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Ausgabe 5/2008 Sept./Okt. ´08<br />

7. Jahrgang<br />

Magazin für Agrarpolitik und ländlichen Raum<br />

Unser Land<br />

Zehntausende bei Rock for Nature<br />

Seiten 6/7<br />

Einladung<br />

zur Jahrestagung<br />

des Deutschen <strong>Bundesverband</strong>es<br />

<strong>der</strong> <strong>Landwirte</strong> <strong>im</strong><br />

Nebenberuf e.V. (DBN)<br />

Nebenerwerb: Politisch vernachlässigt<br />

- und dennoch zukunftsfähig<br />

Seiten 14 - 19<br />

am 22./23. November 2008<br />

in Hann. Münden<br />

Anmeldung und Programm<br />

Seiten 21 und 23<br />

Jahrestagung des DBN<br />

Hauptreferent Dr. Edgar Most<br />

Seiten 21 - 23<br />

Kleiner Rückblick auf 35 Jahre DBN Seite 20<br />

Mehr Informationen unter:<br />

www.nebenerwerbslandwirte.de


Unser Land<br />

Inhalt<br />

Erste LSV-Berater des DBN<br />

verpflichtet Seite 3<br />

DBN-Präsentation auf <strong>der</strong> Muswiese<br />

in Rot am See<br />

Seite 2<br />

Seite 4<br />

DBN-Präsentation auf dem Weidefest<br />

in Schönbronn Seite 5<br />

Zehntausende bei Rock for Nature<br />

in Wolpertshausen<br />

Seite 6/7<br />

Schwein gehabt - zum 20jährigen<br />

Bestehen <strong>der</strong> Bäuerlichen<br />

Erzeugergemeinschaft Schwäbisch<br />

Hall Seite 8/9<br />

Blauzungenkrankheit weiter<br />

aktuell Seite 10/11<br />

Arbeitszeitausstattung in landwirtschaftlichen<br />

Nebenerwerbsbetrieben<br />

- Schicksalskurve in<br />

<strong>der</strong> Landwirtschaft<br />

Seite 12/13<br />

Nebenerwerbslandwirtschaft:<br />

politisch vernachlässigt und<br />

doch zukunftsfähig<br />

Seite 14-19<br />

Kurzer Rückblick auf 35 Jahre<br />

DBN Seite 20<br />

Einladung und Programm Jahrestagung<br />

2008 des DBN<br />

Seite 21<br />

Kurzportrait des Hauptreferenten<br />

<strong>der</strong> Jahrestagung, Dr. Edgar<br />

Most Seite 22<br />

Anmeldeformular für die Jahrestagung<br />

2008 Seite 23<br />

________________________<br />

Wir bedanken uns für die Unterstützung!<br />

Diese Ausgabe <strong>der</strong> Zeitschrift<br />

„Unser Land“, wurde mit Mitteln<br />

<strong>der</strong> Landwirtschaftlichen Rentenbank<br />

Frankfurt am Main finanziert.<br />

Wir danken dem AgrarBündnis<br />

für die freundliche Genehmigung<br />

des Nachdrucks des Artikels<br />

auf den Seiten 14 - 19.<br />

Renaissance in Krisenzeiten<br />

Liebe Bäuerinnen<br />

und Bauern!<br />

Bodenständig, so sollen<br />

<strong>Landwirte</strong> sein - und so sehen<br />

wir uns auch selbst,<br />

vielleicht etwas raubeinig<br />

und gnorrig, wie es den Dorfbewohnern<br />

in einigen Gegenden<br />

nachgesagt wird,<br />

aber zuverlässig auch.<br />

Wenn doch nur mehr Menschen<br />

so wären, o<strong>der</strong> das<br />

von sich behaupten könnten.<br />

Bodenständigkeit gilt in <strong>der</strong><br />

unserer Gesellschaft allzu oft<br />

als unmo<strong>der</strong>n und man verbindet<br />

mehr eine alte Idylle<br />

in seinen Vorstellungen mit<br />

diesem Wort als eine zeitgemäße<br />

Eigenschaft.<br />

Doch plötzlich werden alte<br />

Werte neu entdeckt. Was ist<br />

passiert? Milliardenverluste<br />

bei den Banken weltweit<br />

nach einem überhitzen Immobilien<br />

Markt in Nordamerika<br />

und nach <strong>im</strong>mer größerer<br />

Spekulationswut mit sogenannten<br />

Derivaten - also mit<br />

Wertpapieren, die keinen<br />

Wert haben, weil sie auch<br />

keine Werte schaffen, es<br />

bleibt Papier übrig.<br />

Aber halt keine Bodenständigkeit.<br />

Die Weltwirtschaft<br />

erzittert davor, was noch<br />

alles aus den Chefetagen<br />

<strong>der</strong> Banken und Versicherungen<br />

zu Tage kommen<br />

wird, wenn erst alle Werte<br />

berichtigt sind. Eine riesige<br />

Abwertung von Vermögen<br />

vieler Kleinsparer und privater<br />

Kapitalanleger.<br />

Mit etwas mehr Bodenständigkeit,<br />

wäre es uns erspart<br />

geblieben. Daher die Renaissance<br />

alter Werte und<br />

Tugenden. Im Aufwind mit<br />

erfasst, die nebenberufliche<br />

Landwirtschaft und die individuelle<br />

Kleinproduktion.<br />

Geld allein macht nicht<br />

glücklich, sagt man, aber<br />

nun stellt sich heraus, dass<br />

Geld allein auch keine Sicherheit<br />

schafft. Vielmehr<br />

sind viele Menschen nun auf<br />

Werbematerial des DBN<br />

<strong>der</strong> Suche nach Alternativen.<br />

Erste Adresse: Edelmetalle,<br />

doch auch diese werden wir<br />

nicht essen können, wenn<br />

sich die Krise weiter ausweitet.<br />

Gut, wer jetzt noch einen<br />

kleinen Garten hat. Statt sich<br />

ein grünes Paradies zu<br />

schaffen mit gepflegten Rasen,<br />

blühenden Stauden,<br />

liegt das gepflegte Gemüsebeet<br />

wie<strong>der</strong> <strong>im</strong> Trend.<br />

Irgendwie doch schön <strong>der</strong><br />

Gedanke. Und dann noch<br />

eines - mit Kartoffeln und<br />

Tomaten, Zwiebeln und Salat<br />

aus dem eigenen Garten,<br />

da stören mich hohe Lebensmittelpreise<br />

weit weniger<br />

und <strong>der</strong> Landwirt ist nicht<br />

<strong>im</strong>mer <strong>der</strong> Buhmann, wenn<br />

er einen gerechten Preis für<br />

seine Produkte for<strong>der</strong>t.<br />

Manche mögen das für einen<br />

Schritt zurück halten, ich<br />

sehen das an<strong>der</strong>s. Die mo<strong>der</strong>ne<br />

Gesellschaft kann sich<br />

nur nachhaltig entwickeln,<br />

wenn wir auf alte Tugenden<br />

bauen.<br />

So ist auch das Wort von<br />

Hans Sachs aus den Meistersingern<br />

von Nürnberg zu<br />

verstehen: Vergesst mir die<br />

alten Meister nicht!<br />

Ihr Jens Reichardt<br />

Der DBN bietet Mitglie<strong>der</strong>n<br />

und den Landes- und Fachverbänden<br />

für ihre Arbeit<br />

Werbematerial an. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

die Aktion: Alterskasse?<br />

- Nein Danke!, wird auf T-<br />

Shirts und Tassen beworben.<br />

Daneben sind auch Aufdrucke<br />

mit dem Slogan: Wir Nebenerwerbslandwirte<br />

- Mitten<br />

<strong>im</strong> Leben, erhältlich.<br />

Auch Einzelbestellungen<br />

möglich. Der Preis für eine<br />

Tasse beträgt 5,00 €, das T-<br />

Shirt 10,00 € (zzgl. Versand).


Ausgabe 5/2008 Sept./Okt. ´08<br />

Erste LSV-Berater des DBN verpflichtet<br />

Hönow (jrs). Vier neue Berater<br />

in zwei Beratungsstellen,<br />

stehen den Versicherten <strong>im</strong><br />

Bereich <strong>der</strong> Landwirtschaftlichen<br />

Sozialversicherung<br />

(LSV) Mittel- und Ostdeutschland<br />

(MOD) für ihre<br />

Fragen und Probleme zur<br />

Verfügung. Erstmals werden<br />

mit Jens Reichardt, Wilfried<br />

Puschbeck, Matthias Schreier<br />

und Bertold Löppenberg<br />

(Bild mit LSV-<br />

Geschäftsführer Ullrich<br />

Schrö<strong>der</strong> (Mitte) v.l.n.r.) Vertreter<br />

des Deutschen <strong>Bundesverband</strong>es<br />

<strong>der</strong> <strong>Landwirte</strong><br />

<strong>im</strong> Nebenberuf e.V. (DBN)<br />

den <strong>Landwirte</strong>n in den neuen<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n beratend zur<br />

Seite stehen.<br />

Grundlage für die Einrichtung<br />

einer Beratungsstelle ist<br />

die Qualifizierung als Berater<br />

in LSV-Angelegenheiten. Die<br />

LSV-Träger schulen ihre<br />

Berater eigenverantwortlich.<br />

Nachdem die DBN-Vertreter<br />

diese Schulungen absolviert<br />

hatten, konnte die Verpflichtung<br />

vorgenommen werden.<br />

Dies geschah am 19. August<br />

2008 in Hönow durch den<br />

Geschäftsführer <strong>der</strong> LSV<br />

MOD Ullrich Schrö<strong>der</strong>.<br />

Der DBN musste in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

<strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong><br />

feststellen, dass es <strong>im</strong> Hinblick<br />

auf die gesetzlich geregelte<br />

Versicherungspflicht<br />

<strong>der</strong> nebenberuflichen <strong>Landwirte</strong><br />

<strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> zu Problemen<br />

kommt, weil den Betroffenen<br />

oft nicht bewusst<br />

ist, dass die selbstständigen<br />

Unternehmer <strong>der</strong> Land- und<br />

Forstwirtschaft einer solchen<br />

Versicherungspflicht unterliegen.<br />

Dabei gibt es für nebenberufliche<br />

<strong>Landwirte</strong> zahlreiche<br />

Möglichkeiten, sich von<br />

<strong>der</strong> Versicherungspflicht in<br />

<strong>der</strong> Landwirtschaftlichen<br />

Alters-, Kranken- und Pflegekasse<br />

befreien zu lassen.<br />

Dazu sind aber Anträge notwendig.<br />

In Einzelfällen ist die<br />

Beratung auch <strong>im</strong> Hinblick<br />

auf Umgehungstatbestände<br />

nötig.<br />

Neben den Fragen zur Versicherungspflicht<br />

wird durch die Beratung<br />

auch Hilfestellung<br />

in Fragen<br />

des Leistungsbezugs,<br />

z.B. bei Arbeitsunfällen<br />

in <strong>der</strong><br />

Landwirtschaft,<br />

angeboten.<br />

Beson<strong>der</strong>s wichtig<br />

ist dem DBN, dass<br />

die beson<strong>der</strong>e<br />

Situation <strong>der</strong> nebenberuflichen<br />

<strong>Landwirte</strong> in <strong>der</strong><br />

Landwirtschaftlichen<br />

Sozialversicherung<br />

deutlich<br />

wird. Das LSV-<br />

System ist in erster<br />

Linie auf die Belange<br />

<strong>der</strong> Haupterwerbsbetriebe<br />

ausgerichtet.<br />

Daher<br />

sind oftmals nebenberufliche<br />

<strong>Landwirte</strong> von einer unzumutbaren<br />

und unnötigen<br />

Beitragspflicht betroffen.<br />

Dies ist insbeson<strong>der</strong>e <strong>im</strong><br />

Hinblick auf die Alterskassenpflicht<br />

<strong>der</strong> Ehegatten und<br />

die Vorrangversicherung in<br />

<strong>der</strong> Landwirtschaftlichen<br />

Krankenkasse bei Rentnern<br />

und Vorruheständlern mit<br />

landwirtschaftlichem Nebenerwerb<br />

<strong>der</strong> Fall. Verbandspolitisch<br />

setzt sich <strong>der</strong> DBN<br />

daher seit Jahren für die<br />

Befreiung <strong>der</strong> Ehegatten von<br />

Nebenerwerbslandwirten zur<br />

Versicherungspflicht in <strong>der</strong><br />

Landwirtschaftlichen Alterskasse<br />

ein und for<strong>der</strong>t auch<br />

die Abschaffung <strong>der</strong> Vorrangversicherung<br />

<strong>der</strong> Rentner<br />

und Vorruheständler mit<br />

nebenberuflicher Landwirtschaft<br />

in <strong>der</strong> Landwirtschaftlichen<br />

Krankenkasse. Bis<br />

dies gesetzlich geregelt ist,<br />

werden die Berater des DBN<br />

versuchen, den Betroffenen<br />

Wege aufzuzeigen, die eine<br />

individuelle Lösung darstellen<br />

können.<br />

Der Geschäftsführer <strong>der</strong> Landwirtschaftlichen Sozialversicherung<br />

Mittel- und Ostdeutschland, Ulrich Schrö<strong>der</strong> (Mitte), verpflichtete<br />

