Ausgabe 10.07.2011 1 von 22 Hallo Ihr Lieben, diese Woche gab es ...
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Die Angeklagte Patricia F., damals Beamtin bei der Diensthund<strong>es</strong>taffel der Stadt Frankfurt, erklärte zu<br />
Beginn der zweistündigen Verhandlung, <strong>von</strong> der Tierhaltung nichts mitbekommen zu haben. Sie sei<br />
zwar Müllers Lebensgefährtin, habe sich aber im März 2008 <strong>von</strong> ihm getrennt und danach das<br />
Grundstück nicht mehr betreten. Bis zur Trennung seien die Tiere „in Ordnung“ gew<strong>es</strong>en. Als sie dann<br />
im August <strong>von</strong> den untragbaren Zuständen erfahren habe, sei sie „am Boden zerstört“ gew<strong>es</strong>en.<br />
Später sei sie wieder mit Müller zusammen gekommen. Von einer Flucht nach Schweden könne keine<br />
Rede sein. Wegen ihrer Trennung habe sie <strong>von</strong> der Anklage überhaupt nichts gewusst. Die<br />
Auswanderung habe man schon seit längerer Zeit geplant. Da<strong>von</strong> allerdings wusste bei ihrer<br />
Vernehmung eine Freundin nichts.<br />
Müller räumte die Vorwürfe, Pferde, Hunde und Katzen stark vernachlässigt, katastrophal gehalten<br />
und kaum versorgt zu haben, im Großen und Ganzen ein, ohne sich im Detail zu äußern. Allerdings<br />
habe er ein Tier „nie gewusst gequält“.<br />
Auf die Frage d<strong>es</strong> Richters, wie <strong>es</strong> zu den Zuständen habe kommen können, antwortete Müller, ihm<br />
sei „all<strong>es</strong> über den Kopf gewachsen“ – immerhin war er Vorsitzender d<strong>es</strong> Sprendlinger<br />
Hund<strong>es</strong>portvereins (ganz in der Nähe), habe das Vereinsheim übernommen, habe Hunde ausgebildet<br />
und ander<strong>es</strong> mehr. Er sei „überfordert“ gew<strong>es</strong>en. Hilfe habe er sich nicht geholt, „weil ich vielleicht zu<br />
stolz war“.<br />
Hilfe hatte er auch nicht geholt, als das später verendete Pferd eine Kolik gekommen hatte. Für<br />
Amtstierärztin Dr. Evelin Jugel „absolut fahrlässig, wenn eine Kolik länger als eine Stunde dauert.“ Auf<br />
Horns Vorhaltung, im Haus müsse <strong>es</strong> doch „g<strong>es</strong>tunken haben“, blieb Müller eine Antwort schuldig.<br />
Anhand der Zeugenaussagen er<strong>gab</strong> sich das Bild einer Tierhaltung, wie man sie sich schlimmer nur<br />
schwer vorstellen kann. Hans-Günter Komo, Fachbereich Veterinärw<strong>es</strong>en und Verbraucherschutz<br />
beim Kreis, sprach <strong>von</strong> völlig abgemagerten und ungepflegten Pferden, <strong>von</strong> Hunden in sehr schlechter<br />
Verfassung und zum Teil in völlig zugekoteten Boxen. Ebenso zugekotet habe sich der Unterstand der<br />
Pferde darg<strong>es</strong>tellt. Im Haus habe <strong>es</strong> g<strong>es</strong>tunken, wie man das b<strong>es</strong>tenfalls <strong>von</strong> Schwein<strong>es</strong>tällen her<br />
kenne.<br />
Ebenso Amtstierärztin Evelin Jugel. Sie war gekommen, als drei Haflinger, das Pony, acht Hunde und<br />
die Katzen schon in das Dreieicher Tierheim transportiert worden waren. Jugel sprach <strong>von</strong> „zum Teil<br />
hochgradig abgemagerten Pferden, zum Teil apathisch“, die b<strong>es</strong>timmt zwei Monate lang nicht oder<br />
nicht ausreichend gefüttert worden seien; <strong>von</strong> verflohten Hunden, die viel zu lange in Käfigen gehalten<br />
worden seien. Auch die Katzen seien völlig abgemagert gew<strong>es</strong>en. Polizeioberkommissarin Katrin<br />
Reichert, die an jenem Sonntag im August 2008 zusammen mit einer Kollegin gerufen worden war,<br />
erinnerte sich an Pferde, bei denen „jede Rippe zu sehen war“, an aufgeblähte Bäuche der Vierbeiner<br />
und an ein Badezimmer, „das eher ein groß<strong>es</strong> Katzenklo gew<strong>es</strong>en ist“. Ein Hund sei in einem Käfig<br />
gehalten worden, den sie als „Papageienkäfig“ bezeichnete.<br />
Der Angeklagte Hans Joachim Müller nahm all <strong>di<strong>es</strong>e</strong> Aussagen ohne jede erkennbare Regung zur<br />
Kenntnis.<br />
Ang<strong>es</strong>ichts der doch sehr klaren Sachlage beantragte Staatsanwältin Katrin Gniss eine achtmonatige<br />
Bewährungsstrafe. Er habe die Zustände, die Verwahrlosung und Vernachlässigung der Tiere<br />
„billigend in Kauf genommen“. Strafverschärfend sei zu werten, dass <strong>es</strong> sich um eine große Anzahl<br />
<strong>von</strong> Tieren handele. Außerdem solle Müller 2000 Euro an einen Tierschutzverein zahlen. Seiner<br />
Lebensgefährtin, so die Staatsanwältin, sei die Trennung <strong>von</strong> Müller zwischen März und August 2008<br />
nicht zu widerlegen, d<strong>es</strong>halb sei sie freizusprechen. Auch Patricia F.s Verteidigerin Barbara Gibitz<br />
verlangte einen Freispruch: „Sie ist nicht auf dem Grundstück gew<strong>es</strong>en.“ Für Müller sah d<strong>es</strong>sen<br />
Verteidiger eine Geldstrafe als ausreichend an: „Er war nach der Trennung überfordert, all<strong>es</strong> ist ihm<br />
über den Kopf gewachsen.“<br />
Der Richter b<strong>es</strong>cheinigte Müller in der Urteilsbegründung, sich „vollumfänglich schuldig“ gemacht und<br />
den Tieren „in erheblicher Weise Schmerzen und Leiden“ zugefügt zu haben. Eine Trennung sei kein<br />
Grund, fünf Pferde, drei Katzen und drei Hunde verwahrlosen zu lassen und zu quälen. Eine<br />
Geldstrafe reiche nicht aus; andererseits sei Müller g<strong>es</strong>tändig und habe sechs <strong>Woche</strong>n in<br />
Untersuchungshaft verbracht. Gegen Patricia F. sei hingegen kein Schuldvorwurf begründbar. Sie<br />
wurde freig<strong>es</strong>prochen. Schon zuvor hatte der Kreis gegen Müller ein Tierhaltungsverbot<br />
ausg<strong>es</strong>prochen. Ob das auch in Schweden Gültigkeit hat, war g<strong>es</strong>tern unklar. Schweden geben Müller<br />
und Partnerin nach wie vor als Wohnort an.<br />
Quelle: Offenbach Post<br />
<strong>Aus<strong>gab</strong>e</strong> <strong>10.07.2011</strong> 16 <strong>von</strong> <strong>22</strong>