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harrison birtwistle - Universal Edition

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Neuerscheinungen<br />

Der Experimentator<br />

auf der Flöte<br />

Soeben hat Tilmann Dehnhard »The New Flute«, ein Buch über aktuelle Flötenspieltechniken,<br />

herausgebracht. Christina Meglitsch-Kopacek spricht mit dem Autor über Grenzgänge, Individualismus,<br />

Experimente und freie Improvisation.<br />

Tilmann Dehnhard<br />

© Nikolaus Logothetis<br />

Wenn man in eines Ihrer Konzerte geht, hört man<br />

viele Klänge, die man in einem klassischen Flötenkonzert<br />

nicht erwartet. Welche Klangideale haben Sie?<br />

Dehnhard: Das Klangideal auf der Flöte hat sich aus<br />

einer Spiel- und Lehrtradition entwickelt, bei der es<br />

um Klangreinheit, um einen schönen, aber auch sehr<br />

uniformen Klang geht. Es gibt jedoch noch eine große<br />

Palette weiterer Klangfarben, die die Flöte vor allem als<br />

Soloinstrument sehr bereichern. Als Improvisator kann<br />

ich in diesen großen Topf mit Klängen hineingreifen und<br />

herausholen, was ich will.<br />

Was spielt sich zwischen den Eckpunkten Komposition<br />

und Improvisation ab?<br />

Dehnhard: Improvisation wird gerne als spontaneous<br />

composition bezeichnet. Andersherum gibt es die Idee,<br />

dass Komposition niedergeschriebene Improvisation<br />

oder frozen improvisation ist. Die meisten großen Komponisten<br />

konnten nicht nur komponieren, sondern waren<br />

auch gute Instrumentalisten. Kompositionen, wie sie<br />

zum Beispiel Paganini geschrieben hat, wurden nur<br />

durch seine extreme Spezialisierung auf dem Instrument<br />

möglich. Leider geht das heute ein wenig verloren. Es<br />

gibt viele Musiker, die als interpretierendes Sprachrohr<br />

der Komponisten funktionieren und selbst gar nicht mehr<br />

ihre Stimme erheben können.<br />

Im Zusammenhang mit Ihnen wurde der Begriff<br />

Extremflöte geprägt.<br />

Dehnhard: (lacht) Ja, die Presse mag solche Worte …<br />

das ist griffig.<br />

Für »The New Flute« finde ich diesen Begriff<br />

sehr passend …<br />

Dehnhard: Ich finde es spannend, die Flöte zu nehmen,<br />

eine Technik auszuprobieren und dann ins Extrem weiterzuführen.<br />

Diese Experimentierlust, diesen Ausprobiermodus<br />

haben viele nicht. Das ist schade. Der freie, unverstellte<br />

Blick aufs Instrument macht ganz viel möglich.<br />

Es geht um das große »du darfst« – du darfst mit dem<br />

Instrument ausprobieren und machen, was du willst!<br />

Was Sie dabei antreibt, sind Neugier und Spaß?<br />

Dehnhard: Ganz genau. Entdeckergeist. Wenn man<br />

einem Improvisator etwas Kleines in die Hand gibt, zum<br />

Beispiel eine Streichholzschachtel, dann wird damit etwas<br />

passieren, da wird geraschelt, geknistert, geklopft, und<br />

es entsteht ein Stück Musik. Diese innere Einstellung<br />

zum musikalischen Material geht nicht ohne Neugierde.<br />

Improvisation ist ein Abenteuer und ein Wagnis. Und<br />

wann immer dabei gute Musik entsteht, natürlich auch<br />

ein großer Spaß.<br />

Wie würden Sie empfehlen, an »The New Flute«<br />

heranzugehen?<br />

Dehnhard: Menschen sind dann am höchsten motiviert,<br />

wenn sie etwas fasziniert. Wenn man dieses Buch also in<br />

die Hand nimmt und beispielsweise Zirkularatmung wie<br />

Zauberei findet, dann sollte man damit sofort anfangen,<br />

selbst wenn man erst ein halbes Jahr Flöte spielt. Es gibt<br />

in diesem Buch keine Technik, bei der man nicht innerhalb<br />

kurzer Zeit herausbekommt, wie sie funktioniert. Mit<br />

gewissen Einschränkungen kann man sie schon nach ein<br />

paar Tagen spielerisch verwenden.<br />

Was wollen Sie Ihren Schülern vermitteln?<br />

Dehnhard: Wenn Leute durch mein Buch oder einen meiner<br />

Workshops die Flöte nehmen und etwas ausprobieren,<br />

dann ist das Wichtigste schon passiert. Und wenn sie entscheiden,<br />

dass sie eine Spieltechnik interessant finden und<br />

damit Musik machen wollen, dann sind sie in die Position<br />

gekommen, in der sie zu reifen Musikern werden, die ausprobieren,<br />

experimentieren, suchen und finden können.<br />

Das geht auf jedem musikalischen Niveau.

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