die LSV-Berater des DBN (v.l.n.r.) Jens Reichardt, Wilfried<br />

Puschbeck, Matthias Schreier, Bertold Löppenberg<br />

Seit <strong>der</strong> Sozialwahl 2005 ist<br />

<strong>der</strong> DBN mit drei <strong>der</strong> zwölf<br />

Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Vertreterversammlung<br />

und einem <strong>der</strong><br />

drei Mitglie<strong>der</strong> des Vorstandes<br />

<strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> Selbstständigen<br />

ohne fremde Arbeitskräfte<br />

in den Selbstverwaltungsorganen<br />

<strong>der</strong> Landwirtschaftlichen<br />

Sozialversicherung<br />

Mittel- und Ostdeutschland<br />

vertreten. Den<br />

Vertretern des DBN geht es<br />

dabei vor allem, die bisher<br />

nicht berücksichtigten Belange<br />

des Nebenerwerbs in den<br />

Selbstverwaltungsorganen<br />

des LSV-Trägers und bei <strong>der</strong><br />

Geschäftsführung mehr Gewicht<br />

zu verleihen.<br />

In Zukunft will <strong>der</strong> DBN seine<br />

Position in diesen Bereichen<br />

ausbauen und auch mehr<br />

Beratung anbieten. ■<br />

Die Beratungsstellen sind<br />

erreichbar unter:<br />

Für Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern<br />

und Brandenburg/Berlin:<br />

Bertold Löppenberg<br />

(03 90 35) 6 02 05<br />

o<strong>der</strong> (01 75) 1 52 69 57<br />

und<br />

Jens Reichardt<br />

(03 90 34) 9 43 45<br />

o<strong>der</strong> (01 74) 2 97 76 70<br />

Für Sachsen und Thüringen:<br />

Matthias Schreier<br />

(0 37 74) 32 90 73<br />

o<strong>der</strong> (01 75) 5 42 70 86<br />

und<br />

Wilfried Puschbeck<br />

(0 37 72) 2 43 17<br />

Seite 3


Unser Land<br />

Muswiese<br />

Zum fünften Mal präsentierte<br />

sich <strong>der</strong> DBN mit<br />

seinem Landesverband<br />

Baden-Württemberg in<br />

Rot am See zur traditionellen<br />

Landwirtschaftsund<br />

Gewerbeschau, die<br />

Muswiese.<br />

Heute ist <strong>der</strong> Marktplatz<br />

<strong>im</strong>mer noch ein Ort, an<br />

dem mit Wäsche und Gewürzen<br />

gehandelt wird,<br />

jedoch hat sich auch bei<br />

den Bauern in Hohenlohe<br />

das Kaufverhalten Geän<strong>der</strong>t,<br />

man kauft nicht mehr<br />

auch hier die Aktion: Alterskasse?<br />

- Nein Danke!<br />

Mehrere hun<strong>der</strong>t <strong>Landwirte</strong>,<br />

überwiegend <strong>im</strong> Nebenerwerb,<br />

kamen zum<br />

Stand und beteiligten sich<br />

an <strong>der</strong> Unterschriftenaktion<br />

des DBN mit <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung<br />

nach Befreiungsmöglichkeiten<br />

<strong>der</strong> Ehegatten<br />

von Nebenerwerbslandwirten<br />

in <strong>der</strong> LAK.<br />

Auch <strong>der</strong> Informationsaustausch<br />

<strong>der</strong> Betroffenen<br />

mit den Verbandsvertretern<br />

stellte eine wichtige<br />

Grundlage dar. Dabei<br />

geht es vor allem um die<br />

Untermauerung <strong>der</strong> Argumente<br />

und Aussagen des<br />

DBN durch konkrete Fallbeispiele.<br />

DBN auf <strong>der</strong> Muswiese:<br />

Immer ein gut besuchter<br />

Gemeinschaftsstand<br />

Die Muswiese ist ein<br />

Muss, so heißt es in Hohenlohe.<br />

Seit rund 500<br />

Jahren findet hier alljährlich<br />

<strong>im</strong> Oktober in Musdorf,<br />

einem kleinen<br />

Ortsteil von Rot am See<br />

ein Jahrmarkt statt. Früher<br />

waren es die Händler,<br />

die den Bauern <strong>im</strong> hohenloheschen<br />

ihre Waren<br />

anboten und die Bauern,<br />

sie deckten sich traditionell<br />

mit dem Bedarf an<br />

Arbeitskleidung, Unterwäsche<br />

Haushaltswaren und<br />

Gewürzen für das ganze<br />

Jahr ein. Auch die Aussteuer<br />

wurde hier auf <strong>der</strong><br />

Muswiese beschafft.<br />

für ein ganzes Jahr <strong>im</strong><br />

Voraus.<br />

Dafür entwickelte sich mit<br />

<strong>der</strong> Landwirtschafts- und<br />

Gewerbeschau die Muswiese<br />

zu einer Regionalen<br />

Messe mit Volksfestcharakter.<br />

Für den DBN und seinem<br />

Landesverband in Hohenlohe<br />

ist es seit Jahren ein<br />

fester Termin. Mit einem<br />

Gemeinschafsstand präsentierte<br />

sich <strong>der</strong> Verband<br />

allen Interessierten<br />

und stand den Mitglie<strong>der</strong>n<br />

für Nachfragen und Beratungen<br />

zur Verfügung.<br />

Zentrales Thema war<br />

Für den DBN beson<strong>der</strong>s<br />

interessant: Immer mehr<br />

Familien in Haupterwerbsbetrieben<br />

nutzen<br />

Umgehungstatbestände<br />

um aus <strong>der</strong> Landwirtschaftlichen<br />

Alterskasse<br />

heraus zu kommen. Die<br />

Beratungsleistungen, die<br />

diese Betriebe oftmals in<br />

Anspruch genommen haben,<br />

hat in <strong>der</strong> Regel die<br />

Folgen eines solchen<br />

Schrittes für die Versicherten<br />

nicht berücksichtigt.<br />

Dabei geht es darum,<br />

dass Haupterwerbslandwirte<br />

- an<strong>der</strong>s als ihre<br />

Nebenerwerbskollegen -<br />

keine Alternative zu <strong>der</strong><br />

sozialen Absicherung<br />

über die LSV vorweisen<br />

können.<br />

Der DBN wird auch diese<br />

Erfahrungen in seine Positionen<br />

einfließen lassen<br />

und verbandspolitisch<br />

auswerten.<br />

■<br />

Seite 4


Ausgabe 5/2008 Sept./Okt. ´08<br />

Weidefest<br />

Wie schon <strong>im</strong> Vorjahr<br />

war <strong>der</strong> DBN <strong>im</strong> August<br />

2008 auf dem Weidefest<br />

in Schönbronn, Landkreis<br />

Ansbach mit einem<br />

Infostand vor Ort.<br />

Die Präsentation stand<br />

<strong>im</strong> Zeichen <strong>der</strong> Aktion:<br />

Alterskasse? - Nein<br />

Danke!<br />

suchern aus Bayern, Baden-Württemberg<br />

und<br />

Hessen, auch Besucher<br />

und Interessierte aus Nie<strong>der</strong>sachsen,<br />

Nordrhein-<br />

Westfalen und den fünf<br />

neuen Bundeslän<strong>der</strong>n.<br />

von Ehegatten in Nebenerwerbsbetrieben<br />

in <strong>der</strong><br />

LAK öffentlich aktiver zu<br />

propagieren, bestätigt.<br />

Ziel des DBN ist es, in <strong>der</strong><br />

anstehenden Bundestagswahl<br />

2009 die Frage<br />

Zum zweiten mal in Folge<br />

richtete sich <strong>der</strong> Infostand<br />

des DBN an die <strong>Landwirte</strong><br />

in Mittelfranken und den<br />

angrenzenden Regionen<br />

Bayerns und Baden-<br />

Württembergs. Gemeinsam<br />

organisierte <strong>der</strong> DBN<br />

mit den Landesverbänden<br />

in Bayern und Baden-<br />

Württemberg zudem eine<br />

Infoveranstaltung. Sowohl<br />

<strong>der</strong> Infostand, als auch<br />

die Infoveranstaltung war<br />

sehr gut angenommen<br />

und verzeichneten eine<br />

hohe Beteiligung.<br />

Deutlich wurde dies auch<br />

bei <strong>der</strong> Unterschriftenaktion<br />

des DBN - rund 300<br />

neue Unterschriften wurden<br />

gesammelt. Zudem<br />

konnten neue Mitglie<strong>der</strong><br />

gewonnen werden.<br />

Die Veranstaltung in<br />

Schönbronn ist für den<br />

DBN beson<strong>der</strong>s interessant.<br />

Die Teilnehmer sind<br />

vor allem aktive <strong>Landwirte</strong><br />

mit extensiver Rin<strong>der</strong>haltung.<br />

So ist <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong><br />

Fachbesucher die ihren<br />

landwirtschaftlichen Betrieb<br />

<strong>im</strong> Nebenerwerb<br />

bewirtschaften, beson<strong>der</strong>s<br />

hoch. Zudem hat das<br />

Weidefest seit Jahren<br />

eine überregionale Bedeutung.<br />

Der DBN verzeichnete<br />

neben den Be-<br />

Somit gelang es auch, die<br />

Aktion „Alterskasse? -<br />

Nein Danke!“ von Schönbronn<br />

aus in die an<strong>der</strong>en<br />

Bundeslän<strong>der</strong> zu tragen.<br />

Die Resonanz setzte sich<br />

für den DBN auch in den<br />

folgenden Wochen fort.<br />

Zahlreiche Zuschriften<br />

und Anfragen erreichten<br />

den Verband seither und<br />

zeigen deutlich, dass die<br />

Alterskassenproblematik<br />

auch weiterhin das Thema<br />

Nummer eins ist.<br />

Ein Ergebnis, dass den<br />

Bundesvorstand in seiner<br />

Entscheidung, die For<strong>der</strong>ung<br />

nach <strong>der</strong> Befreiung<br />

<strong>der</strong> Reform des LSV-<br />

Systems erneut auf den<br />

Tisch zu bringen.<br />

Sollten die Politiker dieses<br />

Thema nicht endlich<br />

angehen, werden die Verbandsvertreter<br />

die Sozialwahl<br />

2011 stärker als bislang<br />

nutzen und über eigene<br />

Listen, die Präsens<br />

<strong>der</strong> in den Selbstverwaltungsorganen<br />

<strong>der</strong> LSV-<br />

Träger ausbauen.<br />

Der DBN schon heute die<br />

Vertreter in den Selbstverwaltungen<br />

und den<br />

<strong>Bundesverband</strong> in Kassel<br />

auf, in dieser Frage aktiv<br />

zu werden.<br />

■<br />

DBN-Infostand in Schönbronn<br />

(Bayern):<br />

Alterskasse? Nein Danke!<br />

Seite 5


Unser Land<br />

Zehntausende bei Rock for Nature<br />

Nena war eine <strong>der</strong> Top-Stars<br />

auf dem Airfeld<br />

Gespräch: Jens Reichardt und<br />

Roger Hodgsen<br />

Auch „Wir sind Helden“ rockten<br />

auf <strong>der</strong> Bühne<br />

Seite 6<br />

Ein Bericht von<br />

Detlef Güssefeld<br />

Die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft<br />

Schwäbisch<br />

Hall feierte ihren 20. Geburtstag<br />

mit einem viertägigen<br />

Open-Air. Es stand<br />

<strong>im</strong> Zeichen <strong>der</strong> Musik,<br />

aber auch <strong>im</strong> Zeichen des<br />

Kampfes gegen die Agro-<br />

Gentechnik.<br />

Über 60.000 Fans zählten<br />

die Veranstalter insgesamt<br />

an vier Tagen. Von<br />

Donnerstag bis Sonntag<br />

gaben sich auf den Bühnen<br />

des Airfelds <strong>im</strong> baden-württembergischen<br />

Wolpertshausen, unmittelbar<br />

an <strong>der</strong> Autobahn A6,<br />

über 40 Bands die Klinke<br />

in die Hand. Eingeladen<br />

hatte die bäuerliche Erzeugergemeinschaft<br />

Schwäbisch Hall, die ihren<br />

20. Geburtstag feierte.<br />

Mit dem Riesen-Event<br />

sollte eine Botschaft in die<br />

Welt getragen werden:<br />

Die For<strong>der</strong>ung nach einer<br />

intakten Natur. Während<br />

einer Pressekonferenz<br />

machte insbeson<strong>der</strong>e Dr.<br />

Vandana Shiva aus Indien<br />

deutlich, welche Folgen<br />

die Agro-Gentechnik<br />

vor allem bei den Bauern<br />

in Indien hat. Sie griff die<br />

großen Konzerne an, die<br />

die Landwirtschaft dazu<br />

missbrauchen, die Natur<br />

zu zerstören. Die Trägerin<br />

des alternativen Nobelpreises<br />

sprach von Monokulturen,<br />

von Ausbeutung<br />

und mo<strong>der</strong>ner Sklaverei.<br />

Nicht nur die Natur werde<br />

zerstört, tausende bäuerlicher<br />

Familien stehen vor<br />

dem Ruin. Die Suizidrate<br />

ist seit Einführung von<br />

genmanipulierten Pflanzensorten<br />

drastisch angestiegen,<br />

dabei wurden<br />

den Bauern goldene Zeiten<br />

versprochen.<br />

Dass sich <strong>der</strong> Kampf gegen<br />

die Genlobby - ein<br />

Kampf, scheinbar wie<br />

David gegen Goliath -<br />

doch lohnt, darauf verwies<br />

Percy Schmeiser<br />

aus Kanada. Er war als<br />

Farmer durch die den<br />

Anbau von Gensorten in<br />

seiner Nachbarschaft geschädigt<br />

worden. Nach<br />

langen Jahren siegte er<br />

endlich vor Gericht. Auch<br />

er ist wie die In<strong>der</strong>in Dr.<br />

Vandana Shiva, Träger<br />

des alternativen Nobelpreises.<br />

Der Bundesvorsitzende<br />

des Deutschen <strong>Bundesverband</strong>es<br />

<strong>der</strong> <strong>Landwirte</strong><br />

<strong>im</strong> Nebenberuf e.V.<br />

(DBN), Jens Reichardt<br />

aus Sanne-Kerkuhn, nutze<br />

die Möglichkeit, mit<br />

beiden Persönlichkeiten<br />

ins Gespräch zu kommen.<br />

Genau wie auch die Anbauverbände<br />

des ökologischen<br />

Landbaus, die Bäuerliche<br />

Erzeugergemeinschaft<br />

Schwäbisch Hall<br />

und die beiden Nobelpreisträger,<br />

lehnt <strong>der</strong> DBN<br />

und sein Vorsitzen<strong>der</strong><br />

Reichardt die sogenannte<br />

„Grüne Gentechnik“ ab.<br />

Am Rande des Megakonzerts<br />

gab es für die vielen<br />

Journalisten aus ganz<br />

Deutschland und für alle<br />

Interessierte, einen Einblick<br />

in die Philosophie<br />

<strong>der</strong> Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft.<br />

