante Experimente und Beobachtungen<br />
● mathematische Beschreibung auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Meßergebnisse<br />
● Vorhersagekraft <strong>der</strong> gefun<strong>den</strong>en Beschreibungen für weitere<br />
Experimente<br />
Galilei (1564-1642)<br />
Kepler (1571-1630)<br />
Newton (1643-1727)<br />
Planet<br />
Schwerkraft<br />
erforscht die Schwerkraft<br />
findet präzise Gesetze zur Planetenbewegung<br />
formuliert die Gesetze <strong>der</strong> Mechanik.<br />
Er kann aus ihnen die Keplerschen Gesetze<br />
berechnen, wenn er als Kraft zwischen Sonne<br />
und Planeten die Schwerkraft annimmt.<br />
Sonne<br />
Bahn des Planeten<br />
4
Atome - Ergebnisse chemischer Experimente<br />
Elemente und Verbindungen<br />
Nicht weiter zerlegbare Substanzen sind Elemente,<br />
z.B. Wasserstoff (H), Kohlenstoff (C), Stickstoff (N), Sauerstoff (O)<br />
Elemente bil<strong>den</strong> Verbindungen.<br />
Atomhypothese<br />
Elemente bestehen aus völlig gleichwertigen Atomen.<br />
Verbindungen bestehen aus Molekülen, die <strong>nach</strong> gleichem Bauplan aus Atomen<br />
aufgebaut sind, <strong>den</strong>n bei Bildung von Verbindungen bin<strong>den</strong> sich die<br />
Elemente in festen Massenverhältnissen.<br />
Beispiel: In Wasser ist das Massenverhältnis von Wasserstoff zu<br />
Sauerstoff 2:16, in Wasserstoffsuperoxid 2:32<br />
Atomare Massenzahl (früher: Atomgewicht)<br />
Aus diesen Massenverhältnissen läßt sich die Masse m jedes Atoms durch die Masse<br />
m H<br />
des Wasserstoffatoms ausdrücken: m = A m H<br />
Beispiele: A H<br />
= 1, A C<br />
= 12, A N<br />
= 14, A O<br />
= 16, ...<br />
5
Periodisches System <strong>der</strong> Elemente<br />
Zuerst aufgestellt 1869 von Mendeléev, ordnet Elemente <strong>nach</strong> atomarer Massenzahl<br />
und chemischer Ähnlichkeit.<br />
6
Atome - Ergebnisse physikalischer Experimente<br />
Experiment<br />
Ein Gas in einem Gefäß verhält sich, als ob es aus einer großen Zahl kleinster starrer<br />
Kugeln bestünde, die miteinan<strong>der</strong> und mit <strong>den</strong> Gefäßwän<strong>den</strong> Stöße ausführen.<br />
Bei Wärmezufuhr wächst<br />
Volumen. (Deckel hebt sich)<br />
Bei stärkerem Rütteln (Energiezufuhr)<br />
steigt Volumen.<br />
Kinetische Gastheorie<br />
Die mittlere Energie <strong>der</strong> Atome (o<strong>der</strong> Moleküle) des Gases ist proportional zur<br />
(absoluten) Temperatur.<br />
Avogadrosche Zahl<br />
(o<strong>der</strong> Loschmidtsche Zahl, weil zuerst von Loschmidt bestimmt)<br />
In A Gramm eines Elements <strong>der</strong> atomaren Massenzahl A (z.B. 1 g Wasserstoff o<strong>der</strong><br />
12 g Kohlenstoff) befin<strong>den</strong> sich N A<br />
= 6,022 ⋅ 10 23 Atome.<br />
Damit hat das Wasserstoff-Atom die Masse m H<br />
= 1,673 ⋅ 10 -27 kg<br />
7
Atome - Optische Spektren<br />
Spektralanalyse (Bunsen und Kirchhoff 1860)<br />
Wenn Elemente stark erhitzt wer<strong>den</strong> (z.B. in <strong>der</strong> Bunsenflamme, sen<strong>den</strong> sie Licht<br />
charakteristischer Farben (Wellenlängen) aus, die als Spektren gemessen wer<strong>den</strong><br />
können.<br />
Bei höherer <strong>Auf</strong>lösung: zwei gelbe Linien<br />
Natrium<br />
Wasserstoff<br />
Helium<br />
Rot: Wellenlänge groß<br />
Blau: Wellenlänge klein<br />
Neon<br />
Da Licht eine Wellenerscheinung ist, müssen die Atome bei <strong>der</strong>en Aussendung<br />
irgendwie „schwingen“ (wie eine Gitarrensaite bei <strong>der</strong> Aussendung von Schallwellen).<br />
Atome können keine starren Kugeln sein.<br />
8
Atome - elektrisch neutral und gela<strong>den</strong><br />
Stromtransport in Flüssigkeiten, Elektrolyse (Faraday 1833)<br />
Beim elektrischen Strom in Flüssigkeiten<br />
tritt Ladungstransport und<br />
Materietransport auf:<br />
Die Atome o<strong>der</strong> Moleküle sind<br />
elektrisch gela<strong>den</strong>. Die kleinste<br />
Ladungsmenge ist die<br />
Elementarladung: e = 1,602 ⋅ 10 -19<br />
Coulomb<br />
Gela<strong>den</strong>e Atome heißen Ionen. Sie tragen<br />
eine o<strong>der</strong> mehrere (positive o<strong>der</strong> negative)<br />
Elementarladungen.<br />
An <strong>den</strong> Elektro<strong>den</strong> (<strong>den</strong> Metallplatten in <strong>der</strong> Flüssigkeit, die mit <strong>der</strong> Spannungsquelle<br />
verbun<strong>den</strong> sind) treten die Atome o<strong>der</strong> Moleküle ungela<strong>den</strong> auf,<br />
z.B. als metallisches Kupfer.<br />
9
Experiment zu Gasentladung<br />
Zur Pumpe<br />
Bei Normaldruck fließt kein Strom.<br />
Bei Druckerniedrigung setzt Stromfluß und Leuchterscheinung zwischen <strong>den</strong> Elektro<strong>den</strong> ein.<br />
Bei weiterer Druckmin<strong>der</strong>ung geht das Leuchten zurück. Durch Löcher in <strong>den</strong> Elektro<strong>den</strong> treten<br />
Katho<strong>den</strong>strahlen und Kanalstrahlen in die äußeren Teilräume ein. Sie bringen das Gas auf<br />
ihrem Weg zum Leuchten.<br />
Katho<strong>den</strong>strahlen: Elektrisch negativ gela<strong>den</strong>. Magnetisch leicht ablenkbar. Erzeugen<br />
Leuchtfleck auf Glas, von dem auch Röntgenstrahlung ausgeht. (Wurde in ähnlichem<br />
Experiment 1896 von Röntgen entdeckt.<br />
Kanalstrahlen: Positiv gela<strong>den</strong>. Nur durch starkes Magnetfeld ablenkbar.<br />
10
Gela<strong>den</strong>e Teilchen in Fel<strong>der</strong>n<br />
F ! e<br />
E !<br />
! !<br />
(Kraft in Richtung des Feldes)<br />
F ! F e = QE<br />
m<br />
v ! B !<br />
! ! !<br />
F m<br />
= Qv × B<br />
Kraft auf Teilchen <strong>der</strong> Ladung Q im elektrischen Feld<br />
Kraft auf Teilchen mit Geschwindigkeit im magnetischen Feld<br />
(Kraft senkrecht zur Geschwindigkeit und senkrecht zum Feld)<br />
Energiegewinn im elektrischen Feld<br />
