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Polizei- und Ordnungsrecht - Uni-marburg.de

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Philipps-<strong>Uni</strong>versität Marburg WS 2012/2013<br />

<strong>Polizei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Ordnungsrecht</strong><br />

- 14 Doppelst<strong>und</strong>en -<br />

Lehrbeauftragter RVGH i.R. Falko Jeuthe<br />

Dienstag, 12. Februar 2013<br />

(2 Doppelst<strong>und</strong>en)<br />

F. Fallbearbeitung<br />

I. Vorbemerkungen<br />

Den Gr<strong>und</strong>fall einer polizeirechtlichen Klausur stellt die Frage nach <strong>de</strong>r Rechtmäßigkeit<br />

einer Gefahrenabwehrverfügung (o<strong>de</strong>r eines eingreifen<strong>de</strong>n Realakts) einer<br />

<strong>Polizei</strong>- o<strong>de</strong>r Gefahrenabwehrbehör<strong>de</strong> (Ordnungsbehör<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r allgemeine Verwaltungsbehör<strong>de</strong>)<br />

dar. Der klassische zweistufige Prüfungsaufbau (formelle <strong>und</strong> materielle<br />

Rechtmäßigkeit) sollte ergänzt wer<strong>de</strong>n um eine vorangestellte Prüfung <strong>de</strong>r in<br />

Frage kommen<strong>de</strong>n Ermächtigungsgr<strong>und</strong>lage (Spezialgesetz, HSOG-Standardmaßnahme<br />

o<strong>de</strong>r Generalklausel gemäß § 11 HSOG), weil von <strong>de</strong>r Ermächtigungsgr<strong>und</strong>lage<br />

formelle Anfor<strong>de</strong>rungen abhängen können, wie insbes. die Behör<strong>de</strong>nzuständigkeit.<br />

Wenn die Frage <strong>de</strong>r Ermächtigungsgr<strong>und</strong>lage nicht problematisch, sie<br />

etwa schon im Bescheid bezeichnet ist, reicht es aus, die in Frage kommen<strong>de</strong> Ermächtigungsgr<strong>und</strong>lage<br />

bzw. Befugnisnorm kurz zu benennen.<br />

Wenn Anhaltspunkte für Zweifel an <strong>de</strong>r Verfassungsmäßigkeit <strong>de</strong>r Ermächtigungsgr<strong>und</strong>lage<br />

bestehen o<strong>de</strong>r geltend gemacht wer<strong>de</strong>n, kann dies schon auf dieser ersten<br />

Stufe, besser aber erst im Rahmen <strong>de</strong>r materiellen Prüfung erörtert wer<strong>de</strong>n.<br />

Bei <strong>de</strong>r Prüfung <strong>de</strong>r formellen Rechtmäßigkeit auf <strong>de</strong>r zweiten Stufe sind drei Teilfragen<br />

zu berücksichtigen, nämlich Zuständigkeit, Verfahren <strong>und</strong> Form. Dabei sind<br />

ggfs. die beson<strong>de</strong>ren Anfor<strong>de</strong>rungen von Standardbefugnissen (z.B. Richtervorbehalt)<br />

<strong>und</strong> als allgemeine Verfahrensfrage insbeson<strong>de</strong>re die Anhörung gemäß § 28<br />

HVwVfG zu beachten.


2<br />

Die materielle Prüfung geht von <strong>de</strong>r herangezogenen Ermächtigungsgr<strong>und</strong>lage<br />

aus <strong>und</strong> prüft <strong>de</strong>ren Tatbestandsvoraussetzungen (ggfs. Um<strong>de</strong>utung gemäß § 47<br />

HVwVfG) <strong>und</strong> anschließend die Inanspruchnahme <strong>de</strong>s richtigen Adressaten/Verantwortlichen<br />

<strong>de</strong>r Maßnahme (tatbestandsmäßige Voraussetzungen <strong>de</strong>r §§ 6,7 <strong>und</strong> 9<br />

HSOG <strong>und</strong> Auswahlermessen). Auf <strong>de</strong>r Rechtsfolgenseite ist das Übermaßverbot<br />

bzw. die Verhältnismäßigkeit bei geb<strong>und</strong>enen Entscheidungen als eigenständiger<br />