Im Mit-


Ausgabe 5/2008 Sept./Okt. ´08<br />

telpunkt steht die Produktion<br />

des Schwäbisch-<br />

Hällischen Landschweins.<br />

Am Beispiel von zwei Betrieben<br />

konnten sich die<br />

Pressevertreter ein Bild<br />

davon machen, dass<br />

Schweine auch artgerecht<br />

gehalten werden können.<br />

Ob mit zehn o<strong>der</strong> 50 Tieren<br />

- die <strong>Landwirte</strong>, überwiegend<br />

<strong>im</strong> Nebenerwerb,<br />

sind gleichberechtigte<br />

Mitglie<strong>der</strong> in Ihrer<br />

„Bäuerlichen“. Bäuerliche<br />

Familiebetriebe werden<br />

so erhalten, was bei allein<br />

kommerziell betriebener<br />

Landwirtschaft so nicht<br />

möglich wäre.<br />

Es ist nicht nur eine beson<strong>der</strong>e<br />

form <strong>der</strong> Landwirtschaft,<br />

son<strong>der</strong>n auch<br />

eine beson<strong>der</strong>e Form von<br />

Lebensqualität, die man<br />

bei den Bauern <strong>im</strong> hohenloheschen<br />

erleben kann.<br />

Doch man sieht auch<br />

Wolken am Horizont, die<br />

Gentechnik in <strong>der</strong> Landwirtschaft.<br />

„Gen-Tec, Nein<br />

Danke!“, diese Botschaft<br />

war allerorts zu sehen<br />

und auch die Stars des<br />

Wochenendes unterstützten<br />

dies mit Nachdruck.<br />

Der ehemalige Kopf <strong>der</strong><br />

Gruppe Supertramp, Roger<br />

Hodgson, wie auch<br />

Joe Cocker, <strong>der</strong> Woodstock-Aktivist,<br />

sprachen<br />

sich für eine gesunde Natur<br />

und nachhaltige Landwirtschaft<br />

ohne Gentechnik<br />

aus.<br />

Während eines Gottesdienstes<br />

am Sonntagmorgen<br />

auf dem Festivalgelände,<br />

sprach <strong>der</strong> Pfarrer<br />

nicht nur gegen die Gentechnik<br />

in <strong>der</strong> Landwirtschaft,<br />

son<strong>der</strong>n auch gegen<br />

ethisch nicht zu verantwortende<br />

medizinische<br />

Genexper<strong>im</strong>ente. Das<br />

„Herstellen“ von Leben<br />

sei eine Gefahr, sie unkontrolliert<br />

zum Desaster<br />

führt.<br />

Für Rudolf Bühler, den<br />

Initiator <strong>der</strong> Veranstaltung,<br />

„Vater“ und Geschäftsführer<br />

<strong>der</strong> Bäuerlichen<br />

Erzeugergemeinschaft<br />

Schwäbisch Hall,<br />

war das erste Öko-Open-<br />

Air-Festival in <strong>der</strong> Geschichte<br />

ein großer Erfolg.<br />

Und es soll vielleicht<br />

keine Eintagsfliege gewesen<br />

sein. So kann sich<br />

Bühler vorstellen, dass<br />

„Rock for Nature“ als ein<br />

Zeichen rund um die Welt<br />

geht. Das hoffen auch<br />

viele Fans. Außerdem<br />

war mit dem Woodstock-<br />

Revival kein kommerzieller<br />

Gedanke verbunden.<br />

Es sollte sich rechen - ja,<br />

aber kein Gewinn. So<br />

fließen fünf Euro von je<strong>der</strong><br />

verkauften Eintrittskarte<br />

in Ökoprojekte in<br />

Indien.<br />

Und es wurde ein weiteres<br />

Zeichen gesetzt: Statt<br />

Coca o<strong>der</strong> Pepsi gab es<br />

Bio-L<strong>im</strong>onade und regionale<br />

Biere und Säfte. In<br />

den Imbisszelten gab es<br />

nur Wurst, Fleisch und<br />

Gemüse von regionalen<br />

ökologischen Erzeugern.<br />

Die zehntausende Fans<br />

ließen sich nicht nur von<br />

<strong>der</strong> Musik anstecken,<br />

son<strong>der</strong>n auch von <strong>der</strong><br />

Idee, die hinter dem Festival<br />

stand.<br />

■<br />

Percy Schmeiser war ein gefragter<br />

Gesprächspartner<br />

Zehntausende feierten ein<br />

Wochenende lang<br />

Vandana Shiva: Rock for Nature<br />

unterstützt ihre Arbeit<br />

Seite 7


Unser Land<br />

Schwein gehabt!<br />

Das Schwäbisch-Hällische<br />

Landschwein als Symbol<br />

einer erfolgreichen Vermarktungsinitiative<br />

<strong>der</strong> Bauern<br />

Von hinten sehen die Urigen<br />

Viecher aus, als würden<br />

sie schwarze Shorts<br />

tragen. Von vorne betrachtet,<br />

meint man, die Schweine<br />

hätten eine schwarze<br />

Haube über das Gesicht<br />

gezogen. Man nennt sie<br />

deshalb auch Mohrenköpfle.<br />

In ihrer Suhle wälzen<br />

sie sich genüsslich <strong>im</strong><br />

kühlen Schlamm. Schon<br />

bei ihren wilden Urahnen<br />

hat sich die regelmäßige<br />

Schweine-Fangopackung<br />

bewährt: bröckelt <strong>der</strong> getrocknete<br />

Schlamm von<br />

den Borsten, fällt lästiges<br />

Ungeziefer gleich mit ab.<br />

In <strong>der</strong> Region Hohenlohe <strong>im</strong><br />

Nordosten Baden-<br />

Württembergs gibt es solche<br />

glücklichen Schweine, und<br />

die Sauerei, die hier auf <strong>der</strong><br />

Weide veranstaltet wird, ist<br />

absolut vorbildlich. Denn die<br />

Schwäbisch-Hällischen<br />

Schweine waren schon fast<br />

ausgestorben. Der aus Hohenlohe<br />

stammende Agraringenieur<br />

Rudolf Bühler wollte<br />

jedoch nicht mit ansehen,<br />

wie eine gute alte Landrasse<br />

einfach verschwindet. Bühler<br />

machte sich mit wenigen<br />

Gleichgesinnten daran, die<br />

letzte Exemplare des<br />

Schwäbisch-Hällischen<br />

Landschweins aufzustöbern.<br />

Gerade mal sieben Tiere<br />

waren <strong>im</strong> Raum Hohenlohe<br />

noch zu finden.<br />

1984 gründete Bühler - von<br />

vielen damals milde belächelt<br />

- die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft<br />

Schwäbisch<br />

Hall. Was als Rettungsversuch<br />

für eine vom<br />

Aussterben bedrohte<br />

Schweinerasse begann,<br />

wurde zum Vorzeigeobjekt.<br />

Heute sind rund 1.000 bäuerliche<br />

Betriebe angeschlossen<br />

und fast 300 Menschen<br />

beschäftigt. Schon früh hat<br />

die Erzeugergemeinschaft<br />

das Prinzip <strong>der</strong> Transparenz<br />

und <strong>der</strong> offenen Höfe verfolgt.<br />

Wer sich in die Hohenloher<br />

Lande aufmacht, und<br />

einen Blick in Herkunft, Haltung<br />

und Fütterung <strong>der</strong><br />

Schwäbisch-Hällischen<br />

Schweine wirft, wird schnell<br />

die großen Unterschiede zu<br />

industriellen Massentierhaltung<br />

entdecken - Unterschiede,<br />

die man auch schmecken<br />

kann. Das Fleisch eines<br />

Schwäbisch-Hällischen<br />

Landschweins ist fest, etwas<br />

dunkler und hält aufgrund<br />

seiner gesunden Zellstruktur<br />

den Saft sehr gut. Zuerst<br />

waren es die Top-<br />

Gastronomen, welche die<br />

beson<strong>der</strong>en Vorzüge entdeckten.<br />

„Dieses Fleisch<br />

kann ich meinen Gästen mit<br />

gutem Gewissen vorsetzen“,<br />

sagte Vincent Klink von <strong>der</strong><br />

„Wielandshöhe“ in Stuttgart.<br />

Auch bei Feinkost Käfer in<br />

München o<strong>der</strong> bei Sternekoch<br />

Harald Wohlfahrt sind<br />

die Schwäbisch-Hällischen<br />

Schweine ein Begriff.<br />

Grundlagen <strong>der</strong> Fleischqualität<br />

sind Haltung, Fütterung<br />

und Zucht. So leben Schwäbisch-Hällische<br />

Landschweine<br />

artgerecht. Die Ställe sind<br />

hell, luftig und mit Stroh ausgestreut.<br />

90 <strong>der</strong> rund 1.000<br />

Bauern wirtschaften als anerkannte<br />

Bio-Betriebe. „In<br />

wesentlichen Bereichen sind<br />

unsere Richtlinien jedoch<br />

viel strenger als die an<strong>der</strong>er<br />

Bioverbände“, betont Rudolf<br />

Bühler. So sind Medikamente<br />

grundsätzlich untersagt.<br />

Wird ein Tier damit behandelt,<br />

darf sein Fleisch nur<br />

noch als konventionelle Ware<br />

verkauft werden. „Und<br />

dann tragen wir mit <strong>der</strong><br />

Zucht <strong>der</strong> alten Rasse zum<br />

Erhalt <strong>der</strong> Biodiversität bei<br />

und bieten ein garantiert<br />

regionales Produkt.“<br />

Seite 8


Ausgabe 5/2008 Sept./Okt. ´08<br />

Alle Mitgliedsbetriebe liefern<br />

ihre Tiere selbst be<strong>im</strong><br />

Schlachthof in Schwäbisch<br />

Hall an. Den betreibt die<br />

Erzeugergemeinschaft in<br />

Eigenregie, um kurze Transportwege<br />

zu garantieren.<br />

Verladung und Transport <strong>der</strong><br />

Tiere dürfen höchstens eine<br />

Stunde dauern. An<strong>der</strong>e Bioverbände<br />

erlauben bis zu<br />

vier Stunden. Das Biosiegel<br />

erhalten viele an<strong>der</strong>e Bauern<br />

deshalb nicht, weil sie den<br />

Schweinen keinen Auslauf<br />

bieten können und die Richtlinien<br />

<strong>der</strong> Erzeugergemeinschaft<br />

lediglich Futtermittel<br />

vom Hof, nicht aber Biokost<br />

vorschreiben. Ernährt werden<br />

die Schwäbisch-<br />

Hällischen aber ausschließlich<br />

vegetarisch. Währen <strong>der</strong><br />

Mast bekommen sie betriebseigenes<br />

Getreide mit<br />

Vitaminen, Futterkalk sowie<br />

Erbsen-, o<strong>der</strong> Bohnenschrot.<br />

Nur Futter aus <strong>der</strong> Region<br />

darf hinzugekauft werden.<br />

Masthilfsstoffe sind verboten,<br />

genau so wie genetisch<br />

manipulierte Futtermittel.<br />

Seit 1998 ist das Schwäbisch-Hällische<br />

Qualitätsschweinefleisch<br />

eine EUgeschützte<br />

Herkunftsbezeichnung.<br />

Da die Erzeugergemeinschaft<br />

den Aufzuchtbetrieben<br />

die Organisation<br />

tierärztlicher Betreuung<br />

ebenso abn<strong>im</strong>mt, wie Marketing<br />

und Vertrieb, haben<br />

viele Besitzer ehemaliger<br />

Hofstellen, die in Heilbronn<br />

o<strong>der</strong> Stuttgart arbeiten, wie<strong>der</strong><br />

als Nebenerwerbsbauern<br />

begonnen. Dies hilft, die<br />

Landflucht zu stoppen und<br />

die Identität mit dem He<strong>im</strong>atraum<br />

zu stärken. „Wir können<br />

lange von Kulturlandschaft<br />

reden, wenn sie keiner<br />

pflegt, nutzt es nichts.<br />

Deshalb sind wir froh, wenn<br />

die Leute ihre kleinen Höfe<br />

wie<strong>der</strong> bewirtschaften“, so<br />

Brigitte Dahlben<strong>der</strong>, stellvertretende<br />

Bundesvorsitzende<br />

des BUND.<br />

Kein Wun<strong>der</strong>, dass auf dieses<br />

Erfolgsmodell auch <strong>der</strong><br />

Lebensmittelriese Unilever<br />

aufmerksam wurde. Für seine<br />

Premium-Wurstprodukte<br />

„Du darfst“ bezieht <strong>der</strong> Konzern<br />

sein Fleisch ausschließlich<br />

von <strong>der</strong> Bäuerlichen<br />

Erzeugergemeinschaft<br />

Schwäbisch Hall. Zwar dürfen<br />

auch normale Landrassen<br />

geliefert werden, jedoch<br />

gelten bei dem, von <strong>der</strong> Umweltstiftung<br />

Euronatur begleiteten<br />

Projekt die selben<br />

strengen Kriterien für Haltung<br />

und Fütterung. Lediglich<br />

be<strong>im</strong> Transport zum<br />

Schlachthof sind hier zwei<br />

Stunden zugelassen. Verarbeitet<br />

wird das Fleisch von<br />

Unilever in nur 60 km entfernten<br />

Ansbach.<br />

Der Erfolg mit dem Schwäbisch-Hällischen<br />

Landschweinen<br />

beflügelte die<br />

Erzeugergemeinschaft zu<br />

weiteren Schritten: Man richtete<br />

in Stuttgart und bei Heilbronn<br />

Bauernmärkte ein und<br />

ergänzte das Angebot um<br />

Rin<strong>der</strong>- und Schafsprodukte.<br />

Wie eng bäuerliches Wirtschaften<br />

mit dem Bild und<br />

dem Erhalt <strong>der</strong> Kulturlandschaft<br />

zeigt sich rings um<br />

Schwäbisch Hall <strong>im</strong> Jagstund<br />

Kochertal. Viele malerische<br />

Hänge verbuschte,<br />

nachdem die Heugewinnung<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Weidebetrieb aufgegeben<br />