Wegen <strong>der</strong> Richtung <strong>der</strong> Kraft geschieht Übertragung von Energie auf Teilchen nur im<br />
elektrischen Feld. Bei Durchlaufen <strong>der</strong> elektrischen Spannung U gewinnt ein Teilchen<br />
mit <strong>der</strong> Ladung Q die Energie<br />
E = Q U<br />
Beispiel: Für Q = e, U = 1V ist E = 1 eV = 1 Elektronenvolt = 1,602 ⋅ 10 -19 Ws<br />
1 MeV = 1 Million Elektronenvolt, 1 GeV = 1 Milliarde Elektronenvolt<br />
11
Entdeckung des Elektrons<br />
1897 stellten Wiechert, Kaufmann und J.J. Thomson unabhängig voneinan<strong>der</strong><br />
durch Vermessung des Einflusses von elektrischen und magnetischen Fel<strong>der</strong>n<br />
auf Katho<strong>den</strong>strahlen fest: Katho<strong>den</strong>strahlen bestehen aus Teilchen <strong>der</strong> Masse<br />
1<br />
m e<br />
≈ m H ,<br />
2000<br />
wenn man annimmt, daß sie die Ladung -e besitzen. Diese Teilchen erhielten<br />
<strong>den</strong> Namen Elektronen.<br />
Ergebnis: Das Atom kann zerlegt wer<strong>den</strong>. Eines seiner Bausteine ist das<br />
Elektron. Seine Masse ist nur etwa 1/2000 <strong>der</strong> Masse des leichtesten<br />
Atoms.<br />
Kanalstrahlen sind positiv gela<strong>den</strong>e Ionen, d.h. Atome o<strong>der</strong><br />
Moleküle, <strong>den</strong>en ein o<strong>der</strong> mehrere Elektronen fehlen.<br />
12
Thomsons Apparatur<br />
R<br />
=<br />
m<br />
| e |<br />
v<br />
B<br />
⊥<br />
Joseph J.<br />
Thomson<br />
(1856 - 1940)<br />
Nobelpreis 1906<br />
Fa<strong>den</strong>strahlrohr
Elektronenleitung im Metall. Glühemission<br />
Freies Elektronengas<br />
Kristalle sind ein räumliches Netzwerk (Gitter) aus regelmäßig angeordneten<br />
Atomen. In Metallkristallen gibt es Elektronen, die sich wie ein<br />
Gas durch das ganze Gitter bewegen können. Sie bewirken <strong>den</strong><br />
Ladungstransport (elektrischen Strom), scheinbar ohne Transport von<br />
Materie.<br />
Glühemission<br />
Durch Heizung eines<br />
Metalldrahtes erhalten<br />
Elektronen so viel<br />
Energie,<br />
daß sie <strong>den</strong> Draht verlassen<br />
können. Man kann<br />
sie dann beschleunigen,<br />
ablenken usw.<br />
Beispiel: Fernsehröhre<br />
14
Ionisation und Anregung von Atomen durch<br />
gela<strong>den</strong>e Teilchen<br />
sind Grundlage für <strong>den</strong> Bau von Nachweisgeräten (Teilchendetektoren)<br />
Elektronen o<strong>der</strong> Ionen zerlegen<br />
beim Durchlaufen von Materie<br />
die Atome in Elektronen und<br />
Ionen (Ionisation) o<strong>der</strong> regen sie<br />
zum Leuchten an (Anregung).<br />
Das ausgestrahlte Licht kann<br />
entwe<strong>der</strong> direkt beobachtet<br />
wer<strong>den</strong><br />
(z.B. Leuchtschirm <strong>der</strong> Fernsehröhre),<br />
photographisch registriert<br />
o<strong>der</strong> elektrisch verstärkt und<br />
registriert wer<strong>den</strong>.<br />
Prinzip eines Zählrohres:<br />
Teilchen ionisiert Gas im Zählrohr.<br />
Elektronen laufen zum zentralen Draht. In<br />
dessen Nähe ist Feld so hoch, daß eine<br />
Ionisationslawine einsetzt. Damit bewirkt <strong>der</strong><br />
Durchgang eines Teilchens, daß sehr viele<br />
Elektronen auf <strong>den</strong> Draht gelangen und dort<br />
einen elektrischen Impuls auslösen.<br />
15
Plancksches Wirkungsquantum. Photon<br />
1900<br />
Planck führt (zur Beschreibung <strong>der</strong> Strahlung des „schwarzen<br />
Körpers“ eine neue Naturkonstante ein, das Plancksche<br />
Wirkungsquantum<br />
Max Planck<br />
(1858 - 1947)<br />
Nobelpreis 1918<br />
1905<br />
h = 6,626 · 10 -34 Js<br />
Albert Einstein<br />
(1879 - 1955)<br />
Nobelpreis 1921<br />
Einstein stellt die Lichtquantenhypothese auf:<br />
Licht <strong>der</strong> Wellenlänge λ besteht aus Quanten (Photonen) <strong>der</strong><br />
Ruhmasse<br />
m = 0<br />
und <strong>der</strong> Energie<br />
E = h ν .<br />
Dabei ist ν = c / λ die Frequenz des Lichtes und c = 3 · 10 8 m/s<br />
die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum.<br />
16
Lichtelektrischer Effekt<br />
1916<br />
Millikan bestätigt die Lichtquantenhypothese experimentell durch<br />
Präzisionsmessungen zum lichtelektrischen Effekt.<br />
Robert A. Millikan<br />
(1868 - 1953)<br />
Nobelpreis 1923<br />
Bei Bestrahlung einer Metalloberfläche<br />
mit Licht <strong>der</strong> Wellenlänge λ , d.h <strong>der</strong><br />
Frequenz ν = c / λ , wer<strong>den</strong> aus dem<br />
Metall Elektronen <strong>der</strong> Energie E h<br />
ausgelöst. Sie bewirken einen Strom, es<br />
sei <strong>den</strong>n es wird eine Gegenspannung<br />
angelegt, die größer als<br />
hν<br />
−W<br />
=<br />
e<br />
( ν −ν<br />
)<br />
ist. Dabei ist W eine für das Metall<br />
charakteristische Konstante.<br />
h<br />
U s<br />
0<br />
=<br />
e<br />
= ν −W<br />
17
Radioaktivität<br />
1896<br />
Becquerel entdeckt die Radioaktivität:<br />
Uran-Verbindungen schwärzen die Photoplatte und<br />
ionisieren die Luft<br />
Antoine H. Becquerel<br />
(1852 - 1908)<br />
Nobelpreis 1903<br />
Dabei treten drei Arten von Teilchen („Strahlung“)<br />
auf:<br />
α - Teilchen : Helium-Ionen<br />
<strong>der</strong> Ladung 2e<br />
β - Teilchen : Elektronen<br />
(Ladung -e)<br />
γ - Teilchen : energiereiche Photonen<br />
(ungela<strong>den</strong>)<br />
18
Nebelkammer<br />
1911<br />
Wilson entwickelt die Nebelkammer. In überhitztem Dampf<br />
hinterlassen gela<strong>den</strong>e Teilchen Spuren aus Tröpfchen.<br />
C.T.R. Wilson<br />
(1869 - 1959)<br />
Nobelpreis 1927<br />
Nebelkammerbild <strong>der</strong> Spuren von α-Teilchen<br />
19
1905<br />
Ausgehend von dem Befund, daß die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum in<br />
jedem Bezugssystem <strong>den</strong> gleichen Wert<br />
c = 2,998 · 10 8 ms -1<br />
hat, gibt Einstein die Beziehung<br />
Spezielle Relativitätstheorie<br />
