europäischen Gleichstellungspolitik - Agentur für Gleichstellung im ...
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Im Jahr 2000 wurden in Lissabon als quantitative Ziele<br />
der EBS eine durchschnittliche, allgemeine Beschäftigungsquote<br />
bis 2010 von über 70 Prozent und die<br />
Erreichung von 60 Prozent bei der Frauenbeschäftigungsquote<br />
festgelegt (Europäische Kommission<br />
2001a), wobei diese ein Jahr darauf noch differenziert<br />
wurden in 67 Prozent, bzw. 57 Prozent bis zum Jahr<br />
2005 31 . Zusätzlich besagte die „<strong>Gleichstellung</strong>s-<br />
Leitlinie“, dass „(…) die geschlechtsspezifischen<br />
Unterschiede bei den Beschäftigungsquoten, bei den<br />
Arbeitslosenquoten und be<strong>im</strong> Arbeitsentgelt bis 2010<br />
in erheblichem Maße (…)“ abzubauen sind (Europäische<br />
Kommission 2004a, S. 25). In den Zielquoten bis<br />
2010, die bezogen auf <strong>Gleichstellung</strong> ohnehin die einzigen<br />
quantifizierten sind, ist bereits ein Widerspruch<br />
zwischen <strong>Gleichstellung</strong>szielen und qualitativen<br />
Beschäftigungszielen (Arbeitsplatzqualität, integrativer<br />
Arbeitsmarkt) angelegt. Wie Petra Beckmann<br />
aufzeigt, bedeuten die Quoten <strong>im</strong> Endeffekt, dass bei<br />
60-Prozent-Frauenbeschäftigungsquote die Männerbeschäftigungsquote<br />
bei 80 Prozent liegen müsste,<br />
um insgesamt 70 Prozent zu erhalten. Betrachtet<br />
man die Ausgangsquoten von 1997 in Deutschland,<br />
so müsste dafür die Männerbeschäftigungsquote <strong>im</strong><br />
gleichem Maße steigen wie die der Frauen, wodurch<br />
die geschlechtsspezifischen Differenzen von 20 Prozent<br />
<strong>im</strong> Jahr 1997 weiter erhalten blieben (Beckmann<br />
2005). Angesichts der tatsächlichen Beschäftigungsentwicklung<br />
bei Frauen in Deutschland, die in den<br />
vergangenen Jahren durch Ausweitung des Dienstleistungssektors<br />
und von Teilzeitarbeit stetig zunahm,<br />
sei hingegen – so Beckmann – bei gleich bleibender<br />
Entwicklung mit einer Frauenbeschäftigungsquote von<br />
rund 63 Prozent zu rechnen (Beckmann 2005,<br />
S. 42). Insofern ist die Zielquote von 60 Prozent Frauenbeschäftigungsquote<br />
bis 2010 schlichtweg zu<br />
niedrig veranschlagt und nicht gerade ein ambitioniertes<br />
Ziel, <strong>im</strong> Gegenteil, positive beschäftigungspolitische<br />
Entwicklungen werden weder widergespiegelt<br />
noch in irgendeiner Form forciert.<br />
Neben diesen rein statistischen Fragen bleibt zudem<br />
weiterhin die Frage zu den Beschäftigungsformen<br />
bestehen, denn die 60-Prozent-Quote sagt darüber<br />
nichts aus, da es sich um reines Köpfe-Zählen handelt.<br />
Werden hingegen Vollzeitäquivalente als Indikator<br />
hinzugezogen, zeigt sich, dass in den meisten<br />
Mitgliedsstaaten die Zielquote bei den Frauen nicht<br />
annähernd erfüllt werden kann (Ahrens 2001). Bei der<br />
Männerbeschäftigungsquote fällt die Umrechnung in<br />
Vollzeitäquivalente kaum ins Gewicht, wodurch die<br />
realen geschlechtsspezifischen Differenzen erheblich<br />
größer als durch die Kommission dargestellt sind<br />
(Maier 2002). Durch das von der EU gewählte statistische<br />
Maß (erwerbstätig ist, wer eine Stunde pro<br />
31<br />
Als relevant in diesem Zusammenhag werden auch <strong>im</strong>mer die be<strong>im</strong><br />
Ratsgipfel 2002 in Barcelona benannten Ziele für den Ausbau der<br />
Kinderbetreuungsangebote auf mindestens 90 Prozent für Kinder zwischen<br />
