20 Jahre Technische Hochschule Ingolstadt
Festschrift zum 20-jährigen Bestehen der Technischen Hochschule Ingolstadt
Festschrift zum 20-jährigen Bestehen der Technischen Hochschule Ingolstadt
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
P. 52<br />
Sparte Forschung<br />
Prof. Dr. Thomas Brandmeier von der THI ist einer der Experten für<br />
Fahrzeugsicherheit in Deutschland. Er hat sich der (Weiter-)Entwicklung<br />
von aktiven und passiven Sicherheitssystemen verschrieben,<br />
die Unfälle vermeiden und Verkehrsteilnehmer noch besser schützen.<br />
Sein Forschungsziel ist, diese Systeme miteinander zu kombinieren<br />
und zum „globalen Sicherheitssystem“ zu gelangen. Es zählt mit zu<br />
seinen Verdiensten, dass die THI mit CARISSMA nun den ersten Forschungsbau<br />
einer Fachhochschule in Deutschland überhaupt erhält.<br />
Das Thema Fahrzeugsicherheit ist an der <strong>Technische</strong>n <strong>Hochschule</strong><br />
eng verknüpft mit dem Namen Prof. Dr. Thomas Brandmeier. Er hat<br />
die Fahrzeugsicherheitsforschung nach <strong>Ingolstadt</strong> geholt und seine<br />
Forschungen in diesem Bereich kontinuierlich vertieft. Inzwischen ist die<br />
<strong>Hochschule</strong> im Bereich der Fahrzeugsicherheit zu einer wichtigen Adresse<br />
geworden. Auf dem Campus entsteht gerade ein eigener Forschungsbau<br />
dafür.<br />
CARISSMA heißt der Bau, hinter dem sich der komplexe Name „Center<br />
of Automotive Research on Integrated Safety Systems and Measurement<br />
Area“ verbirgt. Er ist 1<strong>20</strong> Meter lang, acht Meter hoch, besitzt eine integrierte<br />
Textstrecke und Arbeitsplätze für rund 50 Wissenschaftler. Mit den<br />
Forschungsvorhaben rund um CARISSMA wollen Prof. Brandmeier und<br />
seine Mitarbeiter nicht nur das Automobil noch sicherer machen, sondern<br />
auch die schwächeren Verkehrsteilnehmer schützen, zum Beispiel spielende<br />
Kinder, ältere Menschen oder Fahrradfahrer. Vor Augen haben sie dabei die<br />
so genannte „Vision Zero“, die Vision von null Verkehrstoten. Dafür wollen<br />
sie die aktiven und passiven Sicherheitssysteme zu einem „globalen Sicherheitssystem“<br />
vernetzen, das mit der Umwelt kommuniziert und bei Bedarf<br />
Maßnahmen einleitet – entweder zur Vermeidung oder zur Folgeminderung<br />
von Unfällen.<br />
Als Prof. Brandmeier <strong>20</strong>03 an die <strong>Hochschule</strong> kam, war von einem<br />
Forschungsbau noch keine Rede. Dafür ging er einer anderen spannenden<br />
Frage im Bereich der Fahrzeugsicherheit nach, für deren Antwort er<br />
<strong>20</strong>08 mit dem Bayerischen Innovationspreis ausgezeichnet werden sollte.<br />
Prof. Brandmeier untersuchte zusammen mit der Continental AG, wie der<br />
Auslösezeitpunkt von Airbags noch optimiert werden kann. Dafür bediente<br />
er sich dem Körperschall, der beim Aufprall eines Autos automatisch<br />
entsteht und dem Airbag-Steuergerät die nötigen Hinweise geben kann, ob<br />
beziehungsweise wann der Airbag ausgelöst werden soll. Der sogenannte<br />
Körperschall-Airbag, der aus diesen Erkenntnissen entstand, wurde <strong>20</strong>08<br />
nicht nur ausgezeichnet, sondern ging auch in Serienproduktion – eine<br />
Seltenheit, gerade so kurz nach dessen Erforschung. Die Verzahnung von<br />
Wissenschaft und Praxis in Form angewandter Forschung trug zu einem<br />
schnellen Erfolg bei.<br />
Das nächste herausragende Projekt war die Bewerbung für einen<br />
Forschungsbau in <strong>Ingolstadt</strong>. Ob eine Institution einen Forschungsbau<br />
bekommt, entscheidet der deutsche Wissenschaftsrat.<br />
Dass sich der Wissenschaftsrat <strong>20</strong>10 für einen Forschungsbau in <strong>Ingolstadt</strong><br />
entschieden hat, ist ein Novum in der deutschen Forschungslandschaft:<br />
Erstmals erfüllte eine Fachhochschule in Deutschland die strengen Anforderungen<br />
des Wissenschaftsrates zur Förderung eines Forschungsbaus.<br />
Zuvor war dies nur großen Universitäten gelungen.<br />
Ausschlaggebend war hier nicht zuletzt das Engagement des damaligen<br />
Präsidenten der THI, Prof. Dr. Gunter Schweiger. Er hatte das Programm<br />
„Forschungsbauten an <strong>Hochschule</strong>n“ ins Spiel gebracht und die Antragstellung<br />
insbesondere in den kritischen Phasen begleitet, etwa nach der Zurückstellung<br />
der ersten Skizze durch den Wissenschaftsrat und den damit<br />
einhergehenden, auf den Empfehlungen dieses Gremiums folgenden Modifikationen<br />
im Antrag. Dementsprechend stellte sich in der zweiten Runde der<br />
ersehnte Erfolg ein. Noch vor dem Einreichen des Antrags besuchten Prof.<br />
Brandmeier und Präsident Prof. Dr. Schweiger den Wissenschaftsrat, holten<br />
sich Ratschläge zur Optimierung des Konzepts ein und machten sich ans<br />
Werk, die letzten Verbesserungen einzuarbeiten. Im Antragsverfahren selbst<br />
argumentierte Präsident Prof. Dr. Schweiger für CARISSMA und zeigte<br />
damit, dass die <strong>Hochschule</strong> geschlossen hinter dem Vorhaben stand. Mit<br />
Erfolg. Der Antrag wurde genehmigt.<br />
Damit ging für Prof. Brandmeier und seine Kollegen die Arbeit erst<br />
richtig los. Sie schauten sich bereits bestehende Testzentren an, holten<br />
Experten aus der Industrie und Wissenschaft an einen Tisch und diskutierten<br />
mit ihnen mögliche Konzepte. Sie fanden in Workshops heraus, welche<br />
Projekte die Industrie in den nächsten fünf bis zehn <strong>Jahre</strong>n erwartet und<br />
welche Maßnahmen dafür auf wissenschaftlicher Seite geschaffen werden<br />
müssen. So verfeinerten sie das CARISSMA-Konzept, bis das Anlagenkonzept<br />
schließlich fertig war und man an die architektonische Planung denken<br />
konnte. CARISSMA nahm Gestalt an. Auf dem Campus wurde ein Baufeld<br />
gefunden, im Frühjahr <strong>20</strong>14 feierte die <strong>Hochschule</strong> den Spatenstich und<br />
<strong>20</strong>16 wird der Bau in Betrieb genommen.<br />
„Es sind nicht allein die Professoren, die CARISSMA ausmachen“, so<br />
Prof. Brandmeier. „Es sind die Mitarbeiter, das ganze Team. Darauf können<br />
wir stolz sein.“<br />
51