E 2 = p 2 c 2 + m 2 c 4<br />
an. Dabei sind<br />
E Energie<br />
p Impuls<br />
m Ruhmasse<br />
eines Teilchens.<br />
Für ein ruhendes Teilchen (p = 0) gilt E = m c 2 bzw. m = E / c 2<br />
Weitere Einheit <strong>der</strong> Masse: 1 eV / c 2 . Masse des Elektrons 0,5 MeV / c 2<br />
20
Energiequelle <strong>der</strong> Radioaktivität<br />
Einstein vermutet, daß diese Energie-Massen-Beziehung das <strong>Auf</strong>treten<br />
energiereicher Teilchen in <strong>der</strong> Radioaktivität erklärt:<br />
Beim Zerfall eines ruhen<strong>den</strong> Teilchens <strong>der</strong> Masse M in zwei Teilchen<br />
<strong>der</strong> Massen m 1 und m 2 wird die Massendifferenz<br />
∆ M = M - (m 1 + m 2 )<br />
in Bewegungsenergie<br />
∆ E = ∆ M c 2<br />
<strong>der</strong> Zerfallsteilchen umgewandelt.<br />
M<br />
m 1<br />
m 2<br />
α-Teilchen besitzen Energien von<br />
ca. 5 MeV (Millionen Elektronenvolt).<br />
21
Atomkern<br />
Elektronen tragen negative Ladung und<br />
nur ca. 1/2000 <strong>der</strong> Atommasse.<br />
Es lag nahe, anzunehmen, daß Masse<br />
und positive Ladung gleichmäßig über<br />
das Atom (Durchmesser ca. 10 -10 m)<br />
verteilt sind.<br />
Ernest Rutherford<br />
(1871 - 1937)<br />
Nobelpreis 1908<br />
1911<br />
Rutherford erklärt die<br />
in seiner Gruppe<br />
beobachtete<br />
sehr starke Ablenkung<br />
von α-Teilchen beim<br />
Durchgang durch<br />
Goldfolie dadurch,<br />
daß die positive<br />
Ladung und die Masse<br />
in einem sehr kleinen<br />
Atomkern konzentriert<br />
sind.<br />
Bahnen von α-Teilchen bei punktförmigem Kern<br />
22<br />
Bahnen bei ausgedehntem Atomkern
Schema eines Streu-Experiments<br />
energiereiche<br />
Teilchen<br />
Teilchen<strong>nach</strong>weis<br />
Detektor<br />
Target (Materie)<br />
Teilchenquellen<br />
Radioaktivität<br />
Höhenstrahlung<br />
Teilchenbeschleuniger<br />
Teilchendetektoren<br />
Leuchtschirm, Szintillator<br />
Zählrohr<br />
Nebelkammer, Blasenkammer<br />
Photo-Emulsion<br />
elektronische Spurenkammer<br />
23
Niels Bohr<br />
(1885 - 1962)<br />
Nobelpreis 1922<br />
Atom-Modell von Bohr und Sommerfeld<br />
1913<br />
Bohr erklärt das Spektrum des Wasserstoff-Atoms:<br />
Das Atom hat einen Kern <strong>der</strong> Ladung +e. Um ihn kreist ein<br />
Elektron <strong>der</strong> Ladung -e. Es sind nur bestimmte Kreisbahnen<br />
„erlaubt“.<br />
Sie unterschei<strong>den</strong> sich in <strong>der</strong> Hauptquantenzahl n = 1,2,3,... .<br />
Je kleiner n , desto niedriger die Energie. Beim Übergang<br />
zwischen zwei Bahnen wird ein Lichtquant mit <strong>der</strong><br />
Differenzenergie emittiert o<strong>der</strong> absorbiert.<br />
1916<br />
Ellipsenbahnen aus<br />
Sommerfelds Lehrbuch<br />
Atombau und Spektrallinien<br />
Sommerfeld erweitert das Modell. Er „erlaubt“ auch<br />
verschie<strong>den</strong>e Ellipsenbahnen, die sich (bei gleichem n) durch die<br />
Drehimpuls-Quantenzahlen " und m unterschei<strong>den</strong>. Der<br />
Bahndrehimpuls des Elektrons hat <strong>den</strong> Betrag<br />
L = " $ , " = 1,2, #,<br />
n.<br />
$ = h / 2π ist die kleinste Einheit des Drehimpulses. Die<br />
Quantenzahl m ( = −" , − " + 1, #,")<br />
gibt die Orientierung <strong>der</strong><br />
Bahn im Raum an.<br />
24
Spin<br />
1925<br />
Goudsmit und Uhlenbeck erklären die „Feinstruktur“ <strong>der</strong> Spektren (z. B.<br />
die <strong>Auf</strong>spaltung <strong>der</strong> gelben Natriumlinie) dadurch, daß sie dem Elektron nicht<br />
nur einen Bahndrehimpuls, son<strong>der</strong>n auch einen Eigendrehimpuls o<strong>der</strong> Spin<br />
zuordnen.<br />
(Die Erde dreht sich auf ihrer Bahn um die Sonne. Zusätzlich dreht sie sich um<br />
sich selbst.)<br />
Der Betrag des Elektronenspins ist<br />
1<br />
S = $<br />
2<br />
Er kann zwei Orientierungen haben, die durch<br />
1<br />
m s<br />
= ±<br />
2<br />
gekennzeichnet wer<strong>den</strong>.<br />
25
Erklärung des Perio<strong>den</strong>systems. Pauli-Prinzip<br />
1913<br />
Bohr: Die Ordnungszahl Z eines Elements (Z H = 1, Z He = 2, Z Li = 3, Z Be = 4, ...)<br />
ist gleich <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Elektronen und gleich <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> positiven<br />
Elementarladungen im Kern.<br />
1925<br />
Pauli: Es darf im Atom nicht zwei Elektronen geben, die in<br />
allen 4 Quantenzahlen n, l, m, m s übereinstimmen.<br />
Wolfgang Pauli<br />
(1900 - 1958)<br />
Nobelpreis 1945<br />
● Schale niedrigster Energie n = 1 , " = 0, m = 0.<br />
kann maximal 2 Elektronen<br />
1<br />
( m 1<br />
s<br />
= ,<br />
2<br />
ms<br />
= −<br />
2)<br />
aufnehmen.<br />
H hat 1 Elektron. He hat 2. Nach He beginnt neue Zeile<br />
des Perio<strong>den</strong>systems mit Li.<br />
● Schale mit n = 2 kann maximal 8 Elektronen aufnehmen.<br />
Zweite Zeile hat 8 Elemente usw.<br />
26
um 1920<br />
Isotope<br />
J.J. Thomson und insbeson<strong>der</strong>e sein Schüler Aston bestimmen<br />
die Massen von Kanalstrahlen (also positiven Ionen) und damit<br />
praktisch die Massen von Atomkernen durch <strong>der</strong>en Ablenkung im<br />
elektrischen und magnetischen Feld.<br />
F. W. Aston<br />
(1877 - 1945)<br />
Nobelpreis 1922<br />
Ergebnis: Alle Kerne eines Elements haben zwar die gleiche<br />
Kernladungszahl Z. Dabei gibt es gibt Kerne zu gleichem Z<br />
aber verschie<strong>den</strong>er atomarer Massenzahl A (Isotope).<br />
Beispiele:<br />
Uran (Z = 92): Isotope (neben an<strong>der</strong>en) mit A = 235, 238<br />
Wasserstoff (Z = 1): A = 1 (leichter, gewöhnlicher) Wasserstoff<br />
A = 2 schwerer Wasserstoff (Deuterium)<br />
A = 3 Tritium<br />
Annahme:<br />
Kern besteht aus A Protonen (Kerne des gewöhnlichen Wasserstoffs, Masse m H ,<br />
Ladung +e) und A - Z Elektronen, hat dann Ladung Q = Ae + (A - Z)(-e) 27 = Ze.