Prüfungspunkt <strong>und</strong> – wie i.d.R. aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>s Opportunitätsgr<strong>und</strong>satzes – bei Ermessensentscheidungen<br />

unter <strong>de</strong>m Gesichtspunkt <strong>de</strong>r Ermessensüberschreitung (neben<br />

Ermessensunterschreitung <strong>und</strong> - fehlgebrauch) zu prüfen,.<br />

In an<strong>de</strong>ren Fallgestaltungen ist häufig dieser Gr<strong>und</strong>fall in die Prüfung einzubauen<br />

o<strong>de</strong>r umgekehrt die Prüfung zu ergänzen. Das gilt etwa für solche Fälle, in <strong>de</strong>nen<br />

eine Gefahrenabwehrverfügung darauf gestützt wird, dass ein Verstoß gegen eine<br />

Gefahrenabwehrverordnung droht o<strong>de</strong>r erfolgt ist, weil dies eine Gefahr o<strong>de</strong>r Störung<br />

für die öffentliche Sicherheit in Form <strong>de</strong>r Unverletzlichkeit <strong>de</strong>r Rechtsordnung<br />

darstellt. In diesem Zusammenhang ist dann die Rechtmäßigkeit <strong>de</strong>r Gefahrenabwehrverordnung<br />

zu prüfen, da sie als Rechtsnorm – an<strong>de</strong>rs als Verwaltungsakte –<br />

an<strong>de</strong>rnfalls nicht nur aufhebbar, son<strong>de</strong>rn unwirksam ist.<br />

Es gibt aber auch Fälle, in <strong>de</strong>nen im Sinne einer abstrakten Normenkontrolle gemäß<br />

§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO nur nach <strong>de</strong>r Rechtmäßigkeit <strong>de</strong>r Gefahrenabwehrverordnung<br />

gefragt ist. Dafür ist ein eigenes Prüfungsschema zugr<strong>und</strong>e zu legen.<br />

Das gilt auch für die – regelmäßig ergänzen<strong>de</strong> – Frage nach <strong>de</strong>r Rechtmäßigkeit einer<br />

Vollstreckungsmaßnahme, weil hier vollstreckungsrechtliche Normen zu prüfen<br />

sind. Ob die Rechtmäßigkeit <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>verfügung für die Rechtmäßigkeit <strong>de</strong>r Vollstreckungsmaßnahme<br />

eine Rolle spielt, das Schema <strong>de</strong>s Gr<strong>und</strong>falles also einzubauen<br />

ist, ist – wie früher ausgeführt – streitig <strong>und</strong> wohl eher zu verneinen (an<strong>de</strong>rs bei<br />

einstufiger Vollstreckung). Ein ähnliches Problem kann sich stellen, wenn es um die<br />

Erstattung <strong>de</strong>r Vollstreckungskosten geht.<br />

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die in einem Prüfungsschema aufgeführten<br />

Punkte zwar gedanklich geprüft, aber nur insoweit in einer Fallbearbeitung abgehan<strong>de</strong>lt<br />

wer<strong>de</strong>n sollen, als sie entwe<strong>de</strong>r tatsächlich problematisch erscheinen o<strong>de</strong>r<br />

von Beteiligten problematisiert wer<strong>de</strong>n. Beson<strong>de</strong>res Augenmerk ist auch auf die<br />

Fallfrage zu richten, ob diese etwa nur auf die Prüfung eines dieser Punkte zielt.


3<br />

Weiterhin ist zu beachten, dass je nach Fallfrage das Prüfungsschema – ggfs. hilfsweise<br />

– durchgeprüft wer<strong>de</strong>n soll, wenn schon an einem frühen Prüfungspunkt die<br />

Rechtswidrigkeit <strong>de</strong>r Maßnahme festgestellt wird.<br />

II. Prüfungsschemata<br />

a) Rechtmäßigkeit einer Gefahrenabwehrverfügung<br />

(Beispielsfall: Baumscha<strong>de</strong>n, Frage A)<br />

I. Ermächtigungsgr<strong>und</strong>lage<br />

(Spezialgesetz, HSOG-Standardmaßnahme, Generalklausel § 11 HSOG)<br />

II. Formelle Rechtmäßigkeit<br />

1. Zuständigkeit<br />

a) sachlich (insbeson<strong>de</strong>re § 2 HSOG, § 1 HSOG-DVO)<br />

b) örtlich (§§ 100, 101 HSOG)<br />

c) instanziell (§ 89 Abs. 2 HSOG)<br />

2. Verfahren<br />

a) beson<strong>de</strong>re spezialgesetzliche Anfor<strong>de</strong>rungen<br />