worden waren.<br />

Statt wie viele an<strong>der</strong>en Bauern<br />

zu lamentieren und<br />

schließlich zu resignieren,<br />

wagten Bühler und seine<br />

Mitstreiter einen neuen<br />

Schritt. Man entschloss sich,<br />

Landschaftspflege und Produktion<br />

nach alter Vätersitte<br />

wie<strong>der</strong> zusammenzubringen.<br />

Das Ergebnis: Seit Sommer<br />

1999 gibt es nicht nur in<br />

Edeka-Märkten in Deutschlands<br />

Südwesten Fleisch<br />

von Hohenloher Wei<strong>der</strong>ind,<br />

son<strong>der</strong>n zugleich haben<br />

Baumpieper, Schlingnatter<br />

und Segelfalter mit den wie<strong>der</strong><br />

entstandenen blütenreichen<br />

Wiesen und Weiden<br />

eine neue Chance. Und <strong>der</strong><br />

Tourismus eine attraktive<br />

Kulturlandschaft als Basis.<br />

Auch an<strong>der</strong>e Landrassen<br />

werden verarbeitet: aber nur<br />

aus artgerechter Haltung!<br />

Seite 9


Unser Land<br />

Blauzungenkrankheit weiter aktuell<br />

Grafik oben:<br />

Verbreitung des BT-Virus<br />

Bil<strong>der</strong> unten:<br />

Krankheitsbild be<strong>im</strong> Rind<br />

Die Blauzungenkrankheit<br />

war bislang in Deutschland<br />

und Nordeuropa nicht aufgetreten,<br />

da die kl<strong>im</strong>atischen<br />

Verhältnisse für den Virusüberträger,<br />

Stechmücken<br />

<strong>der</strong> Gattung Culicoides, ungünstig<br />

waren. Am 17. August<br />

2006, am Ende eines<br />

sehr warmen Sommers, wurde<br />

zum ersten Mal in hiesigen<br />

Breiten ein Ausbruch<br />

<strong>der</strong> Blauzungenkrankheit<br />

gemeldet. Betroffen waren<br />

die Nie<strong>der</strong>lande, Belgien und<br />

Deutschland.<br />

Die Blauzungenkrankheit<br />

(Bluetongue Disease) ist<br />

eine nicht ansteckende Virusinfektion<br />

bei Wie<strong>der</strong>käuern.<br />

Sie ist in Deutschland<br />

und in den Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> EU<br />

anzeigepflichtig. Während<br />

die Erkrankung bei Schafen<br />

in <strong>der</strong> Regel akut verläuft, ist<br />

<strong>der</strong> Verlauf bei Rin<strong>der</strong>n, Ziegen<br />

und Wildwie<strong>der</strong>käuern<br />

deutlich mil<strong>der</strong>. Jedoch können<br />

Tiere dieser Spezies für<br />

eine gewisse Zeit Virusträger<br />

sein und ein Virusreservoir<br />

für das Blue Tongue<br />

Virus darstellen. Hierbei<br />

kommt dem Rind und Wildwie<strong>der</strong>käuern<br />

die größte<br />

Bedeutung zu.<br />

Blue Tongue Virus (BTV)<br />

Das BTV ist ein doppelsträngiges<br />

RNA-Virus, das zusätzlich<br />

noch einzelne Segmente<br />

besitzt. Es gehört<br />

zum Genus Orbivirus <strong>der</strong><br />

Familie Reoviridae und wird<br />

ausschließlich durch Stechmücken<br />

<strong>der</strong> Gattung Culicoides<br />

(Gnitzen) trans<strong>der</strong>mal<br />

übertragen. Es sind <strong>der</strong>zeit<br />

24 Serotypen bekannt.<br />

Bei dem 2006 in Deutschland,<br />

den Nie<strong>der</strong>landen und<br />

Belgien grassierenden BTV<br />

handelt es sich um den Serotyp<br />

8. Dieser ist in Europa<br />

zuvor nicht nachgewiesen<br />

worden. Sein Ursprung wird<br />

<strong>im</strong> südlichen Afrika vermutet.<br />

Er kann aber auch in Indien<br />

o<strong>der</strong> Parkistan liegen, wo<br />

dieser Serotyp ebenfalls<br />

schon aufgetreten ist. Der<br />

Serotyp 8 scheint sehr<br />

"rin<strong>der</strong>affin" zu sein. Schafe<br />

erkranken abhängig von <strong>der</strong><br />

Rase. In <strong>der</strong> Eifel ist die Infektion<br />

bei einem Mufflon<br />

nachgewiesen worden. Auch<br />

bei Rotwild gab es bereits<br />

positive Nachweise.<br />

Die Blauzungenkrankheit ist<br />

bisher zwischen dem 35.<br />

südlichen und dem 44. nördlichen<br />

Breitengrad aufgetreten.<br />

Es wurden Fälle aus<br />

Afrika, dem Nahen Osten,<br />

dem indischen Subkontinent,<br />

aus China, den USA und<br />

Mexiko gemeldet. Die Seuche<br />

zeigt aber bereits seit<br />

Jahren eine expansive Tendenz.<br />

So wurde sie <strong>im</strong> Jahre<br />

2000 in Schafbeständen auf<br />

den Balearen, Sardinien,<br />

Sizilien und Korsika bestätigt.<br />

Allerdings handelte es<br />

sich dabei nie um den Serotyp<br />

8, son<strong>der</strong>n um die Serotypen<br />

1, 2, 9 und 16. Aus<br />

dem nie<strong>der</strong>ländischen<br />

Kerkrade, unweit <strong>der</strong> deutschen<br />

Grenze, wurden die<br />

ersten Fälle in diesen Breiten<br />

gemeldet. In den sich<br />

anschließenden Untersuchungen<br />

konnte das Virus<br />

aber auch in mehreren deutschen<br />

und belgischen Betrieben<br />

bei Rin<strong>der</strong>n und Schafen<br />

nachgewiesen werden.<br />

Je mehr Betriebe untersucht<br />

werden, desto mehr positive<br />

Befunde gibt es, auch wenn<br />

die Tiere des Betriebes zuvor<br />

keine klinischen Symptome<br />

gezeigt haben o<strong>der</strong> diese<br />

auf Grund ihrer Milde übersehen<br />

wurden.<br />

Infektion<br />

Für die Ausbreitung <strong>der</strong><br />

Krankheit in Richtung Norden<br />

wird die voranschreitende<br />

Kl<strong>im</strong>aerwärmung verantwortlich<br />

gemacht. Durch die<br />

ausreichend langen hohen<br />

Temperaturen konnten sich<br />

die virusübertragenden<br />

Stechmücken <strong>der</strong> Gattung<br />

Culicoides auch hierzulande<br />

vermehren. Im Zusammenhang<br />

mit dem Ausbruch in<br />

Deutschland, Belgien und<br />

den Nie<strong>der</strong>landen wird Culicoides<br />

obsoletus die größte<br />

Bedeutung als biologisch<br />

effektiver Vektor beigemessen.<br />

Aber auch Culicoides<br />

pulicaris könnte als Vektor<br />

von Bedeutung sein. Derzeit<br />

wird die Bedeutung <strong>der</strong> beiden<br />

Culicoidesarten am<br />

Fiedrich-Loeffler-Institut untersucht.<br />

Bei insgesamt 7<br />

Spezies <strong>der</strong> Gattung Culicoides<br />

konnte bislang die Übertragung<br />

des BTV nachgewiesen<br />

werden, bei 24 weiteren<br />

ist eine Übertragung denkbar.<br />

Nachdem eine erwachsene<br />

Culicoides-Mücke das BTV<br />

aufgenommen hat, vermehrt<br />

sich das Virus in einer Replikationsdauer<br />

von 6 - 8 Tagen<br />

in den Mitteldarmzellen<br />

und <strong>der</strong> Speicheldrüse <strong>der</strong><br />

Mücke. Einmal infizierte Mücken<br />

bleiben lebenslang<br />

Virusträger. Die durchschnittliche<br />

Überlebensdauer<br />

einer Culicoides-Mücke in<br />

Deutschland beträgt etwa 20<br />

Tage. Während die Übertragung<br />

von einem mit dem<br />

Seite 10


Ausgabe 5/2008 Sept./Okt. ´08<br />

Virus infizierten Tier (Wirt)<br />

auf die Stechmücke (Vektor)<br />

sehr ineffizient ist, verläuft<br />

die Übertragung vom Vektor<br />

auf den Wirt außerordentlich<br />

effizient. Unter den <strong>der</strong>zeitigen<br />

kl<strong>im</strong>atischen Bedingungen<br />

kann davon ausgegangen<br />

werden, dass Culicoides-Mücken<br />

in Deutschland<br />

aber nicht überwintern können.<br />

Mittelfristig könnte <strong>der</strong><br />

Kl<strong>im</strong>awandel jedoch ein<br />

Überwintern <strong>der</strong> Stechmücken<br />

auch in hiesigen Breiten<br />

ermöglichen. Außer<br />

durch Culicoides-Mücken<br />

kann das BTV auch iatrogen<br />

übertragen werden. Eine<br />

beson<strong>der</strong>e Gefahr stellt die<br />

Benutzung nicht sterilisierter<br />

Kanülen bei Mehrfachverwendung<br />

dar. Das direkte<br />

Verbringen des BTV in die<br />

Lymph- o<strong>der</strong> Blutbahn<br />

gleicht <strong>der</strong> Infektion über<br />

Vektoren. Eine Virusübertragung<br />

von Tier zu Tier ist<br />

dagegen nicht möglich. Die<br />

Blue Tongue Disease ist<br />

keine Zoonose und stellt<br />

somit keine Gefahr für den<br />

Menschen dar. Fleisch- und<br />

Milchprodukte können bedenkenlos<br />

verzehrt werden.<br />

Nach <strong>der</strong> trans<strong>der</strong>malen<br />

Infektion (p.i.) kommt es<br />

etwa 3 Tage später zu einer<br />

Virämie, die ihren Höhepunkt<br />

nach etwa 10-15 Tage<br />

p.i. erreicht. Bei Schafen<br />

und Ziegen kann sie bis 60<br />

Tage andauern. Die Dauer<br />

bei natürlich infizierten Rin<strong>der</strong>n<br />

beträgt rund 60 Tage.<br />

Fälle bis zu 100 Tagen und<br />

intermittieren<strong>der</strong> Verlauf<br />

wurden beschrieben. In den<br />

ersten 10 Tagen nach <strong>der</strong><br />

Infektion sind die Lymphorgane<br />

des Wirts pr<strong>im</strong>äres Ziel<br />

des Virus. Anschließend<br />

heftet sich das Virus an die<br />

Erythrozyten und bleibt dort,<br />

bis <strong>der</strong> Erythrozyt abstirbt.<br />

Der Krankheitsverlauf sowie<br />

die Morbidität hängt zum<br />

einen von <strong>der</strong> Art und <strong>der</strong><br />

Rasse <strong>der</strong> betroffenen Tiere<br />

ab, zum an<strong>der</strong>en von<br />

<strong>der</strong> Virulenz des Virusstammes.<br />

Typisch und damit namengebend<br />

für die Krankheit<br />

ist die intensive Hyperämie<br />

und Schwellung <strong>der</strong> Zunge<br />

wegen des Austritts intravasaler<br />

Flüssigkeit infolge <strong>der</strong><br />

Gefäßwandzerstörungen<br />

durch das Virus. Rötungen<br />

und Blutungen des oberen<br />

Klauenrandes und Lahmen<br />

können ebenfalls beobachtet<br />

werden. Mitunter können<br />

auch Aborte und kongenitale<br />

Missbildungen insbeson<strong>der</strong>e<br />

nach Infektion mit schwach<br />

virulenten BTV-Serotypen<br />

auftreten. In einigen Fällen<br />

können Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />

Skelettmuskulatur eintreten.<br />

Befallene Schafe sterben<br />

meist nach 2-8 Tagen. Die<br />

Mortalitätsrate wird mit 2-<br />

80% angegeben. Die Stärke<br />

<strong>der</strong> Symptome kann zwischen<br />

den einzelnen Rassen<br />

variieren. In vielen Teilen <strong>der</strong><br />

Welt verläuft die Blauzungenkrankheit<br />

gewöhnlich<br />

subklinisch.<br />

Virusnachweis<br />

Ein Virusnachweis <strong>im</strong> Blut<br />

gelingt frühestens 6 Tage<br />

p.i.. Die Antikörperbildung<br />

beginnt ca. 7 Tage p.i. und<br />

erreicht innerhalb von 4 Wochen<br />

den Höhepunkt. Hinweise<br />

bezüglich einer möglichen<br />

Immuntoleranz gegen<br />

BTV sind nicht bekannt. Der<br />

Nachweis kann mit Hilfe von<br />

ELISA o<strong>der</strong> Realt<strong>im</strong>e-PCR<br />

erfolgen. Der Virusnachweis<br />

<strong>im</strong> Blut gelingt etwa 45-90<br />

Tage lang. Der Nachweis<br />

von Virusgenom mittels RT-<br />

PCR bis zu 220 Tagen.<br />

Bekämpfung<br />

Die Bekämpfung ist durch<br />

die EU-Richtlinie 2000/75/<br />

EG des Rates vom 20. No-<br />

vember 2000 geregelt. National<br />

gilt in Deutschland die<br />

"Verordnung zum Schutz<br />

gegen die Blauzungenkrankheit<br />

vom 22. März 2002. Die<br />

Best<strong>im</strong>mungen für das innergemeinschaftliche<br />

Verbringen<br />

sind in <strong>der</strong> VO (EG)<br />

Nr.1266/2007 <strong>der</strong> Kommission<br />

vom 26. Oktober 2007<br />

festgelegt.<br />

Derzeit steht in <strong>der</strong> EU und<br />

in Deutschland aber noch<br />

kein für die Impfung gegen<br />

Serotyp 8 zugelassener<br />

Impfstoff zur Verfügung (die<br />

Zulassungsverfahren laufen).<br />

Die Anwendung vorhandener<br />

Impfstoffe wurde<br />

jedoch über eine Dringlichkeitsverordnung<br />

des BMELV<br />

ermöglicht.<br />

Zugelassene Impfstoffe gegen<br />

an<strong>der</strong>e Serotypen wirken<br />

laut wissenschaftlichen<br />

Untersuchungen nicht <strong>im</strong>munisierend<br />

auf Infektionen mit<br />

dem Serotyp 8. Im Rahmen<br />

eines Ausschreibungsverfahrens<br />

wurden drei Impfstoffe<br />

ausgewählt, die seit Mitte<br />

Mai großflächig zum Einsatz<br />

kommen. Unschädlichkeit<br />

und Wirksamkeit dieser drei<br />

Impfstoffe wurden <strong>im</strong> Rahmen<br />

eines in Mecklenburg-<br />

Vorpommern durchgeführten<br />

und vom Friedrich-Loeffler-<br />

Institut wissenschaftlich begleiteten<br />

Impfversuches dokumentiert.<br />

Grafik oben:<br />

BT-Fälle in Deutschland<br />

Bil<strong>der</strong> unten:<br />

Krankheitsbild be<strong>im</strong> Schaf<br />

Weitere<br />

Informationen<br />

unter:<br />

www.bmelv.de<br />

Informieren Sie sich<br />

auch bei den örtlichen<br />

Veterinäramtern<br />

Seite 11


Unser Land<br />

Schicksalskurve in <strong>der</strong> Landwirtschaft<br />

Ein Bericht von<br />

Albrecht Löblein<br />

Die Arbeit stellt in einem<br />

familienbäuerlichen Betrieb,<br />

insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> nebenberuflichen<br />

Landwirtschaft,<br />

den begrenzenden Faktor<br />

dar. Die Planungen in einem<br />

Landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb<br />

müssen<br />

darauf ausgerichtet sein,<br />

dass wünschenswerter und<br />

nötiger Arbeitseinsatz übereinst<strong>im</strong>men.<br />

Nur unter diesen<br />

Voraussetzungen ist<br />

<strong>der</strong> Nebenerwerb eine dauerhafte<br />

Arbeits- und Lebensform,<br />

die den Bedürfnissen<br />

<strong>der</strong> Familie gerecht<br />

wird.<br />

Überschreitet <strong>der</strong> notwendige<br />

den wünschenswerten<br />

Arbeitseinsatz, dann wir ein<br />

landwirtschaftlicher Nebenerwerbsbetrieb<br />

für die Familie<br />

schnell zu einem<br />

„Schin<strong>der</strong>betrieb“, welche<br />

von Gegnern und Kritikern<br />

des Nebenerwerbs gern als<br />

Paradebeispiel gegen die<br />

nebenberufliche Landwirtschaft<br />

herangezogen werden.<br />

Der erste Schritt bei <strong>der</strong> Planung<br />

eines landwirtschaftlichen<br />

Familienbetriebes <strong>im</strong><br />

Nebenerwerb muss die Ermittlung<br />

des wünschenswerten<br />

Arbeitseinsatzes des<br />

Betriebsleiters, des Ehegatten<br />

und weiterer Familienangehöriger,<br />

wie Kin<strong>der</strong> und<br />

Altenteiler, sein. Dieser für<br />

die weitere Betriebsplanung<br />

ausschlaggebende Wert,<br />

richtet sich nach den individuellen<br />

Gegebenheiten aller<br />

beteiligten Familienangehörigen.<br />

Weiterhin ist <strong>der</strong> zu<br />

e r w a r t e n d e n<br />

„Schicksalskurve“ eines jeden<br />

Familienbetriebes große<br />

Beachtung zu schenken.<br />

Unter dem Begriff<br />

„Schicksalskurve“ sind die<br />

Schwankungen des wünschenswerten,<br />

bzw. möglichen<br />

Arbeitseinsatzes <strong>im</strong><br />

Zeitraum einer Betriebsleitergeneration<br />

(25-30 Jahre) zu<br />

verstehen. Die Grafik (unten)<br />

verdeutlicht dies.<br />

Zeitpunkt A:<br />

Das Betriebsleiterehepaar<br />

(Anfang/Mitte 30) ist jung<br />

verheiratet, hat den Betrieb<br />

<strong>der</strong> Eltern (Altenteiler) übernommen.<br />

Kin<strong>der</strong> hat die Familie<br />

noch nicht. Das Betriebsleiterehepaar<br />

und das<br />

Altenteilerehepaar können<br />

ihre freie Arbeitskraft <strong>im</strong> Betrieb<br />

einsetzen. Die günstige<br />

Konstellation macht eine<br />

verfügbare Arbeitskraft von<br />

über 2.000 Akh/a möglich.<br />

Zeitpunkt B:<br />

Auf dem Betrieb sind drei<br />

Kin<strong>der</strong> zu versorgen. Das<br />

Altenteilerehepaar kann altersbedingt<br />

weniger <strong>im</strong> Betrieb<br />

mithelfen o<strong>der</strong> steht gar<br />

nicht mehr zur Verfügung<br />

und muss als Pflegebedürftige<br />

mitversorgt werden. Die<br />

Betriebsleiterehefrau ist mit<br />

<strong>der</strong> Verantwortung für Haushalt,<br />

Kin<strong>der</strong>n und Altenteiler<br />

soweit gebunden, dass nur<br />

wenige Stunden für die Hilfe<br />

<strong>im</strong> landwirtschaftlichen Betrieb<br />

verbleiben (z.B. 400<br />

Akh/a). Daher muss <strong>der</strong> Betriebsleiter<br />

die anfallenden<br />

landwirtschaftlichen Arbeiten<br />

neben seiner außerlandwirtschaftlichen<br />

Tätigkeit selbst<br />

verrichten.<br />

Dieser Zeitabschnitt stellt die<br />

kritischste Phase in <strong>der</strong> betrieblichen<br />

Entwicklung dar<br />

und wirkt sich <strong>im</strong> Nebenerwerb<br />

gravieren<strong>der</strong> aus als <strong>im</strong><br />

Haupterwerb, da <strong>der</strong> anteilige<br />

Verlust an zur Verfügung<br />

stehen<strong>der</strong> Arbeitskraft bedeutend<br />

höher ist. Die für die<br />

Aufrechterhaltung des Betriebes<br />

erfor<strong>der</strong>lichen Akh/a<br />

kann <strong>der</strong> tatsächlich zur Verfügung<br />

stehenden sehr<br />

schnell deutlich übersteigen.<br />

Der Einsatz aller zur Verfügung<br />

stehenden Zeit in <strong>der</strong><br />

Landwirtschaft und <strong>der</strong> Verzicht<br />

auf Freizeit führt dann<br />

zur Überlastung <strong>der</strong> Familiemitglie<strong>der</strong><br />

und kann unter<br />

Umständen doch nicht für<br />

die Aufrechterhaltung <strong>der</strong><br />

Betriebsabläufe genügen.<br />

Die Betriebsplanung sollte<br />

daher den möglichen Arbeitseinsatz<br />

in dieser kritischen<br />

Phase berücksichtigen.<br />

Kurzfristige Überschreitungen<br />

sind tolerierbar. Unter<br />

Umständen lässt sich die<br />

Reduzierung des Produktionsumfanges<br />

nicht vermeiden.<br />

Daher sollte insbeson<strong>der</strong>e<br />

in nebenberuflichen<br />

Betrieben die Möglichkeit<br />

des überbetrieblichen Maschineneinsatzes<br />

in die Betriebsplanung<br />

einbezogen<br />

werden.<br />

Zeitpunkt C:<br />

Rund 25 Jahre nach <strong>der</strong><br />

Betriebsübernahme durch<br />

den Hofnachfolger, nehmen<br />

die zur Verfügung stehenden<br />

Akh/a wie<strong>der</strong> zu. Die Altenteiler<br />

sind u. U. verstorben.<br />

Die Kin<strong>der</strong>; <strong>im</strong> Selbstständigenalter;<br />

z. T. schon aus <strong>der</strong><br />

Schule und in <strong>der</strong> Ausbildung;<br />

unterstützen das Betriebsleiterehepaar<br />

bei <strong>der</strong><br />

landwirtschaftlichen Arbeit.<br />

Gleichzeitig hat die Betriebsleiterehefrau<br />

wie<strong>der</strong> mehr<br />

Zeit für die Erledigung betrieblicher<br />

Aufgaben zur Ver-<br />

Seite 12


Ausgabe 5/2008 Sept./Okt. ´08<br />

fügung. Insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong><br />

mögliche Hofnachfolger engagiert<br />

sich <strong>im</strong>mer stärker <strong>im</strong><br />

Betrieb und wird sich nach<br />

abgeschlossener Ausbildung<br />

sicher ernsthaft mit <strong>der</strong> Hofübernahme<br />

befassen.<br />

Um den Umfang des Arbeitseinsatzes<br />

in Nebenerwerbsbetrieben<br />

besser beurteilen<br />

zu können, ist ein Vergleich<br />

mit den Haupterwerbsbetrieben<br />

erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Statistischen Auswertungen<br />

zufolge, werden für einen<br />

durchschnittlichen Haupterwerbsbetrieb<br />

rund 3.500<br />

Akh/a ausgewiesen. Für<br />

einen Nebenerwerbsbetrieb<br />

ist dem landwirtschaftlichen<br />

Arbeitseinsatz von rund<br />

1.800 Akh/a <strong>der</strong> außerlandwirtschaftliche<br />

(denn aus<br />

diesem bezieht die Familie<br />

ihr Haupteinkommen) mit<br />

rund 1.500 Akh/a hinzuzurechnen.<br />

Daraus errechnet<br />

sich für eine Familie mit nebenberuflicher<br />

Landwirtschaft,<br />

ein Gesamtarbeitseinsatz<br />

von rund 3.300<br />

Akh/a für die Erwirtschaftung<br />

des Familieneinkommens.<br />

Das Argument <strong>der</strong> Kritiker,<br />

<strong>im</strong> Nebenerwerb sei die Arbeitsbelastung<br />

größer als <strong>im</strong><br />

Haupterwerb, wird somit<br />

entkräftet. Die Arbeitsbelastung<br />

ist für Familien bei<strong>der</strong><br />

Betriebformen ungefähr<br />

gleich.<br />

Aus Erfahrungen <strong>der</strong> Praxis,<br />

und eigenen Untersuchungen,<br />

kann <strong>der</strong> DBN folgende<br />

Aussagen treffen:<br />

−<br />

−<br />

Der Arbeitseinsatz des<br />

Betriebsleiters in einem<br />

Nebenerwerbsbetrieb<br />

sollte die Grenze von<br />

1.100 Akh/a nicht überschreiten,<br />

da sonst die<br />

Gefahr <strong>der</strong> täglichen Belastung<br />

durch die Landwirtschaft<br />

zu groß wird.<br />

Der überwiegende Teil<br />

−<br />

−<br />

−<br />

<strong>der</strong> Betriebsleiter von<br />

Nebenerwerbsbetrieben<br />

ohne landwirtschaftliche<br />

Qualifikation ist an einer<br />

entsprechenden Qualifikation<br />

interessiert.<br />

Das Fehlen einer landwirtschaftlichen<br />

Qualifikation<br />

führt zu Schwierigkeiten<br />

bei <strong>der</strong> Arbeitseinteilung<br />

und mangelhafter<br />

Bewältigung <strong>der</strong> bürokratischen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen,<br />