Zwischenbilanz 1925<br />
Es gibt drei Teilchen<br />
Es gibt zwei Kräfte<br />
e Elektron<br />
p Proton<br />
γ Photon (Lichtquant)<br />
● Schwerkraft<br />
● Elektromagnetische Kraft<br />
(hält Atome zusammen, verantwortlich für<br />
alle Erscheinungen <strong>der</strong> Chemie)<br />
Offene Fragen:<br />
● Es gibt keine befriedigende Theorie („Quantenregeln“ über „erlaubte“ Bahnen<br />
sind nur Notlösung.)<br />
Antwort (noch 1925) : Quantentmechanik<br />
● Welche Kräfte wirken im Atomkern? (Elektrische Kräfte allein wür<strong>den</strong> ihn<br />
platzen lassen.)<br />
Antwort (später) : Es gibt zwei weitere Kräfte.<br />
28
Quantenmechanik<br />
ersetzt Newtonsche Mechanik im atomaren Bereich<br />
Matrizenmechanik Wellenmechanik<br />
Werner Heisenberg<br />
(1901 - 1976)<br />
Nobelpreis 1932<br />
1925<br />
Heisenberg kann die<br />
Newtonsche Gleichung<br />
formal beibehalten,<br />
wenn er die in ihr<br />
vorkommen<strong>den</strong><br />
Größen Ort und Impuls<br />
„umdeutet“. (Sie<br />
wer<strong>den</strong> Matrizen.)<br />
Erwin Schrödinger<br />
(1887 - 1961)<br />
Nobelpreis 1933<br />
1926<br />
Schrödinger ersetzt<br />
Newtonsche<br />
Gleichung durch eine<br />
Wellengleichung<br />
(Schrödinger-<br />
Gleichung).<br />
● Die bei<strong>den</strong> Theorien erscheinen als ganz verschie<strong>den</strong>, sind aber mathematisch<br />
völlig gleichwertig. Sie kommen ohne künstliche Quantenbedingungen aus.<br />
● In bei<strong>den</strong> tritt als zentrale Größe das Plancksche Wirkungsquantum h auf.<br />
● Die herkömmliche Vorstellung von Ort und Impuls muß erweitert wer<strong>den</strong><br />
(Heisenbergsche Unschärfebeziehung).<br />
29
Relativistische Quantenmechanik<br />
1928<br />
Dirac verknüpft Quantenmechanik mit Relativitätstheorie.<br />
2 2 2 2 4<br />
Wegen E = p c + m c<br />
Paul A.M. Dirac<br />
(1902 - 1984)<br />
Nobelpreis 1933<br />
muß es Teilchen mit positiver und negativer Energie geben:<br />
1931<br />
2 2<br />
E = ± p c +<br />
m<br />
2<br />
c<br />
4<br />
.<br />
Dirac: Elektron (Ladung -e ) mit negativer Energie verhält sich<br />
wie Teilchen mit <strong>der</strong> Masse des Elektron, das positive Energie<br />
besitzt, aber die Ladung +e trägt, das Antiteilchen des Elektrons<br />
Er sagt die Existenz eines solchen Teilchens,<br />
des Positrons vorher.<br />
30
Positron<br />
1931<br />
An<strong>der</strong>son entdeckt das Positron in einer<br />
Nebelkammer .<br />
Carl D. An<strong>der</strong>son<br />
(1905 - 1991)<br />
Nobelpreis 1936<br />
Ein Teilchen mit <strong>den</strong> Eigenschaften eines<br />
Elektrons (geringe Tröpfchendichte <strong>der</strong> Spur)<br />
durchläuft die Nebelkammer von unten <strong>nach</strong><br />
oben (Flugrichtung aus Energieverlust und damit<br />
Zunahme <strong>der</strong> Bahnkrümmung bei Durchquerung<br />
des Materials erschlossen). Aus Flugrichtung<br />
und Richtung <strong>der</strong> Bahnkrümmung im<br />
Magnetfeld folgt:<br />
positive Ladung .<br />
31
Quantenelektrodynamik (QED)<br />
Richard Feynman<br />
(1918 - 1988)<br />
Nobelpreis 1965<br />
ca. 1940-1950<br />
Feynman, Schwinger, Tomonaga u.a. entwickeln eine Theorie <strong>der</strong><br />
Wechselwirkung von Ladungen und Photonen (elektromagnetische<br />
Wechselwirkung). Die (komplizierten) Formeln <strong>der</strong> Theorie lassen sich<br />
aus (einfachen) Feynman-Diagrammen ablesen, die die Bewegung <strong>der</strong><br />
Teilchen im Raum (x) und Zeit (t) symbolisieren.<br />
Bremsstrahlung<br />
e - → e - + γ<br />
Paarbildung<br />
γ → e - e +<br />
Kraft zwischen gela<strong>den</strong>en<br />
Teilchen entspricht<br />
Austausch eines Photons<br />
Positron verhält sich<br />
wie ein rückwärts in<br />
<strong>der</strong> Zeit laufendes<br />
Elektron<br />
32
James Chadwick<br />
(1891 - 1974)<br />
Nobelpreis 1935<br />
Nachweis:<br />
Neutron<br />
1932<br />
Chadwick beobachtet ein neutrales Teilchen, das Neutron n ,<br />
das beim Beschuß von Beryllium mit α-Teilchen gebildet wird,<br />
Die unbekannten Teilchen wer<strong>den</strong> in einem gasgefüllten<br />
Zählrohr untersucht. Enthält es Wasserstoff,<br />
so entstehen hohe Signale. Die neutralen Teilchen<br />
haben offenbar etwa die Masse <strong>der</strong> Wasserstoff-<br />
Kerne (Protonen), stoßen sie an und diese ionisieren<br />
das Gas und lösen ein Signal im Zählrohr aus.<br />
α (A=4, Z=2) + Be (A=9, Z=4) = C (A=6, Z=6) + n<br />
Vor Stoß: Proton ruht<br />
n + p<br />
Nach Stoß: Neutron ruht (beinahe)<br />
n<br />
p<br />
+<br />
Bei zentralem Stoß kann ein<br />
Neutron fast seine ganze<br />
Energie auf ein Proton<br />
übertragen, weil beide<br />
Teilchen fast die gleiche<br />
Masse haben.<br />
33
Starke Wechselwirkung<br />
Die Kraft, die beim Stoß Neutron-Proton wirkt, kann keine elektrische Ursache<br />
haben, <strong>den</strong>n das Neutron ist ungela<strong>den</strong>. Man vermutet, daß diese neue Kraft <strong>der</strong><br />
starken Wechselwirkung <strong>den</strong> Zusammenhalt des Atomkerns bewirkt.<br />
Neues Bild vom Atomkern:<br />
Kern <strong>der</strong> Ordnungszahl Z und Massenzahl A enthält<br />
Z Protonen, N = A - Z Neutronen .<br />
Obwohl die positiv gela<strong>den</strong>en Protonen sich abstoßen, hält die starke Wechselwirkung<br />
alle Nukleonen (gemeinsamer Name für Protonen und Neutronen)<br />
zusammen.<br />
Spin <strong>der</strong> Nukleonen: Nukleonen haben wie Elektronen <strong>den</strong> Spin<br />
1<br />
.<br />
Isospin: von Heisenberg eingeführt: Proton und Neutron sind zwei Zustände des<br />
gleichen Teilchens. Es kann zwei verschie<strong>den</strong>e Ladungen haben, so wie das<br />
Elektron zwei Orientierungen des Spins haben kann.<br />
Isospin<br />
Ausrichtung<br />
I<br />
=<br />
1<br />
2<br />
Spin<br />
1<br />
2<br />
analog zu<br />
I<br />
1<br />
Ausrichtung $<br />
3<br />
= ±<br />
2<br />
S<br />
m s<br />
=<br />
2<br />
$<br />
$<br />
= ± 1<br />
2<br />
34
H. Yukawa<br />
(1907 - 1981)<br />
Nobelpreis 1949<br />
C.F. Powell<br />
(1903 - 1969)<br />
Nobelpreis 1950<br />
Mesonen<br />
1934<br />
Yukawa versucht, die starke Wechselwirkung<br />
durch Austausch eines Teilchens zwischen<br />
Nukleonen zu erklären. Wegen <strong>der</strong> kurzen<br />
Reichweite <strong>der</strong> starken Wechselwirkung muß<br />
dieses Teilchen eine Masse haben, die zwischen <strong>der</strong><br />
Elektronen- und <strong>der</strong> Nukleonenmasse liegt. Es wird<br />
Meson genannt.<br />
1936<br />