drei Jahren und Schuleintritt sowie 33 Prozent für Kinder unter<br />
drei Jahren gesehen.<br />
Woche entgeltlich arbeitet oder z.B. wegen Elternzeit<br />
freigestellt ist) wird somit der Frauenanteil an der<br />
Gesamtbeschäftigung systematisch weit überschätzt<br />
(Beckmann 2005.)<br />
Die Kommission hat diese Problematik und die weiter<br />
bestehenden geschlechtsspezifischen Differenzen<br />
hinsichtlich Löhnen, Arbeitszeit und Arbeitslosigkeit<br />
durchaus wahrgenommen, und bei der ersten Revision<br />
2003 vorgeschlagen, als weiteres qualitativ-quantitatives<br />
Ziel den Abbau der Differenz bei Arbeitslosigkeit<br />
und die Halbierung der Lohndifferenz bis 2010<br />
festzuschreiben, was beides vom Rat abgelehnt wurde<br />
(Rubery 2003).<br />
Insgesamt sind die beschäftigungspolitischen Leitlinien<br />
seit jeher durchweg neoliberal geprägt, wobei<br />
das für Chancengleichheit zu relativieren ist. Dennoch<br />
zeigte sich schon in den ersten Jahren, dass<br />
zum einen <strong>im</strong> Pfeiler Chancengleichheit vergleichsweise<br />
wenige Leitlinien verabschiedet wurden und<br />
zum anderen Hinweise auf geschlechtsspezifische<br />
Unterschiede und daraus resultierende Maßnahmen<br />
in den anderen Pfeilern fast gänzlich fehlten (Ahrens<br />
2001). Bei den vorgestellten Maßnahmen fiel<br />
zudem auf, dass sie vorrangig an hoch qualifizierte<br />
Frauen gerichtet waren, nicht aber die Situation<br />
gering qualifizierter mit beachteten (Ahrens 2001).<br />
Insgesamt lässt sich für die ersten Jahre der Eindruck<br />
nicht verwehren, dass Gender Mainstreaming oder<br />
geschlechtsspezifische Differenzen nur angesprochen<br />
wurden, wenn es entweder keine sonstigen Probleme<br />
auf dem jeweiligen nationalen Arbeitsmarkt gab<br />
oder aber die Unterschiede besonders extrem waren<br />
(Ahrens 2001). Gender Mainstreaming wirkte dadurch<br />
meistens eher wie das berühmte „Sahnehäubchen“<br />
oder ein „Para lleluniversum“ (Meseke 2002: 95) und<br />
nicht wie eine ernst genommene politische Aufgabe.<br />
Eine Evaluation der nationalstaatlichen Aktionspläne<br />
aus Gender-Perspektive kann zumindest für die Zeit<br />
bis 2004 eher verneint werden, was aber auf die<br />
Evaluation der EBS generell zutrifft (Rubery 2003).<br />
So lautet auch die Selbsterkenntnis der EU bezüglich<br />
Gender Mainstreaming und Chancengleichheit <strong>im</strong><br />
Jahr 2000: „There remains however substantial work<br />
to be done in this regard in many countries and too<br />
many measures are still presented as gender neutral“<br />
(Europäische Kommission 2000b: 71). Dies lag nicht<br />
zuletzt auch daran, dass vielfach kein politischer Wille<br />
und keine entsprechende Gender-Expertise vorhanden<br />
war und zudem teilweise die Regierungsmehrheiten<br />
inklusive der gleichstellungspolitischen Prioritäten<br />
sich änderten (Rubery 2003).<br />
Als Ergebnis der EBS zeigten sich hinsichtlich <strong>Gleichstellung</strong><br />
<strong>im</strong> Zeitverlauf dennoch einige Verbesserungen<br />
bei spezifischen Punkten. So haben sich die<br />
Zugangsmöglichkeiten auf den Arbeitsmarkt für Frauen,<br />
die auf Grund ihrer bisherigen Tätigkeiten keinen<br />
Anspruch auf Arbeitslosengeld hatten, durch Öffnung<br />
der Teilnahmekriterien an z.B. weiterbildenden Maßnahmen<br />
verbessert (Rubery 2003). Ein ebenso verbesserter<br />
Bereich sind weitestgehend individualisierte<br />
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