b) Anhörung (§ 28 HVwVfG)<br />

3. Form<br />

a) Erlass (§ 37 Abs. 2 HVwVfG)<br />

b) Begründung (§ 39 HVwVfG)<br />

c) Bekanntgabe (§ 41 HVwVfG)<br />

III. Materielle Rechtmäßigkeit<br />

1. Ermächtigungsgr<strong>und</strong>lage<br />

a) ggfs. Wirksamkeit/Verfassungsmäßigkeit<br />

b) Tatbestandsvoraussetzungen<br />

2. Verantwortlichkeit<br />

(Spezialgesetz, §§ 6 ff. HSOG)<br />

3. Allgemeine Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen<br />

a) Bestimmtheit (§ 37 HVwVfG)<br />

b) rechtliche <strong>und</strong> tatsächliche Möglichkeit<br />

c) Übermaßverbot (Art. 20 Abs. 3 GG, § 4 HSOG)<br />

4. Ermessensausübung (§ 5 HSOG)


4<br />

a) Entschließungs- <strong>und</strong> Auswahlermessen<br />

b) Ermessensfehler (§ 40 HVwVfG)<br />

(1) Unterschreitung<br />

(2) Fehlgebrauch<br />

(3) Überschreitung (vgl. 3.c)<br />

b) Rechtmäßigkeit einer Gefahrenabwehrverordnung<br />

(Beispielsfall: gemeindlicher Leinenzwang)<br />

I. Ermächtigungsgr<strong>und</strong>lage<br />

(Spezialgesetz, §§ 71 ff. HSOG)<br />

II. Formelle Rechtmäßigkeit<br />

1. Zuständigkeit (§§ 72 bis 74 HSOG)<br />

2. Verfahren<br />

a) kommunale Vorschriften<br />

b) Verkündung<br />

3. Form (§ 78 HSOG)<br />

III. Materielle Rechtmäßigkeit<br />

1. Ermächtigungsgr<strong>und</strong>lage (§ 71 HSOG)<br />

(abstrakte Gefahr)<br />

2. Verantwortlichkeit<br />

3. Inhaltliche Rechtmäßigkeit<br />

a) Bestimmtheit (§ 76 HSOG)<br />

b) höherrangige Regelung (§ 75 Abs. 2 HSOG)<br />

4. Übermaßverbot<br />

5. Ermessensausübung<br />

c) Rechtmäßigkeit einer Vollstreckungsmaßnahme<br />

(gestrecktes Vollstreckungsverfahren)<br />

(Beispielsfall: Baumscha<strong>de</strong>n, Frage B)<br />

I. Ermächtigungsgr<strong>und</strong>lage<br />

(HVwVG o<strong>de</strong>r §§ 47 ff. HSOG)<br />

II. Formelle Rechtmäßigkeit<br />

1. Zuständigkeit (§ 68 Abs. 1 HVwVG, § 47 Abs. 3 HSOG)


5<br />

2. Zwangsmittelandrohung (§ 69 HVwVG, §§ 53, 58 HSOG)<br />

3. Festsetzung (§ 76 HVwVG, § 50 HSOG)<br />

4. Anhörung (§ 28 Abs. 5 HVwVfG)<br />

III. Materielle Rechtmäßigkeit<br />

1. vollstreckbare Gr<strong>und</strong>verfügung<br />

(§ 2 HVwVG, § 47 HSOG)<br />

2. Richtiges Zwangsmittel<br />

3. Adressat<br />

4. Allgemeine Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen<br />

a) Bestimmtheit<br />

b) Vollstreckungshin<strong>de</strong>rnis<br />

c) Erfüllung<br />

d) Übermaßverbot<br />

5. Ermessensausübung<br />

III. Rechtsschutz<br />

1. Allgemeines<br />

Die Fallfrage einer Klausur kann auch über die bloße Rechtmäßigkeit einer Maßnahme<br />

hinaus auf die dagegen gegebenen Rechtsschutzmöglichkeiten zielen,<br />

so dass nach <strong>de</strong>n Erfolgsaussichten eines Wi<strong>de</strong>rspruchs, eines einstweiligen<br />