An<strong>der</strong>son entdeckt in <strong>der</strong> kosmischen Strahlung<br />
ein gela<strong>den</strong>es Teilchen in diesem Massenbereich.<br />
Es zeigt keine starke Wechselwirkung. Wird später<br />
Müon µ ± genannt.<br />
1947<br />
Powell und Ochialini entdecken in<br />
photographischer Emulsion die Spuren von stark<br />
wechselwirken<strong>den</strong>, gela<strong>den</strong>en Mesonen (π-<br />
Mesonen o<strong>der</strong> Pionen).<br />
Erste Beobachtung eines Pion-Zerfalls in Emulsion. Beim Zerfall<br />
entsteht ein Müon.<br />
35
Neutrino - Schwache Wechselwirkung<br />
Beim β-Zerfall von Atomkernen geht scheinbar Energie verloren. Die<br />
<strong>nach</strong>gewiesenen Zerfallsprodukte haben weniger Energie als <strong>der</strong> Ausgangskern.<br />
Enrico Fermi<br />
(1901 - 1954)<br />
Nobelpreis 1938<br />
1930<br />
Pauli postuliert als Ausweg die Existenz eines zusätzlichen neutralen<br />
Teilchens ν , das später (Anti-)Neutrino genannt wurde. Es zeigt<br />
we<strong>der</strong> elektromagnetische noch starke, son<strong>der</strong>n nur schwache<br />
Wechselwirkung. Diese ist für <strong>den</strong> β-Zerfall typisch. Das Neutrino hat<br />
keine (o<strong>der</strong> nur sehr kleine Masse) und <strong>den</strong> Drehimpuls<br />
1<br />
$ .<br />
1933<br />
Fermi stellt eine erste Theorie <strong>der</strong> schwachen Wechselwirkung auf.<br />
Dabei treten Elektron und Neutrino<br />
paarweise auf.<br />
Beispiel:<br />
Zerfall des Neutrons<br />
n<br />
→<br />
p<br />
e<br />
−<br />
ν<br />
n<br />
ν<br />
2<br />
p<br />
e -<br />
4-Fermion-Wechselwirkung<br />
36
Zwischenbilanz 1950<br />
4 Kräfte:<br />
Kraft Austauschteilchen Theorie<br />
elektromagnetische γ QED<br />
starke Meson Yukawa (vorläufig)<br />
schwache ? Fermi (vorläufig)<br />
(Schwerkraft) ? Einstein (vorläufig)<br />
Name Eigenschaften<br />
3 Teilchenarten:<br />
Hadronen Teilchen mit starker Wechselwirkung<br />
(Name erst 1962) (und weiteren Wechselwirkungen):<br />
Nukleonen, Mesonen und Antiteilchen.<br />
Leptonen Teilchen ohne starke aber mit schwacher<br />
Wechselwirkung (und ggf. elektromagnetischer<br />
Wechselwirkung:<br />
− −<br />
und Antiteilchen<br />
e<br />
, µ ,ν<br />
Photon hat nur elektromagnetische Wechselwirkung<br />
Offene Fragen: Theorien von Qualität <strong>der</strong> QED für an<strong>der</strong>e Wechselwirkungen?_<br />
Warum gibt es mehr Hadronen als Leptonen?<br />
Was ist das Müon? (Verhält sich wie schweres Elektron)<br />
37
Teilchenbeschleuniger<br />
Prinzip:<br />
Gela<strong>den</strong>e Teilchen (Elektronen aus Glühkathode o<strong>der</strong> Ionen, z.B. Protonen aus<br />
Gasentladung), wer<strong>den</strong> durch elektrisches Feld beschleunigt.<br />
Heute wer<strong>den</strong> Energien bis ca. 1 TeV = 10 12 eV erreicht.<br />
Linearbeschleuniger:<br />
Energie wird in Teilschritten<br />
von vielen<br />
Beschleunigerstrecken,<br />
die hintereinan<strong>der</strong> liegen,<br />
zugeführt.<br />
Ablenkmagnete<br />
Kreisbeschleuniger:<br />
Magnetfel<strong>der</strong> führen Teilchen auf Ringbahn.<br />
Beschleunigungsstrecken wer<strong>den</strong> oft<br />
durchlaufen.<br />
38
1953<br />
Blasenkammer<br />
Glaser entwickelt die Blasenkammer: In einer überhitzten Flüssigkeit<br />
hinterläßt ein gela<strong>den</strong>es Teilchen eine Spur aus kleinen Blasen, die genau<br />
vermessen wer<strong>den</strong> kann.<br />
Donald Glaser<br />
(1926- )<br />
Nobelpreis 1960<br />
Beim Stoß eines Photons hinreichend hoher Energie<br />
mit einem Atomkern können ein Elektron und ein<br />
Positron entstehen.<br />
In diesem Blasenkammerbild kommt das Photon von<br />
rechts. Die Kammer befindet sich in einem Magnetfeld.<br />
Elektron und Positron hinterlassen Spuren mit<br />
verschie<strong>den</strong>en Krümmungsvorzeichen.<br />
39
V-Teilchen<br />
1947<br />
Rochester und Butler entdecken<br />
neutrale und gela<strong>den</strong>e Teilchen, die <strong>nach</strong><br />
dem Erscheinungsbild, das ihr Zerfall in<br />
<strong>der</strong> Nebelkammer hinterläßt, „V“-Teilchen<br />
genannt wer<strong>den</strong>.<br />
Heißen heute K 0 , K + .<br />
In <strong>der</strong> Folge wer<strong>den</strong> weitere V-Teilchen<br />
entdeckt:<br />
K - , Λ 0 , Σ + , Σ - , Σ 0 .<br />
Ein neutrales Teilchen (K 0 ) (das<br />
keine Spur hinterläßt) zerfällt in<br />
zwei gela<strong>den</strong>e Teilchen (π + , π - ),<br />
<strong>der</strong>en Spuren in <strong>der</strong> Nebelkammer<br />
vom Zerfallspunkt ausgehen und ein<br />
„V“ bil<strong>den</strong>.<br />
40
Neue Hadronen<br />
Ab ca. 1950 wer<strong>den</strong> viele weitere Hadronen<br />
entdeckt:<br />
● Antinukleonen<br />
● Resonanz-Teilchen, die <strong>nach</strong> sehr kurzer<br />
Zeit (ca. 10 -23 sec) stark in an<strong>der</strong>e<br />
Hadronen zerfallen, z.B.<br />
● „seltsame“ Teilchen, die <strong>nach</strong> sehr viel<br />
längerer Zeit (ca. 10 -10 sec) schwach<br />
in an<strong>der</strong>e Hadronen zerfallen; dazu gehören<br />
auch die V-Teilchen,<br />
K<br />
→ π<br />
+<br />
π<br />
−<br />
Λ<br />
→<br />
pπ<br />
Man findet, daß sie in Paaren erzeugt<br />
wer<strong>den</strong>, z.B.<br />
π<br />
0<br />
−<br />
ρ<br />
p<br />
0<br />
→ π<br />
→<br />
K<br />
+<br />
,<br />
π<br />
−<br />
0 Λ 0 .<br />
,<br />
0<br />
∆<br />
0<br />
→<br />
pπ<br />
−<br />
−<br />
Blasenkammeraufnahme<br />
41
Neue Quantenzahlen für Hadronen<br />
Seltsamkeit (strangeness):<br />
S(K 0 ) = +1, S(Λ 0 ) = -1, [S(π) = 0, S(p) = 0]<br />
Summe <strong>der</strong> Seltsamkeit än<strong>der</strong>t sich nicht bei starker Wechselwirkung (Erzeugung<br />
von K 0 und Λ 0 ), wohl aber bei schwacher Wechselwirkung (Zerfall von K 0<br />
o<strong>der</strong> Λ 0 )<br />
Baryonenzahl:<br />
B = +1 für Proton und alle Hadronen, bei <strong>der</strong>en Zerfall ein Proton übrigbleibt.<br />
Solche Teilchen heißen Baryonen.<br />
B = -1 für Antiproton und Hadronen, bei <strong>der</strong>en Zerfall ein Antiproton übrigbleibt<br />
(Antibaryonen).<br />
B = 0 für alle an<strong>der</strong>en Hadronen (Mesonen).<br />
Außerdem: Spin, Isospin, Parität, .....<br />
I 3 -S-Diagramme:<br />
Diagramme, in <strong>den</strong>en die Seltsamkeit S gegen die Isospinzahl I 3 (bei sonst<br />
gleichen Quantenzahlen) aufgetragen sind, zeigen große Regelmäßigkeit. Sie sind<br />
das Perio<strong>den</strong>system <strong>der</strong> Hadronen.<br />
42
I 3 -S-Diagramme für Quarks und Mesonen<br />
43
I 3 -S-Diagramme für Baryonen<br />
