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ÜBER DEN STELLENWERT VON DIGITALIS<br />
Über den Stellenwert von Digitalis<br />
– Erland Erdmann –<br />
Kürzlich fragte mich auf einer Fortbildungsveranstaltung<br />
ein Kollege, warum wir herzinsuffiziente<br />
Kranke seit einigen Jahren in der<br />
Regel ohne das gute Digitalis aus der Klinik<br />
entließen. Meine sofort durchgeführte Recherche<br />
ergab tatsächlich nur einen geringen Prozentsatz<br />
„digitalisierter“ Patienten, während<br />
praktisch alle ACE-Hemmer/AT1-Rezeptorantagonisten,<br />
Diuretika und Betablocker und viele<br />
zusätzlich Spironolacton erhielten. Nun ist<br />
unser heutiges evidenzbasiertes Wissen ja in<br />
den aktuellen Leitlinien (guidelines) festgehalten<br />
und dient der schnellen Orientierung für<br />
die rationale therapeutische Entscheidung. Die<br />
Leitlinien der European Society of Cardiology (1)<br />
(ebenso wie die der Amercan Heart Association)<br />
sehen den Einsatz von Digitalis im wesentlichen<br />
nur noch bei Vorhofflimmern und bei<br />
schwerer Herzinsuffizienz mit einer EF von<br />
1,5 ng/ml<br />
für den positiv inotropen Effekt zu benötigen.<br />
Retrospektive Untersuchungen der letzten<br />
Jahre haben gezeigt, dass die Patienten, die<br />
niedrig dosiertes Digoxin erhalten hatten und<br />
dementsprechend Digoxinspiegel 1 ng/ml)<br />
nachweisbaren positiv inotropen Effekte<br />
eigentlich unerwünscht seien. Hingegen sei die<br />
schon bei niedrigen Konzentrationen gesehene<br />
antiadrenerge Wirkung die eigentlich therapeutische.<br />
Deshalb darf man heute wohl<br />
zusammenfassen, dass auch bei chronischer<br />
schwerer systolischer Herzinsuffizienz mit<br />
Sinusrhythmus eine niedrig dosierte Digitalistherapie<br />
indiziert erscheint.<br />
3. Nichtindikation<br />
Herzglykoside sind nicht indiziert bei Sinusrhythmus<br />
und akuter Herzinsuffizienz, Cor<br />
pulmonale mit Rechtsherzinsuffizienz, bei<br />
Sick-Sinus-Syndrom, Präexitationssyndromen<br />
und bei Bradykardie.<br />
Unklar ist die Situation bei diastolischer Herzinsuffizienz<br />
(=Herzinsuffizienz mit erhaltener<br />
Pumpfunktion, EF >50%). Für diese Patienten<br />
haben alle bisherigen Therapieversuche mit<br />
ACE-Hemmern und AT1-Rezeptorantagonisten<br />
keinen Vorteil ergeben. Eine kanadische<br />
Arbeitsgruppe wies darauf hin, dass Digoxin<br />
bei systolischer und diastolischer Herzinsuffizienz<br />
etwa gleich günstige Effekte auf Mortalität<br />
und Hospitalisierungsrate hatte (2).<br />
4. Welches Glykosid?<br />
Wir bevorzugen Digitoxin, weil es leichter<br />
steuerbar ist, da es unabhängig von der<br />
Nieren- und Leberfunktion eine konstante,<br />
wenn auch langsame Abklingquote hat (Bluthalbwertzeit<br />
~7 Tage). Alle mir bekannten<br />
Digitalisintoxikationen sind durch normale<br />
oder hohe Digoxindosierungen bei verminderter<br />
Nierenfunktion bedingt gewesen – wenn<br />
man von akzidenteller Mehreinnahme absieht.<br />
Deshalb geben wir gerne 0,05 mg/Tag Digitoxin<br />
und kümmern uns nicht um immer mögliche<br />
Änderungen der Kreatininclearance, die der<br />
Digoxinclearance entspricht. Bei einer Bioverfügbarkeit<br />
von praktisch 100% gibt es kaum<br />
Indikationen für die intravenöse Zufuhr von<br />
Digitoxin.<br />
Ein befreundeter Pharmakologe riet kürzlich,<br />
gelegentlich den Digitoxinspiel zu messen, um<br />
sicherzustellen, dass auch keine hohen Serumkonzentationen<br />
vorlägen. Dem kann ich mich<br />
nicht anschließen, da wir nicht genau wissen,<br />
welche Digitoxinspiegel optimal sind. Auch<br />
gibt es diesbezüglich keine kontrollierten<br />
Studien.<br />
5. Gibt es ein<br />
2. „endogenes Herzglykosid“?<br />
Neuere Untersuchungen haben im menschlichen<br />
Blut endogene cardiotone Steroide<br />
nachgewiesen, die den pflanzlichen Herzglykosiden<br />
entsprechen (3). So wurde Ouabain<br />
(g-Strophanthin) im Blut und in den Nebennieren<br />
sowie Digoxin im Urin von Menschen<br />
gefunden, die sicher keine Glykoside eingenommen<br />
hatten. Im subnanomolaren Bereich<br />
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