Rechtsschutzantrags o<strong>de</strong>r einer Klage – o<strong>de</strong>r nur ergänzend nach <strong>de</strong>ren Zulässigkeit<br />

- gefragt ist.<br />

Dann ist (zunächst) die Zulässigkeit eines solchen Rechtsbehelfs <strong>und</strong> ggfs. im<br />

Rahmen <strong>de</strong>r Begrün<strong>de</strong>theitsprüfung wie<strong>de</strong>rum die Rechtmäßigkeit <strong>de</strong>r Maßnahme<br />

zu prüfen. Hier ist allerdings im Obersatz eine Verknüpfung mit <strong>de</strong>m<br />

Rechtsbehelf erfor<strong>de</strong>rlich, also im Falle eines Anfechtungswi<strong>de</strong>rspruchs etwa gemäß<br />

§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog, bei einer Anfechtungsklage in direkter<br />

Anwendung dieser Vorschrift <strong>und</strong> bei Anträgen einstweiligen Rechtsschutzes über<br />

<strong>de</strong>n Anordnungsanspruch gemäß § 123 Abs. 1 VwGO o<strong>de</strong>r im Rahmen <strong>de</strong>r Interessenabwägung<br />

gemäß § 80 Abs. 5 VwGO. Im einstweiligen Rechtsschutz fin<strong>de</strong>t<br />

nur eine summarischen Rechtmäßigkeitsprüfung statt. Das be<strong>de</strong>utet allerdings nur,<br />

dass die Prüfung sich auf die vorhan<strong>de</strong>nen Tatsachengr<strong>und</strong>lagen beschränkt, auf<br />

dieser Gr<strong>und</strong>lage aber eine uneingeschränkte rechtliche Prüfung durchzuführen<br />

ist.


6<br />

2. Einzelfragen<br />

a) Da die Anfechtung einer Maßnahme <strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong> o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Gefahrabwehrbehör<strong>de</strong>n<br />

im Bereich <strong>de</strong>s <strong>Polizei</strong>- <strong>und</strong> <strong>Ordnungsrecht</strong>s ohne Weiteres als öffentlichrechtliche<br />

Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1<br />

VwGO anzusehen ist, ist <strong>de</strong>r Verwaltungsrechtsweg bei polizeirechtlichen Klausuren<br />

nur zu problematisieren, wenn eine abdrängen<strong>de</strong> Son<strong>de</strong>rzuweisung in Betracht<br />

kommt. Das gilt etwa für einen Scha<strong>de</strong>nsausgleichanspruch gemäß § 70<br />

HSOG i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 2 VwGO, für vermögensrechtliche Ansprüche aus<br />

Aufopferung für das gemeine Wohl <strong>und</strong> aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie<br />

für Scha<strong>de</strong>nsersatzansprüche aus <strong>de</strong>r Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten<br />

gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Wichtig ist die Son<strong>de</strong>rzuweisungsnorm <strong>de</strong>s<br />

§ 23 EGGVG, wonach über Maßnahmen <strong>de</strong>r Justizbehör<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r<br />

Strafrechtspflege im or<strong>de</strong>ntlichen Rechtsweg zu entschei<strong>de</strong>n ist, also auch über<br />

Maßnahmen <strong>de</strong>r <strong>Polizei</strong> im repressiven Bereich nach <strong>de</strong>r StPO in Abgrenzung zur<br />

präventiven Gefahrenabwehr.<br />

b) Als Rechtsschutzformen kommen Wi<strong>de</strong>rspruch gemäß §§ 68 ff. VwGO <strong>und</strong><br />

Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO in Betracht, wenn es sich bei <strong>de</strong>r<br />

angegriffenen Maßnahme um einen Verwaltungsakt gemäß § 35 HVwVfG han<strong>de</strong>lt.<br />

Das kann bei <strong>de</strong>r Anwendung <strong>de</strong>r Ersatzvornahme <strong>und</strong> <strong>de</strong>s unmittelbaren<br />