44
1964<br />
Quark-Hypothese<br />
Gell-Mann und Zweig vermuten:<br />
Hadronen bestehen aus Bausteinen, <strong>den</strong>en Gell-Mann <strong>den</strong> Namen<br />
Quarks gab.<br />
Name Zeichen B Q I 3 S<br />
M. Gell-Mann<br />
(1929- )<br />
Nobelpreis 1969<br />
up-Quark u 1/3 2/3 e 1/2 0<br />
down-Quark d 1/3 -1/3 e -1/2 0<br />
strange-Quarks s 1/3 -1/3 e 0 -1<br />
+ Antiquarks<br />
Alle Quarks haben Spin 1/ 2 $<br />
Baryonen bestehen aus 3 Quarks,<br />
Antibaryonen bestehen aus 3 Antiquarks,<br />
qqq, B = +1<br />
Mesonen bestehen aus 1 Quark und 1 Antiquark,<br />
qqq, B = −1<br />
qq,<br />
B = 0<br />
Das Schema sagt die Existenz weiterer Hadronen voraus, die auch gefun<strong>den</strong> wer<strong>den</strong>.<br />
45
Zwei verschie<strong>den</strong>e Neutrinos<br />
Sind Neutrinos, die gemeinsam mit Elektron bzw. Müon erzeugt wer<strong>den</strong>, i<strong>den</strong>tisch<br />
o<strong>der</strong> verschie<strong>den</strong>, also<br />
π<br />
µ<br />
+<br />
+<br />
→<br />
→<br />
µ<br />
Durch Reaktion eines Neutrinos<br />
mit einem Atomkern könnte in<br />
<strong>der</strong> Blasenkammer ein Müon<br />
erzeugt wer<strong>den</strong> (oberes Bild)<br />
o<strong>der</strong> ein Elektron, das zu einer<br />
„Kaskade“ von Elektron-<br />
Positron-Paaren führt (unten).<br />
e<br />
+<br />
+<br />
ν<br />
ν<br />
ν<br />
o<strong>der</strong><br />
π<br />
µ<br />
+<br />
+<br />
→<br />
→<br />
µ<br />
e<br />
+<br />
+<br />
ν<br />
ν<br />
e<br />
µ<br />
ν<br />
µ<br />
Gibt es nur eine Neutrino-Art, so<br />
können Neutrinos aus dem<br />
π-Zerfall sowohl Elektronen als<br />
auch Müonen erzeugen,<br />
an<strong>der</strong>enfalls nur Müonen.<br />
46
Strahl von Müonen aus π-Zerfall<br />
Protonen wer<strong>den</strong> aus dem Synchrotron<br />
ausgelenkt und erzeugen beim <strong>Auf</strong>prall<br />
auf Wolfram Pionen, aus <strong>der</strong>en<br />
Zerfallsprodukten durch die Strahlabschirmung<br />
<strong>der</strong> reine Neutrino-Strahl<br />
herausgefiltert wird zum Eintritt in die<br />
Blasenkammer.<br />
47
Entdeckung des Müon-Neutrinos<br />
Ergebnis: Neutrinos aus dem π-<br />
Zerfall erzeugen nur Müonen, keine<br />
Elektronen. Es gibt zwei<br />
verschie<strong>den</strong>e Neutrinoarten.<br />
Leon M.<br />
Le<strong>der</strong>man<br />
(1922 - )<br />
Nobelpreis 1988<br />
Melvin<br />
Schwartz<br />
(1932 - )<br />
Nobelpreis 1988<br />
Jack<br />
Steinberger<br />
(1921 - )<br />
Nobelpreis 1988<br />
Das Ergebnis wurde 1962 von<br />
Le<strong>der</strong>man, Schwartz und<br />
Steinberger mit Funkenkammern<br />
und wenig später am CERN in<br />
Genf mit einer Blasenkammer<br />
gefun<strong>den</strong>.<br />
Ein Neutrino aus dem Pi-Zerfall tritt von links in die<br />
Blasenkammer und erzeugt ein Müon (lange Spur <strong>nach</strong><br />
rechts). Der Rückstoßkern liefert eine kurze Spur <strong>nach</strong><br />
unten. (Die von oben <strong>nach</strong> unten durchgehende Spur hängt<br />
nicht mit dem Neutrino zusammen.)<br />
48
Neue Quantenzahlen für Leptonen<br />
Leptonen sind Teilchen (bzw. Antiteilchen), die schwache und elektromagnetische, aber<br />
keine starke Wechselwirkung zeigen. Sie treten gela<strong>den</strong> und ungela<strong>den</strong> auf. Es gibt zwei<br />
Generationen (Elektron- und Müon-Generation). Die Massen von Elektron und Müon sind<br />
sehr verschie<strong>den</strong>en. Die Neutrinos sind masselos o<strong>der</strong> haben sehr kleine Massen.<br />
−<br />
⎛e<br />
⎜<br />
⎝ν e<br />
⎛ µ<br />
⎜<br />
⎝ν<br />
−<br />
µ<br />
+<br />
⎛e<br />
⎜<br />
⎝ν e<br />
⎛ µ<br />
⎜<br />
⎝<br />
+<br />
ν µ<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
Teilchen<br />
Q<br />
−1<br />
0<br />
−1<br />
0<br />
1<br />
0<br />
1<br />
0<br />
L<br />
e<br />
1<br />
L<br />
µ<br />
0<br />
1 0<br />
0 1<br />
0 1<br />
−1<br />
0<br />
−1<br />
0<br />
0 −1<br />
0 −1<br />
Antiteilchen<br />
Q Ladung (in Einheiten <strong>der</strong> Elementarladung)<br />
L e Elektron-Leptonenzahl<br />
L µ Müon-Leptonenzahl<br />
L e , L µ sind ladungsähnliche Quantenzahlen,<br />
die in allen Reaktionen streng erhalten<br />
sind, z.B.<br />
L<br />
L<br />
e<br />
µ<br />
µ<br />
0<br />
+<br />
− 1<br />
→<br />
e<br />
− 1<br />
0<br />
+<br />
ν<br />
1<br />
0<br />
e<br />
ν<br />
µ<br />
0<br />
− 1<br />
49
Theorie <strong>der</strong> schwachen Wechselwirkung -<br />
schwere Bosonen<br />
Auch die schwache<br />
Wechselwirkung wird durch<br />
Austauschteilchen vermittelt,<br />
die schweren Eichbosonen<br />
W + , W - +<br />
, Z 0 .<br />
Einige Diagramme mit diesen Bosonen:<br />
Bosonen vermitteln zwischen Quarks und Leptonen, die gela<strong>den</strong>en Bosonen auch<br />
zwischen verschie<strong>den</strong>en Quarks und verschie<strong>den</strong>en Leptonen.<br />
Beispiel: Zerfall des Neutrons<br />
n<br />
→<br />
p e<br />
−<br />
ν<br />
e<br />
50
Vereinheitlichte Theorie <strong>der</strong><br />
elektroschwachen Wechselwirkung<br />
Sheldon Glashow<br />
(1932- )<br />
Nobelpreis 1979<br />
Abdus Salam<br />
(1926-1996 )<br />
Nobelpreis 1979<br />
1967<br />
Elektromagnetische und schwache Wechselwirkung haben die gleiche<br />
Ursache. Es gibt 4 elektroschwache Eichbosonen, die bei<strong>den</strong> gela<strong>den</strong>en<br />
und zwei neutrale<br />
von <strong>den</strong>en eines das Photon ist.<br />
1973<br />
W + , W −<br />
γ , Z<br />
0<br />
,<br />
Ein starker, wenn auch indirekter Hinweis auf die Existenz des schweren<br />
neutralen Bosons Z 0 wird gefun<strong>den</strong>, die Streuung von Elektron-<br />
Neutrinos an Elektronen<br />
ν ν<br />
e<br />
e<br />
Z 0<br />
Steven Weinberg<br />
(1933- )<br />
Nobelpreis 1979<br />
e - e -<br />
51
Vorhersage und Entdeckung des Charm-Quarks<br />
1964, 1970<br />
Neben u, d, s soll es ein viertes Quark c (Charm) geben.<br />
Damit wird eine Symmetrie zwischen <strong>den</strong> 4 Leptonen<br />
Samuel Ting<br />
(1936 - )<br />
Nobelpreis 1976<br />
−<br />
−<br />
⎛e<br />
⎞ ⎛ µ ⎞<br />
⎜ ⎟<br />
⎜<br />
⎟ ,<br />
⎝ν<br />
⎠ ⎝ν e<br />
µ ⎠<br />
erreicht und es können einige sonst unerklärbare Befunde<br />
verstan<strong>den</strong> wer<strong>den</strong>. Ein neues Quark bedeutet, daß viele weitere<br />
Hadronen existieren.<br />
Burton Richter<br />
(1931 - )<br />
Nobelpreis 1976<br />
1974<br />
In zwei ganz verschie<strong>den</strong>en Experimenten fin<strong>den</strong> zwei Gruppen<br />
unter <strong>der</strong> Leitung von Ting bzw. Richter ein schweres Meson<br />
