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Fingerbeugesehne, Ruptur - Engelhardt Lexikon Orthopädie und ...

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PDF 00708<br />

<strong>Engelhardt</strong> (Hrsg.)<br />

<strong>Lexikon</strong> Orthopädie <strong>und</strong> Unfallchirurgie<br />

<strong>Fingerbeugesehne</strong>, <strong>Ruptur</strong><br />

Englischer Begriff<br />

Jersey finger; Climber’s finger; <strong>Ruptur</strong>e of the flexor tendons of the finger<br />

Definition<br />

Degenerativ oder traumatisch verursachte Kontinuitätstrennung einer oder beider Beugesehnen eines Fingers.<br />

Pathogenese<br />

Die <strong>Ruptur</strong> einer <strong>Fingerbeugesehne</strong> ist selten <strong>und</strong> tritt am häufigsten am vierten Finger auf. Sie kann im<br />

Rahmen einer langfristig bestehenden Tenosynovitis rheumatischer Genese, durch ein Impingement an einer<br />

knöchernen Prominenz, nach stumpfen Traumen, vermehrter Flexion gegen Widerstand (z. B. beim<br />

Sportklettern) oder Hyperextensionsverletzungen entstehen.<br />

Symptome<br />

Die Patienten klagen über eine verminderte Kraftentwicklung bei der Langfingerbeugung. Bei einer isolierten<br />

<strong>Ruptur</strong> der Sehne des M. flexor digitorum prof<strong>und</strong>us kann das Langfingerendgelenk nicht mehr aktiv gebeugt<br />

werden. Schmerzen werden speziell bei der rheumatoiden Arthritis nicht von allen Patienten angegeben, so dass<br />

der Zeitpunkt der <strong>Ruptur</strong> retrospektiv oft nicht mehr feststellbar ist.<br />

Diagnostik<br />

Bei der klinischen Untersuchung kann die betroffene Sehne durch die funktionelle Untersuchung identifiziert<br />

werden. Eine isolierte Beugung des Langfingerendgelenks ist bei einer <strong>Ruptur</strong> der Sehne des M. flexor digitorum<br />

prof<strong>und</strong>us nicht mehr möglich. Traumatische <strong>Ruptur</strong>en sind meist in Höhe der knöchernen Insertion an der<br />

Endphalanx <strong>und</strong> nur selten im Hohlhandbereich oder im muskulotendinösen Übergang zu finden.<br />

Degenerative <strong>Ruptur</strong>en rheumatischer Genese finden sich oft im distalen oder proximalen Hohlhandbereich<br />

(Zone III/IV).<br />

Die Überprüfung der Funktion des M. flexor digitorum superficialis III, IV <strong>und</strong> V erfordert die aktive Beugung<br />

des betreffenden Fingers bei gleichzeitiger passiver Streckstellung der beiden anderen Finger. Am Zeigefinger<br />

lässt sich die oberflächliche Beugesehne durch die Kraftentwicklung beim Spitzgriff mit überstrecktem<br />

Zeigefingerendgelenk untersuchen. Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis <strong>und</strong> länger zurückliegender<br />

Verletzung der Sehne des M. flexor digitorum superficialis kann eine Überstreckung des Fingermittelgelenks<br />

imponieren.<br />

Liegt die Sehnenverletzung länger zurück <strong>und</strong> besteht der Verdacht auf eine Retraktion der Sehne des M. flexor<br />

digitorum prof<strong>und</strong>us, kann eine Ultraschalluntersuchung oder eine Magnetresonanztomographie weiteren<br />

Aufschluss bringen.<br />

Differenzialdiagnose<br />

Eine abgeschwächte oder aufgehobene Beugung im Langfingerendgelenk II <strong>und</strong> III sowie im Daumen kann<br />

auch durch eine Kompression des N. interosseus anterior des N. medianus hervorgerufen werden.<br />

Therapie<br />

Frische <strong>Ruptur</strong>en der Sehne des M. flexor digitorum prof<strong>und</strong>us oder des M. flexor digitorum superficialis an<br />

einem Langfinger werden primär operativ versorgt. Bis zu drei Wochen nach der Verletzung ist meist eine<br />

direkte Naht möglich. Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis wird die Indikation in Abhängigkeit von der<br />

Funktionalität der Hand <strong>und</strong> den beruflichen Anforderungen gestellt, wobei die isolierte Rekonstruktion einer<br />