wie z.B. Dokumentationspflichten.<br />

Der Erfolg und die Zufriedenheit<br />

<strong>der</strong> Betriebsleiter<br />

mit ihrer nebenberuflichen<br />

landwirtschaftlichen<br />

Tätigkeit stehen <strong>im</strong> Zusammenhang<br />

mit <strong>der</strong><br />

allgemeinen Qualifikation<br />

und dem Erfolg und <strong>der</strong><br />

Zufriedenheit in ihrer<br />

außerlandwirtschaftlichen<br />

Tätigkeit.<br />

Die Investitionsentscheidungen<br />

in nebenberuflichen<br />

Betrieben ist weitaus<br />

rationaler als unterstellt<br />

wird. Eine z. T. vorhandene<br />

Übermechanisierung<br />

ist <strong>im</strong> Verhältnis<br />

zur Anschaffung (meist<br />

Gebrauchtmaschinen) zu<br />

sehen und somit durchaus<br />

betriebswirtschaftlich<br />

sinnvoll.<br />

Zukünftige Formen des<br />

Nebenerwerbs<br />

Der traditionelle landwirtschaftliche<br />

Nebenerwerbsbetrieb<br />

ist gekennzeichnet<br />

durch eine außerlandwirtschaftliche<br />

Tätigkeit des<br />

Betriebsleiters (i. d. R. <strong>der</strong><br />

Ehemann) und dem Tätigkeitsfeld<br />

Haushalt, Familie<br />

und landwirtschaftlicher Betrieb<br />

<strong>der</strong> Ehefrau.<br />

Durch den steigenden Anteil<br />

<strong>der</strong> Frauen die einen qualifizierten<br />

außerlandwirtschaftlichen<br />

Beruf erlernt haben ist<br />

damit zu rechnen, dass sich<br />

das Bild <strong>der</strong> nebenberuflichen<br />

Landwirtsfamilien weiter<br />

än<strong>der</strong>t. Die „mo<strong>der</strong>ne“<br />

Nebenerwerbsfamilie verfügt<br />

durch die außerlandwirtschaftliche<br />

Tätigkeit <strong>der</strong> Ehefrau<br />

über zwei außerlandwirtschaftliche<br />

Einkommen.<br />

Der Arbeitsbedarf <strong>im</strong> landwirtschaftlichen<br />

Betrieb wird<br />

i. d. R. ausschließlich vom<br />

Betriebsleiter sichergestellt.<br />

Unterstützung, und damit<br />

zusätzliche Arbeitskraft, erhält<br />

<strong>der</strong> Betriebsleiter von<br />

den Altenteilern und heranwachsenden<br />

Kin<strong>der</strong>n. Die<br />

Ehefrau konzentriert sich<br />

neben <strong>der</strong> beruflichen Tätigkeit<br />

ausschließlich auf die<br />

Aufgaben in <strong>der</strong> Familie und<br />

<strong>im</strong> Haushalt.<br />

Die Entwicklung des landwirtschaftlichen<br />

Nebenerwerbsbetriebes<br />

ist daher <strong>im</strong><br />

zunehmenden Maße von <strong>der</strong><br />

Fähigkeit des Betriebsleiters<br />

abhängig, die Arbeitseinteilung<br />

effizient zu organisieren,<br />

die Betriebsabläufe zu<br />

opt<strong>im</strong>ieren und die Möglichkeiten<br />

einer überbetrieblichen<br />

Arbeitserledigung sinnvoll<br />

zu nutzen. Ein Zeichen<br />

dafür ist die überproportionale<br />

Ausrichtung von nebenberuflichen<br />

<strong>Landwirte</strong>n auf eine<br />

extensive Weidehaltung (in<br />

Grünlandbereichen wie z.B.<br />

Mittelgebirgen), <strong>der</strong> geringe<br />

Anteil von Milchviehbetrieben<br />

<strong>im</strong> Nebenerwerb und<br />

eine zunehmende Anzahl<br />

von viehlos wirtschaftenden<br />

Nebenerwerbslandwirten.<br />

Insgesamt rechnet <strong>der</strong> DBN<br />

mit einem Rückgang <strong>der</strong><br />

absoluten Anzahl nebenberuflicher<br />

Betriebe um bis zu<br />

40% in den nächsten 10<br />

Jahren, jedoch wird <strong>der</strong> Anteil<br />

des Nebenerwerbs insgesamt<br />

mit rund 60% aller<br />

landwirtschaftlichen Betriebe<br />

konstant bleiben o<strong>der</strong> eher<br />

noch zunehmen. ■<br />

Arbeitsbil<strong>der</strong> aus <strong>der</strong><br />

Landwirtschaft<br />

Seite 13


Unser Land<br />

Nebenerwerb: Politisch vernachlässigt<br />

Mehr als die Hälfte aller<br />

landwirtschaftlichen Betriebe<br />

werden <strong>im</strong> Nebenerwerb<br />

bewirtschaftet. Für viele<br />

bedeutet <strong>der</strong> Nebenerwerb<br />

keinesfalls nur den Einstieg<br />

in den Ausstieg aus <strong>der</strong><br />

Landwirtschaft, son<strong>der</strong>n<br />

eine eigenständige Form<br />

<strong>der</strong> bäuerlichen Landwirtschaft.<br />

Dennoch fristet die Nebenerwerbslandwirtschaft<br />

heute<br />

ein Schattendasein in<br />

Politik, Wirtschaft, Wissenschaft<br />

und Gesellschaft. Für<br />

Ökonomen ist sie unrentabel<br />

und <strong>der</strong> Deutsche Bauernverband<br />

erwähnt sie nur<br />

am Rande in seinem Jahresbericht.<br />

Dabei erfüllt <strong>der</strong><br />

Nebenerwerb wichtige sozioökonomische<br />

Funktionen<br />

<strong>im</strong> ländlichen Raum, repräsentiert<br />

ein geradezu klassisches<br />

Modell für überlebenssichernde<br />

Einkommenskombinationen<br />

und<br />

eine Alternative zum<br />

„Wachsen o<strong>der</strong> Weichen“.<br />

Äußerst bedeutsam ist auch<br />

seine ökologische und kulturelle<br />

Bedeutung insbeson<strong>der</strong>e<br />

in Mittelgebirgslagen.<br />

Folgen<strong>der</strong> Beitrag möchte<br />

die Nebenerwerbslandwirtschaft<br />

als eine zeitgemäße<br />

agrarische Sozial- und Wirtschaftsform<br />

rehabilitieren.<br />

Vor allem in den zeitgenössischen<br />

Diskursen über<br />

Multifunktionalität, Pluraiaktivität<br />

und Nachhaltigkeit <strong>im</strong><br />

Agrarsektor sollte die Nebenerwerbslandwirtschaft<br />

ihren Stellenwert haben und<br />

<strong>im</strong> Hinblick auf ihre Leistungen<br />

von Politik, Wissenschaft<br />

und Gesellschaft neu<br />

bewertet und gezielt geför<strong>der</strong>t<br />

werden.<br />

Wie die Landwirtschaft allgemein<br />

erfuhr auch die Zu- und<br />

Nebenerwerbslandwirtschaft<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

politische und gesellschaftliche<br />

Wertschätzung, da sie<br />

erheblich zur Ernährungssicherung<br />

beitrug, durch ihren<br />

Arbeitskräftebedarf Erwerbslosigkeit<br />

auffing und einen<br />

wertvollen Beitrag zum sozialen<br />

und wirtschaftlichen<br />

Krisenmanagement in den<br />

ländlichen Räumen leistete.<br />

Flüchtlinge und Vertriebene,<br />

die nachweisen konnten,<br />

dass jemand aus <strong>der</strong> Familie<br />

Erfahrung mit Landwirtschaft<br />

hatte, erhielten von <strong>der</strong> Landessiedlungsgesellschaft<br />

kleine Flächen, um darauf<br />

eine Art Nebenerwerbslandwirtschaft,<br />

oft nur eine Überlebens-<br />

und Subsistenzwirtschaft,<br />

zu betreiben.<br />

In den 60er bis Anfang 70er<br />

Jahren des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts,<br />

<strong>der</strong> Hochphase in <strong>der</strong><br />

Rekonstruktion <strong>der</strong> Nachkriegswirtschaft<br />

mit ihrem<br />

(zunächst) enormen Bedarf<br />

an Arbeitskräften (bis hin zur<br />

Vollbeschäftigung), wurde<br />

die Nebenerwerbslandwirtschaft<br />

eher als Fortschrittsbremse<br />

angesehen, da sie<br />

die potentiellen Vollarbeitskräfte<br />

<strong>der</strong> Wachstumsbranchen<br />

festhielt. Politik und<br />

Verbände legten <strong>Landwirte</strong>n<br />

nahe, ihre so genannten<br />

„strukturschwachen“ Betriebe<br />

ganz aufzugeben. Wissenschaftliche<br />

Untersuchungen<br />

wurden in Auftrag gegeben,<br />

wie man selbständige<br />

<strong>Landwirte</strong> zur Aufgabe ihrer<br />

Betriebe und zu einem Berufswechsel<br />

bewegen könnte.<br />

Dementsprechend war die<br />

Nebenerwerbslandwirtschaft<br />

bis in die 70er Jahre auf<br />

Län<strong>der</strong>-, Bundes- und EWG-<br />

Ebene von finanzieller För<strong>der</strong>ung<br />

ausgeschlossen. Die<br />

krisenhaften Erscheinungen<br />

<strong>der</strong> deutschen Wirtschaft seit<br />

Mitte <strong>der</strong> 70er Jahre, das<br />

„Ende <strong>im</strong>merwähren<strong>der</strong><br />

Prosperität“ (Burkhard Lutz),<br />

machten in den Augen aufmerksamer<br />

Politiker die<br />

Landwirtschaft wie<strong>der</strong> zum<br />

willkommenen Auffangbecken<br />

insbeson<strong>der</strong>e für arbeitslose<br />

„Arbeiterbauern“.<br />

Dort konnten sie kostengünstig<br />

für die nächste Konjunktur<br />

„vorgehalten“ werden.<br />

In den 80er Jahren wurde<br />

die Nebenerwerbslandwirtschaft<br />

– zumindest geringfügig<br />

– auch mit öffentlichen<br />

Mitteln unterstützt. Seit <strong>der</strong><br />

Agrarstrukturwandel an Dynamik<br />

zugenommen hat und<br />

nicht nur Kleinbetriebe, son<strong>der</strong>n<br />

auch mittlere und große<br />

Betriebe sich vor die Alternative<br />

„Wachsen o<strong>der</strong> Weichen“<br />

gestellt sehen, hat<br />

sich das Kl<strong>im</strong>a innerhalb <strong>der</strong><br />

Landwirtschaft gegenüber<br />

nebenerwerblich wirtschaftenden<br />

Kollegen eher verschlechtert.<br />

Aus eigenen<br />

Existenzängsten und Zukunftssorgen<br />

heraus werden<br />

Nebenerwerbler von ihren<br />

Haupterwerbskollegen als<br />

„Hobby-“ o<strong>der</strong> „Mondscheinbauern“<br />

abgewertet,<br />

und es wird wie selbstverständlich<br />

ein Fre<strong>im</strong>achen<br />

von Betriebskapazitäten,<br />

insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Wirtschaftsflächen,<br />

erwartet bzw.<br />

gefor<strong>der</strong>t.<br />

Dies spiegelt sich auch auf<br />

standespolitischer Ebene<br />

wi<strong>der</strong>. Die Interessensvertretung<br />

<strong>der</strong> Nebenerwerbslandwirtschaft,<br />

<strong>der</strong> Deutsche<br />

<strong>Bundesverband</strong> <strong>der</strong> <strong>Landwirte</strong><br />