J/ψ, das als ( cc )-Zustand interpretiert wird.<br />
52
Theorie <strong>der</strong> starken Wechselwirkung (QCD)<br />
Ab ca. 1965 wurde die starke Wechselwirkung als Wechselwirkung zwischen<br />
<strong>den</strong> Quarks verstan<strong>den</strong>:<br />
Jedes <strong>der</strong> Quarks (u,d,s) existiert in 3 Arten, die sich in einer Eigenschaft, <strong>der</strong><br />
„Farbe“ unterschei<strong>den</strong>.<br />
● Quarks tragen Farbe (rot, grün, blau), Antiquarks tragen Komplementärfarbe<br />
o<strong>der</strong> „Antifarbe“ (antirot, antigrün,antiblau)<br />
● Kräfte <strong>der</strong> starken Wechselwirkung zwischen Quarks wer<strong>den</strong> durch Austausch<br />
eines Feldquants, des Gluons, bewirkt. Das Gluon trägt selbst Farbe. (Das<br />
Photon <strong>der</strong> QED trägt keine elektrische Ladung)<br />
● Hadronen sind gebun<strong>den</strong>e Zustande aus Quarks, die selbst farbneutral (weiß)<br />
sind:<br />
In Analogie zur Quantenelektrodynamik (QED) wurde eine Theorie <strong>der</strong> starken<br />
Wechselwirkung entwickelt. Wegen des Ausdrucks „Farbe“ heißt sie<br />
Quantenchromodynamik (QCD).<br />
53
Gluonen tragen Farbe<br />
QED<br />
Farbfluß im QCD-Prozeß<br />
rot<br />
blau<br />
QCD<br />
Das ausgetauschete Gluon hat<br />
die Farbe rot-antiblau<br />
Dieser Vertex macht die Theorie<br />
wesentlich verschie<strong>den</strong> von <strong>der</strong> QED:<br />
Die elektromagnetische Kraft nimmt<br />
mit wachsendem Abstand <strong>der</strong><br />
elektrischen Ladungen ab.<br />
Die Farbkraft nimmt mit wachsendem<br />
Abstand <strong>der</strong> Farbladungen zu.<br />
r<br />
b<br />
Neben qqg-Vertex existiert<br />
auch ggg-Vertex<br />
g<br />
54
Zwischenbilanz 1975<br />
Es gibt<br />
3 Kräfte<br />
Kraft Austauschteilchen (Eichbosonen)<br />
elektroschwach γ, Z 0 , W + , W -<br />
stark g<br />
(Schwerkraft) Graviton?<br />
4 Leptonen (in zwei Generationen) 4 Quarks (in zwei Generationen)<br />
−<br />
⎛e<br />
⎜<br />
⎝ν<br />
e<br />
⎞<br />
⎟<br />
,<br />
⎠<br />
⎛ µ<br />
⎜<br />
⎝<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
Offene Fragen:<br />
−<br />
ν µ<br />
+ Antiteilchen ⎛ u ⎞ ⎛c⎞<br />
+ Antiteilchen<br />
⎜ ⎟ , ⎜ ⎟<br />
⎝d<br />
⎠ ⎝ s⎠<br />
● Existieren die Quarks wirklich? (O<strong>der</strong> sind sie nur Hilfsmittel zur Ordnung <strong>der</strong> Fülle<br />
von Hadronen?)<br />
● Existiert das Gluon?<br />
● Existieren die schweren Bosonen W + , W - , Z 0 ?<br />
● Existieren weitere Generationen von Leptonen und Quarks?<br />
55
Speicherringe<br />
In einem Speicherring wer<strong>den</strong> positive und negative<br />
Teilchen in entgegengesetzter Umlaufrichtung<br />
beschleunigt und an einigen Punkten im Ring zur<br />
Kollision gebracht. Diese Punkte wer<strong>den</strong> mit<br />
Teilchendetektoren umgeben, <strong>der</strong>en Daten in<br />
Computer ausgelesen wer<strong>den</strong>.<br />
Vorteile: • Höhere nutzbare Energie<br />
• Sehr „saubere“ Reaktionen<br />
(keine störende Materie des Targets)<br />
Schema eines Speicherrings<br />
Name Ort Teilchen Gesamtenergie<br />
DORIS Hamburg e<br />
+ e −<br />
10 GeV<br />
PETRA Hamburg e<br />
+ e −<br />
46 GeV<br />
S pp S Genf p p 450 GeV<br />
LEP Genf e<br />
+ e −<br />
200 GeV<br />
HERA Hamburg e p ca. 300 GeV<br />
Große Speicherringe in Europa<br />
Schema eines Experiments am Speicherring<br />
56
Die 3. Generation von Leptonen und Quarks<br />
Martin L. Perl<br />
(1927 - )<br />
Nobelpreis 1995<br />
1975<br />
M. Perl und Mitarbeiter entdecken ein drittes gela<strong>den</strong>es Lepton,<br />
das τ (Tau-Lepton) mit <strong>der</strong> Masse 1780 MeV/c 2 in einem<br />
Experiment an einem e + e - - Speicherring in Stanford, Kalifornien.<br />
e<br />
+<br />
e<br />
−<br />
→τ<br />
+<br />
τ<br />
−<br />
Da m τ<br />
> m π<br />
, können beim Zerfall dieses Leptons im Endzustand<br />
auch Mesonen auftreten, z.B.<br />
1977<br />
Le<strong>der</strong>man und Mitarbeiter entdecken am Fermi-Labor bei<br />
Chicago das Υ - Meson, einen ( bb<br />
)- Zustand. Das Bottom-<br />
Quark b ist eines <strong>der</strong> bei<strong>den</strong> Quarks <strong>der</strong> 3. Generation und hat<br />
die Masse m b<br />
≈ 4,5 GeV/c.<br />
1997<br />
τ<br />
+<br />
→<br />
π<br />
+<br />
ν<br />
,<br />
→ µ<br />
Das Top-Quark t wird an einem pp-Speicherring höchster<br />
Energie (2000 GeV) ebenfalls am Fermi-Labor gefun<strong>den</strong>. Es hat<br />
die ungewöhnlich hohe Masse m t<br />
≈ 175 GeV/c.<br />
τ<br />
τ<br />
+<br />
−<br />
+<br />
→ e ν ν ,<br />
−<br />
e<br />
ν<br />
µ<br />
τ<br />
ν<br />
+ + + −<br />
τ<br />
, τ → π π π ν τ<br />
τ<br />
.<br />
57
Nachweis von Quarks<br />
über die Beobachtung und Analyse von 2-Jet-Ereignissen<br />
Theorie (QED): Folgende 2 Prozesse sind ähnlich.<br />
Feynman-Diagramm im Labor Winkelverteilung<br />
e<br />
+<br />
e<br />
−<br />
+ −<br />
→ µ µ<br />
e<br />
+<br />
e<br />
−<br />
→<br />
qq<br />
Experiment: Man beobachtet die vorhergesagte Winkelverteilung,<br />
allerdings für Jets (Bündel von Hadronen). Freie Quarks (Teilchen<br />
mit Ladungen e/3, 2e/3) wer<strong>den</strong> nicht beobachtet.<br />
58
Modell zur Entstehung von Quark-Jets<br />
● Die in einer Elektron-Positron-Vernichtung erzeugten Quarks fliegen<br />
voneinan<strong>der</strong> weg.<br />
● Dabei wird zwischen ihnen ein „Farbfeld“ (auch Farbschlauch genannt)<br />
aufgebaut, dessen Fel<strong>den</strong>ergie <strong>der</strong> Bewegungsenergie entnommen wird.<br />
● Die Energie im Farbfeld kann zur Erzeugung weiterer Quark-Antiquark-Paare<br />
ausreichen.<br />
● Aus <strong>den</strong> ursprünglichen und <strong>den</strong> aus <strong>der</strong> Fel<strong>den</strong>ergie erzeugten Quarks und<br />
Antiquarks wer<strong>den</strong> farbneutrale Hadronen gebildet.<br />
59
Der PLUTO-Detektor 1979 am Speicherring PETRA<br />
60
PLUTO<br />
61
PLUTO-Ereignis<br />
Elektron +Positron --> Quark + Antiquark --> 2 Jets<br />
62
Nachweis des Gluons<br />
über die Beobachtung und Analyse von 3-Jet-Ereignissen<br />
! Beim <strong>Auf</strong>bau des Farbfeldes wer<strong>den</strong> Quark und Antiquark abgebremst, d.h. sie<br />
erfahren eine (negative) Beschleunigung.<br />
! So wie eine beschleunigte elektrische Ladung Photonen abstrahlt, strahlt eine<br />
beschleunigte Farbladung Gluonen ab.<br />
! Der Prozeß<br />
kann für hohe qg-Relativimpulse <strong>nach</strong> <strong>der</strong> QCD berechnet wer<strong>den</strong>.<br />
