03·2013 - Thema: Wohnen in der Gemeinschaft - Umrisse
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Archiv und Akademie<br />
Archiv und Aufruf<br />
Das Archiv <strong>der</strong> Akademie <strong>der</strong> Künste <strong>in</strong><br />
Berl<strong>in</strong> ist seit Ende Mai um e<strong>in</strong>en Architekten-Teilvorlass<br />
reicher: Der österreichische<br />
Baukünstler Gustav Peichl gab ca.<br />
3.100 Pläne, Zeichnungen, Skizzen und<br />
fünf Modelle, die unter an<strong>der</strong>em se<strong>in</strong> hierzulande<br />
wohl bekanntestes Bauwerk, die<br />
Kunst- und Ausstellungshalle <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />
<strong>in</strong> Bonn, dokumentieren, <strong>in</strong> die<br />
Obhut <strong>der</strong> Archivare.<br />
Insgesamt hat es <strong>der</strong> 85-Jährige, <strong>der</strong> seit<br />
1984 Mitglied <strong>der</strong> Akademie ist, zwischen<br />
1978 und 1999 auf 23 Bauten <strong>in</strong> Deutschland<br />
gebracht. Der erste war die im Rahmen<br />
<strong>der</strong> Internationalen Bauausstellung<br />
zur Tr<strong>in</strong>kwasserverbesserung des Tegeler<br />
Sees <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> errichtete Phosphatelim<strong>in</strong>ationsanlage<br />
(1980–1985), das bislang letzte<br />
die K<strong>in</strong><strong>der</strong>tagesstätte des Deutschen<br />
Bundestags (1997–1999).<br />
Das Gesamtarchiv ist, <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>struktur<br />
<strong>der</strong> Akademie entsprechend,<br />
neben e<strong>in</strong>em historischen Teil <strong>in</strong> die e<strong>in</strong>zelnen<br />
Abteilungen Bildende Kunst, Musik,<br />
Literatur, Darstellende Kunst, Film- und<br />
Medienkunst sowie Baukunst unterteilt.<br />
Letztere wurde erst 1955 durch den damaligen<br />
Akademiepräsidenten Hans Scharoun<br />
gegründet, <strong>der</strong> se<strong>in</strong>en Nachlass ebenfalls<br />
dorth<strong>in</strong> gab. Bis dah<strong>in</strong> hatte man die Baukunst<br />
im Übrigen den bildenden Künsten<br />
zugerechnet.<br />
Hier f<strong>in</strong>den sich auch die Nachlässe von<br />
Hugo Här<strong>in</strong>g, den Gebrü<strong>der</strong>n Luckhardt, von<br />
Bruno und Max Taut, Paul Baumgarten,<br />
Werner Hebebrand, Hermann F<strong>in</strong>sterl<strong>in</strong>,<br />
Konrad Wachsmann, Hermann Henselmann,<br />
Helmut Hentrich, Bernhard Pfau,<br />
Julius Posener, Walter Rossow und viele<br />
weitere. Mit dem Neuzugang konnte <strong>der</strong><br />
<strong>in</strong>sgesamt 12.000ste E<strong>in</strong>zelbestand verzeichnet<br />
werden.<br />
Peichl reiht sich mit se<strong>in</strong>er Gabe zudem<br />
e<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Gruppe österreichischer Kollegen<br />
wie Szyzskowitz Kowalski o<strong>der</strong> Haus<br />
Rucker Co, <strong>der</strong>en Vorlässe ebenfalls im<br />
Besitz <strong>der</strong> Akademie s<strong>in</strong>d.<br />
Anlässlich <strong>der</strong> feierlichen Übergabe wurde<br />
auch das im Auftrag <strong>der</strong> Akademie herausgegebene<br />
Buch »Gustav Peichl. Die Zeichnung<br />
ist die Sprache des Architekten« vorgestellt,<br />
das zahlreiche farbige Illustrationen<br />
und Ideenf<strong>in</strong>dungsprozesse des Wiener<br />
Architekten dokumentiert, <strong>der</strong> seit 1954<br />
unter dem Pseudonym Ironimus auch als<br />
Zeitungskarikaturist tätig ist – wie nicht<br />
zuletzt unter www.adk.de nachzulesen ist.<br />
E. P.<br />
Während sich das Archiv <strong>der</strong> Akademie<br />
<strong>der</strong> Künste <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> über den Vorlass<br />
Gustav Peichls freut, sche<strong>in</strong>t es für manch<br />
rhe<strong>in</strong>ische Architekten an <strong>der</strong> Zeit, sich<br />
über den späteren Verbleib ihrer planerischen<br />
H<strong>in</strong>terlassenschaften neue Gedanken<br />
zu machen – denn das seit langem<br />
verfolgte Projekt e<strong>in</strong>es Baukunstarchivs<br />
Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen <strong>in</strong> Dortmund steht<br />
vor dem (Teil-)Aus.<br />
Eigentlich sah alles nach e<strong>in</strong>em erfolgreichen<br />
Vorhaben aus: Die Stadt wollte<br />
das Gebäude zur Verfügung stellen, die<br />
Technische Universität Dortmund die wissenschaftliche<br />
Leitung übernehmen und<br />
Architekten- und Ingenieurkammern sowie<br />
<strong>der</strong> För<strong>der</strong>vere<strong>in</strong> schienen die F<strong>in</strong>anzierung<br />
des Betriebs (aus vielen Töpfen,<br />
darunter auch denen <strong>der</strong> Kammern) auf<br />
sichere Füße gestellt zu haben. Und <strong>der</strong><br />
Standort war geradezu prädest<strong>in</strong>iert.<br />
Das Dortmun<strong>der</strong> Museum am Ostwall<br />
