Mai 2013 - a tempo
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12 | 13 augenblicke<br />
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Die tanz- und kaffeenärrische (der mehrfache Gewinner der<br />
finnischen Barista-Meisterschaften kommt von hier und<br />
Kaffeeliebenden sei nicht nur aus diesem Grund das Café Art<br />
am Flussufer nach ausgiebigen Selbstversuchen empfohlen) ehe -<br />
malige Hauptstadt Turku ist zugleich auch das Eingangstor in<br />
die stille, die andere Welt Finnlands. Hier beginnt die<br />
Schärenringstraße, die durch und entlang, über und vorbei an<br />
ungezählten Inseln führt. Ein Traum! Ein Traum aus mehr als<br />
zwanzigtausend und zwei Inseln.<br />
Nicht nur optisch ist dieses ausgedehnte Archipel eine wahre<br />
Wonne: An jeder Ecke wartet eine andere Inselschönheit mit<br />
buntem Holzhaus, Bootssteg und Bäumen oder nur mit Boots -<br />
steg, aber dafür stets mit einem kleinen Nadelbaumwäldchen<br />
aufs immer hungrige Idyllenauge. Für Landratten bietet diese<br />
Ringstraße zudem eine neue Erkenntnis: Straßen können auch auf<br />
Booten sein! Denn die Inselvielfalt ist zwar zu weiten Teilen mit<br />
Brücken untereinander verbunden, zum Teil aber nur via kostenloser<br />
Fähre erreichbar. Und diese Fähren, «Lassi» genannt und<br />
nicht mit dem gleichnamigen indischstämmigen Joghurtgetränk<br />
zu verwechseln, sind in der Tat schwimmende Straßen mit<br />
Fahrbahnmarkierungen und Verkehrsregeln. Wer glaubt, mit<br />
Letzteren etwas lässig umgehen zu können, erfährt akustisch rasch<br />
und überdeutlich, dass sich Finnisch durchaus auch wie nordischgermanisches<br />
Götterzürnen anhören kann, wenn es einem vom<br />
Fährmann entgegengeschleudert wird.<br />
Hüttenzauber im Nichts<br />
Wie (meist) im Leben ohnehin, so gilt auch hier: Wer die vorgegebene<br />
Bahn verlässt, findet Ungeahntes … Wer die vorgegebene<br />
Schärenringstraßenbahn verlässt und irgendwo abbiegt und einfach<br />
weiterfährt (auf einer Insel zudem ein überschaubares, ein<br />
endliches Abenteuer), dem kann im ländlichen Finnland nicht<br />
nur ein imposanter Elch begegnen, sondern auch eine kleine liebliche<br />
Besonderheit wie etwa «Seijas Shop». Mitten im Nichts,<br />
mitten im Nirgendwo einer Fünf-Haus-Siedlung sehr fern anderer<br />
Menschen stand dieses Hüttchen und überraschte gleich mehrfach:<br />
Maximal Köstliches wurde zu minimalem Preis angeboten<br />
(ein Gaumenkitzel sind ohnehin die auch sonst fast überall<br />
erhältlichen «Korvapuusti»). Die Hütte war gerade so groß, dass<br />
zwei «normale Erwachsene» darin stehen konnten, und verbarg<br />
im Inneren Gestricktes (Socken, Mützen und Handschuhe),<br />
Gebackenes (die genannten Hefe-Zimt-Schnecken und zwei<br />
weitere Gebäckarten) und Gebrautes: frischen Kaffee (selbst<br />
Zucker und Milch standen bereit)! Nie hätte ich zu hoffen<br />
gewagt, an diesem Tag nach so viel Wasser und Inseln und Wald<br />
und Einsamkeit damit verwöhnt zu werden. Dass Seija in Schürze<br />
und Gummistiefeln nach einem nur erahnbaren «Hei» wortlos (!)<br />
die Kaffeekanne auffüllte und sogleich wieder in Begleitung ihrer<br />
properen rotgetigerten Katze verschwand, passte famos zu diesem<br />
«Imbiss im Verlassenen».