! Ereignisse mit hohen qg-Relativimpulsen haben neben <strong>den</strong> bei<strong>den</strong> Quark-Jets einen<br />
getrennten Gluon-Jet.<br />
! Mit <strong>der</strong> Beobachtung von 3-Jet-Ereignissen am PETRA-Speicherring in Hamburg<br />
durch die Experimente JADE, MARKJ, PLUTO und TASSO im Jahre 1979 wurde<br />
das Gluon experimentell entdeckt.<br />
63
3-Jet-Ereignis<br />
64
Proton-Antiproton-Speicherring<br />
Simon van <strong>der</strong> Meer<br />
(1925 - )<br />
Nobelpreis 1986<br />
! aus Messungen am Elektron-Positron-Speicherring,<br />
PETRA, zeichnete sich ab, daß die Massen <strong>der</strong> schweren<br />
Bosonen W + , W - , Z 0 bei etwa 100 GeV lagen.<br />
! Van <strong>der</strong> Meer entwickelte eine Technik, die es ermöglicht,<br />
Antiprotonen in einem Ring zu speichern.<br />
! Der 300 GeV Proton-Beschleuniger des CERN wurde<br />
zu einem Proton-Antiproton-Speicherring umgebaut,<br />
mit dem die Bosonen erzeugt wer<strong>den</strong> konnnten.<br />
65
Erzeugung und Nachweis des Z 0 -Bosons<br />
Beim Stoß eines Protons und eines Antiprotons können ein Quark und ein<br />
Antiquark miteinan<strong>der</strong> reagieren und ein Z 0 bil<strong>den</strong>, das z.B. in ein Elektron-<br />
Positron-Paar zerfällt.<br />
Feynman-Diagramm<br />
im Labor<br />
Man erwartet das <strong>Auf</strong>treten eines Elektrons und<br />
eines Positrons mit charakteristischen Energien<br />
und Impulsen. (Zusätzlich treten Jets auf, die von<br />
<strong>den</strong> übrigen Quarks verursacht wer<strong>den</strong>.)<br />
Carlo Rubbia<br />
(1934 - )<br />
Nobelpreis 1986<br />
1983 Den Gruppen UA1 (unter Leitung von<br />
Rubbia) und UA2 gelingt auf diese Weise <strong>der</strong><br />
Nachweis des Z 0 .<br />
66
Z 0 → e + e - im UA1-Detektor<br />
67
Erzeugung und Nachweis von W-Bosonen<br />
Feynman-Diagramm<br />
im Labor<br />
Man erwartet im Detektor ein<br />
einzelnes Elektron hoher<br />
Energie. Das Neutrino<br />
hinterläßt keine Spur. Seine<br />
Anwesenheit macht sich<br />
dadurch aber bemerkbar, weil<br />
nicht die ganze Rekationsenergie<br />
<strong>nach</strong>gewiesen wird:<br />
Es „fehlt“ Energie.<br />
Erzeugung eines W - (UA1-Ereignis).Die Spur des<br />
Elektrons ist gekennzeichnet.<br />
68
Der LEP-Speicherring<br />
● Die W- und Z-Bosonen bil<strong>den</strong> mit dem Lichtquant γ eine Teilchenfamilie.<br />
● Die Präzisionsmessung ihrer Eigenschaften hat deshalb große Bedeutung für<br />
die <strong>Physik</strong>.<br />
● Um sie möglichst sauber (ohne störende an<strong>der</strong>e Teilchen) und in großer<br />
Zahl erzeugen zu können, wurde ein großer Elektron-Positron-Speicherring,<br />
LEP, am Europäischen Forschungszentrum CERN bei Genf gebaut.<br />
● In großen internationalen Kollaborationen wer<strong>den</strong> dort seit 1989 vier<br />
Experimente betrieben. Eines ist das ALEPH-Experiment, an dem auch die<br />
Universität Siegen beteiligt ist.<br />
69
Satellitenbild von Genf und Umgebung<br />
70
Blick in <strong>den</strong> LEP-Tunnel<br />
72
Z-Boson als Resonanz<br />
76
Breite <strong>der</strong> Z-Resonanz<br />
Hängt von Anzahl und Stärke <strong>der</strong> möglichen Zerfallskanäle ab:<br />
für alle q mit M(q) < M(Z)/2,<br />
d.h. q = u,d,s,c,b<br />
für alle l mit M(l) < M(Z)/2,<br />
d.h.<br />
l = e, µ,τ<br />
für alle Neutrinos mit Massen < M(Z)/2<br />
d.h.<br />
ν<br />
l<br />
= ν ν µ<br />
, ν ,⋅⋅⋅<br />
e, τ<br />
77
Z --> 2 Müonen<br />
78
Z --> Elektron + Positron<br />
79
Z --> 2 Tau-Leptonen<br />
80
Z --> Quark + Antiquark --> 2 Jets<br />
81
Quarks<br />
Wie viele Generationen von Fermionen gibt es?<br />
⎛<br />
⎜<br />
⎝<br />
u<br />
d<br />
⎞⎛c⎞⎛<br />
t ⎞<br />
⎟⎜<br />
⎟⎜<br />
⎟<br />
⎠⎝<br />
s⎠⎝b⎠<br />
... ?<br />
M(u)~M(d)~0.01GeV<br />
M(s)~0.3GeV M(c)~1.4GeV<br />
M(b)~4.3GeV M(t)~175 GeV<br />
Leptonen<br />
⎛e<br />
⎜<br />
⎝<br />
−<br />
ν e<br />
⎞⎛<br />
µ<br />
⎟⎜<br />
⎠⎝ν<br />
−<br />
⎞⎛τ<br />
⎟⎜<br />
⎠⎝<br />
−<br />
µ ν τ<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
... ?<br />
M<br />
M<br />
( ν )<br />
M ( e)<br />
~ 0.0005GeV<br />
M<br />
e<br />
( µ ) ~ 0.16GeV<br />
M ( ν )<br />
< 0.00000001GeV<br />
< 0.00017GeV<br />
() τ ~ 1.7GeV<br />
M ( ν ) < 0.024GeV<br />
µ<br />
τ<br />
•Während gela<strong>den</strong>e Leptonen schwer sein können, sind die zugehörigen Neutrinos sehr<br />
leicht (möglicherweise masselos)<br />
•Noch unentdeckte gela<strong>den</strong>e Leptonen L mit M(L) > M(Z)/2 ~ 45GeV hätten wohl<br />
Neutrinos mit Massen < M(Z)/2 als Partner. Sie könnten paarweise erzeugt wer<strong>den</strong> und<br />
trügen dann zur Breite <strong>der</strong> Z-Resonanz bei.<br />
•Ein solcher Beitrag wurde nicht beobachtet<br />
•Erklärung: Es gibt nur die drei bekannten Generationen<br />
82
Experimenteller Befund: Es gibt genau drei Fermion-<br />
Generationen<br />
83
Paarerzeugung freier W-Bosonen<br />
• Durch Energieerhöhung ist seit Sommer 1997 bei LEP die Erzeugung von Paaren<br />
schwerer Bosonen möglich<br />
• Damit können erstmals bei LEP freie W-Bosonen erzeugt wer<strong>den</strong><br />
Mögliche Zerfälle des W:<br />
84
WW --> 4Jets<br />
85
WW --> 2 Jets + Tau + Neutrino, Tau --> Rho + Neutrino<br />
86
WW --> 2(Müon + Neutrino)<br />
87
Bilanz 2000<br />
Es gibt<br />
3 Kräfte<br />
Kraft Austauschteilchen (Eichbosonen)<br />
elektroschwach γ, Z 0 , W + , W -<br />
stark g<br />
(Schwerkraft) Graviton?<br />
6 Leptonen (in drei Generationen) 6 Quarks (in drei Generationen)<br />
⎛e<br />
⎜<br />
⎝ν<br />
−<br />
e<br />
⎞<br />
⎟<br />
,<br />
⎠<br />
⎛ µ<br />
⎜<br />
⎝ν<br />
−<br />
⎞<br />
⎟ ,<br />
⎠<br />
⎛τ<br />
⎜<br />
⎝<br />
−<br />
µ ν τ<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
+ Antiteilchen ⎛ u ⎞ ⎛c⎞<br />
⎛ t ⎞ + Antiteilchen<br />
⎜ ⎟ , ⎜ ⎟ , ⎜ ⎟<br />
⎝d<br />
⎠ ⎝ s⎠<br />
⎝b⎠<br />
Offene Fragen:<br />
● Warum 3 Generationen (Substruktur, Strings)?<br />
● Wie erklären sich die Massen <strong>der</strong> Teilchen? (Higgs?)<br />
● Haben die Neutrinos Masse?<br />
● Gibt es eine Quantentheorie <strong>der</strong> Schwerkraft?<br />
● Gibt es eine einheitliche Theorie aller Kräfte?<br />
Es gibt noch viel zu tun!<br />
88
Internet-Links zum Vortrag<br />
• Universität Siegen http://www.uni-siegen.de<br />
• Fachbereich <strong>Physik</strong> http://www.physik.uni-siegen.de<br />
• Nobelpreisträger http://www.nobel.se<br />
• CERN http://www.cern.ch/<br />
• ALEPH http://alephwww.cern.ch/<br />
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