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Braver Junge - Alfred-Adler-Schule

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WIR - VON UNS - ÜBER UNS<br />

Gefährliche Diät<br />

Ich bin wegen Anorexie (Magersucht)<br />

in der Tagesklinik. Eigentlich<br />

war ich ein Mensch, der<br />

Spaß am Essen hatte. Ich war<br />

zwar pummelig, fühlte mich aber<br />

wohl. Im Sommer 2005 brach ich<br />

mir ein Bein bei einem Judounfall.<br />

In der Zeit, in der ich nicht gehen<br />

konnte, achteten meine Eltern<br />

sehr auf meine Ernährung, damit<br />

ich nicht zunahm. Als mein Gips<br />

entfernt war, wog ich 46 kg bei<br />

einer Größe von 1,52cm. Ich fühlte<br />

mich pudelwohl.<br />

N <br />

ich mit Schwimmen an und<br />

hörte mit dem Judo auf. Ich war<br />

tagsüber allein zu Hause, da meine<br />

Eltern eine Ganztagsstelle hatten.<br />

Deshalb aß ich unkontrolliert<br />

überdimensionale Mengen und<br />

nahm in kürzester Zeit sechs Kilogramm<br />

zu. Ich dachte mir nichts<br />

dabei. Ich sagte mir immer, ich sei<br />

sportlich, da ich im Schwimmverein<br />

jedes Mal 2 km schwamm und<br />

halt ein bisschen kräftig gebaut<br />

war. Trotzdem hätte ich liebend<br />

gern wieder sechs Kilogramm<br />

abgenommen. Ich nahm mir vor,<br />

wieder weniger zu essen, was mir<br />

aber nicht gelang. Ich aß weiterhin<br />

zwei Chickenbrötchen oder<br />

anderes in der <strong>Schule</strong>, zu Hause<br />

schob ich mir dann eine Pizza in<br />

den Ofen und aß noch Nachtisch,<br />

öfters noch etwas Süßes oder<br />

was anderes. Abends wurde dann<br />

immer noch warm gegessen. Da<br />

schlug ich mit den Mengen zusätzlich<br />

zu. Meine Eltern bekamen<br />

<br />

mit meiner Mutter nach Kalifornien.<br />

Dort aß ich ebenfalls wie<br />

am laufenden Band. Meine Mutter<br />

bemerkte anscheinend nichts,<br />

denn sie wies mich nie darauf hin,<br />

dass ich ein bisschen aufpassen<br />

sollte. Als wir wieder zu Hause<br />

waren, wog ich 59 kg. Ich fühlte<br />

mich dreckig und dick. Ich wollte<br />

mich am liebsten übergeben,<br />

wollte nichts mehr essen, wollte<br />

abnehmen. Doch ich schaffte es<br />

nicht, also aß ich einfach weiter.<br />

Zwei Wochen vor meinem Geburtstag<br />

fasste ich den Entschluss<br />

bis dahin 13 kg abzunehmen. Ich<br />

wollte meiner Freundin zeigen,<br />

dass ich nicht fett war.<br />

Da Osterferien waren, konnte<br />

ich jeden Tag schwimmen gehen.<br />

Ich schwamm 3 km, aß nur<br />

einen Apfel oder nur sehr wenig.<br />

Außer meiner Mutter bekam keiner<br />

etwas mit. Bis zu meinem<br />

Geburtstag hatte ich es geschafft<br />

dreizehn Kilogramm abzunehmen.<br />

Ich war stolz auf mich. Meine<br />

Freundin bemerkte nicht, dass<br />

ich abgenommen hatte, doch ich<br />

fühlte mich wohl. Ich konnte kontrolliert<br />

essen und nahm endlich<br />

normale Mengen zu mir. Irgendwann<br />

war in der <strong>Schule</strong> das Gewicht<br />

ein großes Thema. Ich erfuhr,<br />

dass meine Freundin nur 41<br />

kg wog. Also nahm ich noch ein<br />

bisschen mehr ab. Ich aß weniger<br />

und ließ ab und zu eine Mahlzeit<br />

aus. Zusätzlich trieb ich noch<br />

<br />

200 Sit-ups zu machen. Obwohl<br />

ich den Hunger spürte, aß ich<br />

nichts. Langsam wurden auch<br />

meine Klassenkameraden darauf<br />

aufmerksam, wie dünn ich geworden<br />

war. Ich war stolz. Ich hatte<br />

volle Kontrolle über mich. Die<br />

Kontrolle bestand darin, dass ich<br />

nichts mehr aß.<br />

In den Sommerferien fuhren wir<br />

für die ersten drei Wochen nach<br />

Frankreich. Meine Mutter bekam<br />

meine Abneigung gegen das Essen<br />

mit. Ich aß zum Frühstück<br />

ein bisschen. Mittags ließ ich die<br />

Mahlzeit ausfallen. Abends aß<br />

ich gelegentlich. Ich stellte mich<br />

20-mal am Tag auf die Waage.<br />

Wenn ich ein bisschen zugenommen<br />

hatte, bekam ich Panik und<br />

aß nichts mehr. Ich spürte oft,<br />

wie schwach ich geworden war.<br />

Wenn wir in einer Stadt waren,<br />

rannte ich wie eine Verrückte von<br />

Konditorei zu Konditorei und ließ<br />

mich meinen Hunger spüren. Ich<br />

war ,,HIGH“ so wie meine Mutter<br />

es nannte. Wenn ich ,,HIGH“ war,<br />

fühlte ich mich leicht und leer. Alle<br />

Probleme schienen weg zu sein.<br />

Als wir aus dem Urlaub zurückkamen,<br />

wog ich nur noch 39<br />

kg. Ich stritt mich mit meiner Mutter,<br />

wenn es ums Essen ging,<br />

was sich bis jetzt nicht geändert<br />

hat. Meine Mutter schleppte mich<br />

zur Ärztin. Ich hatte Blutwerte wie<br />

eine Leukämiekranke. Trotzdem<br />

nahm ich weiter ab. Oft hungerte<br />

ich zwei Tage und dann trank ich<br />

vielleicht ein Glas Milch. Mit 36<br />

kg gingen ich und meine Mutter<br />

zur Ernährungsberaterin. Diese<br />

schickte mich direkt ins EvK. Ich<br />

war drei Monate lang auf der Station.<br />

Es war eine schlimme Zeit<br />

für mich. Ich weinte oft und fühlte<br />

mich schlecht. Jetzt bin ich zum<br />

zweiten Mal in der Tagesklinik und<br />

versuche wieder mein Verhältnis<br />

zum Essen zu verbessern.<br />

Nilibe, 13<br />

32

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