Beugesehne sehr zurückhaltend indiziert wird. <strong>Ruptur</strong>en im muskulotendinösen Übergang sind eine Domäne der<br />

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PDF 00708<br />

konservativen Behandlung.<br />

Akuttherapie<br />

Primär operative Versorgung einer frischen <strong>Ruptur</strong> der Sehne des M. flexor digitorum prof<strong>und</strong>us oder des M.<br />

flexor digitorum superficialis an einem Langfinger.<br />

Konservative/symptomatische Therapie<br />

Bei <strong>Ruptur</strong>en im muskuloligamentären Übergang wird eine Immobilisation in einer Oberarmgipsschiene in<br />

Flexionsstellung des Handgelenks (ca. 30–40°) <strong>und</strong> Funktionsstellung der Fingergelenke über etwa drei Wochen<br />

durchgeführt. Anschließend kann eine zunehmende funktionelle Übungstherapie durchgeführt werden.<br />

Medikamentöse Therapie<br />

Begleitende lokale <strong>und</strong> systemische antiphlogistische Medikation bei einer akuten Sehnenruptur.<br />

Operative Therapie<br />

Ein akuter Ausriss der Sehne des M. flexor digitorum prof<strong>und</strong>us von ihrer Insertion an der Endphalanx (Zone 1)<br />

wird in aller Regel primär operativ reinseriert. Dies geschieht über Fadenanker oder eine transossäre<br />

Nahttechnik. Auch frische <strong>Ruptur</strong>en anderer Lokalisation werden in Abhängigkeit vom Alter des Patienten <strong>und</strong><br />

der manuellen Beanspruchung der Hand primär versorgt. Ältere Verletzungen mit funktionellem Defizit können<br />

mit einer Tenodese des distalen Interphalangealgelenks, in seltenen Fällen auch mit einer Arthrodese des<br />

distalen Interphalangealgelenks behandelt werden. Rekonstruktive Maßnahmen älterer Verletzungen der Sehne<br />

des M. flexor digitorum prof<strong>und</strong>us bleiben Ausnahmeindikationen vorbehalten. Nur selten kommt es durch den<br />

retrahierten Stumpf der Sehne zu einer Beugebehinderung des Fingers. In diesen Fällen kann eine Resektion<br />

des proximalen Stumpfs erfolgen.<br />

Die seltenen isolierten <strong>Ruptur</strong>en der Sehne des M. flexor digitorum superficialis werden primär rekonstruiert.<br />

Die degenerativen <strong>Ruptur</strong>en der Beugesehnen erlauben meist keine direkte Adaptation der Sehnenstümpfe, so<br />

dass ein freies Sehnentransplantat zur Defektüberbrückung eingesetzt werden muss. Wesentlich ist dabei, die<br />

oft zugr<strong>und</strong>e liegende knöcherne Deformität mitzubehandeln, um eine erneute mechanische Alteration der<br />

rekonstruierten Sehne zu verhindern.<br />

Bewertung<br />

Die frischen ansatznahen <strong>Ruptur</strong>en heilen nach primärer operativer Insertion in aller Regel folgenlos aus,<br />

wenngleich mit einer Rerupturrate von etwa 4 % zu rechnen ist. <strong>Ruptur</strong>en im muskulotendinösen Übergang<br />

führen meist zu einem geringen Funktionsdefizit, das sich aus der relativen Verlängerung der Muskel-Sehnen-<br />

Strecke erklärt.<br />

Nachsorge<br />

Bis zur Ausheilung der Verletzung <strong>und</strong> Abschluss der dynamischen Nachbehandlung (vier bis sechs Wochen)<br />

sollte eine regelmäßige fachärztliche Kontrolle erfolgen. Die Rehabilitation nach operativer Reinsertion der<br />

ansatznahen Beugesehnenrupturen entspricht einer funktionellen Nachbehandlung. Durch Anlegen einer<br />

dorsalen Gipsschiene kann eine Immobilisation des Handgelenks in ca. 30–40°-Beugung <strong>und</strong> eine Limitierung<br />

der Fingergr<strong>und</strong>gelenksstreckung auf 30–40° erreicht werden. Gummizügel am betreffenden Finger erlauben<br />

eine aktive <strong>und</strong> nach dorsal durch die Schiene limitierte Streckung des Fingers.<br />

Autor<br />

Renée Fuhrmann<br />

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