Zwangs im Hinblick auf <strong>de</strong>n Regelungscharakter <strong>de</strong>rartiger Maßnahmen zweifelhaft<br />

sein. Die Frage, ob <strong>de</strong>r Anwendung <strong>de</strong>s Zwangs eine Duldungsverfügung zugr<strong>und</strong>e<br />

liegt, ist – wie oben dargelegt – problematisch <strong>und</strong> <strong>de</strong>shalb in einer Klausur<br />

zu diskutieren. Beson<strong>de</strong>re Relevanz bekommt dieses Problem, wenn die Ersatzvornahme<br />

o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r unmittelbare Zwang nicht im gestreckten Vollstreckungsverfahren,<br />

son<strong>de</strong>rn im sog. einstufigen Verfahren gemäß § 72 HVwVG <strong>und</strong> § 47<br />

Abs. 2, § 53 Abs. 1 Satz 4 HSOG o<strong>de</strong>r insbeson<strong>de</strong>re als unmittelbare Ausführung<br />

gemäß § 8 Abs. 1 HSOG erfolgt. Hier ist die Neigung in Literatur <strong>und</strong> Rechtsprechung<br />

erheblich, einen zusammenfassen<strong>de</strong>n Verwaltungsakt anzunehmen.<br />

Da sich Gefahrabwehrmaßnahmen oft mit kurzfristiger Durchführung erledigen,<br />

kommt <strong>de</strong>r sog. Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4<br />

VwGO im Gefahrabwehrrecht – insbes. in versammlungsrechtlichen Fällen - erhebliches<br />

Gewicht zu. Als Zulässigkeitsvoraussetzungen sind im Verhältnis zur Anfechtungsklage<br />

zusätzlich Erledigung <strong>und</strong> Fortsetzungsfeststellungsinteresse zu<br />

prüfen (Wie<strong>de</strong>rholungsgefahr, Präjudiz für Scha<strong>de</strong>nsersatz/Amtshaftung, Reha-


7<br />

bilitationsinteresse, schwerwiegen<strong>de</strong>r <strong>und</strong> kurzfristiger Gr<strong>und</strong>rechtseingriff). Ob bei<br />

einer Erledigung vor Klageerhebung diese Klageform o<strong>de</strong>r eine allgemeine Feststellungsklage<br />

gemäß § 43 VwGO zu erheben ist, ist umstritten.<br />

Als einstweilige Rechtsschutzform gegen eingreifen<strong>de</strong> Gefahrenabwehrverfügungen<br />

kommt regelmäßig nach <strong>de</strong>r „Schaltstelle“ <strong>de</strong>s § 123 Abs. 5 VwGO <strong>de</strong>r vorrangige<br />

Antrag auf Anordnung o<strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>rherstellung <strong>de</strong>r aufschieben<strong>de</strong>n Wirkung<br />

eines dagegen gerichteten Rechtsbehelfs in <strong>de</strong>r Hauptsache (Anfechtungswi<strong>de</strong>rspruch<br />

o<strong>de</strong>r – klage) gemäß § 80 Abs. 5 VwGO in Frage; bei Drittanfechtungsfällen<br />

über § 80 a VwGO.<br />

In <strong>de</strong>n sonstigen Fällen ist einstweiliger Rechtsschutz über einen Antrag auf Erlass<br />

einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zu suchen.<br />

c) Eine Wi<strong>de</strong>rspruchs-, Antrags- o<strong>de</strong>r Klagebefugnis analog o<strong>de</strong>r gemäß § 42<br />

Abs. 2 VwGO (Ausschluss <strong>de</strong>r sog. Popularklage) ist im Regelfall einer Gefahrenabwehrverfügung<br />

nicht beson<strong>de</strong>rs erörterungsbedürftig, auch nicht als Hinweis auf<br />

die sog. Adressatentheorie gemäß Art. 2 Abs. 1 GG.<br />

Das ist bei Rechtsbehelfen Dritter an<strong>de</strong>rs, weil <strong>de</strong>r Dritte geltend machen muss,<br />

durch die (getroffene o<strong>de</strong>r unterlassene) Maßnahme möglicherweise (sog. Möglichkeitstheorie)<br />

in drittschützen<strong>de</strong>n Rechten verletzt zu sein. Diese nach <strong>de</strong>r<br />

sog. Schutznormtheorie zu beantworten<strong>de</strong> Frage ist insbeson<strong>de</strong>re in Fällen bau-,<br />

immissions-, gaststättenrechtlicher o<strong>de</strong>r sonstiger Nachbarstreitigkeiten i.d.R. ein<br />

wesentliches Fallproblem.

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