<strong>im</strong> Nebenberuf (DBN), <strong>der</strong><br />

sich in beson<strong>der</strong>em Maße<br />

für eine sozioökonomische<br />

Entwicklung des ländlichen<br />

Raums einsetzt, um neben<br />

einer guten Lebensqualität<br />

auch einen erfolgreichen<br />

Zugang seines Klientels zum<br />

Arbeitsmarkt zu sichern,<br />

steht weitgehend <strong>im</strong> Schatten<br />

des Deutschen Bauernverbandes<br />

(DBV).<br />

Zwar sind viele Nebenerwerbslandwirte<br />

auch <strong>im</strong> DBV<br />

organisiert, doch ist dessen<br />

Politik eher auf landwirtschaftliche<br />

Großbetriebe hin<br />

orientiert. Eine ausführliche<br />

Berichterstattung zum Nebenerwerb<br />

vermisst man in<br />

dem jährlich erscheinenden<br />

„Situationsbericht“ des DBV.<br />

Dessen Lektüre bestätigt<br />

den Eindruck, dass heute die<br />

Abgrenzung <strong>der</strong> konventionellen<br />

gegenüber ökologisch<br />

wirtschaftenden <strong>Landwirte</strong>n<br />

geringer ist als die von<br />

Haupt- gegenüber Nebenerwerbslandwirten.<br />

Im Schatten <strong>der</strong> Haupterwerbslandwirtschaft<br />

Die Nebenerwerbslandwirtschaft<br />

fristet bis heute ein<br />

Schattendasein in Politik,<br />

Wirtschaft, Wissenschaft und<br />

Gesellschaft. Den meisten<br />

Ökonomen und Politikern gilt<br />

sie als unrentabel und nicht<br />

wettbewerbsfähig, als eine<br />

Erscheinung, die nicht in<br />

eine mo<strong>der</strong>ne großbetriebliche<br />

Landwirtschaft passt.<br />

Der Göttinger Agrarpolitikwissenschaftler<br />

Günther<br />

Schmitt war ein einsamer<br />

Rufer in <strong>der</strong> Wüste, wenn er<br />

darauf beharrte, dass die<br />

Nebenerwerbslandwirtschaft<br />

in ihrer spezifischen Rationalität,<br />

Anpassungs- und Überlebensfähigkeit<br />

ernst zu nehmen<br />

und ihre beson<strong>der</strong>e<br />

Eigenlogik zu studieren sei.<br />

Ein wichtiger Grund, warum<br />

sich auch die Agrarsoziologie<br />

in den letzten Jahrzehnten<br />

so auffällig wenig theoretisch<br />

und empirisch mit <strong>der</strong><br />

Nebenerwerbslandwirtschaft<br />

befasst hat, war sicherlich,<br />

dass <strong>der</strong> Nebenerwerb als<br />

„vormo<strong>der</strong>ne Wirtschaftsform“<br />

galt, die heute unzeitgemäß<br />

sei und bald vom<br />

Agrarstrukturwandel hinweggefegt<br />

werde.<br />

Die Vorstellung einer mangelnden<br />

gesellschaftlichen<br />

Bedeutung reduziert auch<br />

die wissenschaftliche Attraktivität<br />

eines Forschungsthemas,<br />

zumal wenn eine Disziplin<br />

wie die Agrarsoziologie<br />

selbst um akademische Attraktivität<br />

kämpfen muss. So<br />

war es vor allem die Frauenforschung<br />

in ihren Anfängen,<br />

Seite 14


Ausgabe 5/2008 Sept./Okt. ´08<br />

und dennoch zukunftsfähig<br />

die in Untersuchungen über<br />

die Lage <strong>der</strong> Bäuerinnen<br />

vergleichend auch Frauen<br />

auf Nebenerwerbshöfen<br />

einbezog. Eine neuere Studie<br />

zu Motivationen, Problemen<br />

und Lösungsansätzen<br />

von über 100 Nebenerwerbslandwirten<br />

legte <strong>der</strong><br />

Berliner Agrarsoziologe<br />

Friedhelm Streiffeler vor, auf<br />

die wir später zurückkommen<br />

werden. Neuerdings<br />

scheint mit <strong>der</strong> Karriere des<br />

Begriffs „Erwerbskombination“<br />

auch die Tradition<br />

des landwirtschaftlichen Nebenerwerbs<br />

– nun sprachlich<br />

mo<strong>der</strong>nisiert – neu ins Blickfeld<br />

zu rücken.<br />

Marginalisierung durch<br />

Umdefinieren<br />

Wer den Ernährungs- und<br />

Agrarbericht <strong>der</strong> Bundesregierung<br />

aufmerksam liest,<br />

kann erstaunt registrieren,<br />

welchen Umfang das Phänomen<br />

„Nebenerwerbslandwirtschaft“<br />

in den letzten Jahrzehnten<br />

angenommen<br />

hat:„Im Jahre 2004 wurden<br />

rd. 215 000 landwirtschaftliche<br />

Betriebe <strong>im</strong> Nebenerwerb<br />

bewirtschaftet; dieses<br />

sind 58 Prozent aller landwirtschaftlichen<br />

Betriebe.“<br />

Zwar hat sich auch die absolute<br />

Zahl <strong>der</strong> Nebenerwerbsbetriebe<br />

zwischen 1970 und<br />

1995 von gut einer Million<br />

auf etwa die Hälfte verringert,<br />

doch ist ihr relativer<br />

Anteil in dieser Zeit beständig<br />

gestiegen. Es gibt heute<br />

weit mehr Neben- als Haupterwerbsbetriebe.<br />

Dies liegt<br />

nicht nur daran, dass Nebenerwerbsbetriebe<br />

beson<strong>der</strong>s<br />

zählebig sind. Vielmehr profitiert<br />

die Nebenerwerbslandwirtschaft<br />

davon, dass es<br />

zwei Entwicklungspfade für<br />

„weichende“ Haupterwerbsbetriebe<br />

gibt: Sie werden<br />

entwe<strong>der</strong> ganz aufgegeben<br />

o<strong>der</strong> eben in Nebenerwerbsbetriebe<br />

umgewandelt.<br />

Es ist schwierig, Tendenzen<br />

<strong>der</strong> Entwicklung des Nebenerwerbs<br />

<strong>im</strong> letzten Jahrzehnt<br />

quantitativ genau zu erfas-<br />

sen, da sich in diesem Zeitraum<br />

die zugrunde gelegten<br />

Definitionen zwe<strong>im</strong>al geän<strong>der</strong>t<br />

haben und die Daten<br />

<strong>der</strong> amtlichen Statistik damit<br />

nicht mehr ohne weiteres<br />

aufeinan<strong>der</strong> bezogen werden<br />

können:<br />

• Bis 1995 erfolgte die Zuordnung<br />

zu landwirtschaftlichen<br />

Haupt- und<br />

Nebenerwerbsbetrieben<br />

ausschließlich nach <strong>der</strong><br />

Herkunft des überwiegenden<br />

Einkommens. Bei<br />

„Vollerwerb“ kam das<br />

Einkommen zu mindestens<br />

90 Prozent aus <strong>der</strong><br />

Landwirtschaft, bei<br />

„Zuerwerb“ lag es zwischen<br />

50 und 90 Prozent,<br />

darunter war es<br />

„Nebenerwerb“.<br />

• Von 1997 bis 2003 wurden<br />

grundsätzlich alle<br />

landwirtschaftlichen Einzelunternehmen<br />

mit mindestens<br />

1,5 Arbeitskräften<br />

(AK) je Betrieb als Haupterwerbsbetriebe<br />

und solche<br />

mit weniger als 0,75<br />

AK als Nebenerwerbsbetriebe<br />

geführt. Bei den<br />

Betrieben mit 0,75 bis<br />

unter 1,50 AK erfolgte die<br />

Zuordnung je nach Herkunft<br />

des überwiegenden<br />

Einkommens <strong>der</strong> Familie.<br />

Landwirtschaftliche Betriebe<br />

die weniger als 50<br />

Prozent des Familieneinkommens<br />

sicherten, galten<br />

als Nebenerwerbsbetriebe.<br />

• Betriebe wurden bis 1999<br />

nur dann in die Statistik<br />

einbezogen, wenn sie<br />

mehr als einen Hektar<br />

landwirtschaftliche Nutzfläche<br />

bewirtschafteten.<br />

Seit 1999 werden nach<br />

dem neuen Bundesagrarstatistikgesetz<br />

(vom Juni<br />

1998) landwirtschaftliche<br />

Betriebe nur noch ab zwei<br />

Hektar landwirtschaftliche<br />

Nutzfläche bzw. mit einer<br />

Marktproduktion <strong>im</strong> Wert<br />

von zwei Hektar landwirtschaftlicher<br />

Nutzfläche<br />

(Son<strong>der</strong>kulturen, Vieh)<br />

von <strong>der</strong> Agrarstatistik<br />

berücksichtigt.<br />

• Ab 2003 galten wie<strong>der</strong><br />

neue Definitionen: Die<br />

Kategorie Nebenerwerb<br />

wurde gewissermaßen<br />

sprachlich marginalisiert<br />

• zu „Klein- und Nebenerwerbsbetrieben“.<br />

Hierunter<br />

fallen nun Betriebe mit<br />

weniger als 1 AK und<br />

einer Betriebsgröße von<br />

mehr als 8 und weniger<br />

als 16 Europäischen Größeneinheiten<br />

(EGE). Eine<br />

EGE entspricht einem<br />

Gesamtstandarddeckungsbeitrag<br />

von 1.200<br />

Euro. Einzelunternehmen<br />

und Personengesellschaften<br />

mit 16 und mehr EGE<br />

und mindestens 1 AK<br />

gelten als landwirtschaftliche<br />

Haupterwerbsbetriebe.<br />

• Das Testbetriebsnetz<br />

erfasst Betriebe mit mindestens<br />

acht EGE, das<br />

heißt, dass für Betriebe<br />

mit einer Größe von weniger<br />

als acht EGE zukünftig<br />

keine Einkommensdaten<br />

aus Buchführungsabschlüssen<br />

mehr vorliegen.<br />

Diese machen jedoch<br />

rund 70 Prozent <strong>der</strong><br />

Klein- und Nebenerwerbsbetriebe<br />

aus!<br />

Es ist kaum möglich, die mit<br />

diesen Umdefinitionen einhergehenden<br />

Folgen genau<br />

abzuschätzen. Doch scheint<br />

insgesamt unabweisbar,<br />

dass damit <strong>der</strong> hohe Anteil<br />

und die Bedeutung nebenberuflicher<br />

Landbewirtschaftung<br />

rein rechnerisch reduziert<br />

wurde und dadurch<br />

Maßnahmen in diesem Bereich<br />

weniger dringlich erscheinen.<br />

Regionale Unterschiede<br />

Die folgenden Daten sind auf<br />

dem soeben skizzierten Hintergrund<br />

zu interpretieren.<br />

Die <strong>im</strong> Nebenbetrieb landwirtschaftlich<br />

genutzte Fläche<br />

beträgt in Deutschland<br />

knapp ein Viertel <strong>der</strong> insgesamt<br />

rund 17 Mio. ha landwirtschaftlicher<br />

Nutzfläche.<br />

Der kritische<br />

Agrarbericht<br />

Seit 1993 gibt das AgrarBündnis<br />

den „Kritischen Agrarbericht“<br />

heraus. Er erscheint<br />

jährlich und wird auf <strong>der</strong> Internationalen<br />

Grünen Woche in<br />

Berlin <strong>der</strong> Öffentlichkeit vorgestellt.<br />

Wie kein an<strong>der</strong>es Buch<br />

dokumentiert „Der kritische<br />

Agrarbericht“ die aktuelle Debatte<br />

um die Landwirtschaft in<br />

Deutschland vor dem Hintergrund<br />

<strong>der</strong> europäischen und<br />

weltweiten Agrarpolitik.<br />

Der kritische Agrarbericht<br />

bietet eine Fülle von Informationen<br />

für politische Entscheidungsträger<br />

und Multiplikatoren,<br />

für interessierte Laien<br />

und Praktiker sowie für Wissenschaft<br />

und Verwaltung. In<br />

seiner umfassenden Vielfalt<br />

ist er gleichzeitig ein zeitloses<br />

Nachschlagewerk.<br />

In rund 50 Beiträgen beziehen<br />

jedes Jahr Autorinnen und<br />

Autoren aus Wissenschaft<br />

und Praxis sowie aus Verbänden<br />

und Politik Stellung zu<br />

aktuellen Themen aus folgenden<br />

Bereichen:<br />

• Agrarpolitik<br />

• Welthandel und Ernährung<br />

• Ökologischer Landbau<br />

• Produktion und Markt<br />

• Regionalentwicklung<br />

• Natur und Umwelt<br />

• Tierschutz und Tierhaltung<br />

• Gentechnik<br />

• Agrarkultur<br />

• Verbraucher und Ernährungskultur<br />

Seite 15


Unser Land<br />

Arbeitsbil<strong>der</strong> aus <strong>der</strong><br />

Landwirtschaft<br />

Durch die Zuwan<strong>der</strong>ung von<br />

ehemaligen Haupterwerbsbetrieben<br />

erhöhte sich <strong>im</strong><br />

Laufe <strong>der</strong> Jahre die Flächenausstattung<br />

<strong>der</strong> Nebenerwerbsbetriebe,<br />

so dass ihr<br />

Anteil an <strong>der</strong> bewirtschafteten<br />

Gesamtfläche gestiegen<br />

ist.<br />

Der Umfang <strong>der</strong> Nebenerwerbslandwirtschaft<br />

variiert<br />

in den einzelnen Regionen<br />

bzw. Län<strong>der</strong>n Deutschlands<br />

außerordentlich, so von etwa<br />

40 Prozent in Schleswig-<br />

Holstein bis 70 Prozent in<br />

Sachsen. Den größten Flächenanteil<br />

n<strong>im</strong>mt die Nebenerwerbslandwirtschaft<br />

in<br />

Hessen ein mit 32 Prozent,<br />

den kleinsten mit dreizehn<br />

Prozent in Sachsen-Anhalt<br />

und Schleswig-Holstein.<br />

Nebenerwerbsbetriebe in<br />

Baden-Württemberg o<strong>der</strong><br />

Rheinland-Pfalz sind <strong>im</strong><br />

Durchschnitt nur ein Drittel<br />

so groß wie solche in Sachsen-Anhalt<br />

o<strong>der</strong> Mecklenburg-Vorpommern.<br />

Auf<br />

Landkreisebene kann <strong>der</strong><br />

Anteil <strong>der</strong> nebenerwerblich<br />

bewirtschafteten Fläche auf<br />

über 80 Prozent ansteigen<br />

(z.B. Forchhe<strong>im</strong> 82 Prozent)<br />

und die landwirtschaftliche<br />

Nutzfläche über 40 ha betragen<br />

(z.B. Bernburg). Die<br />

durchschnittliche Flächenausstattung<br />

liegt max<strong>im</strong>al bei<br />

25 ha (Mecklenburg-<br />

Vorpommern) und min<strong>im</strong>al<br />

bei 12 ha (Baden-<br />

Württemberg, Thüringen).<br />

Heute handelt es sich bei<br />

nebenerwerblicher Landwirtschaft<br />

<strong>im</strong> Durchschnitt um<br />

kleinere Betriebe mit geringerer<br />

Betriebsgröße und<br />

wenigen, zumeist nicht entlohnten<br />

Familienarbeitskräften.<br />

Zunehmendes Gesamteinkommen<br />

bei gestiegenem<br />

Erwerbseinkommen und<br />

sonstigen Einkünften, jedoch<br />

gesunkenen Einkommensübertragungen<br />

kennzeichnen<br />

die wirtschaftliche Situation<br />

dieser Betriebe. Der<br />

Unternehmensgewinn von<br />

„Klein- und Nebenerwerbsbetrieben“<br />

nahm <strong>im</strong> letzten<br />

Wirtschaftsjahr stärker zu als<br />

bei den kleineren Haupterwerbsbetrieben.<br />

Beruflicher Spagat<br />

Nebenerwerbslandwirtschaft<br />

ist in doppelter Weise in die<br />

Gesellschaft integriert. Ihre<br />

Akteure verbinden auf dem<br />

gesellschaftlichen Arbeitsmarkt<br />

zwei gesellschaftliche<br />

Produktionsformen in einer<br />

Gestalt, nämlich eine vormo<strong>der</strong>ne,<br />

familienwirtschaftlich<br />

organisierte selbständige<br />

Warenproduktion und eine<br />

oft hochmo<strong>der</strong>ne, zumeist<br />

industriebetrieblich organisierte<br />

Erwerbsarbeit.<br />

Die doppelte Gestalt artikuliert<br />

sich sprachlich in dem<br />

bäuerlichen Vokabular für<br />

„Arbeit“. Nebenerwerbslandwirte<br />

„schaffen“ auf ihrem<br />

Betrieb und „gehen auf Arbeit“.<br />

Das Verhältnis zwischen<br />

den beiden Produktionsformen<br />

ist ein hierarchisches,<br />

d.h. die Bedingungen,<br />

Vorgaben und (auch monetären)<br />

Ergebnisse <strong>der</strong> Erwerbsarbeit<br />

best<strong>im</strong>men die<br />

Aktionsräume für die bäuerliche<br />

Produktions- und Existenzweise.<br />

Betriebe werden<br />

daher bei Übergang in den<br />

Nebenerwerb zumeist reorganisiert.<br />

Der Spagat zwischen einer<br />

vormo<strong>der</strong>nen Praxis als<br />

selbständiger Landwirt und<br />

einem hochmo<strong>der</strong>nen Arbeitsverhältnis,<br />

dessen vertragliche<br />

Regelungen und<br />

soziale Absicherungen <strong>im</strong><br />

Laufe von Jahrzehnten<br />

durch Gewerkschaften und<br />

Arbeitskämpfe ausgehandelt<br />

o<strong>der</strong> erzwungen wurden, ist<br />

eine Herausfor<strong>der</strong>ung, insbeson<strong>der</strong>e<br />

für den<br />

„Arbeiterbauern“ und das<br />

wirtschaftende Paar, aber<br />

auch innerhalb <strong>der</strong> dörflichen<br />

Gesellschaft. Noch in den<br />

80er Jahren des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

galten <strong>Landwirte</strong>,<br />

die in den Nebenerwerb<br />

wechseln wollten, als Son<strong>der</strong>linge.<br />

In mancher Hinsicht ist die<br />

Situation des Nebenerwerbslandwirts<br />

vergleichbar mit<br />

<strong>der</strong> doppelten und in sich<br />

partiell wi<strong>der</strong>sprüchlichen<br />

Vergesellschaftung <strong>der</strong> berufstätigen<br />

Frau. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

<strong>der</strong> Verlust <strong>der</strong> selbstbest<strong>im</strong>mten<br />

Arbeit, die Arbeit<br />

in geschlossenen Räumen,<br />

<strong>der</strong> Umgang mit lebloser<br />

Materie sind eine Kontrasterfahrung<br />

zur bäuerlichen Arbeit,<br />

die dann kompensatorischen<br />

Charakter bekommt.<br />

Nebenerwerbslandwirte artikulieren<br />

die Doppeldeutigkeit<br />

und Wi<strong>der</strong>sprüchlichkeit ihrer<br />

beruflichen Situation so: „I<br />

moan, man muss da – wie<br />

will i sogn – zwei Gefühle<br />

hoben…: Wenn i auf <strong>der</strong><br />

Arbeit bin, mach i eben des,<br />

was ma vorgegeben wird.<br />

Und wenn i he<strong>im</strong>komm, nachert<br />

bin i a freier Mensch<br />

und dann mach i des, was<br />

ma gfällt.“<br />

Allerdings können Komplementaritäten<br />

<strong>der</strong> beiden Arbeits-<br />

und Existenzformen,<br />

z.B. ein relativ gesichertes<br />

und vertraglich vereinbartes<br />

Einkommen gegenüber unsicheren<br />

Agrarpreisen, dazu<br />

beitragen, dass Defizite und<br />

Mängel bei<strong>der</strong> Existenzformen<br />

ausgeglichen und je für<br />

sich erträglicher werden.<br />

Das ist spürbar vor allem in<br />

gesellschaftlichen o<strong>der</strong> agrarischen<br />

Krisenzeiten, die mit<br />

„doppeltem Standbein“ leichter<br />

zu bewältigen sind.<br />

Übergänge in den Nebenerwerb<br />

In <strong>der</strong> bereits erwähnten<br />

bundesweiten Studie des<br />

Berliner Agrarsoziologen<br />

Friedhelm Streiffeler, bei <strong>der</strong><br />

Befragungen in 104 Betrieben<br />

(fast alle verbandlich<br />

organisiert) durchgeführt<br />

wurden, konnten <strong>im</strong> Untersuchungssample<br />

folgende<br />

Entstehungs- und Übergangsformen<br />

für Nebenerwerbsbetriebe<br />

identifiziert<br />

werden:<br />

• bei knapp einem Viertel<br />

<strong>der</strong> Fälle bestand <strong>der</strong> Ne-<br />

Seite 16


Ausgabe 5/2008 Sept./Okt. ´08<br />

benerwerb bereits in <strong>der</strong><br />

zweiten o<strong>der</strong> dritten Generation<br />

o<strong>der</strong> noch länger;<br />

• bei gut einem Viertel wurde<br />

<strong>im</strong> vorausgegangenen<br />

Generationenwechsel,<br />

also bei <strong>der</strong> Hofübergabe,<br />

auf Nebenerwerb umgestellt;<br />

• etwa ein Sechstel wandelte<br />

den Hof während des<br />

aktiven Erwerbslebens in<br />

Nebenerwerb um;<br />

• in einem Drittel <strong>der</strong> Fälle<br />

wurden Betriebe als Nebenerwerbsbetriebe<br />

neugegründet.<br />

Die geschil<strong>der</strong>ten persönlichen<br />

Motivationen für Übergänge<br />

in den Nebenerwerb<br />

fasst Streiffeler summarisch<br />

folgen<strong>der</strong>maßen zusammen:<br />

Die Gründe, warum ein<br />

Haupterwerb nicht weitergeführt<br />

wird, sind in <strong>der</strong> Regel<br />

ökonomischer Art. Die Gründe,<br />

warum ein Haupterwerb<br />

als Nebenerwerb weitergeführt<br />

wird, sind in <strong>der</strong> Regel<br />

nichtökonomischer Art, nämlich<br />

Erhaltung <strong>der</strong> Familientradition<br />

(22 Nennungen),<br />

Spaß an <strong>der</strong> landwirtschaftlichen<br />

Arbeit (15 Nennungen),<br />

<strong>der</strong> Erhalt des Eigentums<br />

und eine gesunde Nahrungsmittelproduktion<br />

(je acht<br />

Nennungen),wirtschaftliche<br />

Sicherheit und Nähe zur<br />

Natur (je sechs Nennungen),<br />

zurückgegebenes Land,<br />

Unabhängigkeit und Ausgleich<br />

zum Stress <strong>der</strong> nichtlandwirtschaftlichen<br />

Arbeit<br />

(je fünf Nennungen).<br />

Ein interessantes Ergebnis<br />

dieser Studie war, dass die<br />

Umstellung auf Nebenerwerb<br />

we<strong>der</strong> mit Ämtern noch<br />

mit bäuerlichen Kollegen<br />

vorher diskutiert wurde, son<strong>der</strong>n<br />

nur innerhalb <strong>der</strong> Familie.<br />

Aktuelle Probleme<br />

Als Hauptprobleme von Nebenerwerbslandwirten<br />

identifizierte<br />

Streiffeler in erster<br />

Linie finanzielle Sorgen<br />

(niedrige Preise für ihre Agrarprodukte,<br />

hohe Kosten für<br />

Investitionen und Lohnarbeiten)<br />

und akute Zeitnot (18<br />

bzw. 13 Nennungen). Des<br />

Weiteren wurden Alter und<br />

Zustand von Gebäuden und<br />

Maschinen von je acht <strong>Landwirte</strong>n<br />

und Probleme mit <strong>der</strong><br />

Hofnachfolge bzw. <strong>der</strong> Agrarpolitik<br />

von je fünf <strong>Landwirte</strong>n<br />

genannt.<br />

Im Hinblick auf die Hofnachfolge<br />

lassen Nebenerwerbslandwirte<br />

ihren Kin<strong>der</strong>n freie<br />

Wahl; <strong>der</strong> Wunsch, dass ein<br />

Kind den Hof weiterführt, ist<br />

beson<strong>der</strong>s in solchen Betrieben<br />

anzutreffen, die schon in<br />

zweiter o<strong>der</strong> späterer Generation<br />

den Hof bewirtschaften.<br />

Einige Probleme waren<br />

beson<strong>der</strong>s in den neuen<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n anzutreffen,<br />

nämlich Konflikte mit den<br />

Nachfolgern <strong>der</strong> LPGen, <strong>der</strong><br />

Mangel an Lohnunternehmen<br />

für best<strong>im</strong>mte Arbeiten,<br />

die zu hohen Preise für Betriebsmittel.<br />

Überwiegend<br />

durch Kooperation mit an<strong>der</strong>en<br />

(Haupt- und Nebenerwerbs-)<strong>Landwirte</strong>n,<br />

aber<br />

auch durch Mitgliedschaft in<br />

Maschinenringen und Maschinenausleihe<br />

bei Lohnunternehmen<br />

konnten die Nebenerwerbslandwirte<br />

dort<br />

ihre Probleme – zumeist zu<br />

ihrer Zufriedenheit – lösen.<br />

Feminisierung <strong>der</strong> Nebenerwerbslandwirtschaft<br />

Jahrzehntelang waren Frauen<br />

auf Nebenerwerbsbetrieben<br />

vor allem „mithelfende<br />

Familienangehörige“ – so die<br />

Begrifflichkeit <strong>der</strong> Agrarstatistik.<br />

Sie managten den<br />

Betrieb während <strong>der</strong> Abwesenheit<br />

ihrer „auf Arbeit gehenden“<br />

Ehemänner und<br />

konnten bei Bedarf, bei einer<br />

schwierigen Tiergeburt o<strong>der</strong><br />

in an<strong>der</strong>en Notfällen, auf ihre<br />

Männer zurückgreifen, da<br />

Arbeiterbauern in ländlichen<br />

Unternehmen oft Son<strong>der</strong>regelungen<br />

hatten. Da sich die<br />

Erwerbstätigkeit <strong>der</strong> verheirateten<br />

Frau auf dem Land<br />

erst seit Beginn <strong>der</strong> 70er<br />

Jahre sehr zögerlich durchsetzte,<br />

war diese Form <strong>der</strong><br />

geschlechtsspezifischen<br />

Arbeitsteilung naheliegend:<br />

Mann geht auf Arbeit, Frau<br />

bleibt auf dem Hof.<br />

Dieses Arrangement <strong>der</strong><br />

Nebenerwerbslandwirtschaft<br />

wurde in <strong>der</strong> Agrarsoziologie<br />

unter <strong>der</strong> Perspektive einer<br />

„Feminisierung <strong>der</strong> Landwirtschaft“<br />

betrachtet. Die Bäuerin<br />

übern<strong>im</strong>mt nach <strong>der</strong> Umstellung<br />

mehr betriebliche<br />

Arbeiten und Entscheidungsbefugnisse<br />

als vorher. Vier<br />

Aspekte sprechen heute<br />

sogar für eine weitergehende<br />

„Feminisierung <strong>der</strong> Nebenerwerbslandwirtschaft“:<br />

1. Zum einen sind die neun<br />

Prozent von Frauen geführten,<br />

landwirtschaftlichen<br />

Betriebe überwiegend<br />

Klein- und Nebenerwerbsbetriebe;<br />

dieser<br />

Anteil könnte sich <strong>im</strong><br />

Zuge neuer Strategien,<br />

Frauen als ländliche Unternehmerinnen<br />

zu för<strong>der</strong>n,<br />

erhöhen.<br />

2. Zum an<strong>der</strong>en findet gegenwärtig<br />

eine Umorientierung<br />

von landwirtschaftlichen<br />

Betrieben in<br />

Richtung Dienstleistung<br />

statt, also eine Art Tertiarisierung<br />

<strong>der</strong> Landwirtschaft.<br />

Haupt-, vor allem<br />

aber auch Nebenerwerbsbetriebe<br />

schaffen<br />

sich zusätzliche Standbeine,<br />

indem insbeson<strong>der</strong>e<br />

Bereiche des hauswirtschaftlichen<br />

Sektors<br />

und <strong>der</strong> „weiblichen Ökonomie“<br />

ausgebaut und<br />

„vermarktet“ werden (z.B.<br />

Gästebewirtung, Direktvermarktung,<br />

Verarbeitung<br />

land- und gartenwirtschaftlicher<br />

Produkte,<br />

Wäschedienste usw.).<br />

Dieser Prozess wurde als<br />

eine weitere Facette forts<br />

c h r e i t e n d e r<br />

„Feminisierung <strong>der</strong> Landwirtschaft“<br />

bezeichnet.<br />

3. Zum dritten sind sowohl<br />

Erwerbstätigkeit wie auch<br />

Arbeitsbil<strong>der</strong> aus <strong>der</strong><br />

Landwirtschaft<br />

Seite 17


Unser Land<br />

Die Autorin:<br />

Prof. Dr. Heide Inhetveen<br />

Dr. Heide Inhetveen<br />

Em. Professorin für<br />

Land- und Agrarsoziologie,<br />

Rurale Frauenund<br />

Geschlechterforschung<br />

Universität Göttingen<br />

Institut für Rurale Entwicklung<br />

Waldweg 26<br />

37073 Göttingen<br />

privat:<br />

Vor<strong>der</strong>er Berg 14,<br />

92360 Sulzbürg<br />

E-Mail:<br />

hinhetv@gwdg.de<br />

Ausbildung von Landfrauen<br />

inzwischen (fast) so<br />

selbstverständlich geworden,<br />

dass eine neue Form<br />

<strong>der</strong> „Feminisierung des<br />

Nebenerwerbs“ praktizierbar<br />

wird: die Ehefrau<br />

„geht auf Arbeit“ und sorgt<br />

für das Familieneinkommen,<br />

während <strong>der</strong> Landwirt<br />

zuhause „schafft“.<br />

4. Schließlich sind in einer<br />

den gesellschaftlichen<br />

Individualisierungsprozessen<br />

gerecht werdenden<br />

Landwirtschaft zukünftig<br />

durchaus auch Lebenskonzepte<br />

denk- und praktizierbar,<br />

in denen beide<br />

Ehepartner erwerbstätig<br />

werden und ihren<br />

(entsprechend umorganisierten)<br />

Nebenerwerbsbetrieb<br />

gemeinsam bearbeiten.<br />

Spätestens an dieser Stelle<br />

wird deutlich, dass eine tradierte<br />

begriffliche Konstruktion<br />

endgültig obsolet ist.<br />

Lange Zeit galt als<br />

„Nebenerwerbsbauer“ – jenseits<br />

aller statistischen Nomenklatur<br />

– <strong>der</strong>jenige Landwirt,<br />

<strong>der</strong> sein Haupteinkommen<br />

aus einer Tätigkeit außerhalb<br />

des eigenen Betriebs<br />

bezog. Konsequenterweise<br />

müsste die Frau, die<br />

heute mit außerlandwirtschaftlicher<br />

Arbeit das<br />

Haupteinkommen <strong>der</strong> Landwirtsfamilie<br />

erzielt, als<br />

„Nebenerwerbsbäuerin“ bezeichnet<br />

werden. Dies mutet<br />

grotesk an und macht gleichzeitig<br />

sichtbar, dass sich<br />

auch <strong>im</strong> landwirtschaftlichen<br />

Familienbetrieb <strong>der</strong> Fokus<br />

vom „Hof“ als Leitbild von<br />

Denken und Handeln zum<br />

individuellen Lebenskonzept<br />

hin verschoben hat.<br />

Im Nebenerwerb kann nicht<br />

mehr ohne weiteres vom<br />

„Hof“ als fixem Bezugspunkt<br />

einer Familie die Rede sein,<br />

vielmehr kann jede Person<br />

des Arbeitspaares von<br />

„meinem Arbeitsplatz“ und<br />

„meinem Einkommen“ sprechen,<br />

unabhängig davon, ob<br />

diese mit dem Hof in Beziehung<br />

stehen o<strong>der</strong> nicht. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