sollte, nachdem 2010 Sammlungen und<br />
Museumsbetrieb <strong>in</strong> das sogenannte U des<br />
umgebauten ehemaligen Brauereiareals<br />
gezogen waren, Heimat und erste Adresse<br />
für die Baukunst <strong>in</strong> Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen<br />
werden. Relativ kurzfristig s<strong>in</strong>d vor wenigen<br />
Wochen die beiden Standesvertretungen<br />
aus späten wirtschaftlichen Überlegungen<br />
und auf e<strong>in</strong>e den Partnern gegenüber<br />
nicht sehr fe<strong>in</strong>e Art aus dem Projekt<br />
ausgestiegen und haben damit nicht nur<br />
das architektonische Gedächtnis <strong>der</strong><br />
Region gefährdet, son<strong>der</strong>n auch die potentielle<br />
Heimstätte desselben.<br />
Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich<br />
Sierau, <strong>der</strong> das Vorhaben unterstützt, hat<br />
nun <strong>in</strong> Aussicht gestellt, e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>er<br />
bemessenen Standort anzubieten. Hier<br />
könnte dann nur e<strong>in</strong> westfälisches Archiv<br />
entstehen, die Rhe<strong>in</strong>län<strong>der</strong> blieben <strong>in</strong>dessen<br />
außen vor. Abgesehen davon, dass<br />
dies <strong>der</strong> Grundidee zuwi<strong>der</strong>läuft, stellt<br />
sich die Frage, ob die für die Großversion<br />
zugesagten o<strong>der</strong> beantragten För<strong>der</strong>mittel<br />
sowie weitere angekündigte f<strong>in</strong>anzielle<br />
Zuwendungen sich auf ebenjenes übertragen<br />
lassen – und ob bereits avisierte<br />
Vor- und Nachlässe nun nicht <strong>in</strong> an<strong>der</strong>e<br />
Archive abwan<strong>der</strong>n werden.<br />
Das se<strong>in</strong>er Bestimmung beraubte und nicht<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> Denkmalliste verzeichnete Museum<br />
stand damit jedenfalls als städtische Verfügungsmasse<br />
zur Disposition und e<strong>in</strong><br />
Investor für die prom<strong>in</strong>ente Lage auf Abruf<br />
bereit. E<strong>in</strong> Verkaufsbeschluss des Rates<br />
<strong>der</strong> Stadt für die Liegenschaft, <strong>in</strong>klusive<br />
Abrissgenehmigung, datiert zwar schon<br />
aus dem vergangenen Jahr, doch hätte,<br />
sofern <strong>der</strong> hochverschuldeten Kommune<br />
ke<strong>in</strong>e Kosten entstünden, das Gebäude<br />
<strong>in</strong> städtischem Besitz verbleiben und zur<br />
Anlaufstelle für das Erbe <strong>der</strong> Landesbaukultur<br />
werden können.<br />
Die Stadt wird das weitläufige Areal jetzt<br />
wohl kurzfristig an den Meistbietenden<br />
verkaufen, <strong>der</strong> darauf voraussichtlich<br />
Seniorenwohnungen errichten will, und<br />
das Museum muss weichen. Als möglicher<br />
Abrissterm<strong>in</strong> wird <strong>der</strong> kommende September<br />
<strong>in</strong>s Auge gefasst.<br />
Dagegen regt sich aktuell <strong>in</strong> Dortmund<br />
und darüber h<strong>in</strong>aus massiver Wi<strong>der</strong>stand.<br />
Mit e<strong>in</strong>er Petition soll die Stadt veranlasst<br />
werden, den Ratsbeschluss aufzuheben<br />
und e<strong>in</strong>en Verkauf nur zu bewilligen, wenn<br />
<strong>der</strong> Erhalt des Gebäudes gewährleistet<br />
ist. Gleichzeitig wird die Denkmalbehörde<br />
aufgefor<strong>der</strong>t, die Unterschutzstellung zu<br />
veranlassen.<br />
Denn das durch die Museumsnutzung<br />
und den Leerstand stark sanierungsbedürftige<br />
Bauwerk ist e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zigartiges Beispiel<br />
<strong>der</strong> Dortmun<strong>der</strong> Baugeschichte. Se<strong>in</strong>e<br />
Ursprünge reichen <strong>in</strong> das Jahr 1870 zurück,<br />
und bereits vor dem Zweiten Weltkrieg<br />
diente es als Städtisches Museum. Nach<br />
Kriegsende wurde es dann als e<strong>in</strong>es <strong>der</strong><br />
ersten Museumsgebäude Deutschlands<br />
wie<strong>der</strong> aufgebaut und gilt als gelungenes<br />
Beispiel für die Museumskonzeption <strong>der</strong><br />
1950er Jahre.<br />
Nur wenige Tage nach Veröffentlichung<br />
<strong>der</strong> Petition am 18. Juni haben sich von<br />
den 5.000 benötigten Unterzeichnern schon<br />
2.000 gefunden. Prom<strong>in</strong>ente Namen und<br />
viel architektonischer Sachverstand s<strong>in</strong>d<br />
darunter zu f<strong>in</strong>den – und erfreulicherweise<br />
sehr viele Dortmun<strong>der</strong>. Damit es bis Mitte<br />
September aber reicht, werden noch<br />
dr<strong>in</strong>gend Unterstützer gesucht, die das<br />
Gesuch für den Erhalt des Gebäudes unter<br />
www.openpetition.de/petition/onl<strong>in</strong>e/<br />
rettet-das-dortmun<strong>der</strong>-museumsgebaeudeam-ostwall<br />
unterzeichnen.<br />
E. P.<br />
[ Forum Baukultur<br />
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