die nebenerwerbliche<br />

Landwirtschaft<br />

schlägt entscheidende Brücken<br />

hin zur mo<strong>der</strong>nen Individualisierung<br />

<strong>der</strong> Lebensund<br />

zur Pluralisierung <strong>der</strong><br />

Sozialformen und stellt somit<br />

auch Weichen für eine Verä<br />

n d e r u n g d e r<br />

„landwirtschaftlichen Geschlechterordnung“<br />

(Elisabet<br />

h Prügl).<br />

Gesellschaftliche Leistungen<br />

Die Marginalisierung <strong>der</strong><br />

Nebenerwerbslandwirtschaft<br />

<strong>im</strong> inner- und außerlandwirtschaftlichen<br />

Diskurs entspricht<br />

nicht ihren Leistungen<br />

für die Gesellschaft.<br />

Erstens erfüllt die Nebenerwerbslandwirtschaft<br />

wichtige<br />

sozioökonomische Funktionen:<br />

• Sie bietet Arbeitsplätze <strong>im</strong><br />

ländlichen Raum.<br />

• Sie ermöglicht eine Stabilisierung<br />

von prekären<br />

Existenzbedingungen<br />

durch Pluriaktivität.<br />

• Sie repräsentiert ein geradezu<br />

klassisches Modell<br />

für überlebenssichernde<br />

Einkommenskombinationen<br />

und eine Alternative<br />

zum Wachsen o<strong>der</strong> Weichen.<br />

Damit trägt <strong>der</strong> Nebenerwerb<br />

zum Erhalt einer Vielfalt an<br />

Produktionsweisen und an<br />

sozioökonomischen Entwicklungspfaden<br />

auch innerhalb<br />

<strong>der</strong> Landwirtschaft bei. In<br />

einer Zeit, in <strong>der</strong> die Monoprofessionalität<br />

als Charakteristikum<br />

für eine Erwerbsbiographie<br />

tendenziell obsolet<br />

wird und <strong>im</strong>mer deutlicher<br />

wird, dass kommende Generationen<br />

<strong>im</strong> Laufe ihres Arbeitslebens<br />

mehrere Berufe<br />

haben werden, liefert <strong>der</strong><br />

Nebenerwerb ein Musterbeispiel<br />

für erfolgreich praktizierte<br />

Multiprofessionalität<br />

und gleichzeitig für die althergebrachte,<br />

nun aber von<br />

Politik und Wissenschaft neu<br />

entdeckte Multifunktionalität<br />

<strong>der</strong> Landwirtschaft und die<br />

Pluriaktivität ihrer männlichen<br />

wie weiblichen Akteure.<br />

Zweitens hat die Nebenerwerbslandwirtschaft<br />

eine<br />

zentrale ökologische Bedeutung.<br />

Jahr für Jahr wird<br />

selbst in den Agrarberichten<br />

<strong>der</strong> Bundesregierung beinahe<br />

gebetsmühlenartig die<br />

beson<strong>der</strong>e ökologische und<br />

kulturelle Bedeutung <strong>der</strong><br />

nebenerwerblichen Landwirtschaft<br />

hervorgehoben:<br />

Die Klein- und Nebenerwerbsbetriebe<br />

„befinden sich<br />

häufig in kleinflächigen und<br />

für die Produktion ungünstigen<br />

Lagen wie den Mittelgebirgen.<br />

Hier tragen sie aber<br />

<strong>im</strong> wesentlichen Umfange<br />

zur Erhaltung und Pflege <strong>der</strong><br />

Kulturlandschaft bei.“ Insbeson<strong>der</strong>e<br />

die 70 Prozent oft<br />

extensiv wirtschaftenden<br />

Klein- und Nebenerwerbsbetriebe<br />

mit weniger als acht<br />

EGE tragen laut offiziellem<br />

Agrarbericht „in benachteiligten<br />

Gebieten und Mittelgebirgslagen<br />

dazu bei, die<br />

Landbewirtschaftung aufrechtzuerhalten<br />

und dass die<br />

natürlichen Lebensgrundlagen<br />

gesichert werden“. Hinzu<br />

kommt, dass Nebenerwerbslandwirte<br />

aufgrund<br />

ihrer bäuerlichen Sozialisation,<br />

langjährigen Praxiserfahrung<br />

und/o<strong>der</strong> landwirtschaftlichen<br />

Berufsausbildung<br />

über ein qualifiziertes<br />

Wissen und reichhaltige Erfahrung<br />

<strong>im</strong> Umgang mit Natur<br />

verfügen. Sie gehören –<br />

zusammen mit ihren Haupterwerbskollegen/innen<br />

– zu<br />

den wenigen Berufsgruppen,<br />

die quasi professionell Naturzugang<br />

und Umweltbildung<br />

haben.<br />

Zusammenfassend kann die<br />

Nebenerwerbslandwirtschaft<br />

als eine <strong>im</strong> Sinne des Nachhaltigkeitsdiskurses<br />

sowohl<br />

sozial, ökonomisch und ökologisch<br />

bemerkenswerte<br />

agrarische Produktions- und<br />

Sozialform gewertet werden,<br />

auch wenn die von ihr be-<br />

Seite 18


Ausgabe 5/2008 Sept./Okt. ´08<br />

wirtschaftete Fläche nur ein<br />

Viertel <strong>der</strong> gesamten landwirtschaftlich<br />

genutzten Fläche<br />

beträgt und – wie <strong>der</strong><br />

Agrarbericht <strong>der</strong> Bundesregierung<br />

einschränkend vermerkt<br />

– „mit dieser Art <strong>der</strong><br />

Landwirtschaft nur ein sehr<br />

geringer Beitrag zum Gesamteinkommen<br />

erwirtschaftet<br />

werden (dürfte)“. Daher<br />

ist bei <strong>der</strong> Aufgabe von Nebenerwerbsbetrieben<br />

–<br />

selbst wenn ein Teil <strong>der</strong> Flächen<br />

von verbleibenden Betrieben<br />

übernommen wird –<br />

mit erheblichen negativen<br />

Folgen insbeson<strong>der</strong>e in den<br />

landwirtschaftlich prekären,<br />

aber landschaftlich reizvollen<br />

und ökologisch wertvollen<br />

peripheren ländlichen Räumen<br />

zu rechnen (in z.B.<br />

Rhön, Bayerischer und Thüringer<br />

Wald, Alpen, Erzgebirge,<br />

Eifel). Der Rückgang <strong>der</strong><br />

Landbewirtschaftung – und<br />

daran kann auch das propagierte<br />

Mulchen wenig än<strong>der</strong>n<br />

– wird zur Verbuschung und<br />

Verwaldung und dadurch zu<br />

einem Verlust <strong>der</strong> hier beson<strong>der</strong>s<br />

hohen Biodiversität<br />

führen, aber auch an professionellem<br />

Wissen und Praxiserfahrung<br />

<strong>im</strong> Umgang mit<br />

Natur. Die Verän<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Kulturlandschaft wie<strong>der</strong>um<br />

reduzieren die Attraktivität<br />

für Erholungssuchende<br />

und Tourismus, die in diesen<br />

Regionen ein wichtiges wirtschaftliches<br />

Standbein für<br />

die ländliche und landwirtschaftliche<br />

Bevölkerung darstellen.<br />

Die Verschlechterung<br />

<strong>der</strong> Erwerbssituation<br />

und <strong>im</strong> Gefolge auch <strong>der</strong><br />

ländlichen Infrastruktur wird<br />

die lokale Bevölkerung weiterhin<br />

verunsichern und die<br />

soziale, ökonomische, kulturelle<br />

und demographische<br />

Erosion in solchen peripheren<br />

Landstrichen beschleunigen.<br />

Folgerungen und Empfehlungen<br />

Um die beschriebenen Folgen<br />

zu vermeiden, sind eine<br />

stärkere gesellschaftliche<br />

und politische Wahrneh-<br />

mung <strong>der</strong> Nebenerwerbslandwirtschaft<br />

und eine gezielte<br />

För<strong>der</strong>ung unumgänglich.<br />

Diese kann auf verschiedenen<br />

Ebenen erfolgen:<br />

• Um die Entwicklung <strong>der</strong><br />

Nebenerwerbslandwirtschaft<br />

<strong>im</strong> Auge zu behalten,<br />

sollten weiterhin entsprechende<br />

agrarstatistische<br />

Daten erhoben und<br />

veröffentlicht werden.<br />

• Die <strong>der</strong>zeit relativ strikte<br />

Bindung <strong>der</strong> Agrarför<strong>der</strong>ung<br />

an best<strong>im</strong>mte berufliche<br />

Abschlüsse kann bei<br />

zukünftig niedrigerem<br />

Professionalisierungsgrad<br />

in <strong>der</strong> Nebenerwerbslandwirtschaft<br />

zu einer privilegierten<br />

För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Haupterwerbsbetriebe<br />

führen. Eine Bildungsoffensive<br />

zur För<strong>der</strong>ung<br />

zweigleisiger Berufsausbildungen<br />

– wie beispielsweise<br />

in einem Pilotprojekt<br />

in Österreich – sollte<br />

angedacht werden, Nebenerwerbskurse<br />

von<br />

Landwirtschaftskammern<br />

und -ämtern sollten weiterhin<br />

angeboten werden.<br />

• Im Interesse des Erhalts<br />

<strong>der</strong> jahrhun<strong>der</strong>telang aufbereiteten<br />

Kulturlandschaft<br />

sollte eine breite<br />

Streuung des Eigentums<br />

an Grund und Boden gewährleistet<br />

bleiben und<br />

eine nebenerwerbliche<br />

Landbewirtschaftung in<br />

ungünstigen Lagen<br />

(Hanglagen, niedrige Bodenpunkte)<br />

über höhere<br />

Flächenprämien und an<strong>der</strong>e<br />

unternehmensbezogene<br />

Zahlungen auch<br />

längerfristig sichergestellt<br />

werden.<br />

• Grundsätzlich sollten sich<br />

vor allem Agrarpolitik und<br />

Politik für ländliche Räume<br />

für den Erhalt <strong>der</strong><br />

Vielfalt an Erwerbsformen<br />

engagieren, die die deutsche<br />

Landwirtschaft auszeichnet.<br />

• Auch in den Berufsverbänden<br />

müssten die spezifischen<br />

Lagen und Interessen<br />

<strong>der</strong> Nebenerwerbslandwirte<br />

stärkere<br />

Berücksichtigung finden.<br />

Sowohl <strong>im</strong> DBV und DBN<br />

wie auch <strong>im</strong> Deutschen<br />

Landfrauenverband sollten<br />

die Frauen auf Nebenerwerbshöfen<br />

als<br />

Adressatinnen und Agentinnen<br />

<strong>der</strong> Verbandspolitik<br />

entdeckt und mobilisiert<br />

werden.<br />

• Rahmenbedingungen,<br />

z.B. <strong>im</strong> Bauplanungsrecht<br />

o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Landwirtschaftlichen<br />

Sozialversicherung,<br />

sollten so geän<strong>der</strong>t/angepasst<br />

werden,<br />

dass sie den beson<strong>der</strong>en<br />

Bedürfnissen nebenberuflicher<br />

Landwirtschaft<br />

gerecht werden.<br />

• Die Agrarforschung muss<br />

sich verstärkt Themen wie<br />

Hofbiographien und Entwicklungspfade<br />

in <strong>der</strong><br />

Nebenerwerbslandwirtschaft,<br />

vergleichende<br />

Untersuchungen über die<br />

aktuelle und zukünftige<br />

Bedeutung <strong>der</strong> Nebenerwerbslandwirtschaft<br />

für<br />

die Kulturlandschaft widmen,<br />

ebenso wie <strong>der</strong> Situation<br />

von Frauen als Betriebsleiterinnen<br />

von Nebenerwerbshöfen<br />

und<br />

Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Geschlechterordnung<br />

durch<br />

neue Rollenkonstellationen<br />

in Nebenerwerbsfamilien.<br />

Es ist davon auszugehen,<br />

dass durch ein neues Interesse<br />

an <strong>der</strong> Nebenerwerbslandwirtschaft<br />

von Seiten <strong>der</strong><br />

Politik, Verbände und Wissenschaft<br />

sowie durch gezielte<br />

Aufklärung <strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />

Öffentlichkeit<br />

über die komplexen Zusammenhänge<br />

von landschaftlicher<br />

Attraktivität, Regionalentwicklung<br />

und Landbewirtschaftung<br />

sich das Ansehen<br />

und Bild <strong>der</strong> Nebenerwerbslandwirtschaft<br />

auch bei <strong>der</strong><br />

nichtlandwirtschaftlichen<br />

Bevölkerung entsprechend<br />

ihrer realen gesellschaftlichen<br />

Bedeutung erheblich<br />

verbessern würde. ■<br />

Die Koautorin:<br />

Dr. Andrea Fink-Kessler<br />

Dr. Andrea<br />

Fink-Kessler<br />

Büro für Agrar- und<br />

Regionalentwicklung<br />

Tischbeinstr. 112<br />

34121 Kassel<br />

E-Mail:<br />

Afink-Kessler@tonline.de<br />

Seite 19


Unser Land<br />

Alois Schnei<strong>der</strong><br />

Bundesvorsitzen<strong>der</strong> 1977 - 1994<br />

Rückblick auf die Anfänge des DBN<br />

Durch die Gründung des<br />

DBN <strong>im</strong> Jahre 1972, wurde<br />

ein agrarpolitischer<br />

Akzent für die nebenberufliche<br />

Landwirtschaft<br />

gesetzt. Dabei galt <strong>der</strong><br />

Nebenerwerb in <strong>der</strong> Landwirtschaft<br />

in den 70er<br />

Jahren als sozialer Abstieg<br />

und als Einstieg in<br />

den Ausstieg aus <strong>der</strong> aktiven<br />

Landwirtschaft.<br />

Die agrarsozialen Fragen<br />

und die Bedeutung <strong>der</strong><br />

Entwicklung ländlicher<br />

Räume war zu dieser Zeit<br />

noch völlig unterschätzt,<br />

o<strong>der</strong> ignoriert worden.<br />

Erst langsam erstarkte die<br />

Bedeutung <strong>der</strong> nebenberuflichen<br />

Landwirtschaft in<br />

<strong>der</strong> Agrarpolitik. Immer<br />

mehr Agrarwissenschaftler<br />

und Agrarsoziologen<br />

begannen sich mit dem<br />

Phänomen dieser beson<strong>der</strong>en<br />

Arbeits- und Lebensform<br />

auf dem Lande<br />

zu beschäftigen. Und <strong>der</strong><br />

DBN war das unabhängige<br />

agrarpolitische<br />

Sprachrohr.<br />

Die Benachteiligung <strong>der</strong><br />

Nebenerwerbslandwirte,<br />

z.B. be<strong>im</strong> Grun<strong>der</strong>werb,<br />

dem Bauen <strong>im</strong> Außenbereich,<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Agrarför<strong>der</strong>ung,<br />

wurde auf den<br />

Tagungen des DBN thematisiert<br />

und <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong><br />

an die Politik getragen,<br />

bis es Früchte trug.<br />

Der DBN nach <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vereinigung<br />

Albrecht Löblein<br />

Bundesvorsitzen<strong>der</strong> 1994 - 2007<br />

Jens Reichardt<br />

Bundesvorsitzen<strong>der</strong> seit 2007<br />

Mit <strong>der</strong> deutschen Einheit<br />

konnte auch <strong>der</strong> DBN<br />

seine Aktivitäten in den<br />

neuen Bundeslän<strong>der</strong>n<br />

ausweiten. Gerade hier<br />

zeigte sich, dass die Vernachlässigung<br />

und Benachteiligung<br />

des Nebenerwerbs<br />

ein Fehler <strong>im</strong><br />

Prozess <strong>der</strong> Umstrukturierung<br />

<strong>der</strong> DDR-<br />

Landwirtschaft war. Vielen<br />

Grundeigentümern<br />

wurde die Hoffnung auf<br />

einen eigenen landwirt-<br />

Unser Verband <strong>im</strong> neuen Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

35 Jahre ein eigenes<br />

Sprachrohr für die nebenberuflichen<br />

<strong>Landwirte</strong> und<br />

noch <strong>im</strong>mer gibt es viel zu<br />

tun.<br />

Der DBN hat sich etabliert,<br />

er baut seine Position<br />

und Strukturen aus.<br />

Nicht alles wird dabei auf<br />

einmal machbar sein,<br />

aber die Arbeit geht Stück<br />

für Stück voran.<br />

Als wichtigstes Ziel <strong>der</strong><br />

Verbandsarbeit ist dabei<br />

schaftlichen Betrieb genommen,<br />

weil <strong>der</strong> Fokus<br />

<strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung und Quotenausstattung<br />

auf die<br />

großen Betriebsstrukturen<br />

gelegt wurde.<br />

Jedoch konnte <strong>der</strong> DBN<br />

mit <strong>der</strong> EU-Agrarreform<br />

Agenda 2000 endlich die<br />

Gleichstellung <strong>der</strong> nebenberuflichen<br />

<strong>Landwirte</strong> erreichen.<br />

Doch schon früh zeichnete<br />

sich ab, dass dies nur<br />

die For<strong>der</strong>ung nach einer<br />

Reform des LSV-<br />

Systems, insbeson<strong>der</strong>e<br />

nach <strong>der</strong> Befreiung <strong>der</strong><br />

Ehegatten in Nebenerwerbsbetrieben<br />

von <strong>der</strong><br />

Versicherungspflicht in<br />

<strong>der</strong> Landwirtschaftlichen<br />

Alterskasse und die Abschaffung<br />

<strong>der</strong> Vorrangversicherung<br />

<strong>der</strong> Landwirtschaftlichen<br />

Krankenkasse<br />

für Rentner, die ihren<br />

Nebenerwerbsbetrieb<br />

weiterführen wollen.<br />

ein Zwischensieg sein<br />

konnte, denn die Benachteiligungen<br />

bestehen <strong>im</strong><br />

Detail noch <strong>im</strong>mer.<br />

Die mit <strong>der</strong> Agrarsozialreform<br />

1995 eingeführte<br />

Bäuerinnenrente ist ein<br />

Beispiel dafür, wie nebenberufliche<br />

<strong>Landwirte</strong> weiterhin<br />

verdrängt werden.<br />

Der DBN hat als Sprachrohr<br />

<strong>der</strong> Nebenerwerbsbetriebe<br />

weiterhin seine<br />

Berechtigung.<br />

Gerade die Alterskassenpflicht<br />

<strong>der</strong> Ehegatten ist<br />

für viele Nebenerwerbsbetriebe<br />

<strong>der</strong> Totengräber.<br />

Die jungen Familien mit<br />

nur einem außerlandwirtschaftlichen<br />

Einkommen<br />

und nur einem geringen<br />

landwirtschaftlichen Zusatzeinkommen,<br />

können<br />

sich die Beiträge zur Alterskasse<br />

nicht leisten.<br />

Daher wird <strong>der</strong> DBN seine<br />

Aktion: Alterskasse? -<br />

Nein Danke!, fortsetzen.<br />

Seite 20


Ausgabe 5/2008 Sept./Okt. ´08<br />

Einladung<br />

Eine Finanzkrise hält <strong>der</strong>zeit<br />

die globale Wirtschaftswelt in<br />

Atem uns lässt die Blütenträume<br />

<strong>der</strong> Globalisierung<br />

platzen.<br />

Wie wichtig die nebenberufliche<br />

Landwirtschaft als stabilisieren<strong>der</strong><br />

Faktor <strong>im</strong> ländlichen<br />

Raum ist, wird gerade<br />

in <strong>der</strong> Krise offenbar. Die<br />

nicht auf den Weltmarkt,<br />

son<strong>der</strong>n auf die Region und<br />

auf Selbstversorgung ausgerichtete<br />

Arbeits- und Lebensform<br />

erlebt eine ungeahnte<br />

Renaissance.<br />

Doch noch werden uns nebenberuflichen<br />

<strong>Landwirte</strong>n<br />

viele Steine in den Weg gelegt.<br />

Eine Agrarpolitik die<br />

über Jahrzehnte nur Wachstum<br />

und Verdrängung propagierte<br />

und die nebenberuflichen<br />

<strong>Landwirte</strong> als<br />

„Auslaufmodell“ betrachtete,<br />

zeigt ihre (Nach-)Wirkung.<br />

We<strong>der</strong> Politik noch Verwaltung<br />

haben eine Strategie<br />

parat, wie die ländlichen<br />

Räume wirklich nachhaltig<br />

gestärkt und entwickelt werden<br />

können.<br />

Wie gut, dass wir da ein eigenes<br />

Sprachrohr für den<br />

Nebenerwerbslandwirt und<br />

den ländlichen Raum haben.<br />

Seien sie herzlich eingeladen,<br />

sich in die Diskussion<br />

einzubringen und in den<br />

Erfahrungsaustausch mit<br />

den Referenten und den<br />

an<strong>der</strong>en Teilnehmern zu<br />

treten. Über Ihre Teilnahme<br />

würden wir uns sehr freuen.<br />

Programm <strong>der</strong> Jahrestagung 2008<br />

Sonnabend<br />

22. November 2008<br />

14.00 Uhr Eröffnung<br />

14.30 Uhr Agrarpolitische<br />

Podiumsdiskussion<br />

Dr. Peter Jahr MdB (CDU)<br />

Dr. Wilhelm Priesmeier MdB (SPD)<br />

Heinrich Heidel MdL (FDP)<br />

Dr. Johanna Scheringer-Wright<br />

MdL (Die Linke)<br />

Nicole Maisch MdB (B90/Grüne)<br />

Hubert Aiwanger MdL<br />

(Freie Wähler)<br />

16.00 Uhr Kaffeepause<br />

16.30 Uhr Die Entwicklung ländlicher<br />

Räume und die<br />

Landwirtschaft in Zeiten<br />

einer globalen Finanzund<br />

Wirtschaftskrise<br />

Dr. Edgar Most (Bankdirektor a.D.)<br />

Sonntag<br />

23. November 2008<br />

09.00 Uhr Eröffnung<br />

09.15 Uhr Grußwort des Staatssekretärs<br />

<strong>im</strong> nie<strong>der</strong>sächsischen<br />

Ministerium für Ernährung,<br />

Landwirtschaft,<br />

Verbraucherschutz und<br />

Landesentwicklung<br />

Friedrich-Otto Ripke<br />

10.00 Uhr Existenzgründungen in<br />

<strong>der</strong> Landwirtschaft -<br />

Vorstellung <strong>der</strong> Untersuchung<br />

Dr. Frie<strong>der</strong> Thomas<br />

11.00 Uhr Kaffeepause<br />

11.30 Uhr Biogas - Wie geht das?<br />

Dipl. Ing. Detlef Bremer<br />

13.00 Uhr Mittagessen und Abreise<br />

Anfahrt zum Tagungsort<br />

- aus Richtung Norden:<br />

A7 Hamburg-Hannover-Kassel, Ausfahrt Göttingen,<br />

weiter B 3 o<strong>der</strong> Hann.-Münden-Hedemünden<br />

-aus Richtung Süden:<br />

A 7 Frankfurt - Kassel, Ausfahrt Hann.-Münden /<br />

Lutherberg<br />

- aus Richtung Westen:<br />

A 44 Dortmund-Kassel, dann auf die A 7<br />

Richtung Hannover, Ausfahrt Hann.-Münden / Lutherberg<br />

- aus Richtung Osten:<br />

A 4 Dresden-Eisenach, dann auf die A 7<br />

Richtung Kassel, Ausfahrt Hann.-Münden / Lutherberg<br />

Seite 21


Unser Land<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

<strong>Deutscher</strong> <strong>Bundesverband</strong> <strong>der</strong> <strong>Landwirte</strong><br />

<strong>im</strong> Nebenberuf e.V. (DBN), gegr. 1972<br />

Vereinsregister:<br />

AG Frankfurt am Main - VR 6323<br />

Vorstand:<br />

Jens Reichardt (Bundesvors. / Sa.-Anh.)<br />

Albrecht Löblein (Baden-Württemberg)<br />

Elmar Albrecht (Hessen)<br />

Gerhard Gompelmann (Rheinl-Pf-Saar)<br />

Ludger Toben (Nordrhein-Westfalen)<br />

Alois Schnei<strong>der</strong> (Ehrenvors. / Bayern)<br />

Redaktion:<br />

„Unser Land“<br />

Tel.: (03 90 34) 9 43 45<br />

Fax.: (03 90 34) 94 49 88<br />

Funk: (01 74) 2 97 76 70<br />

Büro Berlin (nur nach Absprache):<br />

(0 30) 97 86 63 53<br />

Internet und E-Mail:<br />

www.nebenerwerbslandwirte.de<br />

bundesgeschaeftsstelle<br />

@nebenerwerbslandwirte.de<br />

Sanner Dorfstraße 27<br />

39606 Sanne-Kerkuhn<br />

Redaktion:<br />

Jens Reichardt (Chefredakteur / VDAJ)<br />

Albrecht Löblein (stellv. Chefredakteur)<br />

Christian Lange (Internetredaktion)<br />

Stefanie Salzmann (Fotoreporterin)<br />

____________________________<br />

So erreichen Sie unsere<br />

Landesverbände:<br />

Schleswig-Holstein-Hamburg<br />

(0 46 63) 2 76<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

(03 96 01) 2 13 16<br />

Nie<strong>der</strong>sachsen-Bremen<br />

(0 58 41) 32 13<br />

Brandenburg-Berlin<br />

(03 30 53) 7 03 88<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

(0 52 47) 85 61<br />

Rheinland-Pfalz-Saar<br />

(0 65 56) 9 30 60<br />

Baden-Württemberg<br />

(0 79 32) 2 24<br />

Sachsen-Anhalt<br />

(03 90 34) 9 43 45<br />

Bayern (0 79 32) 2 24<br />

Thüringen (0 36 47) 41 60 71<br />

Sachsen (0 37 74) 32 90 73<br />

Hessen (0 66 22) 71 89<br />

Zur Person: Dr. Edgar Most<br />

Hauptreferent <strong>der</strong> DBN-Jahrestagung 2008<br />

1990 hat sich er sich geschworen: "Du hältst nie wie<strong>der</strong> deinen<br />

Mund." Edgar Most hatte es <strong>im</strong> Sozialismus zum Vizepräsidenten<br />

<strong>der</strong> DDR-Staatsbank gebracht. 14 Jahre nach <strong>der</strong> Wende macht er<br />

seinen Vorsatz nun wahr. Edgar Most zählt zum Beraterkreis <strong>der</strong><br />

Bundesregierung für den Aufbau Ost, dessen Ideen für einen Neuanfang<br />

in den neuen Län<strong>der</strong>n für Furore sorgten.<br />

Edgar Most ist ein Wendegewinner: Als einziger ostdeutscher Banker hat<br />

er gleich nach dem Ende <strong>der</strong> DDR den Übergang in eine Führungsetage<br />

geschafft. Er war bis 2005 Mitglied <strong>der</strong> Geschäftsleitung <strong>der</strong> Deutschen<br />

Bank Berlin. Damit konnte <strong>der</strong> Finanzexperte an eine Karriere anknüpfen,<br />

die schon in <strong>der</strong> DDR in kühnen Schritten<br />

verlief. Mit 14 begann <strong>der</strong> 1940 bei Eisenach<br />

geborene Finanzfachmann als<br />

Banklehrling. Im Alter von 22 Jahren kam<br />

er nach Schwedt an <strong>der</strong> O<strong>der</strong>, um dort<br />

das neue große Petrochemische Werk<br />

mit aufzubauen. Es war zu jener Zeit die<br />

größte Industriebaustelle Osteuropas,<br />

und Edgar Most trieb zunächst als Filialleiter,<br />

dann als sehr junger Bankdirektor<br />

den Aufbau voran - anfangs in einer unbeheizten<br />

Holzbaracke. Später ging <strong>der</strong><br />

Familienvater nach Berlin in die Zentrale<br />

<strong>der</strong> DDR-Staatsbank und studierte nebenher<br />

an <strong>der</strong> Humboldt-Universität. Als<br />

<strong>der</strong> Sozialismus schon seinem Ende entgegen<br />

ging, wurde Most Vizepräsident<br />

<strong>der</strong> Staatsbank und gründete mit <strong>der</strong><br />

Kreditbank AG die erste Privatbank in<br />

Ostdeutschland.<br />

Most zählte sicher nicht zu den Bürgerrechtlern,<br />

die 1989 die DDR aus den<br />

Angeln rissen. Der Spross einer christlichen<br />

Familie war SED-Mitglied, n<strong>im</strong>mt<br />

aber für sich in Anspruch, dass er sich<br />

trotz seiner Musterkarriere seinen kritischen<br />

Blick bewahrt hat. Die Partei sah<br />

ihn als "unzuverlässigen Ka<strong>der</strong>" an. Von<br />

manchen Ostdeutschen anfangs als flinker<br />

Wendehals gescholten, gilt er heute als beson<strong>der</strong>s profun<strong>der</strong> Kenner<br />

<strong>der</strong> ostdeutschen Wirtschaft. Gemeinsam mit dem ehemaligen Hamburger<br />

Bürgermeister Klaus von Dohnanyi gründete er den "Gesprächskreis<br />

Ost", <strong>der</strong> mit seiner Analyse <strong>der</strong> wirtschaftlichen und gesellschaftlichen<br />

Situation in den Ostlän<strong>der</strong>n für Aufsehen sorgte. "Der Osten verarmt,<br />

verdummt und vergreist", lautet sein Fazit. Was dagegen zu tun ist, hat<br />

das Expertengremium in einem Masterplan <strong>der</strong> Bundesregierung vorschlagen.<br />

Außerdem arbeitet Edgar Most in etlichen Aufsichtsräten von<br />

Ostfirmen, ist Vorsitzen<strong>der</strong> eines Datschenvereins und sogar <strong>im</strong> För<strong>der</strong>verein<br />

von Hertha BSC mischt <strong>der</strong> Banker mit.<br />

Der Wirtschaftsexperte privat<br />

Mit dem Rad unterwegs sein, stundenlang am Strand spazieren, den<br />

Kopf durchpusten lassen - das ist einem wichtig, <strong>der</strong> 24 Stunden lang<br />

nicht weiß, was er zuerst machen soll, und deshalb das Wort Freizeit fast<br />

nur mit Urlaub gleichsetzen kann. Darum reist er seit Jahrzehnten <strong>im</strong><br />

Frühjahr an die Ostsee. Anfangs <strong>im</strong>mer mit den beiden Töchtern, doch<br />

seit die aus dem Haus sind allein mit Ehefrau Charlotte, die er während<br />

seiner zwölfjährigen Arbeit be<strong>im</strong> Aufbau einer <strong>der</strong> größten europäischen<br />

Raffinerien in Schwedt kennen gelernt hat. Wenn sich Edgar Most dann<br />

doch irgendwann ganz ins Privatleben zurückzieht, will er bei Wan<strong>der</strong>ungen<br />

seine thüringische He<strong>im</strong>at wie<strong>der</strong>entdecken und seine Memoiren<br />

schreiben.<br />

(Quelle: MDR Riverboat)<br />

Seite 22


Ausgabe 5/2008 Sept./Okt. ´08<br />

Anmeldung per Fax: (03 90 34) 94 49 88<br />

per E-Mail: bundesgeschaeftsstelle@nebenerwerbslandwirte.de<br />

Hiermit melde ich mich verbindlich für die Jahrestagung des DBN am 22./23. November 2008 in<br />

Hannoversch Münden an (Teilnehmerbeitrag 65,00 € p.P.):<br />

_______________________________________________<br />

Titel, Name, Vorname<br />

______________________________________________________<br />

Tätigkeit / Mitglied <strong>im</strong> DBN (ja/nein) / Institution<br />

_______________________________________________<br />

Straße Nr.<br />

______________________________________________________<br />

Postleitzahl, Ort<br />

_______________________________________________<br />

Telefon / Fax<br />

______________________________________________________<br />

E-Mail / Internet<br />

____________________________________________________________________<br />

Datum, Unterschrift<br />

Bitte ankreuzen:<br />

□ Ich bitte um ein EZ<br />

___________________________________<br />

Name, Vorname <strong>der</strong> Begleitperson<br />

□ Ich reise mit Begleitung und benötige ein DZ<br />

□ Ich reise allein, st<strong>im</strong>me <strong>der</strong> Unterbringung <strong>im</strong> DZ zu<br />

□ Ich reise mit einer Busgruppe an<br />

□ Ich möchte an <strong>der</strong> Lehrfahrt am 21.11.08 teilnehmen<br />

□ Ich bin an einer Mitgliedschaft <strong>im</strong> DBN interessiert<br />

Hinweise:<br />

Für die Teilnahme an <strong>der</strong> Jahrestagung<br />

des DBN in Hannoversch Münden wird,<br />

wie in den letzten Jahren üblich, ein<br />

Teilnehmerbeitrag entsprechend <strong>der</strong><br />

Kostenkalkulation des DBN unter Berücksichtigung<br />

<strong>der</strong> beantragten Förde-<br />

rung aus Mitteln des Bundesministeriums<br />

für Ernährung, Landwirtschaft und<br />

Verbraucherschutz in Höhe von 65,00 €<br />

pro Person erhoben. Der Beitrag ist bei<br />

Anreise an <strong>der</strong> Anmeldung <strong>im</strong> Tagungssaal<br />

zu entrichten. Für Kin<strong>der</strong>/<br />

Schüler/Studenten wird ein ermäßigter<br />

Beitrag in Höhe von 40,00 € erhoben.<br />

Im Beitrag sind das Abendessen am<br />

Sonnabend, die Übernachtung, das<br />

Frühstück und das Mittagessen am<br />

Sonntag, sowie zwei Kaffeepausen<br />

enthalten. Fahrkostenzuschüsse werden<br />

nicht gezahlt.<br />

■<br />

Seite 23

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